Hortus - Der Garten

  • Umsäumt von einem Säulengang liegt der Garten zentral im hinteren Teil des Hauses. Ein kleiner Teich mit Seerosen verspricht Ruhe, und einige Pflanzen spenden wohltuenden Schatten. In einer Ecke des Gartens zieht eine Statue aus weißem Marmor die Aufmerksamkeit auf sich. Ein Satyr sitzt auf einem Stein. Hinter ihm wächst ein Weinstock, der aufgrund der ägyptischen Hitze aber eher spärliche Früchte trägt. Er hat seine Syrinx halb zum Mund erhoben, aber in seiner Haltung ist nicht klar erkennbar, ob er sie zum Mund führt oder gerade absetzt. Der Blick des jungen Mannes mit den angedeuteten Ziegenhörnern ist wie verzaubert auf die andere Ecke des Gartens gerichtet.
    Dort steht neben dem Teich fast schon verborgen zwischen einem Farn und einem Blumenbusch eine weitere Statue. Ein junges Mädchen steht in fast tänzerischer Bewegung da und betrachtet verzückt sein Spiegelbild im Teich. Im Haar trägt sie Seerosen, wie sie auch im Wasser zu finden sind. Unschwer ist zu erkennen, dass es eine Nymphe sein soll.
    Mehrere Steinbänke laden zum Verweilen ein und sind geschickt so angeordnet, dass egal zu welcher Tageszeit immer mehrere von ihnen im Schatten der Pflanzen liegen.

  • Seit dem Cleonymus ihm von den bevorstehenden Wettkämpfen erzählt hatte, trainierte Anthi wieder deutlich verbissener. Neben seinen normalen Disziplinen wollte er auch gut beim Bogenschießen abschneiden, denn damit wollte er seinem Vater und Herakles seine Ehrerbietung zeigen.


    So hatte er seinen Bogen geholt und eine Zielscheibe aufgestellt. Schon lange hatte er nicht mehr mit ihm geschossen. Er ließ seine Finger sanft über das Ebenholz und die Verzierungen aus Elfenbein, die die Heldentaten des Herakles darstellten. Anthi hatte sich extra eine neue Sehne holen müssen, denn die alte hätte der Spannkraft des Bogens nicht mehr standhalten können.


    Wie immer fiel es ihm schwer, den Bogen zu spannen und er brauchte drei Versuche-schließlich war er ja ein wenig aus der Übung. Nun legte er den ersten Pfeil auf, spannte den Bogen und zielte. Mit dem typischen Surren schnellte der Pfeil von der Sehne und traf die Scheibe: Leider aber nur an einem der äußeren Bereiche. Ein Meisterschuss war das sicher nicht, aber dafür das er schon so lange nicht mehr geschossen hatte, war es zumindest ein Anfang.

  • Vom Hof aus hörte Penelope das Sirren der Bogensehne und das laute Plock, als der Pfeil sein Ziel traf. Verwirrt ließ sie den Eimer mit Wasser stehen, den sie eben holen wollte, und trat durch die Tür, die zum Garten führte. Im Schatten des kleinen Säulenumgangs vor dem eigentlichen Garten blieb sie stehen und betrachtete etwas skeptisch, wie ihr Mann mit dem Bogen hantierte. Nicht, dass sie etwas gegen Sport oder das Bogenschießen an sich hatte, und auch nicht unbedingt, dass sie nicht wollte, dass er es zuhause übte. Immerhin war es ja ein großes Glück, wenn man einen wehrhaften Mann hatte. Aber warum er es ausgerechnet heute machte, und dann auch noch fast neben dem Satyrn, das war ihr doch ein kleines Rätsel.
    “Wenn du die Statue triffst, gibt’s kein Abendbrot“, meinte sie also leicht neckend und näherte sich lächelnd ihrem Mann. Er sah schon sehr stattlich aus, so mit dem großen Bogen. Fast ein Odysseus, schoss es ihr durch den Kopf. Sein Bogen war auch bestimmt nicht weniger stattlich als die berühmte Akilina. Nur mit dem Zielen musste er noch ein wenig üben, wenn sich Penelope so die Zielscheibe ansah.
    “Und, gibt es einen besonderen Grund, warum du den Bogen ausgepackt hast?“
    Sie setzte sich auf eine der Steinbänke in den Schatten und sah ihm einfach zu. Da er so viel beim Arbeiten war und sie selbst auch so viel im Museion, hatte sie in letzter Zeit wenig Gelegenheit gehabt, einfach nur bei ihm zu sitzen und ihm zuzusehen. Wenn er dann mal Iatros war, würde das besser werden, hoffte sie. Sie sah ihm gerne zu.

  • Anthi freute sich wie immer, wenn er Penelope sah. Im Moment sah er sie viel zu selten für seinen Geschmack, und das würde auch sicher noch ein paar Wochen so sein. Gerade jetzt wo seine Prüfung zum Iatros bevorstand und er von den Wettkämpfen erfahren hatte. Hinzu kam nun auch noch der kranke Senator, zu dem er morgen gehen würde. Über diese Sachen hatte er mit seiner Frau noch gar nicht reden können. Wenn er Abends nach Hause kam, wollte er sich auch einfach nicht mehr über solche Dinge unterhalten. Aber jetzt war sicher ein guter Zeitpunkt dafür. Aber uerst legte er noch einmal einen Pfeil auf und schoss ein zweites Mal. Dieses Mal traf der Pfeil eine Handbreit näher an der Mitte. Noch immer nicht wirklich gut, aber immerhin.
    Er drehte sich zu ihr um.


