Der Widerspenstigen Zähmung - erster Versuch

  • Ein Hauch von Anis lag in der Luft. Für einen kurzen Augenblick schloß Semiramis die Augen und sog den vertrauten Duft ein, ehe sie sie wieder öffnete und dem Grobian, der sie plötzlich mit seinen großen Pranken packen wollte, ins Gesicht schrie. "Nein, das ist ein Fehler! Ich bin keine Sklavin! Wie oft soll ich das euch noch sagen! Das war nur Spaß! Glaubt mir doch!" Mit aller Kraft versuchte sie sich aus seinen Fängen zu befreien. Sie schlug und trat um sich. Aber nichts half! Der Grobian, ein kahlköpfiger Ägypter grinste nur dumm und zog sie aus dem Bretterverschlag heraus, um sie anschießend den Schau - und Kauflustigen auf dem Podest zu präsentieren.
    "Gib dir keine Mühe Mädchen, die Leier kennen wir schon! Wenn du keine Sklavin warst, dann bist du eben jetzt eine und glaub mir Kleine, der der dich abbekommt, wird seinen Spaß mit dir haben!", antwortete der Sklavenhändler, ein untersetzter, mondgesichtiger Grieche mit spärlichen Haaren und fetten Fingern, der sie in Empfang nahm und neben sich zerrte.
    Sogleich richtete der Grieche seine Stimme an seine Kundschaft, die zahlreich um den Podest versammelt war.
    "Sehet her Römer, was ich hier für euch habe! Ein liebliches Kleinod aus Syrien. Gut gewachsen und bei bester Gesundheit! Diese orientalische Schönheit wird euch so manche Stunde versüßen. Sie kann tanzen und Geschichten erzählen. Sie ist im Haushalt einsetzbar und wird auch eure einsamen Abende versüßen und das alles für ein Anfangsgebot von nur 300 Sesterzen! Da heißt es zugreifen!"
    Semiramis Blick hatte sich mehr als verfinstert, als sie hinunter in die Menge schaute. Diesmal war ihr Plan ganz schön in die Hose, pardon, in die Tunika gegangen! Es war fraglich, ob sie den alten Aziz und ihr geliebtes Damaskus je wieder sehen würde.

  • Rom. Ein erhebender Anblick. Selbst die Slums der Subura strahlen etwas vornehmes aus.
    Piso schleppte seinen Sklaven Cassivellaunus durch die Strassen. Der schoene Tag inspirierte ihn dazu, ein selbst komponiertes Lied zu singen. Ein Lied, dass seiner Zeit 1864 Jahre voraus war. Und von Rom, und nicht von Lutetia handelte.
    "Auf der Via Sacra!
    Auf der Via Sacra!
    In der Sonne, und im Regen,
    am Mo-horgen oder Mitta-hag,
    gibt es alles was man will!
    Auf der Via Sacra!"


    Sim-Off:

    Ein Bonuspunkt, wenn du das Lied erratest. :)


    [Blockierte Grafik: http://www.cavernbeatles.com/blog/images/baldrick.jpgCassivellaunus
    ...war ein armer Teufel. Er konnte nicht, wie die anderen Leute, ausweichen oder die Strassenseite wechseln. Er musste weitergehen und versuchen, das unmelodioese Gegroehle seines Herrn zu ignorieren. Doch es war unmoeglich. Laut und schallend erklang das Lied. Nach seinem Ende fragte Piso seinen Sklaven: "Na? Hat es dir gefallen?"
    "Hmmm..." Im Grunde war das Lied ja nicht mies. Nur die Vortragung war entsetzlich. "Ganz grossartig." "Schoen das hoeren." Er blickte sich um. "Oh, wieviel Zeit vergeht, wenn man den Musen froent! Hier ist ja schon der Sklavenmarkt. Sieh dich mal um. Was gibt es fuer Sklaven?" "Sklaven?" "Du weisst ganz genau, was ich meine. Ich habe es dir schon zehnmal gesagt, was ich meine." "Das stimmt, mein Heeeeeeeeeeeerr." "Also." "Ich hab's vergessen." Piso biss die Zaehne zusammen und schlug sich die haende ueber den Kopf zusammen.
    "Du bist ein Dummkopf." "Ja." "Und du stinkst." "Ja." "Gut, dass das geklaert ist. Was ich brauche, ist eine Sklavin. Wir sind hier in einer Stadt von Welt. Kein Herr sollte sich sehen lassen ohne Dame an der Seite. Ausserdem muss sie tanzen koennen. Zu meiner Musik. Und es versteht sich von selbst, dass sie nach etwas ausschauen muss. Ich meine damit, huebsch. Niemand will eine Frau, die ausschut wie eine Ruebe. Ausser dir, natuerlich." Cassivellaunus grinste begeistert und nickte. "Ich werde Ausschau halten."
    Eine Minute spaeter war er wieder zurueck. "Titus Tranquillus verkauft nur maennlicheeeeeeeeeeee Sklaveeeeeeen!", verkuendete er. "Aber da drueben steht einer, der verkauft eine Sklavin, wo tanzen kann."
    "Ah, schauen wir mal." gemeinsam stapften sie zum Podest, wo die Sklavin angeboten wurde. Es war schon geboten worden, hinten bot einer 850 Sesterzen. Piso schaute genau auf die Sklavin. Tatsaechlich hatte Cassivellaunus recht gehabt, sie war durchaus einen Blick wert. Mal schauen. "1000 Sesterzen!", rief er dem Sklavenhaendler hin.

  • Sim-Off:

    Wie wärs mit Joe Dassin Les Champs Élyssées? :D


    Die Meute, die um den Podest herum standen, waren kurz davor, Stielaugen zu bekommen, besonders dann, als der Sklavenhändler Semiramis einmal um sich selbst herum drehte, damit die ehrenwerte Kundschaft auch die Rückenansicht der frischgebackenen Sklavin zu sehen bekam. Ohne Zweifel, die zierliche Syrerin hatte einiges zu bieten, was wohl auch der Grund war, weswegen die Gebote sich beinahe überschlugen.
    Der Sklavenhändler war ganz eifrig bei der Sache und sah bereits die Berge von Münzen vor sich, die die Sklavin ihm einbringen würden. Niemals hätte er gedacht, daß ihm das störrische Weib so viel einbringen würde, obwohl er doch selbst dem alten Halsabschneider in Damaskus nur dreihundert Sesterzen gezahlt hatte.


