Auf dem Weg (Templa Urbis)

  • Es war bereits früher Nachmittag, als Callista sich endlich auf dem Weg machte um neuerdings Rom zu erkunden und diesmal mit einem ganz bestimmten Ziel. In Begleitung zweier Sklaven hatte sie ein wunderbares weißes Kaninchen erstanden, nicht direkt vor den Tempeln, sondern auf dem Markt. Am Tempel selbst waren die Preise um einiges teurer und Callista war, teils aus erziehung, teils aus persönlichem Empfinden, sparsam, wenn sie konnte. Sie lebte immer noch von den Münzen, die sie aus Mantua mitgebracht hatte - da sie es sich nicht traute ihren Onkel Balbus nach Geld zu fragen. Sie kam auch so zurecht und sie wollte ihm gegenüber einen dankbaren Eindruck machen und ihn nicht anbetteln müssen. Da war sie sogar etwas zu Stolz zu.


    Doch dann übernahm eine der Sklavinnen das sichere Halten des Kaninchens und sie konnte ihre Weg fortsetzen. Diesmal hatte sie sich genau erklären lassen, wo sie hin musste und sie hoffte, sie würde sich nicht verlaufen. Für sie war dieses Opfer durchaus wichtig, sie glaubte fest daran, dass sich Iuno über das Kaninchen freuen würde mit dem sie ihr danken wollten. Dank für die gut überstandene Reise, Dank für ihren liebenswerten Onkel, der sie herzlich aufgenommen hatte und nicht zu letzt Dank für ihre Gesundheit und die Wendung die ihr Leben genommen hatte.


    So ging sie mit doch rechtem Schritt auf den Straßen Roms entlang, bis ihr jemand auffiel, der ihr bekannt vorkam...

  • Es war voerst der letzte Tag für Tiberius in Rom. Vor Morgengrauen würde er wieder nach Mantua aufbrechen, um dort wieder seinen Aufgaben nachzugehen. Bisher schien alles glatt und nach Plan zu verlaufen. Die Anzeigen für den Wettkampf hatte er ausgehängt und auch seinen Patron hatte er vom Turnier unterrichtet. Jetzt lag wohl die gesamte Veranstaltung in den Händen der Götter. Es würde sich herausstellen, ob der Wettkampf genug Aufsehen erregen würde. Der Decimus wollte kurz vor der Abreise noch das Tempelgelände aufsuchen, um zu den Göttern und für die Zunkunft Mantuas zu beten. Gemächlich schlenderte er durch die Straßen und musterte die Bürger, die ihm entgegenkamen. Die junge Callista hatte er unter den Menschenmassen bisher noch nicht entdecken können...

  • Ja, sie kannte ihn. Wie hieß er noch gleich? Tiberius ... Tiberius ...? Sie überlegte einen Augenblick, dann fiel es ihr ein. Decimus Crassus! ja, so hieß er, sie grinste. Ihr Gedächtnis war vielleicht nicht immer das beste, aber es ließ sie nur selten im Stich, man musste nur lang genug nachdenken. Der junge Decimer bahnte sich ebenso seinen Weg durch die immerzu vollen Straßen Roms und sie nahm sich ein Herz und ging auf ihn zu.


    "Hallo Crassus. Schön dich wieder zu treffen." begrüßte sie ihn fröhlich und lächelte ihm zu. Ob er wohl etwas in der Stadt zu erledigen hatte? Sie kam sich immer noch dumm vor, dass sie ihn bei ihrem ersten Treffen so unhöflich weggeschickt hatte. Sie hoffte er war nicht böse auf sie und sie konnte sich wenigstens noch ordentlich bei ihm dafür entschuldigen.

  • Als Tiberius von der Seite angetippt wurde, wendete sich der Decimus langsam zur Person und musterte diese. Prudentia Callista. Als er sie erkannte, lächelte er leicht, es gab also doch ein Wiedersehen. Crassus konnte ja nicht ahnen, dass sich dieses gleich am nächsten Tag ereignen würde. Böse war er für die gestrige, vielleicht etwas plumpe Verabschiedung keinesfalls. Ganz im Gegenteil, dafür war das Gespräch ja umso interessanter gewesen.


    "Salve, Prudentia Callista", begrüßte er sie höflich. "Ich hätte ja nicht gedacht, dass unser nächstes Aufeinandertreffen so lange auf sich warten lässt...", scherzte er. "Was machst du hier, wenn ich fragen darf? Immer noch dabei Rom zu erkunden?

  • "Ja, ich erkunde immer noch Rom. Heute werde ich die Tempelanlagen besuchen." Sie lächelte, er machte nicht den Eindruck, er wäre irgendwie böse oder missgestimmt und es erleichterte sie. Sie hatte nicht oft ein schlechtes Gewissen, aber wenn, dann fand sie es schrecklich, sie konnte es einfach nicht ausstehen, wenn jemand böse auf sie war. "Ich glaube auch, ich brauche mehr als eine Woche, wenn ich wirklich alles sehen will. Daher nehm ich mir jetzt jeden Tag etwas anderes vor. Heute also die Tempel, ganz besonders der der Iuno, ich will ihr auch ein Opfer bringen. Aus Dankbarkeit, weil…"


    Die junge Prudentia merkte, dass sie wieder in sinnloses Gebrabbel verfiel, er interessierte sich sicherlich herzlich wenig dafür, dass sie ihre Familie mochte und den Göttern für ihren gelungenen Umzug danken wollte. Noch dazu, eine Frau ihres Standes plapperte nicht einfach, sie musste sich hier viel mehr zusammenreißen. In Mantua hatten sie so gut wie nie Besuch von höhergestellten Persönlichkeiten gehabt, Callista hatte die meiste Zeit ihres Lebens mit den Sklaven verbracht und dort immer sehr frei geredet. Etwas, dass nicht so recht nach Rom passen wollte. Deswegen verlegte sie sich wieder auf etwas, dass sie konnte, lächeln und lächeln und lächeln.

