Inspektor Closett auf Inspektionsreise: Pyramiden, Post und Pannen

  • Sie hatten die Tiere am Zügel bis vor die Stadttore geführt. Neben den Pferden, die sie zum Reiten nutzten, hatten sie noch vier Packpferde organisiert, die bis Oberkante Unterlippe beladen waren mit Wasser, Essen, Zelten und Decken. Caius freute sich auf die Reise. Monatelang hatte er mit Katander geplant, sowohl was die Router anging als auch was die Sehenswürdigkeiten betraf. Schließlich wollten hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Er wollte die mansiones besuchen und gleichzeitig Seiana ein bisschen Kultur bieten. Vielleicht waren drei stumme, vermummte Wächter zu wenig für sie, aber Caius war ein Optimist, und auch wenn er selbst nicht mit dem Schwert umgehen konnte, so würden sie doch nicht vom Weg abweichen und immer in besiedelten Gebieten bleiben.


    Caius tätschelte seinem schwarzweiß-gescheckten Pferd den Hals und zog sich dann in den Sattel. Erst oben fiel ihm auf, dass er Seiana nicht geholfen hatte.
    »Schaffst du's?« fragte er sie und lächelte. In der Ferne flimmerte der Sand über der Ebene, und das Meer erstreckte sich wie ein weites, glitzerndes Band aus tiefem Blau. Katander hatte Elena hochgeholfen und sah nun Seiana fragend an. Die anderen konnten sich allein helfen.
    »Ach, ich freu mich schon. Vielleicht treffen wir ja welche von diesen... Nomaden!« sagte Caius und strahlte in die Runde.

  • Beinahe schon hätte Axilla nicht mehr daran geglaubt. Ja, sie war sogar soweit gewesen, Aelius Archias zu unterstellen, dass er sie schlicht und ergreifend vergessen hatte. Aber dann war tatsächlich ein Brief von ihm angekommen, an sie adressiert, und kurze Zeit später hatte ein Freudenschrei durchs halbe Haus gehallt. Er hatte sie nicht vergessen! Seine Einladung stand noch, und sie durfte tatsächlich mitkommen! Zu den Pyramiden! Axilla war so aufgeregt, dass sie den restlichen Tag nur noch geplappert hatte und alle wie wild herumgescheucht hatte.
    Natürlich war sie etwas verlegen, als sie dann Urgulania und schließlich auch Nikolaos gesagt hatte, dass sie eben ein Weilchen weg wäre, aber letzten Endes war es ihre Entscheidung und Axilla war ein alter Sturkopf. Wann sonst hatte sie Gelegenheit, zu den Pyramiden zu reisen? Noch dazu mit jemandem aus der Familie des Kaisers, auch wenn das für sie eher fünftrangig war.


    Axilla hatte sich also Leander geschnappt, damit er sie begleiten würde. Alleine gehen ging ja nun doch wieder nicht, und der Sklave war derjenige, dem sie nun mal am meisten vertraute. Auch wenn er schon bestimmt an die Vierzig war und immer etwas verplant, aber da passte er zu ihr. Und er mochte sie, das wusste Axilla, und sie umgab sich gerne mit Menschen, die sie gern hatten und nicht nur bei ihr waren, weil sie mussten.
    Natürlich hatte sie Aelius Archias bescheid gegeben, dass sie mitkommen würde, und ihn auch gebeten, ihr da ein Pferd zu leihen. Immerhin hatte sie keine eigenen, und da er ohnehin alles mögliche und unmögliche für die Reise organisiert hatte, kam es auf das auch nicht mehr an.