    Semiriamis kochte innerlich vor Wut. Nicht nur, daß sie in der Falle saß auch die Tatsache, daß dieser schmierige Kerl von Sklavenhändler nun schon mehr als das dreifache an ihr verdienen würde, wie er Azizs für sie gezahlt hatte. Daß sie hier und heute einem neuen Besitzer zugeführt wurde, ließ sie eigentlich kalt. Wenn das Glück sie nicht ganz im Stich ließ, dann geriet sie an einen Schachkopf, dem sie über kurz oder lang wieder davonlaufen konnte. Dann würde sie sich eben in Rom durchschlagen. Rom oder Damaskus, wo lag da schon der Unterschied?


    Der Sklavenhändler, der den Rachen nicht voll genug bekommen konnte, begann nun mit seiner zweiten Verkaufsphase, um selbst die zu mobilisieren, die eigentlich gar kein Interesse an der Sklavin hatte. Um die körperlichen Vorteile noch besser zur Geltung zu bringen, betatschte er seine Ware mit seinen dicken Wurstfingern und hob ihre Tunika an, damit man ihre wohlgestalteten Beine erkennen konnte. "1000 Sesterzen sind geboten, höre ich noch ein höheres Gebot? Seht nur, welch ein Prachtweib das ist! Die hat Beine, die gehen bis hier! Also höre ich ein höheres Gebot?" Die Taktik des Griechen ging auf, gleich kletterten die Gebote bis auf 1500 Sesterzen.
    Beine waren Semiramis´Stichwort! Sie wäre nicht Semiramis gewesen, hätte sie es einfach so hingenommen, von dem Sklavenhändler auf diese Weise betatscht zu werden. Mit voller Inbrunst trat sie dem Griechen gegen sein Bein, so daß er zu straucheln begann. Nur mit großer Mühe konnte er sich wieder fangen und wetterte die Sklavin wütend an. Der Kundschaft gegenüber übermalte er seinen Zorn. "Seht ihr, was für ein Teufelsweib das ist? Mit ihr werdet ihr viel Spaß haben! Na, höre ich noch 1600 Sesterzen?"

  • Sim-Off:

    1 Pisopunkt fuer dich. :D


    Ah... ah ja... das war durchaus interessant... ja, das war gut. Sein Entschluss stand fest. Er wollte diese Sklavin haben, besonders ihrer Beine wegen.
    Hinter sich hoerte er die Preise hochklettern. Das war 1200, und dann kam 1500. Er blickte sich um. Zwei alte, luesterne Boecke. Nein, das hatte dieses maedchen nicht verdient. Sie verdiente es, an einer ordentlichen Stlle untergebracht zu werden. Bei einem Aestheten, und nicht einem alten Knopperer. Bei einem kultivierten Menschen, und keinem plebejischen Gernegross. Er wandte sich an Cassivellaunus. "Also. Was haltest du von ihr?" Cassi wurde aus sinem Traum herausgerissen, der offenbar mit der Sklavin in Verbindung stand. "Ja... sie ist... nicht schlecht... glaubeeeee ich.", meinte er und nickte verhalten, immer wieder zur Sklavin hinschielend. Piso schaute streng auf ihn. "Dir ist klar, dass sie mir gehoert, wenn ich sie kaufe? und nicht dir?" Cassivellaunus blickte zu Boden und nickte nur.
    Piso schaute wieder auf die Buehne hinauf. Der Sklavenhaendler wolle, dass jemand 1600 bot. Nicht mit ihm. Er wuerde mehr bieten. Er war ja kein Kleingeist!
    "1610!", rief er aus und grinste zufrieden. Wer wuerde das zu ueberbieten wagen? Vermutlich einige. Aber er hatte noch einiges an Geld uebrig, das konnte er in aller Gemuetsruhe verpulvern.
    Hoffentlich war es die Sklavin wert. Nun ja. So wie sie ausschaut, durchaus. Aber jaehzornig war sie, bei Jupitter! Sie stiess dem Sklavenhaendler ins Bein. Ehrlich gesagt, er haette das auch gemacht da oben. Aber sie wuerde ihn sicher nicht stossen, wusste er doch, dass er das mit seinem unwiderstehlichen Charme :D ausgleichen koennte.

  • Dieses Dreckschwein von einem Sklavenhändler! Nicht genug, daß er sie an den unmöglichsten Stellen betatscht hatte, nun zerrte er sie auch noch so fest am Arm, das es blaue Flecken geben mußte. Aber Semiramis´ Tritt hatte ihm bewiesen, daß sie sich nicht alles gefallen ließ. Was er ihr daraufhin zugeflüstert hatte, hätte jedem hartgesottenen Halsabschneider die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Das machte Semiramis nur noch zorniger. Wenn sie gekonnt hätte, dann hätte sie dem Widerling die Augen ausgekratzt. Besser war es aber, sie hielt sich zurück, sonst würde ihr junges Leben noch hier und heute auf diesem elenden Podest enden, so glaubte sie. Eigentlich wollte sie nur noch, daß es endlich vorbei war. Sie hatte sich insgeheim schon ein Plänchen zurecht gelegt. Sobald man sie vom Podest herunter geführt hatte und sie endlich diese dämlichen Fesseln los war, würde sie die Flucht ergreifen und in die Menge abtauchen. Mit einem bißchen Glück hatte sie dann ihre Freiheit wieder zurück. Und das Schicksal sollte es gut mit ihr meinen...


    Ungeachtet dessen, gingen die Gebote weiter hoch. einer, der sich besonders witzig fand, bot schließlich 1610 Sesterzen. Semiramis schaute hinunter auf den Mann, der in Begleitung eines leicht gebückt gehenden anderen Mannes war. Der arme Kerl war wahrscheinlich sein Sklave und er selber wohl einer von diesen arroganten superreichen Oberschichtaffen, von denen es hier in Rom jede Menge geben mußte.


    Was war jetzt? Es bot gar keiner mehr! Waren die Leute etwa von diesem genialen Gebot so beeindruckt, daß ihnen glatt die Spucke weg blieb?
    Sorgenvoll blickte der Sklavenhändler in die Menge. War das schon alles?
    "Höre ich noch ein höheres Gebot? 1610 zum ersten…" Die Augen des Sklavenhändlers bewegten sich nach einer erhobenen Hand suchend über die Menge. Aber keiner bot mehr etwas. "1610 zum zweiten…" Nein, keiner! "…und zum dritten! Verkauft für 1610 Sesterzen für den netten jungen Mann dort drüben!"
    Das durfte doch jetzt nicht wahr sein, schoß es durch Semiramis´ Kopf. Ausgerechnet der! Aber umso besser, dem konnte sie doch leicht entwischen!
    Der Grobian von vorhin kamwieder und schob sie hinunter, damit ihr neuer Herr sie in Empfang nehmen konnte.