  • Crassus lauschte der Prudentia aufmerksam. Irgendwie hatte er noch immer das Gefühl, dass sie in seiner Aufmerksamkeit nervös oder angespannt war. Richtig vertrauen konnte Callista dem Decimus anscheinend nicht. Naja, wer konnte ihr das auch verübeln, schließlich war es erst ihr zweites Treffen. Wahrscheinlich war Tiberius selbst oft zu zutraulich, zumindest bei manchen Menschen....


    "...weil?"


    Tiberius lächelte ihr freundlich entgegen, um ihr das Gefühl zu geben, dass Callista sich vor dem Decimus keinesfalls schämen oder verstellen musste. Der Decimus konnte zwar diszipliniert und höflich sein, wie es seiner Herkunft gerecht war, doch sollten sich die beiden sicherlich nicht verstellen, was das Gespräch Tiberius' Meinung nach nur lähmen würde...

  • Anscheinend hatte sie sich in ihm getäuscht, denn er machte durchaus einen interessierten Eindruck. Man konnte annehmen, dass sie ihn weder langweilte noch ihr kindliches Geplapper ihn entnervte, Callista behielt also ihr Lächeln bei und erzählte weiter.


    "Weil ich sehr glücklich darüber bin, bei meinem Onkel zu leben. Er ist ein netter Mensch und äußerst herzlich, er hat mich mit offenen Armen in die Familie aufgenommen. Meine Reise nach Rom war zwar ungewohnt und schien endlos, aber es war es allemal wert. Ich bin einfach froh, in Rom zu sein und die Stadt und ihre Menschen kennenzulernen."


    Von ihrer Mutter sagte sie erstmal nichts, aber warscheinlich konnte er sich auch so schon ein gutes Bild von ihr machen. Wie immer, lauerte ihre Neugier in dummen, kleinen Fragen, die sich einfach aus ihrem Mund schlichen.


    "Und du? Hast du Geschäfte zu erledigen in der Stadt?"

  • Tiberius war froh, dass Callista es nicht scheute ihm etwas zu erzählen. Der Decimus war sich zwar selbst unsicher, ob es ihn wirklich interessierte, doch tat ein kleines, wenn auch vielleicht belangloses Gespräch immer gut.


    Die Arbeit hatte er für heute zum Glück schon erledigt. Das schlimmste was nun bevorstand, war die Rückreise nach Mantua, die hoffentlich so angenehm wie die Hinreise verlaufen würde.


    "Nein, ich habe bereits alle Geschäfte abgeschlossen. Ich werde heute noch die Rückreise nach Mantua antreteten. Der Grund warum ich hier bin ist, dass ich noch nie bei den Tempeln war und meine letzten freien Minuten nutzen wollte, diese aufzusuchen."

  • Sie nickte. "Genau wie ich, ich war auch noch nicht bei den Tempeln. Ich hoffe, deine Reise ist angenehm und nicht so langweilig wie meine. Grüß mir meine Heimatstadt." Sie grinste. Es war irgendwie sehr witzig, dass er zurück nach Mantua ging, wo sie hier angekommen war. Wahrscheinlich war seine Anwesenheit in Mantua ungleich bedeutender als ihre dort.


    Sie überlegte einen Moment, doch dann hielt ihre Plauderlaune doch an und sie sah zu ihm hoch. Warum nur waren alle Männer, die ihr begegneten gerade soviel größer, dass sie hoch sehen musste? "Heute werde ich auch bei der Verwaltung der Tempel vorbeisehen, mein Onkel hat einer Ausbildung zur Iunopriesterin zugestimmt und ich will mich dafür anmelden."

  • "Naja, ich kann mich zumindest über die Hinreise nicht beschweren. Sie war offengesagt langweilig, aber verlief ohne weitere Probleme."


    Sicherlich konnte man glücklich sein, wenn eine Reise ohne Probleme verlief. Überall wo man hinschaute gab es Halunken und Tagelöhner. Was Tiberius allerdings mehr störte waren die Diebe und Verbrecher, die sich nachts auf den Straßen herumtrieben und andere Leute mit ihrem eigenen Pech bestraften. Solche Erscheinungen bezeichnete Tiberius oft und gerne als 'Abschaum'. Ja, Verbrecher waren der wahre Abschaum, der wahre Pöbel Roms, wohingegen Tagelöhner und Bettler in den meisten Fällen nichts für ihre Armut konnten. Eine Ansicht, die der Decimus vielleicht nicht mit jedem halbwegs gebildeten Römer teilte, jedoch seit jeher vertrat.


    "Es ist sicherlich eine würdevolle Aufgabe den Göttern zu dienen. Ich wünsch' dir viel Glück für dein Bewerbungsgespräch, du wirst es bestimmt schaffen."


    Tiberius lächelte ihr leicht entgegen. So wie er Callista in den beiden kurzen Treffen kennengelernt hatte, war sie eine durchaus zielstrebige und intelligente, junge Frau, die sich der Iuno mit voller Hingabe widmen würde.

  • "Danke" sagte sie artig auf seine Glückwünsche und lächelte ihn selig an. Sie war wirklich aufgeregt und gkücklich, dass Balbus ihr das erlaubt hatte.


    Sie gingen nebeneinander her und bald schon war der Tempelbezirk zu sehen. Schon von weitem erkannten man die typischen Gebäude und die Aufregung in Callista wurde sogar noch etwas größer. Sie grinste Crassus an und musste sich bemühen, ihren Schritt nicht zu beschleunigen.

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