    Und so kam sie zu der bereits wartenden Gesellschaft mit Leander im Schlepp an. Sie begrüßte alle anwesenden mit einem vor Glück strahlenden Lächeln und ein paar Worten, ehe sie sich auch auf eines der Pferde begab. Es war ein hübscher Brauner mit schwarzer Mähne und schwarzen Füßen. Axilla liebte das Pferd jetzt schon, auch wenn sie von dessen Gemüt noch gar nichts wusste. Leander wies sie zu einer grauen Stute mit leichtem Senkrücken und hellem Maul. Er war kein besonders guter Reiter, und die Stute schien ein sehr ausgeglichenes Tier zu sein. Sie beschwerte sich auch nicht, als Leander langsam auf ihren Rücken kletterte. Axilla schüttelte nur kurz lachend den Kopf und schwang sich auf den Rücken ihres Braunen.
    Es schien so ewig her zu sein, dass sie geritten war. Axilla versuchte kurz, sich daran zu erinnern. Bestimmt waren es über zwei Jahre, wenn nicht sogar noch mehr. Nach Vaters Tod war sie nur noch ein paar Mal ausgeritten. Und jetzt fühlte sie wieder das Spiel der Muskeln unter ihren Schenkeln, wenn sich das Tier leicht bewegte und mit den Hufen scharrte. Am liebsten hätte sie noch den Sattel abgeschnallt, um es noch deutlicher zu fühlen.
    Sie war sich etwas unsicher, ob ihre Garderobe den anderen Teilnehmern nicht vielleicht doch etwas peinlich war. Aber Archias hatte ja schon gemeint, sie würden reiten, also hatte Axilla auch eine nur knielange Tunika an und keine, die bis hinunter zu den Knöcheln ging. Natürlich hatte sie für abends auch längere Garderobe, aber jedes Kleid würde sowieso bis zu den Knien hochrutschen. Sie hoffte einfach, dass sie damit in kein Fettnäpfchen getreten war, als sie ihr Pferd geschickt nach vorne zu Archias lenkte.
    Zügel in der linken Hand, Rücken gerade, Hacken nach unten… es war, als hätte sie nie aufgehört mit dem Reiten. Am Abend würde ihr Hintern ihr wahrscheinlich was anderes sagen, aber diese ersten Schritte waren einfach, als hätte sie nie damit aufhören müssen. Sie hoffte, es war nicht zu auffällig, immerhin sollten brave, römische Mädchen lieber sticken und weben können, als reiten.
    “Meinst du wirklich? Ich hab gehört, die wären ganz weit draußen in der Wüste und nicht hier am Delta? Aber wäre schon ein Abenteuer.“
    Axilla war schon ganz aufgeregt, denn egal, ob sie nun Nomaden trafen oder nicht, es wäre ein Abenteuer. Auch wenn sie ein wenig das Gefühl hatte, Anstandsperson für die beiden Verlobten zu sein, aber das war ihr schlicht und ergreifend vollkommen egal.

  • Bald war auch Axilla zu der kleinen gruppe dazugestoßen. Sie wusste noch nichts über seinen verpatzten Versuch mit dem Gedicht, das wollte er ihr selbst sagen und nicht in einem Brief. Aber auch wenn er diese Sache versemmelt hatte, Seiana hatte trotzdem zugesagt. Insofern hatte sich die Sache natürlich gelohnt.