    "Na dann werde ich das nicht riskieren", antwortete er breit grinsend. Dann strich er sanft beinahe zärtlich über den Bogen und wurde ernst. "Ich habe viel zu lange nicht mehr mit ihm geschossen. Es war lange Zeit mit sehr viel Schmerz verbunden ihn zu sehen. Alles an ihm erinnert mich an meinen Vater. Hier im Elfenbein sind die ganzen Geschichten über Herakles eingearbeitet, die er mir als Kind erzählt hat, und die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin. Er hat ihn mir immr gespannt, weil ich dazu nicht in der Lage war, bis vor zwei Jahren. So vieles von ihm sehe ich in diesem Bogen."


    Er nickte kurz als wolte er sich selbst zustimmen.


    "Nun denke ich aber ist an der Zeit wieder öfter zu trainieren. Zum Einen um das Andenken an ihn zu ehren und zum anderen habe ich von Cleonymus erfahren, dass es bald endlich mal wieder richtige Wettkämpfe im Gymnasion geben soll. Sowohl sportliche als auch musische. Zwar ist noch nichts fest beschlossen, aber ich denke es dürfte klappen. Cleonymus tut dem Museion sichtlich gut. Und da ich auch vorhabe beim Bogenschießen anzutreten und meinem Vater keine Schande machen möchte, habe ich mich entschlossen meine Bogenschusskünste wieder etwas aufzufrischen."

  • Er hatte ihr schon einmal von seinem Bogen erzählt, und sie verstand ihn da völlig. Ihr ging es nicht anders, wenn sie Harmonia in Händen hielt. Auch wenn ihr Großvater noch sehr lebendig und griesgrämig war, erinnerte sie das Instrument doch an eine Zeit, in der er wie ein Gott für sie gewesen war, wenn er gespielt hatte. Sie empfand sich immer ein wenig als unrechtmäßige Besitzerin der Kithara, denn sie war gewiss nicht so begnadet wie er. Ihm hatten die Schüler beinahe die Haustüre eingerannt, um bei ihm lernen zu dürfen, bei ihr war das etwas anders. Zwar hatten sowohl Nikolaos Kerykes als auch Iunia Urgulania gemeint, sie würden sich für Stunden interessieren, aber bislang war daraus nichts geworden. Die meiste Zeit schrieb sie für sich neue Stücke oder tauschte sich mit Kollegen über die verschiedenen Harmonien der Tonleitern aus.
    Bei den Worten „Wettkampf“ und „Gymnasion“ wurde sie aber hellhörig. Aber es beruhigte sie, dass er mit dem Bogen trainierte und nicht anfing, Pankration zu üben. Zwar akzeptierte Penelope seine Leidenschaft für diese Sportart, aber das hieß nicht, dass sie nicht trotzdem jedes Mal riesige Angst hatte, wenn er das mit diesem Dardaner übte.
    “Ich hab am Museion noch gar nichts davon gehört. Aber das kommt dann sicher noch, wenn sie auch musische Wettkämpfe machen wollen. Weißt du dazu schon etwas genaueres?“
    Zwar glaubte Penelope nicht, dass sie so etwas gewinnen konnte, aber es wäre schon ein kleiner Traum, wenn sie ihre Kunstfertigkeit dort unter Beweis stellen könnte. So etwas wie kleine, delphische Spiele, von denen sie immer geträumt hatte. Ihr Großvater hatte den Lorbeer des Apollo mit soviel Stolz immer getragen und der Stadt damit soviel Ehre eingebracht. Es wäre schon ein Traum, wenn sie ihm da eines Tages folgen könnte.
    “Und beim Sport willst du dann Bogenschießen? Machen sie auch Wettläufe und sowas?“
    So ganz traute Pelo dem Braten noch nicht, dass er wirklich nur diesen doch recht ungefährlichen Sport machen würde.

  • "Eigentlich dürfte ich dir ja noch gar nichts erzählen, schließlich hättest du dann ja einen Vorteil gegenüber den anderen Teilnehmern an den musischen Wettkämpfen. Aber da ich sowieso glaube, dass du gewinnen wirst, kann ich es dir auch gleich sagen. Nun man wird wohl eine Hymne auf Hermes, eine Ode auf Herakles und eine freie Dichtung vortragen können. Preise wird es dann wohl für den besten Sänger, den bestern Kitharöde und den Urheber des besten Gedichts geben. Aber darum wird sich Nikolaos kümmern. Cleonymus wird sich um den sportlichen Teil kümmern, und ich versuche ihm so gut wie möglich zu helfen."


    Beinahe hätte er bei Pelos Frage lachen müssen. Nur Bogenschießen? Das war sicher die Disziplin bei der Anthi die geringsten Chancen auf den Sieg hatte.


