Je näher sie dem Zimmer kamen, das Antonia für sie hergerichtet hatte, desto angespannter wurde Epicharis und deste kühler wurde die Hand, die sie in jene von Aristides gebettet hatte. Sie hatte zwar ohnehin nicht viel essen können, obwohl die Speisen allesamt köstlich ausgesehen hatten, aber nun war ihr fast schlecht, so sehr breitete sich die Aufregung in ihr aus. Sie wünschte sich nun, sie hätte doch ein wenig mehr als nur ein paar Schlucke stark verdünnten Wein getrunken. Dann würde sie auch nicht so frieren...
Epicharis wartete, bis Aristides sie zum Ehegemach geführt hatte. Dann ließ sie ihn die Tür öffnen und betrat mit ihm das Zimmer. Flinke Sklavenhände hatten bereits unzählige Ölllampen entzündet, die den Raum in goldfarbene Harmonie tauchten. Epicharis bemerkte hier und dort ein Amulett. Langsam drehend reflektierten sie dann und wann einen Lichtreflex. Die Frischgebackene ließ Aristides - ihren Ehemann - los. Ein zaghaftes Lächeln suchte über die aufwallende Schüchternheit hinwegzutäuschen. Nie war sie eine Frau gewesen, die fordernd oder bestimmend gewesen war. Manch einer mochte sie sogar als epiphane Lichtgestalt beschreiben, doch dies war sie ebenso wenig wie eine Walküre. Epicharis versuchte, den Frosch in ihrem Hals zu dem Kloß in ihrem Magen hinunterzubefördern, doch es gelang nicht. Stattdessen glitt ihr Blick über die Blumenvielfalt im Raum und auf das Mosaik im Boden. Sie musste sofort an das Gespräch mit Antonia zurückdenken. Ob das Kunstwerk den Boden hier immer schon geziert hatte?
Gelegentlich drang ein fernes Lachen von der noch feiernden Gästeschar zu ihnen hinein. Epicharis fühlte sich wie in einem Wachtraum. Sie stand nun vor Aristides, und weil sie nicht wusste, wohin mit ihren Händen, legte sie beide in die seinen hinein. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie konnte gerade noch einen nervösen Blick zu dem breiten Bett hin vermeiden und lächelte wieder ein klein wenig. Epicharis fand, dass Aristides im Gegensatz zu ihr doch recht warme Hände hatte. Ob es unpassend war, wenn sie ihn küsste? Epicharis biss sich flüchtig auf die Unterlippe und kniff kurz die Augen zusammen. Dann erhob sie sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihrem Ehemann einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, nur um sich sogleich augenblicklich wieder scheu zurückzuziehen.