    »Sicher? Immerhin brauchen die auch mal neue Kamele und so. Die werden sicher irgendwann mal was einkaufen müssen«, mutmaßte Caius gerade, als Axilla ihr Pferd neben seinen Schecken lenkte.
    »Wieso weißt du eigentlich mehr als ich? Du bist doch später hergekommen...« wunderte er sich dann und zog die Augenbrauen in einem auf der Seite liegenden Doppel-S zusammen.
    »Naja. Äh, Katander, Osten, nech?« fragte Caius hinter sich, wo es kurz darauf knisterte und raschelte. Katander packte die Landkarte aus.
    »Ääh, ja. Also, in Saïs ist die nächste mansio. Von da aus geht es dann nach Süden. Vielleicht finden wir da jemanden, der uns ein Stück weit auf seinem Schiff mitnimmt«, sagte Katander nach kurzem Studium seiner Landkarte. Caius nickte.
    »Alles klar. Ich hoffe, du kannst es noch erwarten, Axilla. Die erste Pyramide wird es erst in ein paar Tagen zu sehen geben.« Plötzlich maulte Katander hinter ihm herum
    »Wieso haben wir eigentlich keine griechisch beschriftete Landkarte genommen? Statt Alexandria steht hier Al Iskandariyah. Ist doch totaler Blödsinn«, grummelte er und steckte die Karte wieder in eine seiner Satteltaschen. Sicher hatte Caius wieder mal sparen wollen.
    »Jedenfalls müssen wir erstmal bis nach Rashid, also Saïs. Wieso schreiben die das da nicht hin? Mann...« Caius wandte sich wieder zu seinen zwei Damen um.
    »Hört gar nicht drauf. Wir wissen natürlich genau, wo wir lang müssen. Ich lasse mich schließlich nicht auf so eine Expedition ein, wenn ich gar nicht weiß, wo ich bin.« Er grinste. Natürlich hatte er dafür gesorgt, dass Katander sich informierte. Jetzt durfte nur der Sklave nicht abhanden kommen, dann war alles bestens.
    »Dann lasst uns mal los. Alle bereit?«
    »Al Bayad, Al Buhayra, Al Labbani, Al Mahdiya... Alles mit Al! Wie albern...« murrte Katander hinter ihnen leise vor sich hin.

  • Endlich! Firas hatte über das ganze Gesicht gestrahlt. Ein Strahlen, das man schon mit einem Meißel hätte demontieren müssen. Stolz thronte er auf seinem Pferd und zum ersten Mal seit Wochen, nein, Monaten fühlte er sich in seinem Element. Oder wohl doch besser: Darauf! Es sollte zu den Pyramiden gehen, doch dem Sklaven war es im Grunde genommen völlig egal wohin, hauptsache sie hatten Pferde und hauptsache er würde endlich einmal etwas sehen, was nichts mit den Straßen Alexandrias zu tun hatte. Beruhigend tätschelte er dem Pferd den Hals und er genoss jede Bewegung, die der Fuchs unter ihm tat. Geradezu unablässig hatte er ihn umsorgt und ihm sogar noch Minuten vor der Abreise das letzte Heubüschel ins Maul geschoben. Ja, so fühlte sich wohl ein Feldherr und während er hinter dem Tross drein marschiert war, das eigene Reittier und ein Packpferd hinter sich her ziehend, musste er an Gaius denken. Wenn sein ehemaliger Herr wüsste! Firas war stehen geblieben als aufgesessen wurde und er hatte verfolgt, wie der Herr Archias sich in den Sattel schwang. Frau Seiana war noch neben ihrem Pferd. Firas näherte sich ein wenig, doch anscheinend brauchte sie keine Hilfe, oder doch?
    Generös, jedoch voller Ungeduld bot er ihr eine Hand an, die der Dame beim Schwung holen helfen sollte. Es war erstaunlich, wie leicht sie war. Oder es war einfach nur der Schwung, der in seinen eigenen Knochen steckte. Mit einem Satz war Frau Seiana auf dem Pferderücken und Firas grinste.
    Während sein Herr noch über Nomaden sinnierte – mehr bekam der Sklave nicht mit – machte er sich schon selber behende daran den Sattel zu erklimmen und er ignorierte das Tänzeln des Fuchses, der ein sonderbares Temperament zu haben schien. Doch alles war ihm recht!