    "Natürlich werde ich auch noch in meinen richtigen Disziplinen antreten. Ich will ja schließlich auch etwas gewinnen. Zuerst natürlich der Pentathlon, schließlich ist das der wichtigste Wettkampf. Bei den hippischen Wettkämpfen werde ich auch mitmachen, aber da rechne ich mir keine Chancen aus. Ich kann zwar Reiten, aber nicht so gut, und ein Pferd habe ich ja auch nicht. Vielleicht kann ich mir eins leihen, oder ich lasse es doch. Dann kommt natürlich noch der Faustkampf und der Pankration dazu. Endlich habe ich wieder etwas auf das ich hintrainieren kann, wo ja die nächsten Olympischen Spiele noch so weit weg sind."

  • “Ich wusste es!“, entfuhr es Penelope in der Tonlage, die eine Frau anschlug, wenn sie ihren Mann bei irgendwas ertappt hatte. Wär ja auch zu schön gewesen, wenn er wirklich nur Bogenschießen gemacht hätte! Und dann auch noch Pankration und Faustkampf! Als wäre eins von beidem nicht schon schlimm genug alleine!
    Sie stand wieder auf und verschränkte leicht die Arme. Plötzlich gefiel ihr die Idee mit dem Wettkampf schon viel, viel weniger. Dabei war er doch eben erst Agoranomos geworden, und Pelo hatte ein wenig gehofft, dass er dadurch etwas mehr Rücksicht auf seine körperliche Unversehrtheit nehmen wollte.
    “Kannst du nicht wenigstens eins von beidem weglassen? Ich meine, Faustkampf und Pankration, beides? Wenn sich die Regeln da nicht geändert haben, wirst du doch bei einem schon genug verbeult, da musst du doch nicht bei jedem mitmachen, damit du dir unbedingt was brichst?“
    Der musische Wettkampf war vollkommen vergessen. Wie könnte sie überhaupt nur daran denken, was zu singen, während ihr Mann sich nach allen Regeln der Kunst mit anderen schlug und prügelte? Nein, diese Aussicht gefiel ihr ganz und gar nicht.

  • Irgendwie fühlte sich Ànthimos richtig ertappt, obwohl er gar keinen Grund dazu hatte und sie nicht mal seinen vollen Namen gebraucht hatte. Aber was sollte er denn machen, schließlich war er ja die Hoffnung Alexandrias und wenn er zu den Olaympischen Spielen wollte, würde er sich in diesen Disziplinen bei großen Wettkämpfen beweisen müssen.


    "Aber wenn ich zu den Olympischen Spielen möchte, dann muss ich mich in allen Disziplinen beweisen in denen ich eine Chance habe. Zumal wir ja wohl auch Rhomäer mitmachen lassen. Daher wird die Konkurenz da wohl sowieso etwas verwässert. Und ich werde mir schon nichts brechen. Ich trainiere ja fleißig und bis auf das blaue Auge und ein paar blaue Flecken, hast du da schon mal eine Verletzung gesehen?"


    Ein paar Mal hatte er schon ordentlich was abbekommen, gerade an den Gelenken, aber er hatte sich nie was anmerken lassen, um sie nicht zu besorgen und sich keinen Rüffel abzuholen. Besonders als diser elende Dardaner damals beim Pankration sein Knie bearbeitet hatte, hatte er starke Schmerzen gehabt. Ein Hoch auf seine eigene Therapie, aber die ersten beiden Tage hatte er übel gelitten, besonders auch bei der Verrichtung seiner ehelichen Pflichten. Aber wirklich schlimme Verletzungen wie Brüche hatte er zum Glück noch nicht gehabt.


    "Außerdem ist es ja auch meine Pflicht als Bürger dieser Polis zu tun was ich kann, um den Ruhm der Polis zu mehren. Und ich bin nun mal einer der besten Athleten Alexandrias. Aber ich verspreche dir: Wenn ich beim einer Disziplin so viel abbekomme, dass ich keine Chance mehr bei der nächsten habe, werde ich nicht antreten."

  • Ob sie schon mal eine Verletzung an ihm gesehen hatte? Natürlich! Jede Menge Leute hatten sein blaues Auge beim Essen von Iunia Urgulania bewundern können.
    “Was war denn mit dem blauen Auge, wo du – wenn ich mich an den Wortlaut noch recht erinnere – kurz unaufmerksam warst? Und dann eine Woche lang ganz blau im Gesicht warst?“
    Hah! Festgenagelt, das konnte er keinesfalls widerlegen! Auch wenn das das einzige war, was mal passiert ist, aber immerhin konnte er sich nicht herausreden, es sei noch nie etwas passiert.