  • Indigniert blickte Piso um sich. Was war denn das? Niemand hatte den subtilen Witz in seinem Offert verstanden! Niemand, der nun 1611 Sesterzen bot? Was war den das? Nicht einmal ein Kichern irgendwo! Unerhoert! Er wusste, dass er witzig war. Jawohl. Das ganze musste mit dem mangelnden Humor der Roemer heutzutage zusammenhaengen.
    Oder hing es damit zusammen, dass die Leute heute kein Geld mehr hatten? Hing es damit zusammen, dass die Sklavin dem Sklavenhaendler einen Fusstritt gegeben hatte, und niemand sie mehr wollte? Vielleicht hatte sein schmaeh den Leuten nur den Atem beraubt, und gleich wuerden sie in Applaus ausbrechen.
    Nein, das taten sie nicht. Und niemand bot mehr.
    Und tatsaechlich. Er bekam sie. Um 1610 Sesterzen, einen Preis, von dem er sich niemals haette traeumen lassen.
    Ein Dialog entspannte sich nun zwischen Piso und Cassivellaunus. Hektik und Panik wuchs in jedem Satz hier an.
    "Also. Zaehl mir das Geld raus.", sagte er und recihte ihm seinen Geldbeutel.
    Cassivellaunus zaehlte. "15... 16 Aurei."
    "Gut. Und dann noch 10 Sesterzen."
    "Nein, Heeeeeeeeeerr."
    "Was, nein?"
    "Das war es.""Was? Zaehl nochmals."
    Cassivellaunus zaehlte nochmals und kam wieder auf das selbe Ergebnis. Piso riss ihm den beutel aus der Hand und zaehlte selbst. Tatsaechlich. Nur noch 16 Aurei.
    "Was? Ich habe doch noch gerade mehr als 30 gehabt?"
    "Ja. Das war vorvorgestern."
    "Genau!""Kannst du dich noch an vorgestern Nacht erinnern, Heeeeeeeeeeerr?"
    "Aeh... nein." Es schwante ihm uebles. "Wart... gestern bin ich mit einem Brummschaedel aufgestanden...""Ich auch."
    "Was ist da passiert?"
    "Weiss nicht... da war doch was... ich kann mich nicht mehr erinnern..."
    "Ach was. Ich werde das Geld einfach zu Hause gelassen haben.", wuergte Piso den Dialog ab.
    "Also." Er druchwuehlte sein Geld. Es waren ein paar Sesterzen und viele kleine Asse.
    "9 Sesterzen, 3 Asse... und da, noch ein As! Mein letzter! Genau 10 Sesterzen!"
    Laechelnd stellte er sich hin vorm Gehilfen des Sklavenhaendler, der Semiramis mittlerweile bis zu Piso verfrachtet hatte. "Hier. Stimmt ganz genau.", meinte er und wollte ihm schon das Geld uebergeben... da kullerte ihm ein As durch die Fingerspitzen und kam irgendwo am Boden auf. Piso schaute nach unten und grinste dann. "Na ja, dann sind es halt 1609 Sesterzen und 3 Asse. Ist das so schlimm?", fragte er.

  • "Du wolle gleich mitnehmen, Frau?", fragte der Grobian, wobei Semiramis ihn ganz fasziniert von der Seite musterte, da sie die ganze Zeit geglaubt hatte, er könne gar nicht sprechen. So konnte man sich in der Menschheit täuschen, oder was man so alles für die Menschheit hielt.
    In der Zwischenzeit hatte der Römer all sein Geld zusammengeklaubt. Er hatte alles, bis auf die zehn Sesterzen. Jetzt begann das große Suchen, nach den letzten fehlenden Münzen. Semiramis beobachtete nur stumm und verrollte die Augen, nachdem die beiden, Herr und Sklave endlich noch zehn Sesterzen zusammen bekamen und dem Römer bei der Übergabe auch noch eine Münze aus der Hand fiel. Jetzt waren es nur 1609 Sesterzen und 3 Asse.
    "Das zu wenig! Du nix können mitnehmen, Frau!" Semiramis seufzte! Womit hatte sie das nur verdient? Sie hätte schreien, oder sich vor Frust in den Arm beißen können! Die Münze lag doch direkt vor dem Grobian! Er mußte sich nur bücken! Wären Semiramis Hände nicht gebunden gewesen, hätte sie sich gebückt und das fehlende Ass aufgehoben. Dann wäre allen geholfen gewesen.
    Doch eine unbewegliche Kraft raste in diesem Moment auf ein unbewegliches Ziel zu und keiner der Beteiligten befand, daran etwas ändern zu wollen. Glücklicherweise war Semiramis außerordentlich gelenkig. Denn in ihren jungen Jahren hatte sie gelernt, sich wie die Schlangenmenschen aus dem fernen Osten zu bewegen. Langsam begann sie sich nach unten zu bewegen und schaffte es schließlich, dicht über dem Boden mit Hilfe ihres Mundes die Münze aufzuheben. Dann kam sie langsam wieder hoch und streckte dem Grobian die Münze entgegen. Wie sie das geschafft hatte, war ihr Geheimnis. Es hatte jahrelanges Training und gute Körperbeherrschung vorausgesetzt. Endlich wußte sie, wofür sie das alles all die Jahre gelernt hatte!
    Der Grobian nahm ungläubig die Münze an sich, besah sie sich noch einmal genau und nickte dann, nachdem er noch mal nachgerechnet hatte. "Is gut! Du können mitnehmen, Frau!"

  • Der Geselle machte ueberhaupt keine gute Miene zum eigentlich nicht so boesen Spiel. Schliesslich ging es um ein As, eine ziemlich obskure kleine Summe. Doch er bestand drauf. Zwar hatte er anfangs gefragt, ob er sie gleich mitnehmen wollte (was er bejaht hatte), was wie ein gutes Zeichen ausgeschaut hatte... doch dies war nicht gut.
    Piso sah sich schon in einer hoechst peinlichen Situation. Am Boden herumklauben, um eine kleine Muenze zu suchen. Nun ja, er haette es sowieso seinen tumben britischen Sklaven machen lassen, aber trotzdem... die Blicke, die das auf sich gezogen haette! Was haetten die Leute bloss gesagt!
    Allerdings passierte dies nie, denn die Sklavin machte nun etwas, was Piso hoechst erstaunte. So weit hinunterbeugen, das gab es doch nicht. Er selbst war schon froh, wenn er mit geraden Beinen mit den haenden seine Fingerspitzen beruehren konnte. Das war ja absolut fantastisch.
    Pisos Blick folgte seiner neuen Sklavin fasziniert. Nicht schlecht. Und somit hatte sie ihn auch aus einer schier aussichtslosen Situation gebracht. Sie schien auch einen scharfen Blick zu haben, amsonsten haette sie die Muenze nie gefunden - Piso hatte ja darin versagt, die Muenze am Boden zu finden. Nun ja, man musste ihm zugute halten, dass er groesser war als seine Sklavin, das hiess, sie musste nicht so weit an den Boden blicken wie er.
    Und tatsaechlich war es so, dass der Genosse zufrieden war. Den Goettern sei Dank. Wieder musste er an die 15 Aurei denken, die mysterioes verschwunden waren. Konnte es tatsaechlich sein, dass er sie alle vorgestern Nacht durchgebracht hatte? Das konnte ja kaum sein. Neinneinnein, er hatte sie garantiert zu Hause gelassen.
    Er wandte sich nun an die Sklavin. "Das war wirklich beeindruckend.", meinte er mit einem gewissen Respekt in seiner Stimme. "Ich muss dir danken." Haette sie nichts getan, waere er in grosser Peinlichkeit gewesen.
    "Semiramis heisst du also? Ich bin Aulus Flavius Piso. Du wirst von nun an bei meiner Familie in der Villa Flavia wohnen und mich Herr nennen.", meinte er mit einem Laecheln, von dem er sich tatsaechlich einbildete, dass es jede Frau zum Dahinschmelzen bringen muesste.