    Allerdings ging es nicht sofort los. Eine junge Dame, Frau Axilla, erreichte die Gruppe und Firas begrüßte sie höflich mit einem Kopfnicken. Das selige Lächeln lag noch immer in seine Gesichtszüge gegraben und nichts würde das so schnell ändern. Auch den anderen Sklaven begrüßte er mit einem freundlichen Nicken, ehe er erwartungsfroh an den Zügeln herum zupfte, was ein wenig erschwert wurde, weil das Packpferd versuchte, die verborgenen Leckereien, die sich in seiner Tunika befanden auszugraben. So beschäftigt entging ihm das Gespräch über Nomaden und Kamele und horchte erst wieder auf, nachdem er das lästige Packtier mit einem leichten, wehrhaften Klapps auf dessen Maul davon abgebracht hatte, ihn vom Pferd zu schieben.
    Osten oder Westen, es war ihm völlig gleich, doch dass ihr Glück nun in einer seltsam anmutenden Sprache verborgen lag, entging ihm nicht. Unverwandt starrte Firas zuerst auf Katander und dann auf Frau Seiana, ehe der Blick weiterschweifte und jeden einzelnen kurz traf. Herr Archias jedoch meinte zu wissen, wo sie waren und wohin sie wohl mussten. Firas wollte ihm gerne Glauben schenken. Immerhin hatten Katander und er in der vergangenen Zeit nichts anderes getan, als über Reiserouten zu philosophieren. Das musste doch Auswirkungen auf die Praxis haben.


    Doch es war schon ein Hauch Verunsicherung, der da plötzlich in seinem Inneren lag. Immerhin hatte Herr Archias so manchmal seine Schwierigkeiten und Firas meinte sich zu erinnern, dass es sogar einmal so weit gekommen war, dass der Herr den Weg zum Abort im Hof nicht gefunden hatte. Doch es war in einer stockfinsteren Nacht gewesen, was natürlich auch bedeutete, dass es völlig dunkel gewesen war. Firas runzelte die Stirn und machte sich keine Gedanken darüber, dass seine Miene grotesk wirken musste, angesichts der noch immer zu einem Lächeln verformten Lippen. Dann schüttelte er ob seiner eigenen Gedanken den Kopf, während er sein Pferd antrieb und auf gleiche Höhe mit Katander kam, der etwas vor sich her murmelte, was alles mit „a“ anfing. “Am besten orientieren wir uns am Stand der Sonne!“, ließ er dann schlau verlauten, ohne sicher zu sein, ob seine Meinung überhaupt gefragt war. Immerhin fühlte er sich hauptsächlich für die Pferde verantwortlich und nicht für den Weg, den diese hinter sich bringen sollten. “Und wenn alle Stricke reißen, dann lassen wir einfach die Pferde laufen und kommen so auf jeden Fall zu einem Ort mit Wasser!“ Pyramide hin oder her. Es würde wunderbar und abwechslungsreich werden. “Ich freu' mich!“, stellte er noch sinnlos fest und grinste bereits wieder der Ferne entgegen.

  • Sie wusste mehr als er? Axilla schaute nicht minder verwirrt zurück zu Archias, als dieser sie so seltsam anschaute. Er hatte doch gerade eben von den Nomaden gesprochen? Naja, vielleicht hatte er sie auch einfach hinter den Packpferden nicht gesehen, die waren ja beladen, dass sie eigentlich hätten umkippen müssen. Aber es war sowieso eigentlich egal, Axilla war einfach nur überglücklich, dass sie mitdurfte. Da hätte man sie anschauen dürfen, wie man wollte, solange sie nur weiterhin mitdurfte und reiten konnte und die Aussicht auf Abenteuer hatte.
    Anstelle einer Antwort also erhielt Archias nur das strahlendste Lächeln der Welt. Ein paar Tage oder eine ganze Woche, das war gleich. Die Vorfreude war sowieso das schönste an der ganzen Sache. Ein ganz klein wenig verunsichert war Axilla zwar doch, dass der genaue Weg wohl doch nicht so bekannt war, aber wer wollte schon so kleinlich sein? Der Sklave, der bestimmt genauso sehr lächelte wie sie selbst, schien auch sehr zuversichtlich und hatte offenbar auch Ahnung. Zumindest schien er nicht im mindesten Angst zu haben, also warum sollte Axilla sich wie ein Mädchen anstellen? Ihr Vater hatte schließlich keinen Feigling großgezogen, der beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten den Kopf in den Sand steckte.
    Das Gemurre des anderen Sklaven fand Axilla äußerst amüsant und sie versuchte, nicht allzu auffällig zu schmunzeln. Irgendwie war heute alles lustig. Vor allem Leander, der wie ein Sack Weizenkörner auf seiner Stute hockte und dem Tier misstrauische Blicke zuwarf. Axilla würde aber schon auf ihn aufpassen, damit er nicht vom Pferd fiel. Wenn sie ihn schon fast genötigt hatte, seinen bequemen Platz zuhause hier für diese Reise zu verlassen, auch wenn er ein Sklave war, da war sie ihm das wenigstens schuldig.
    Archias fragte, ob alle soweit fertig waren, und sie wandte sich wieder ihm zu und verscheuchte die ganzen Gedanken wie lästige Fliegen. Ob sie bereit war? Am liebsten würde sie sofort im gestreckten Galopp los! Aber das würden sie wohl nicht machen, die Reise war ja lang und auch für die Pferde war die Sonne heiß. Axilla nahm also ihre Palla, die bislang nur lässig um ihre Schultern gehangen war, und zog das Tuch so hoch, dass ihr Kopf vor der Sonne geschützt sein würde. Das würde beim reiten wahrscheinlich sowieso wieder zurückfallen und sie würde es vergessen, es wieder hochzuziehen, aber wenigstens den Anschein, sie wüsste, was sie für eine Reise zu tun hatte, würde sie für die erste Meile wohl wahren können.
    “Also, ich bin soweit.“

