Der lange Ritt in all den Tagen, die karge Kost, das sehr unbequeme Schlafen unter freiem Himmel und immer mit einem offenen Auge, war für den in den letzten Jahren doch zu sehr verwöhnten Hannibal eine arge Plage gewesen. Selbst wenn er nicht zu den ganz verweichlichten Sklaven gehörte, so war er doch keiner der Robusten mehr und auch nicht der Jüngste. Darum war Hannibal froh als er den wohltuenden Tropfen eines italischen Weines auf seiner Zunge und seine Kehle hinab rinnen spürte. So weit waren sie schon mal gekommen und wenn sie erstmal auf einem Schiff waren, fern von Italien und womöglich in Syrien ankamen, dann war es schon fast geschafft. Denn er bezweifelte, dass die Flavier so viel Ehrgeiz zeigen würden, oder? Zumal sie die Ehefrau seines Herrn schon in ihre Freiheit zurück entlassen hatten. Aber es gab Verfolger, immerhin diese wichtige Information hatte Menelaos ihnen mitteilen können. "Auf uns und mögen die Parzen uns gewogen sein, bei unserem weiteren Vorgehen.", erwiderte Hannibal. Dann trank er einen Schluck und spähte zu der unbekannten Komponente, die sich in ihre Flucht eingeschlichen hatte, ehe sie es sich versahen. Immer noch stand die Gier auf das wundervolle Schriftstück deutlich in sein Gesicht geschrieben. Wenn es nach ihm ging, würden sie lieber nach Syrien schwimmen als dieses Schriftstück zu veräußern. "Ich kenne einen Händler für Schriften und Papyri, also zumindest von früher noch. Er war damals schon ein alter Mann aber vor einigen Monaten besaß er seinen Laden noch. Ich denke, er wird es uns abnehmen ohne groß Fragen zu stellen. Am Besten wir Beide machen uns dann auf. Cassim, Chimerion, kümmert ihr euch um das Schiff und den Proviant? Ich nehme Dido dann mit mir." Er sah kurz zu seiner Tochter, die wieder mal recht bockig aussah, selbst wenn sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Aber dafür war sie noch eine zu schlechte Schauspielerin.
O dulce nomen libertatis! Pars Roma et Italia! - Die Flucht einiger Sklaven und ihre(r) Geisel(n)
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Chimerion schreckte aus seinen Beobachtungen, als sein Name erwähnt wurde. Er nickte, als er die Worte verstanden hatte. "Cassim, besorge du uns Proviant, wenn du ihn hast helfe ich dir, ihn zu tragen. Ich werde derweil nach einem Schiff schauen und habe da vielleicht schon eine Idee," meinte er und stand auf.
Er ging einige Schritte weiter und setzte sich zu den Männern, die ihn einen Moment lang anstarrten. Dann zog Chimerion eine Münze aus seinem Beutel und legte sie auf den Tisch. Das verstanden die Männer und ein Mann mit Kopftuch schob ihm den Becher mit den Würfeln hin. In schlechtem Latein meinte er grinsend: "Versuchen nur dein Glück, Langhaar", während Chimerion den Becher schüttelte.
Die anderen hatten interessiert zugeschaut, Cupidus würfelte und gab den Becher weiter. Er gewann und verlor, schließlich wurden die Männer gesprächiger und Chimerions Beutel leichter. Sie kämen aus der Gegend von Alexandria und hätten hier in Ravenna Zedernholz und Weihrauch gehandelt, nun würden sie sich auf die Rückfahrt vorbereiten. Chimerion erzählte ihnen eine haarsträubende Geschichte von Verwandten, die sie in Ägypten zu besuchen hätten und schließlich boten ihm die Männer an, auf ihrem Schiff mitzufahren, eine entsprechende Entlohnung vorausgesetzt. Chimerion gab zunächst den Zauderer, ließ sie solange bitten, bis sie ihm anboten, sich doch einmal ihr Schiff anzusehen. Schließlich willigte er ein, gleich mit ihnen loszugehen.Chimerion trat schnell zu seinen Freunden. "Ich bin bald wieder da, wir treffen uns in drei Stunden wieder hier, wenn ich früher Erfolg habe, lasse ich es euch wissen", und verschwand mit den Fremden.
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Cassim trank noch einen kräftigen Schluck. Es stimmte tatsächlich was manche sagten, mit einer ordentlichen Menge Wein konnte man seine Ängste hinfort schwemmen. Nur bedurfte es noch einer viel größeren Menge, um alle Bedenken, die Cassim plagten, loszuwerden. Im Laufe seines Lebens hatte er gelernt, seine Ängste nicht offen zu zeigen, um damit nicht die Menschen in Panik zu versetzen, die um ihn waren. Das wollte er auch so beibehalten.
Ihm waren auch die fremdartigen Seeleute aufgefallen, die für ihn alles andere als fremdartig waren. Es waren Männer von der levantinischen Küste. Ägypter womöglich. Er erkannte es an den kehligen Lauten ihrer Sprache, die sie untereinander benutzten. Das waren unter Umständen die richtigen Männer für ihre Sache. Üblicherweise segelten die Seeleute meistens die Küsten entlang und gingen von Zeit zu Zeit auch an Land. Vielleicht steuerten sie auf ihrer Heimreise auch einen syrischen Hafen an. Trotzdem war Vorsicht geboten! Der Parther sah unauffällig zu Chimerion, dem die Seeleute auch aufgefallen waren. Besser war es, wenn der Thraker den ersten Kontakt aufnahm. Dann war der Sinn und Zweck ihrer Reise nicht gleich offensichtlich.
Sein Blick ging zurück zu seinen Gefährten und zu dem neu hinzugekommenen Begleiter. Offenbar hatte er ein wertvolles Schriftstück seines Herren bei sich, welches er zu veräußern gedachte. An sich war der Parther ein Liebhaber von wertvollen Schriften und guter Literatur. In seinem früheren Leben hatte er sich sogar dem Sammeln solcher Manuskripte verschrieben, die nur zu Hause auf ihn warteten, bis er endlich zurück kam. Nun aber konnte er dem nichts abgewinnen und schenkte den Papyri auch keinerlei Beachtung. Im Grunde war Cassim es leid, auf der Flucht zu sein, doch war dies die einzige Möglichkeit sein früheres Leben wieder zurück zu bekommen. Mit Verständnis für seine Lage oder gar Erbarmen hatte er von keiner Seite zu rechnen. Wäre er nicht geflohen, hätte es keine Aussicht auf eine baldige Rückkehr gegeben und würde man ihm Habhaft werden, dann bedeutete das sein Ende, auf welche Weise auch immer. Die Fantasie der Römer kannte dabei keinerlei Grenzen, wie er wusste.Hannibal nahm sich Menelaos und seinem Schriftstück an. Er konnte helfen, was durch seine gute Ortskenntnis begünstigt wurde. Er war es auch, der vorschlug, sich aufzuteilen. Cassim saß dabei noch teilnahmslos sinnierend da. Ihn beunruhigte es mehr, dass er sich kein Bild machen konnte, von ihrer aller Zukunft in Parthia. Als er schlussendlich sein Name fiel, sah er endlich auf und nickte. "Ja, so machen wir das. Viel Glück!"
Aufmunternd sah er noch einmal zu seinen Gefährten und erhob sich dann, um die Taverne zu verlassen.
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