  • Endlich hatte dieser Widerling seine schmutzigen Hände von ihr genommen. Hätte er sie auch gleich von ihren Fesseln befreit, hätte sie ihn vielleicht sogar zum Abschied noch geküßt. Aber daraus wurde nichts, den Göttern sei Dank!
    Der Römer, der soeben ein kleines Vermögen für sie ausgegeben hatte und dem sie dafür aus der Patsche geholfen hatte, bedankte sich bei ihr. Aha, doch nicht einer von diesen hochnäsigen Angebern, dachte Semiramis sich. Es klang (vorerst) ganz freundlich, was er sagte.
    "Ach, nichts zu danken! Schwamm drüber! Das hab ich doch gerne gemacht! Aber das war auch nichts Besonderes. So was mache ich normalerweise jeden Tag. Also in letzter Zeit nicht mehr, aber bis vor kurzem noch. Und ähm ja, genau das wollte ich dir auch noch sagen, denn ich.. ich… Äh ja, Semiramis heiße ich. Aber ich.. äh ich… Aha, schön dich kennen zu lernen, Piso! Aber ich bin … ich… Ja, das ist wirklich nett von dir aber das ist nicht nötig, denn….äh, denn ich bin …nein ich bin gar keine… was?" Dieser Kerl plapperte die ganze Zeit und ließ sie nicht einmal ausreden! Dabei wollte sie ihm doch einfach nur erklären, daß sie doch …äh nein… äh eigentlich… Nun grinste er auch noch so dämlich! Nicht genug, daß man sie soeben wie ein Stück Vieh an den Mann gebracht hatte, nun machte er sich über sie auch noch lustig! "Verdammt noch mal! Laß mich doch mal ausreden! Ich bin keine Sklavin! Wirklich nicht! Das ist alles nur ein ganz dummer Irrtum! Und ich werde dich bestimmt nicht Herr nennen, nein!", schrie sie ihm entgegen. "Es tut mir ja leid, wenn du wegen mir so viel so viel Geld bezahlt hast. Aber weißt du was? Ich mach dir einen Vorschlag, wie du das wieder zurück kriegst!" Verschwörerisch zwinkerte sie ihm zu. Was schon duzende Mal in Damaskus geklappt hatte, konnte auch in Rom klappen, davon war Semiramis überzeugt.

  • Sie entgegnete sein Laecheln. Na, das war doch schon mal ein guter Anfang.
    "Cassivellaunus! Fesseln sind was Unaesthetisches. Befreie Semiramis davon.", meinte er zu seinem Sklaven, der nickte und sich auch daran zu schaffen machte. Der Britannier war schon an die Prozedur gewoehnt, er befreite die linke Hand, waehrend er das Seil an der rechten Hand liess und das freigewordene Seilende festhielt. Er seufzte kurz und blickte dann seinen Herren an.
    Piso hatte Muehe, die vor sich hin faselnde Sklavin zu uebertoenen. Was sagte sie denn da? Piso verging sein Laecheln.
    "Aeh, doch, du bist Sklavin. Lass mich sehen... ja, das ist eine Sklavenauktion." Er machte eine grosszuegige Geste Richtung Sklavenpodest, wo der Sklavenhaendler wieder neue Ware anbot. "Und das sind wohl Fesseln. Und.... nana, meinst du, es hilft dir, wenn du mich so anschreist?", meinte er ganz ruhig. Mensch, hatte diese Frau eine laute Stimme. "Es ist normalerweise so, dass ein Mensch, der von jemand anderem gekauft worden ist, diesen als Herrn bezeichnen sollte. Beruhige dich erst mal. Dann koennen wir darueber reden. Wie ganz zivilisierte Leute." Durchaus betoert von ihrem Zwinkern, warf Piso seine haende hoch, als Zeichen dafuer, dass er sich ausreden lassen wuerde. "Du legst mir jetzt mal dar, wieso du mich nicht Herr nennen willst. Und du sagst mir, wie ich das Geld zurueckerhalten soll." Er wollte sich nicht nachsagen lassen, er hoere nie zu. Zuhoeren war immer gut, vielleicht hoerte man ja ein interessantes Offert. Und ablehnen konnte man noch immer.

  • Das war doch tatsächlich die beste Idee, die er bisher hatte, nämlich ihr endlich diese blöden Fesseln abnehmen zu lassen. Semiramis dankte es ihm mit ihrem unvergleichlichen Lächeln. "Danke Mann! Endlich einer, der mitdenkt!" Der komische Kauz mit der Knollnase begann sogleich die Fesseln zu lösen. Ach, war das ein Gefühl, als sie ihre linke Hand wieder frei bewegen konnte! Aber warum machte er denn jetzt nicht weiter? Das passte überhaupt nicht in ihrem Plan! Er beließ die Fessel an der rechten Hand und hielt das Seilende fest in seiner Hand. "Was ist, Knollennasenmann? Ich hab zwei Hände!" meinte sie mit einer auffordernden Geste zu dem Sklaven. Sie wollte ja nicht unfreundlich sein, aber ihr die Fessel an der einen Hand zu belassen, fand sie nun auch nicht gerade nett.