    “Und deine Pflicht ist es zuallererst, mein Mann und Vater unseres Kindes dann zu sein, und danach erst Bürger der Polis.“
    Fast ein wenig beleidigt verschränkte Penelope die Arme vor der Brust. Sie mochte den Gedanken, dass ihm etwas zustoßen konnte, ganz und gar nicht. Vor allem in den letzten Tagen war sie von einer inneren Unruhe und schlimmen Gedanken geradezu verfolgt. Ständig machte sie sich Sorgen, was wäre, wenn Anthi etwas passieren würde. Was dann aus dem Kind werden würde, und dem Haus und allem. Auf dem Papier war es ja Timos’ Haus, auch wenn Penelopes Gefühl da ein anderes war. Aber das Gefühl zählte ja nicht. Und sie hatte keine Ahnung, ob sie bleiben dürfte, wenn Anthi wirklich verunglücken würde, oder ob sie und ihr Großvater dann nicht ganz schnell wieder in Rhakotis waren. Nicht, dass sie Timos das so unterstellen wollte, aber sie war sich eben nicht sicher. Und im Moment sehnte sie sich nach Sicherheit jedweder Art.
    “Wenn du dich verletzt, hörst du auf! Das versprichst du mir! Nicht nur, wenn du dich so verletzt, dass du ohnehin nicht mehr weiterkommen kannst, sondern wenn du dich richtig verletzt, hörst du auf. Blaue Flecke und sowas, meinetwegen, aber ich will dir nicht drei Tage später diverse Fäden ziehen müssen. Auch wenn da die verrückten Rhomäer mitmachen, du musst sie ja nicht überall schlagen, nur damit ein Grieche gewinnt.“
    Penelope machte sich wirklich ernsthaft Sorgen, daher war sie auch nicht ganz so ruhig, wie sie es eigentlich gewollt hätte. Männer! Wenn das Kind auf der Welt war, war Penelope auf alles vorbereitet, soviel war sicher. Schlimmer als ihr Großvater, Anthi und seine zwei Brüder konnte das auch nicht werden.

  • Nun hob Anthi die Augenbraue, denn es war ganz sicher nicht nötig ihn an seine Pflichten als Ehemann und Vater zu erinnern. Wie kam sie nur auf den Gedanken, dass er das nicht tat?


    "Ich weis sehr genau was meine primären und meine sekundären Pflichten sind. Und du und unser Kind stehen für mich weit oben über allem anderen. Aber du hast Angst vor Dingen, vor denen du keine Angst haben brauchst. Ich bin Athlet und messe mich mit anderen Athleten. Da kann man mal etwas abbekommen, aber das kann mir überall geschehen. Ich bin ja kein Gladiator und kämpfe gegen Löwen und andere Ungeheuer. Nein, ich bin Athlet und bald auch ein Iatros, und ich weis wie ich auf meinen Körper und meine Gesundheit achte. Viele Menschen vertrauen mir ihre Gesundheit an, also solltest du mir vielleicht auch meine eigene anvertrauen. Wo ich jetzt sogar einen rhomäischen Senator behandeln werde."


    Aber sein Gesicht wurde gleich wieder weich, denn ihm war nicht entgangen wie sie ihn bezeichnet hatte.


    "Ich freue mich, dass du mich als deinen Mann bezeichnest und ich verspreche dir, dass ich nichts Unüberlegtes mache. Beim Kämpfen habe ich einen kühlen Kopf, ebenso wie bei der Arbeit. Aber wenn mir wirklich mal etwas passieren sollte, hast du eine Familie, die auf dich und unser Kind achten wird. Du bist Teil der der Bantotaken und Timos und Ilias sind jetzt auch deine Brüder."


    Und dann grinste er breit.



    "Ich werde alles tun was vernüftig ist, damit kein Rhomäer gewinnt. Schließlich sind wir Griechen die besten Athleten der Welt und es wäre schon peinlich, wenn sie mehrere Wettbewerbe gewinnen würden. Freundschaft hin oder her."

  • Nachdem er Emila dann ihr Haus gezeigt hatte, hatten sie sich im Garten auf zwei Clinen niedergelassen. Natürlich hatten sie auch etwas Wein und Gebäck mit in den Garten genommen. Auf ihrer Sonnenuhr sah Anthi dass es schon relativ spät war und er war sich sicher, dass Penelope und Timos sicher bald kommen würden. In spätestens einer Stunde wären sie wohl sicher da. So lange konnten sie ja noch ein wenig gemütlich erzählen.


    "Was hast du dir denn so vorgestellt, als was du genau arbeiten möchtest? Also es gibt ja viele verschiedene Arbeitgeber für Schreiber. Also du musst ganz sicher nicht arbeiten, wenn du nicht magst. Ich meine meine Brüder, Penelope un dich verdienen ja schon ganz gut und du bist uns auf jeden Fall willkommen. Oder du arbeitest einfach als Scriba für Timos oder mich. Meine Scriba könnten ein wenig frischen Wind sicher gut vertragen. Die beschweren sich wirkich schon nach ein paar Stunden auf dem markt, ihre Füße würden schmerzen, und dabei bin ich immer froh, wenn ich mal aus der Amtsstube herauskomme."


    Unter seinen Schreibern sah er ganz sicher keinen Nachfolger für ihn. Sie waren alle so antriebslos. Nicht wirklich faul, aber eben auch nicht übermäßig fleißig.


    "Jemanden der mir da ein wenig Arbeit abnimmt könnte ich wirklich gut gebrauchen, gerde jetzt wo ich etwas mehr als normal trainiere."