  • Caius selbst hatte auf unzählige Karten Linien gezeichnet. Er hatte sich die markantesten Namen der Orte gerausgeschrieben, an denen sie vorbeikommen würden. Er hatte alles sehr gut geplant. Katander hatte bei diesen Planungen (zu Elenas Leidwesen) eine zentrale Rolle gespielt. Vermutlich war er deswegen so knerbelig. Anders konnte sich das Caius nicht erklären. Auch ein aufmunternder Blick seitens seiner Flamme konnte dem griechischen Sklaven kein Lächeln auf die Lippen zaubern. Denn der ahnte, dass diese Reise unter der Leitung seines Herrn zu einem mittelkatastrophalen Fiasko ausufern würde. Auch, wenn es jetzt noch harmlos und unbeschwert wirkte. Schließlich kannte Katander seinen Herrn.


    Dementsprechend finster war sein Blick auch, als er Firas' Bemerkung mit der Sonne hörte. Er schürzte die Lippen, faltete die Karte rabiat zusammen und steckte sie achtlos in eine der Packtaschen hinter sich.
    »Bitte sehr. Dann führ du uns«, maulte er Firas an, der dafür gar nichts konnte. Caius erkannte die Gefahr des Kippens der Stimmung. Er grinste und beeilte sich, etwas zu antworten.
    »Gut, dass wir dich dabei haben, Firas. Aber wir wollen ja gar nicht zum Wasser. Wir wollen ja zu den Pyramiden. Also, zumindest nachdem wir die erste mansio in....schpecktiert? haben. Äh, ja. Dann man los!« gab er das Zeichen zum Aufbruch und drückte seinem Pferd die Schenkel in die Seiten. Allerdings nicht, ohne zuvor Axillas frauliche Beine mit einem verstohlenen Blick zu mustern. Rrrr. Damit sie aber gar nicht erst auf falsche Gedanken kam (und Seiana auch nicht...), fügte er mit leicht roten Ohren etwas an.
    »Ähm. Du, äh...solltest aufpassen, dass du dir da keinen Sonnenbrand holst. Diese Dinger hier sind übrigens echt praktisch. Sie nennen sie Röhren oder so«, sagte er und deutete auf seine dunkelbraunen Beingewänder, die sehr viel später nicht nur bei Reitern in Mode kommen und als Hosen bezeichnet werden sollten. Die Krönung an Caius' Aufmachung allerdings war ein breitkrempiger Strohhut, der ihm das Aussehen eines hispanischen Feldarbeiters während der Siesta verlieh.