    Piso indes war sein dämliches Grinsen mittlerweile vergangen. Semiramis war das sowieso viel lieber gewesen. Sie mochte es überhaupt nicht, wenn ein wildfremder Kerl sie so ansah. Allerdings konnte oder besser gesagt wollte er Semiramis Meinung ganz und gar nicht teilen. Wieder hatte sie das Gefühl, er mach sich über sie lustig, weil er plötzlich begann, ihr Gesagtes zu analysieren.
    "Also hör mir mal zu! Nur weil du vielleicht ein bißchen mehr Glück hattest im Leben, brauchst du mich noch lange nicht so von oben herab zu behandeln! Und außerdem, ich schreie nicht!", schrie sie. Sie hatte ja Verständnis für diese Römer, die immer alles genau wissen wollten und deshalb manchmal etwas länger brauchten, um zu verstehen, was der Rest der Welt eigentlich von ihnen wollte.
    "Warum sollte ich dich Herr nennen? Gut, ich habe vielleicht vergessen, mich gleich bei dir zu bedanken, daß du mich aus den Händen dieses schmierigen Mistkerls befreit hast. Also, Dankeschön auch! Aber eins will ich dir mal sagen. Der Kerl hat dich ganz schön übers Ohr gehauen, denn der hat dem alten Aziz in Damaskus nur schlappe dreihundert Sesterzen gezahlt! Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Drei-hun-dert Sesterzen! Du hast ihm 1610 Sesterzen gegeben. Äh sag mal, was solltedaseigentlich mit den zehn Sesterzen? Bist wohl Individualist, oder wie das heißt, hä? Und davon,also von den dreihundert, soll einer leben? Das ist ja wohl ein Witz! Dieses Aas macht hier seinen satten Reibach, während andere am Hungertuch nagen! Apropos Hunger, da fällt mir ein, ich habe heute noch gar nichts gegessen! Ach, ähm, wo waren wir eigentlich stehen geblieben? Ach ja richtig! Wie du wieder an dein Geld kommst! Also das ist eigentlich ganz einfach! Das haben wir mindestens schon tausendmal gemacht, der alte Aziz und ich. Also, Aziz, das wärest dann du, sucht sich einen Idioten in der Menge aus, dem er mich verkaufen will. Er, also du bequatschst den Kerl dann solange, bis er einen ordentlichen Preis zahlt. Der Kerl gibt dir das Geld, ich gehe mit dem Kerl und spätestens am Abend mache ich mich dann wieder aus dem Staub. Auf diese Art kannst du an richtig viel Zaster kommen. Man muß es nur richtig anstellen! Na, was meinst du, ist doch eine tolle Idee! Sollen wir es vorher erst mal üben? Also ich bin der Kerl den du ausgesucht hast. Na, komm probier’s mal! Ich lache auch nicht, wenn es beim ersten Mal nicht klappt!" Böse Zungen behaupteten ja, Semiramis würde viel zu viel reden, was sie eigentlich gar nicht so richtig nachvollziehen konnte.
    Jetzt sah sie Piso ganz erwartungsvoll an und zwinkerte ihm aufmunternd zu, es doch einmal zu versuchen.

  • Wieder dieses Laecheln! Wie symetrisch, wie wundervoll, einfach hinreissend! Irgendwie hatte er doch nun das Gefuehl, dass sie das mit dem hinreissenden Laecheln besser hinkriegt wie er selber.
    Doch schien sie unzufrieden damit zu sein, dass Cassivellaunus ihr nicht die beiden Haende befreite, sondern nur den einen.
    Cassivellaunus blickte sie erstaunt an. "Knolle?" Er dachte an Erdgewaechse. "Ich liebe Moehren!", meinte er mit einem breiten Grinsen, welches Zaehne entbloesste, die zweifellos bezeugten, dass er von moderner Zahntechnik komplett unberuehrt war.
    Piso selbst ueberlegte, als er sich den Wortschwall von Semiramis anhoerte. "Doch, du schreist, aber ich lasse dich ausreden, wie abgemacht.", entgegnete er in aller Seelenruhe.
    Dieses versprechen hielt er auch ein.
    Am Ende rieb er sich am Kinn und begann nun selber, eine Rede zu schwingen.
    "Natuerlich macht der Sklavenhaendler einen Profit! Sonst gaebe es den Beruf gar nicht. Man nennt dieses System "Freie Marktwirtschaft."", erklaerte er Semiramis wie einem ungezogenen Kind. "Manche Sklavenhaendler erwarten nicht weniger als 2000 Sesterzen fuer Sklaven, die sie in Germanien zu einem Pappenstiel erworben haben. Ich bin mit meiner Summe noch gut davongekommen.", predigte er. "Und ja, ich schwimme nicht gern im Strom. Ich meine, wer hat dieses Zehner-System erfunden, hae? Die Babylonier rechneten in Zwoelfern. Wieso sollte ich mich dem Diktat der Zahlen beugen? Das ueberlasse ich den Kleingeistern." Er winkte ab, wie vor der Vorstellung von solchen Proletarien physisch angeekelt. "Hunger? Dafuer kann gesorgt werden. Wenn du willst, koennen wir gleich zu mir nach Hause gehen. Dort kannst du dich baden, du kriegst eine Suppe, und dann schauen wir mal, was wir weiter mit dir machen."
    Streng blickte er sie an. "Nur soweit! Du hast offenbar meinen Namen nicht richtig verstanden. Ich bin Aulus FLAVIUS Piso. Nicht irgendein dahergelaufener Aziz.", betonte er seinen Familiennamen. "Ein Flavier mag Macken haben, spinnen, komplett verrueckt sein. Doch er ist kein Krimineller. Unsere Familie hat Kaiser gestellt, und die Gesetze jener Kaiser werde ich nicht brechen. Ausserdem!", er machte wieder eine gewaltige Geste. "Wenn wir das so amchen, wer garantiert mir, dass du nach deiner Flucht zurueckkehrst, und nicht einfach zurueck nach Hause ausreisst, zu deinem Aas-iss oder wie auch immer der heissen mag?" Er legte seine Strirn in Runzeln. "Aber du bist aufgeregt, wie ich sehen kann. Gehen wir zu mir nach Hause. Dort kriegst du was zum Essen, und dann laesst es sich viel besser und vor allem zivilisierter reden."
    Er sah seiner neuen Sklavin die Aufregung ab. Alle waren so, nachdem sie gekauft worden waren. Bald schon wuerde sie sich fuegen. Hoffentlich.