  • Der Nachmittag war in den Abend übergegangen und nach dem Essen in der Küche hatte Ánthi sie noch durchs Haus geführt. Die junge Griechin war sehr beeindruckt von der sanften Noblesse im Haus, die nicht protzig war, sondern eine familiäre Wärme ausstrahlte. Bisher hatte sie zwar auch in einem Haus gelebt, aber viel ländlicher und nicht so luxuriös. Obwohl es sicher noch luxuriösere Häuser gab, aber dieses reichte mehr als nur aus und ihr Cousin gab ihr sogar ein eigenes Zimmer! Sie lächelte ihm dankbar zu und er ließ sie für eine Weile allein, in der sie nicht nur ihren großen Beutel auspackte, sondern sich auch gründlich wusch und so den Staub der langen Reise los wurde. Sie rubbelte ihre Haare trocken, die sich sogleich in wilden Locken in alle Richtungen kräuselten und wechselte in eine bequeme Peplos, die zu ihren Lieblingsstücken gehörte. Der Stoff war von einem dunklen grün und sie schnürte ihn mit einer hellen Kordel um ihren Bauch, zu ihren nackten Waden blieb sie barfuß. Auf Schminke und Schmuck verzichtete sie nicht, sie wollte einen guten ersten Eindruck machen, auch wenn sie eh bald im Bett verschwinden würde. Aber was sein musste, musste eben sein und sie kramte freudig nach den Geschenken für die drei Brüder.


    Für Ilías hatte sie ein altes Holzpferdchen dabei, wahrscheinlich würde er sich nicht erinnern können, aber als sie sich das letzte (und zum ersten mal überhaupt) begegnet waren, hatte er damit gespielt. Die Familie hatte es aufbewahrt und es hatte schon vielen Kindern als Spielzeug herhalten müssen, doch Emilía hatte darauf bestanden es mitzunehmen. Für Timos hatte sie ein kunstvoll gefertigtes Armband dabei, es war aus breitem Leder und wurde mit einem Lederband gehalten. In das dunkle Leder hatte ihr Vater die Darstellung eine Hoplon und einige Weinranken eingebrannt, es war extra für Timos angefertigt worden und sie legte es ordentlich auf ihr Bett um es ihm später zu geben. Das Geschenk für Ánthi nahm sie in die Hand und stellte erschrocken fest, dass sie gar nichts für Penelope dabei hatte. Schnell kramte sie weiter in ihrem Beutel und entdeckte zwei Haarspangen, die wie Weinranken aussahen und sie legte sie zur Seite. Sie selbst wendete sie zwar gerne an, aber die Blöße der Herrin des Hauses nichts mitzubringen war Grund genug sie abzugeben. Also nahm sie nur die Flasche Wein für Ánthi mit nach draußen, die ihre Mutter ihr mitgegeben hatte. Es war zehn Jahre alter Wein, den ihre Mutter selbst hergestellt hatte und der in ihrem dunklen Keller gelegen hatte, bis sie der Meinung war Emi solle ihn mitnehmen.


    Mit der Flasche Wein bewaffnet folgte sie ihm also in den Garten und machte es sich auf einer Kline gemütlich, ihr störrisches Haar mehrmals aus dem Gesicht fegend.


    "Ich habe mir noch gar nicht vorgestellt, als was ich arbeiten möchte. Ich weiß nur, dass ich es möchte und ich hätte auch absolut nichts dagegen dir zur Hand zu gehen. Deine Arbeit ist sicher aufregend und ich bin gerne draußen und unterwegs, es macht mir nichts aus viel zu laufen. Das bin ich gewöhnt." Sie stellte die Flasche auf den Tisch und grinste den Gleichaltrigen schelmisch an. "Ich hoffe die Wettkämpfe sind noch weit genug entfernt, dass du das Geschenk meiner Mutter annimmst und ihren Wein probierst. Es ist der beste syrische Wein, wenn du mich fragst und sie hat ihn zehn Jahre lang gehütet, sei froh, dass ich ihr eine Flasche abschwatzen konnte." Sie lachte und griff nach zwei bechern, die sie demonstrativ vor Ánthi hinstellte, damit er die Flasche entkorkte und ihnen einschüttete.

  • "Sehr schön. Du kannst ja erstmal reinscheuen und dann entscheiden. Vielleicht findest du es ja auch spannender den Strategos bei der Jagd auf Verbrecher zu begleiten, als fast jeden Tag auf den Markt zu gehen."


    Wenn er so richtig darüber nachdachte, war das wohl eher ein Argument für ihn als Agoranomos, denn jeder wusste wie sehr die meisten Frauen Märkte liebten. Dann schaute Anthi aber nicht schlecht, als Emilíia ihm eine Flasche Wein in die Hand drückte und ihm sagte was darin war, und das es ein Geschenk für ihn sei.


    "Wein ist nie verkehrt. Man schlaäft besser wenn man Wein getrunken hat. Milon von Kroton hat schließlich jeden Tag 10 Liter Wein getrunken, und war einer der größten Athleten aller Zeiten. Und was wäre ich für ein Gastgeber, wenn ich ein solches Geschenk nicht annehmen würde? Dann bekomme ich wohl nicht nur Ärger mit dir und deiner Mutter, sondern auch nich mit Dionysos."


    Wein in einer Glasflasche war schon was besonderes. Zumal der selbstgemachte Wein von Tante Dionysia ja schon beinahe eine Legende war. Nun fiel ihm auch das erste Mal auf, wie passend eigentlich der Name war. Sein Onkel war schon en sehr kluger Mann gewesen, diese Frau zu heiraten. Und wenn es stimmte was Emi über ihre Kochkünste sagte, dann hätten sie jetzt drei hervorragende Köchinnen im Haus. Die Götter meinten es wirklich beinahe zu gut mit ihnen. Nachdem die Flasche entkorkt war, schenkte er ihnen beiden einen Becher voll ein.