    Sim-Off:

    EDIT: Fast vergessen, dass es damals noch keine Kartoffeln gab. :D

  • Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte der Knollennasenmann nicht verstanden, was Semiramis ihm mitgeteilt hatte. Er grinste nur doof und faselte etwas von Möhren. Dabei konnte Semiramis kurzzeitig einen flüchtigen Blick auf seine Beißerchen werfen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit zertrümmerten Häusern aufwiesen. Angewidert verzog sie ihr Gesicht. Das konnte ja noch heiter werden!
    Wenigstens quatschte ihr der Römer nicht dazwischen, während sie sprach. Das war das einzig Positive. Allerdings traute er sich nicht, ihrer Aufforderung nachzukommen, weswegen sie ihn schon verhöhnen wollte. Diese Römer, alle samt Hosenschisser, äh pardon, Tunikaschisser!
    Stattdessen hielt er ihr seinerseits nun eine Rede, in der er den Beruf des Sklavenhändlers verteidigte, irgendetwas von freier Marktwirtschaft und Zahlensystemen faselte, von dem sie sowieso nichts verstand.
    Sein Angebot, sie nach Hause mitnehmen zu wollen, wo sie sich baden könne, etwas zu Essen bekäme und dann, nun ja, das würde man dann schon sehen, entrüstete sie.
    "He, was glaubst du denn??? Meinst du vielleicht, ich bin eine von denen? Das kannst du dir abschminken! Ich geh nicht mit dir nach Hause und dann sehen wir weiter!" Semiramis war außer sich. Da konnte dieser Lustmolch noch so streng gucken. Und überhaupt interessierte es sie nicht, wie sein Name war. Allerings nahm sie es ihm nicht ab, daß so einer wie der mit Kaisern verwandt sein sollte.
    "Ja, natürlich! Und ich bin die jüngste Tochter von Osroes, dem Shahinshah von Parthien." Angewidert von solchen infamen Lügen, winkte sie ab. "Du suchst doch nur nach einer Ausrede, weshalb du mit mir dieses Ding nicht durchziehen willst, weil du einfach nur die Tunika voll hast! Stimmt doch, oder?" Doch als besondere Beleidigung empfand sie sein Misstrauen gegenüber ihr. "Wer dir das garantiert? Na rate mal, wer wohl? Ich natürlich! Und übrigens, der alte Aziz heißt Aziz!", entgegnete sie pampig.
    Aber es wurde noch schöner! Als er offenbar merkte, er kam so nicht weiter, begann er eine neue Masche. Von wegen aufgeregt! "Aufgeregt, wegen dir? Daß ich nicht lache, hahaha! He, wovon träumst du nachts?"

  • Die Syrerin schien bemerkenswert unempfaenglich fuer die subtile Aesthetik von Maerkten und Zahlen zu sein. Stattdessen kreischte sie ihn weiter an.
    Piso laechelte nur vergnuegt. Er wusste ganz genau, wer am laengeren Hebel sass. Doch er wollte die Sklavin nicht mit brutaler Gewalt behandeln, sondern ueebrzeugen, dass es so besser war, fuer alle Beteiligten. Bis auf Semiramis vielleicht, aber eine Vorstellung des aristotelischen Weltbildes war es ja, dass der Einzelne zum Wohle der Gemeinschaft zurueckstecken muesste. Und dass es natuerlich sei, dass Sklaven und Herren unterschiedlich an Rechten waren.
    "Ich denke nicht, dass du eine von denen bist.", meinte er ernst und aufrichtig. "Ehrlich, solche Intentionen habe ich ncht. Glaubst du, ich waere ein Vergewaltiger? Denkst du nicht, dass die Frauen freiwillig mit mir ins Bett gehen?" Nun ja. Freiwillig, nachdem man ihnen ein paar Denare zugesteckt hatte. Aber das liess er beiseite.
    "Es tut mir Leid, dass du mit diesem Stuemper, diesem Versager von Grosskoenig verwandt bist.", bedauerte er sie. "Ich frage mich, hast du schon mal was gehoert von FLAVIUS Vespasianus? Oder Titus FLAVIUS? Oder FLAVIUS Domitianus?", zaehlte er die flavischen Kaiser auf. "Alles Flavier. Wie ich." Stolz grinste er.
    "Und ja. Wie du erkannt hast, gefaellt mir dieses geschaeft ganz und gar nicht. Und jetzt, da du dich als Kriminelle entpuppt hast, denkst du nicht auch, dass du die gerechte Strafe erleidest? Und weisst du was? Vielleicht lasse ich dich irgendwann einmal frei, wenn ich gemerkt habe, dass du diese Neigungen nicht mehr besitzt.", belehrte er sie.
    "Es ist schoen, dass ich deine Garantie habe, und ich will dir mal glauben. Trotzdem mache ich das nicht. Basta.", schloss er und blickte gekraenkt, dass man ihm ein so unmoralisches Angebot gemacht hatte. "Ich denke, dass du aufgeregt bist, im Sinne von erbost, agitiert, aufgewuehlt. Jeder Sklave ist das nach so einer Versteigerung. Es wird alles gut. Aber nur, wenn du mitkommst.", meinte er.

  • "Das wollte ich die auch geraten haben!", zischte sie giftig. Semiramis hatte langsam die Nase voll. Dieser Hanswurst kam sich ja unheimlich schlau vor. Das fuchste sie so sehr, daß sie sich richtig zusammennehmen musste, damit sie ihm nicht an die Gurgel ging. Dummerweise war es tatsächlich so, daß es für sie immer enger wurde. Aber sich einfach so geschlagen geben, das entsprach nicht Semiramis Art.
    "Woher soll ich wissen, was du bist? Ich kenn dich ja gar nicht. Und außerdem nehm ich dir das nicht ab! Du siehst nicht aus, als ob dir die Weiber haufenweise hinterher rennen." Oh, ja, das war ganz schön Böse von ihr! Jetzt wurde es langsam persönlich. Aber auf diese Weise wollte sie ihn aus der Reserve locken.
    "Du glaubst wohl alles, was man dir erzählt!" verhöhnte sie ihn, als er auf ihr angebliches Verwandtschaftsverhältnis mit dem parthischen Großkönig ansprach. "Flavius? Nö! Nie gehört! Sollte man die kennen?" Ob das auch solche Dummschwätzer waren wie, wie er hier, fragte sich Semiramis amüsiert.
    "Wie? Das Geschäft gefällt dir nicht! Eben hast du mich doch gekauft und glaubst doch tatsächlich, mein Herr zu sein. Das hat doch nichts mit Kriminell zu tun. So haben wir immer unseren Unterhalt verdient. Vom Geschichtenerzählen und Tanzen allein, wird man nicht satt. Und was heißt da Strafe?" Nein, nein, nein! So konnte das nicht weitergehen. Der Kerl meinte es ernst! Der wollte sie tatsächlich als Sklavin halten, wie ein Tier!
    "Na klar bin ich erbost! Und wie! Wenn ich so einen Mist höre. Nichts wird gut! Wenn ich mitkommen soll mußt du mich entweder tragen oder hinter dir her zerren! Freiwillig mache ich keinen Schritt! Nur damit du´s weißt!" Semiramis wäre das erstere lieber gewesen. Durch die Gassen geschleift zu werden, damit zog man immer so viel Aufmerksamkeit auf sich.

  • Mit Gleichmut nahm Piso ihre aeusserst unfreundliche Ansage zur Kenntnis. "Dann ist es ja ausgezeichnet, dass wir in diesem Punkt ubereinstimmen.", freute er sich. Ja, seiner neuen Sklavin schienen die Argumente auszugehen. Da wuerde es auch nichts nuetzen, wenn Semiramis ihn nun deutlich unter der Guertellinie attackierte.
    "Du wirst mich aber schon bald kennenlernen.", meinte er freundlich, doch die Doppeldeutigkeit dieses Satzes gerade eben war allzu offensichtlich. "Und ausserdem kommt es bei den Frauen nicht auf Quantitaet, sondern auf Qualitaet an. Ich denke nicht, dass das bei euch Frauen in Bezug auf Maennern unterschiedlich ist."
    Bei ihrem naechsten Satz lachte er kurz auf. "Durchaus nicht! Ich habe dir das nie geglaubt. Die Toechter eines parthischen Koenigsgeschlechtes werden zu Anstand und zu Manieren erzogen. Bei dir ist dies wohl nicht der Fall.", meinte er.
    Auf bei ihrer naechsten Ansage grinste er. "Du hast mich missverstanden. Nicht der Sklavenhandel missfaellt mir, sondern der Deal, den du gerade vorgeschlagen hast.", drueckte er sich nun klarer aus. "Und ja, du hast da absolut Recht. Ist doch schoen, du hast endlich erkannt, dass ich dich gekauft habe und somit dein Herr bin.", verdrehte er ihr die Worte im Mund. "Und wenn du nicht alleine von Geschichtenerzaehlen und Tanzen leben kannst, haettest du auch vom Weben leben koennen. Oder vom Gerben. Und ausserdem gibt es fuer Frauen noch diverse Einkommenszweige, die fuer uns Maenner verschlossen sind.", stellte er sachlich fest.
    Als sie sagte, dass sie sich nicht von der Stelle ruehren wuerde, machte er mit der Hand eine einladende Bewegung. "Bitte. Dann bleiben wir hier. Hier ist es eh so schoen, und ich habe auch Zeit. Cassivellaunus! Du hast doch noch das Brot, oder?" Der Britannier nickte. "Gut. Dann mal her damit." Cassivellaunus haendigte ihm das Brot aus. Piso riss ein Stueck davon ab und gab es seinem Sklaven, damit beide was zu Essen hatten. "Hmm...", murmelte er, als er hineinbiss. Das Brot war dick mit Butter bestrichen und genau das Richtige fuer Zwischendurch. "Semiramis, weisst du, wie gut das Brot ist? ich haette dir ja was angeboten, aber aus deinem Verhalten kann man schliessen, dass du nichts willst.", meinte er mit einem einnehmenden Laecheln.

  • Semiramis wurde langsam rot vor Zorn. Dieser Kerl drehte ihr doch einfach die Worte im Mund herum und dabei kam er sich auch noch wahnsinnig schlau vor. Solche Klugscheißer konnte Semiramis überhaupt nicht abhaben.
    "Soll das ein Versprechen oder eine Drohung sein?" fragte sie spöttisch auf seine Ankündigung hin. Das konnte ja noch heiter werden. Vielleicht sollte sie ich jetzt einfach von dem Knollennasenmann losreißen und davonrennen. Dann wäre sie endlich diesen Dummschwätzer los. Etwas zu essen würde sie auch selbst auftreiben können.


    Ihr liebliches Lächeln war ihr mittlerweile längst vergangen. Diesmal stak sie ganz tief in der Patsche und weder Aziz noch sonst einer ihrer Freunde waren da, um ihr zu helfen. Sie war ganz allein und ganz weit weg von zuhause. Das wurde ihr nun bewußt. Langsam schwand ihre Hoffnung und dabei machteder Römer sich auch noch über sie lustig. Semiramis wurde verdächtig ruhig und ließ ihren Kopf hängen. Sie konterte nicht einmal mehr auf die verbalen Ergüsse des Römers, selbst als er ihre Antwort zu seinen Gunsten mißbrauchte und erneut eine versteckte Anspielung machte, hinsichtlich der Damen des horizontalen Gewerbes. Sie hätte heulen können, denn letztlich war sie doch nur ein Mädchen, daß einsam und verlassen war, in einer fremden Stadt. :(


    Als der Römer seinen Sklaven nach Brot fragte, war das ihr Stichwort! Ihr Magen knurrte jetzt deutlich hörbar und das Loch in ihrem Magen wurde immer größer.
    Das gab es doch nicht! Der Knollennasenmann packte ein großes Stück Brot aus und der Römer riß ein Stück davon ab und ließ es in seinem Mund verschwinden. Ihr Mund wurde feucht und ihre Augen schauten gierig nach dem Brot. Hätte sie beide Hände frei gehabt, hätte sie ihm das Brot einfach aus der Hand gerissen.
    Hätte er doch nur seine Schnauze gehalten! Natürlich wußte sie, wie gut das Brot war. Jedes Brot war gut, wenn man Hunger hatte. Jetzt versuchte er sie also mit dem Brot zu ködern, dieser Wicht! Schwacher Versuch! Das war einfach zu viel! Nicht auf diese Tour! Nicht mit Semiramis!
    "Dein Brot kannst du dir sonst wohin stecken!", entgegnete sie ihm trotzig und schaute schmollend in eine andere Richtung :beleidigt:, bereute es aber schon kurz danach.

  • Auf ihre Frage entgegnete Piso gar nichts mehr, sondern zuckte nur noch die Achseln.
    Er blickte sie genau an. Es schien, als sie nichts mehr entgegnete, dass er der Sieger war. Doch dies befriedigte ihn nicht.
    Im Gegenteil. Irgendwie war er traurig darueber. Er konnte nicht genau sagen, wieso, aber irgendwie... kam er sich auf einmal mies vor. Er wusste nicht, wieso. Er musste sich an eine Gelegnheit erinnern, als er sich schon einmal blamiert hatte. Und obwohl dies jetzt nicht geschehen war, war es irgendwie so, dass er sich nicht anders fuehlte. Nochmals blickte er seine neue Sklavin an, und er musste feststellen, dass er Mitleid mit ihr hatte. jetzt, wo sie sich nicht mehr wehrte, erstarb in ihm das Verlangen, sie besiegen zu wollen, und machte dem Gefuehl, sich inkorrekt verhalten zu haben, Platz. Es war zwar notwenig gewesen, die Sklavin in ihre Schranken zu weisen, aber trotzdem war er nicht stolz darauf. So ein Sieg war schon eine recht unruehmliche Sache, wenn an einem um so viel laengerem Hebel sass wie ein Sklavenhalter gegenueber einer Sklavin.
    Tief seufzte er und brach ein weiteres Stueck vom Brot ab. Er blickte auf den Rest vom Brot. Es war ungefaehr ein Drittel. Ein Drittel hatte er schon Cassivellaunus gegeben (der seinen Part jetzt genuesslich und vor allem geraeuschvoll verspeiste), und ein Drittel lag schon ins einem Magen.
    Sein Blick schweifte zu Semiramis. Sie sah aus wie das verkoeperte Elend. Was fuer ein Unmensch musste ein Mann sein, in dem solch ein betrueblicher Anblick keinen... wie sollte man es ausdruecken? Beschuetzerinstinkt? Vielleicht war das das richtige Wort... ausloesen wuerde. Wieder seufzte er. Er sollte jetzt eigentlich, wo er sein Ziel doch schon erreicht hatte, nicht nachgeben. Ach was, als ob er jetzt auf einmal zum Kontrollfreak mutieren wuerde.
    Behutsam wog er jenes verbliebene Drittel vom Brot ab. Es war immer noch eine ganz gute Portion. Kurz zoegerte er. Dann reichte er es an Semiramis. "Hier.", meinte er in einer aussergewoehnlich neutralen Stimmlage.
    "Bitte. Komm mit. Und die Fessel werde ich dir auch abnehmen, wenn ich dein Wort habe, dass du nicht wegrennst.", versicherte er ihr.