    "Dann lass uns anstoßen, auf deine Ankunft und eine gute Zukunft in Alexandria!" Bevor er aber dann mit ihr anstieß, vergoss er einen kleinen Schluck, damit seine Worte auch bei den Göttern Anklang finden würden.

  • Emi legte ihren Kopf leicht schief und blickte Ánthi einen Moment lang an, Verbrecherjagd klang natürlich spannender als Händler unter Augenschein zu nehmen, aber es machte auch einen weitaus gefährlicheren Eindruck. Sie hatte wirklich nicht vor sich ihr hübsches Gesichtchen zerschneiden zu lassen oder sonst wie in Schwierigkeiten zu geraten. Nein, da wirkte das Angebot des mittleren Bruders viel angenehmer. So würde sie viel unter Menschen kommen und die Stadt auch schnell und gut kennenlernen. Und, da hatte er ganz recht, sie war eben eine Frau und liebte Märkte, es machte ihr Spaß nach den besten Waren zu suchen und zu handeln. Meistens kaufte sie ja Lebensmittel, damit ihre Mutter und sie kochen konnten und wenigstens da kannte sie sich schon sehr gut aus. Je länger sie darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr die Idee. "Ich schaue sehr gerne mal rein in deine Arbeit, wenn du mich mitnimmst. Entscheiden solltest du dann aber auch, ob du mich überhaupt haben willst und ich geeignet bin. Wenn es darum geht, den ganzen Tag auf dem Markt zu sein, Kontakt zu den Händlern zu haben und etwaige Übertritte zu entdecken, dann sag ich dir jetzt schon, dass du auf mich zählen kannst!"


    Doch jetzt war nicht die Zeit zum Pläne schmieden, wie sie verschmitzt feststellte, sonder die zeit für eine kleine Feier. Zu der dann hoffentlich Penelope und auch Timos hinzustoßen würden. Sie nickte heftig, als er davon sprach Ärger zu bekommen, sollte er es wagen das Geschenk abzulehnen, doch Emi wusste, dass er so doof nicht sein konnte. Der Wein ihrer Mutter, den sie in mühseliger Kleinstarbeit selber herstellte, war in der Familie bekannt und sehr geschätzt, zumal sich Dionysia nicht lumpen ließ und zu Familienfesten immer einige Flaschen mitbrachte. Emi war nur froh, dass die wertvolle Flasche die Reise überstanden hatte und sie hielt ihrem Cousin die Becher freudestrahlend hin. Als er anstieß, erwiderte sie seinen Blick und schüttete auch etwas Wein auf den Boden.


    "Auf eine glorreiche Zukunft für die Bantotaken!" sagte sie laut und fröhlich und nippte dann. Der Wein war stark und vollmundig, süß und fruchtig und so dunkel, dass er eher schwarz als rot wirkte. Bisher hatte Emi ihrer Mutter das Geheimnis noch nicht entlocken können, wie sie diesen Wein herstellte und sie befürchtete, dass Dionysia dieses Geheimnis erst auf dem Sterbebett lüften würde. Also beobachtete sie lieber, wie Ánthi auf das starke Getränk reagierte, denn er kannte den Geschmack wahrscheinlich nicht. Sie war sich nicht sicher, ob er schon von diesem Wein getrunken hatte. Sie sollten auf jeden Fall noch jeweils einen Becher für die anderen zwei bereithalten, damit auch diese in den Genuss kamen.

  • Ànthimos trank einen kräftigen Schluck von dem dunklen Rotwein. Er war stark und süß und nicht so unangenehm herb wie manch anderer Wein. Sanft rann er seine Kehle hinab und brachte eine leichte Wärme in seinen Magen.



    "Das ist wirklich ein vortrefflicher Wein. Deine Mutter wird ihrem Namen wirklich vollauf gerecht, ich bin begeistert. Aber dann machen wir das doch so. Wenn du dich ein wenig bei uns eingelebt hast kommst du einfach mit mir in die Agora und dann auf den Markt. Wenn es dir dann gefällt, kannst du gleich bei mir anfangen. Und wenn nicht finden wir was anderes für dich."


    Er nahm nochmal einen tiefen Schluck und goss gleich nochmal nach. Eigentlich trank er nie viel- na gut nie stimmte nicht so ganz, seitdem er damals mit prudentius Scipio ordentlich gebechert hatte- aber es war doch viel seltener als bei seine beiden Brüder.

  • Belustigt beobachtete sie, wie er einen kräftigen Schluck nahm und den Wein mochte. Jetzt trank auch sie etwas mehr und nickte, als er den Wein und somit ihre Mutter lobte. Sie war ja selbst ziemlich stolz auf sie und genoss den Wein, den man ihr auch nur selten gönnte, demnach umso lieber. Ánthi goss ihnen noch einmal ein und Emi konnte ihm erst antworten, als sie ihren zweiten Becher bereits zur Hälfte ausgetrunken hatte. Den Wein, der zusammen mit dem Gebäck auf dem Tisch stand, rührte im Moment (noch) keiner an - genauso wenig wie die Nascherei, die nur den Geschmack des Weines verfälscht hätte.


    "Das klingt nach einem ausgezeichneten Plan, mein lieber Cousin. Ich würde mich sehr freuen dich einfach einen Tag zu begleiten, dann wird dir auch nicht so langweilig, wenn ich dich mit dummen Fragen löchre." Sie grinste frech und trank noch einen großen Schluck, für eine junge Frau, noch dazu von ihrer schlanken Statur legte sie ein beachtliches Tempo vor. Doch anmerken konnte man ihr nichts. "Außerdem wäre das die perfekte Ausrede für dich aus den stickigen, grauen und langweiligen Schreibstuben zu entfliehen und einen Tag mit mir laufenderweise an der frischen Luft zu verbringen. Sollen doch deine Scriba im Schatten sitzen, geschieht ihnen recht. Außerdem ist auch normales Gehen eine Art von Training, man muß nicht immer schwitzen und beinahe umfallen, wenn man in der Übung bleiben will."


    Sie gluckste herum und beugte sich noch einmal vor, um ihm und sich nachzuschenken. Es schmeckte einfach zu herrlich um aufzuhören und sie fühlte sich grade so beschwingt und frei, dass sie einfach loslachen musste. Eine Haarsträhne verfing sich in ihrem Becher und sie fischte sie heraus, nur um dann den wertvollen Wein zu retten und nuckelte etwas an der Haarsträhne herum, bis sie diese wieder hinters Ohr verbannte. "Hat Penelope eigentlich auch Locken?" fragte sie dann noch hinterher, plötzlich an die zwei Haarspangen denkend, die auf ihrem Bett lagen.

  • Emilia schien den Wein offenbar gewohnt zu sein Wein zu trinken, denn sie trank ihn fast wie Anthi sonst Wasser. Aber der Wein war auch zu gut. Da konnte der vielgepriesene Faelener-Wein nicht mithalten, da war er sich sicher. Und wo sie gerade beim Mithalten waren, wollte er natürlich auch nicht gegenüber seiner Kousine schwächeln und nahm ebenfalls nochmal ein kräftigen Schluck.



    "Darauf freu ich mich. Wirklich mit meinen Scribae bin ich nicht zufrieden. Kaum können sie mal ein paar Stunden nicht auf ihren Hintern sitzen, machen sie ein Gesicht als müssten sie Essig trinken. Weißt du, ich war der jüngste und der neueste Scriba des alten Agoranomos und ich wurde sein Nachfolger. Die anderen verdienen lieber ihre 20-30 Sesterzen und haben keine Verantwortung. Ich war jeden Tag biegierig darauf auf den Markt zu kommen, damit ich nicht im Schreibzimmer einstaube. Und Fragen sind immer gut, denn sie zeigen dass man interessiert ist."


    Er zwinkerte ihr ebenfalls zu und begann dann schwärmerisch von Pelo zu erzählen. Seine Zunge war auch vom Wein etwas gelöst worden.


    "Sie hat richtig schöne Haare. Ganz schwarz, voll und leicht gewellt. Aber das sieht man leider nur selten, weil sie die Haare meist hochsteckt. Ich find das sehr schade, denn dann sieht sie immer so ernst aus. Andererseits sieht man dann ihren schönen schlanken Hals besser, aber ich mag es lieber wenn sie die Haare offen hat. Wobei ich es so ja als Einziger zu sehen bekomme was das ganze auch wieder reizvoll macht. Du hast auch sehr schöne Haare. Solche Locken sieht man selten."

  • Eigentlich wollte sie noch etwas zu langweiligen Scriba in verstaubten Räumen sagen, doch er fing bereits an von Penelope zu schwärmen und da konnte sie ihn einfach nicht mehr unterbrechen. Er schmunzelte etwas und sah gleich jünger aus, fand Emi, irgendwie so richtig strahlend. Sie beneidete ihn beinahe etwas, wie er da so liebevoll erzählte und sie nickte geflisstentlich. Er sprach offen über seine Frau und hatte eine für einen Mann erstaunlich bestimmte Vorliebe für ihr Aussehen. Die Haarspangen wären also ein wirklich gutes Geschenk, denn sie konnte damit störende Haare aus dem gesicht halten und den Rest offen tragen oder sie zur Zierde einsetzen, wenn sie es eh zusammensteckte. Zufrieden nickte Emilía, vergessend, dass er ihrem Gedankengang wahrscheinlich gar nicht folgen konnte. Ein Blick in ihren Kelch verriet ihr, dass nur noch ein winziger Schluck des guten Weines da war und in der Flasche war auch nicht mehr so viel. Sie begann nun die Wärme zu spüren, die sich in ihrem Bauch ausbreitete und ihre Füße schwer werden ließ und so lehnte sie sich entspannt zurück und beobachtete einen Moment den dunkler werdenden Himmel. Ihre langen Beine zog sie an sich, unbemerkt rutschte ihre sowieso nur knielange Kleidung höher und gab den Blick auf ihren Oberschenkel frei, nun ja, die eine Hälfte davon zumindestens. Sie beugte sich vor, griff nach dem billigeren Wein und goß sich nach. Natürlich vermischte sie die Weine nicht, die Götter mögen solchen Frevel behüten!