  • Während sie schmollte, knurrte ihr Magen unvermindert weiter. Ihre Geschmacksknospen im Mund freuten sich schon wie wahnsinnig auf ein Stückchen Brot und produzierten noch mehr Speichel, so daß Semiramis Mühe hatte, ihren Mund gut verschlossen zu halten. Das Schlimmste war allerdings zu hören, wie der Sklave des Römers sich an seinem Teil des Brotes gütlich tat und mit einem solchen Genuß schmatzte, daß es der halbe Platz hören konnte.
    Das war wirklich zum aus der Haut fahren! Und überhaupt, mußte das einfach nur ein ganz widerlicher Traum sein! Semiramis würde bestimmt gleich von dem alten Aziz geweckt werden. Aufwachen, meine Kleine! Du hast nur schlecht geträumt. Sieh mal, ich habe uns ein Leib Brot gekauft!
    Aber vergeblich wartete sie auf ein sanftes wachrütteln und die gütige, raue Stimme des Alten. Stattdessen drang ein einsichtiges Hier an ihr Ohr. Sie drehte sich zögernd zu ihm um, damit sie sehen konnte, was er mit Hier gemeint haben könnte. Er hielt ihr jetzt ein Stück seines Brotes entgegen und er bat!, ja richtig gelesen, er bat sie, mit ihm zu kommen. Er versprach ihr sogar, die eine Fessel noch abnehmen zu lassen, wenn sie ihrerseits verspräche, nicht wegzulaufen. HA! Wenn das nicht ein vortrefflich, famoser Sieg für sie war! Außerdem bot er ihr nun die perfekte Vorlage, um sich einfach aus dem Staub zu machen. Nie im Leben würde dieser Togaheini mit ihr mithalten können, wenn sie erst einmal losgesprintet war! Dummerweise kam jetzt ihr schlechtes Gewissen dazwischen, dieser alte Spielverderber! Ach nein, einfach so abhauen? Das konnte sie jetzt nicht bringen! Ganz der Devise, was du heut nicht kannst besorgen, das verschiebe halt auf morgen, entschloß sie sich, nicht wegzurennen. Natürlich sprang sie nicht sofort auf sein Angebot, sondern ließ sich Zeit, viel Zeit, bis sie sich dazu herabließ, das Brot zu nehmen, beziehungsweise....
    Jetzt, da ihre für Geschmacksknospen das Brot in greifbare Nähe gerückt waren und sie bereits, den Geschmack des Brotes bereits in ihrem Mund schmecken konnte, wurde ihr Speichelfluß noch einmal um ein vielfaches erhöht. Deswegen war zuerst einmal ein leicht unappetitliches, schlürfendes Geräusch zu hören, bevor sie antworten konnte.
    "Na schön! Ich verspreche, nicht wegzurennen, heute jedenfalls. So und jetzt gib das Brot her!" Daraufhin riß sie ihm das Brot aus der Hand und begann gierig hineinzubeißen, wie eine hungrige Wölfin, der man schon tagelang die Beute verwehrt hatte. Sie schlang jeden Bissen hinunter, bis von dem Brot nicht der kleinste Krümel übrig war. "Oaah, hast du auch was zu trinken dabei?"

  • Es dauerte durchaus eine Weile, bis Semiramis sich dazu entschloss, das Brot doch zu nehmen. Piso sah ihr dabei zu, wie sie es herunterschlang in einer Art und Weise, die an Unzivilisiertheit der von Cassivellaunus fast schon Konkurrenz machen konnte.
    Er sah ihr auch an, dass sie ueberlegte, als Piso ihr den Vorschlag machte. Ja, er konnte sehen, wie es sie hin- und herriss. Sollte sie das Angebot annehmen? Oder sollte sie weiterhin auf stur schalten bis zum bitteren Vergasen?
    Es schien so, als ob sie das Angebot annehmen wuerde, doch meinte Piso einen Schimmer in ihren Augen zu sehen, der offenbarte, dass sie glaich davonlaufen wuerde. Er blickte sich kurz um, und sah sogleich die lustig ueber die Menschenmenge daherhuepfenden Helmwipfel, die patroullierenden Legionaeren und Vigiles gehoerten. Semiramis wuerde nicht weit kommen, wenn sie hier ausbrach.
    Doch als sie ihm versprach, mitzukommen, war das ehrlich. Er spuerte es. Und ausserdem sah sie wohl ein, dass sie nicht weit kommen wuerde. Das "heute jedenfalls" ueberhoerte er geflissentlich. Der Sklavin wuerden solche Faxen schon noch vergehen.
    Er blickte zu Cassivellaunus. Dieser wuergte gerade den letzten Rest von seinem Brot hinunter. "Cassivellaunus!" Der Sklave blickte ihn an wie ein Schaf. "Hast du gehoert?" Cassivellaunus schuettelte den Kopf. "Bei dir hat wohl das Schmatzen alles uebertoent, hm? Du sollst sie freimachen." Cassivellaunus blickte Piso gross an, aber dann tat er wie geheissen.
    Der Strick verschwand nun auch von der rechten Hand der Syrerin. Apprehensiv, auf alle Taten der Sklavin vorbereitet, schaute Piso sie an. Wuerde sie jetzt wegrennen?
    Ganz langsam zog er einen kleinen Wasserschlauch aus seinem Guertel. "Da ist nicht mehr viel drinnen.", sagte er, als er ihn an Semiramis aushaendigte. "In der Villa Flavia gibt es mehr als genug davon."

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