    Es war herrlich entspannend und zu der allgemeinen Müdigkeit, die sich ja schon am Nachmittag eingestellt hatte, wirkte der Wein nochmal zusätzlich."Also so wie du über deine Frau sprichst, weiß ich gar nicht wen ich mehr beneiden soll. Dich, weil sie anscheinend eine wirklich wundervolle Frau ist und du sie ganz offensichtlich wirklich liebst. Oder aber Sie, eben weil du sie liebst und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dich weniger liebt." Sie nippte an ihrem Wein. "Und dann auch noch ein Kind, das ist wundervoll. Ich habe meinen Schwestern immer beigestanden, wenn sie schwanger waren und kenne mich sogar ein bisschen aus. Fühlt sie sich denn schon schlecht und hat manchmal schlechte Laune? Und überhaupt, was ist sie eigentlich so für ein Mensch?"


    Auch Emilías Stimme wurde vom Wein gelockert, immerhin hatte sie beinahe eine halbe Flasche alleine getrunken und sie hatte zudem das Gefühl, mit Ánthi offen reden zu können und ihm einfach Löcher in den Bauch zu fragen. Wenn sie an früher zurückdachte, dann hätte sie das wahrscheinlich nie für möglich gehalten.

  • Auch Ànthimos war auf den billigeren Wein umgestiegen und nahm davon einen Schluck. Er wollte auch noch etwas für die anderen aufheben, denn diesen Genuss solte jeder einmal geschmeckt haben. Mittlerweile hatte sich der Grieche auch sichtlich entspannt und seine haarlosen Waden waren nun ebenso zu sehen, wie er da auf der Cline lag. Dass er Emilias Beine sehen könnte störte ihn nun auch nicht mehr. Eigentlich war er schon immer sehr ungezwungen mit dem weiblichen Geschlecht umgegangen, und nur Penelopes schwangerschaftsbedingte Eifersucht hatten ihn da ein wenig vorsichtiger werden lassen. Aber sie war ja jetzt nicht da, Emi war seine Cousine und sowieso konnte nichts passieren, denn ein Ànthimos Bantotakis wurde nicht verführt, sondern er verführte wenn er das wollte und das war nicht der Fall, also war alles in Ordnung, selbst wenn sie halbnackt hier herumspringen würde. Nur Penelope konnte er nicht widerstehen, da war er sich sicher.


    "Das ist eine gute Frage. Und genau die zeigt mir, wie gut sie und ich zusammenpassen" meinte er fröhlich, "Ja ihr ist schon seit einer Weile schlecht, aber wirklich übellaunig ist sie nicht. Vielleicht ein wenig leicht erregbar, aber das ist ganz normal hat mir ihre Hebamme gesagt. Dann nehm ich sie einfach in den Arm oder geb ihr einen Kuss, dann geht das schon. Schließlich trägt sie unser Kind unter ihrem Herzen und hat so eine große Verantwortung, da muss man ihr das zugestehen. Ansonsten ist sie eigentlich ein sehr stiller Mensch, fast schon scheu. Am Anfang war das noch schlimmer, aber ich habe sie da ein paar mal etwas angestoßen. Aber ruhig ist sie immernoch, das ist halt ihre Natur. Außer wenn sie an der Kithara spielt, dann ist sie völlig anders. Sie spielt und singt dann so wunderschön, dass man denken könnte eine der Musen hätte ihren Platz eingenommen. Und einmal hat sie sich in der Volksversammlung zu Wort gemeldet und einen Griechen namens Marcus Achilleos in Grund und Boden geredet. Da wär mir vor Stolz beinahe das Herz aus der Brust gesprungen. Ansonsten hat sie sich immer toll um mich und meine Brüder gekümmert was die Hausarbeit und das Kochen anging. Ich musste sie beinahe zwingen jetzt etwas weniger zu machen. Sie dachte doch wirklich, ich hätte unsere Sklavin gekauft, weil mir ihr essen nicht schmecken würde. Von allen Geschenken, die uns die Götter hier haben zuteil werden lassen, ist sie mit Abstand das wertvollste, dessen bin ich mir sicher.


    Seine Augen strahlten, als er von seiner Frau erzählte. Manchmal lag er Nachts einfach wach negen ihr, beobachtete sie wie sie friedlich schlief und dankte den Göttern für sein Glück.

  • Emi war - zum vielleicht vierten oder fünften Mal in ihrem Leben - völlig sprachlos und grinste nur glückselig vor sich hin. Diese Lobrede, die Ánthi mit solcher Inbrunst vorgetragen hatte, war wirklich wunderschön und er war der wohl glücklichste Mensch, den Emi kannte. Vielleicht von ihren eigenen Eltern mal abgesehen, deren Verbindung ebenso innig war. Aber diese Pelo musste einfach ein Klasseweib sein, soviel stand fest, denn auch wenn sie schon etwas launisch war und wohl auch eher eine ruhige Person, was Ánthi von ihr hingerissen. Emi hob ihren Becher, goß den beiden nocheinmal an und grinste ihn an, damit er mit ihr anstieß.


    "Auf Penelope, deine wundervolle Frau und auf eine ganze Heerschar Bantotaken, die ihr noch zur Welt bringen werdet!" sagte sie feierlich und trank ihren Becher in einem großen Zug aus. Sie lehnte sich zurück und begann zu kichern, weil sie plötzlich einen Schluckauf bekam. Sie versuchte die Luft anzuhalten und machte kugelrunde Wangen, aber dann kicherte sie doch wieder und der Schluckauf blieb.

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