    Caius lenkte sein Pferd an das Axillas heran.
    »Pssssst...das mit dem Gedicht hat übrigens hingehauen«, meinte er leise und feixend. Seiana befand sich noch auf Höhe der Sklaven.
    »Allerdings nicht so, wie ich das eigentlich wollte. Ja gesagt hat sie aber trotzdem.« Er grinste wie ein Honigkuchenpferd.


    Inzwischen hing Katander auf seinem Pferd wie ein Mehlsack. Er ließ die Zügel schleifen und sah finster vor sich hin. Sein Tier bewegte sich von ganz allein zu den anderen. Bald war Firas mit ihm auf gleicher Höhe.
    »Mir langt es jetzt schon«, maulte er miesepetrig vor sich hin.

  • Seiana freute sich, dass es heute endlich so weit war – der Ausflug, oder besser, die Reise, die sie schon länger geplant hatten, endlich waren sie dazu gekommen, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Mit einem Grinsen auf den Lippen trat sie an die zierliche Fuchsstute heran, auf der sie reiten würde. Gerade wollte sie Caius antworten, dass sie als Mitglied einer Familie, die in Spanien eine große Pferdezucht betrieb, selbstverständlich keine Hilfe benötigte – es war zwar für Frauen ihres Standes unschicklich, zu reiten, aber auf eigenem Grund und Boden konnte man immer noch tun und lassen, was man wollte –, als Firas schon an sie herantrat und ihr so galant seine Hilfe anbot, dass sie es nicht übers Herz brachte, abzulehnen. Mit seiner Hilfe also schwang sie sich auf das Pferd, und gleich darauf kam die Iunierin mit einem Sklaven hinzu, die sie ebenfalls begleiten würde. Seiana grüßte die junge Frau, die sie, wie sie einigermaßen überrascht feststellte, schon flüchtig kannte, dann lenkte sie ihre Stute an Elenas Seite und fragte, ob diese ihr Gepäck noch einmal überprüft hatte. Immerhin hatte Caius sich hauptsächlich darum gekümmert, zwar mit Katander, der gemeinhin sehr gut auf seinen Herrn aufzupassen in der Lage war, aber trotzdem. Seiana traute ihrem Verlobten nicht so ganz. Elena grinste breit und beruhigte sie, und dann starrten beide etwas irritiert nach vorne, als eine Diskussion um den Weg entbrannte. „Ähm. Du hast nicht zufällig auch überprüft, wo wir lang müssen, oder?“, murmelte Seiana ohne große Hoffnung. „Nnnein. Das hab ich leider nicht.“ Elenas Gesicht verzog sich in einem Ausdruck der Reue und Selbstanklage. Seiana konnte nicht anders als lachen, als sie das sah. „Mach dir nichts draus. Ich hab ja auch nicht dran gedacht, dass ausgerechnet das zum Problem werden könnte… Das wird schon.“


    Als sie losritten, genoss Seiana erst einmal nur das Gefühl, wieder auf einem Pferderücken zu sein. In den letzten Jahren in Tarraco war es immer schwieriger geworden, auf Ausflügen, selbst innerhalb der Familie, auch tatsächlich reiten zu können, bis ihre Mutter es irgendwann vor ein paar Jahren gänzlich untersagt hatte. Sie war nicht die beste Reiterin, zumal ihr einige Jahre an Übung fehlten, aber sie war immer noch gut genug, wie sie mit Freuden feststellte. Die Zügel hielt sie locker in ihrer linken, während die rechte auf ihrem Oberschenkel ruhte, ihr Oberkörper war gerade und ruhig, während sie mit ihrem Becken die schaukelnden Bewegungen des Pferdes abfederte. Auch sie trug diese seltsamen Röhren, wie Caius und auch die Sklaven. Sie war froh, in Ägypten zu sein, wo die Regeln des Anstands nicht ganz so streng genommen wurden wie im restlichen Imperium. Während Seiana also gerade einfach nur den Moment genoss, trieb Elena ihr Pferd an und ließ es ein paar Galoppsprünge machen, bis sie neben Katander war und ihn so mit Firas in die Zange genommen hatte. „Na, Miesepetrus? Was ziehst du denn für ein Gesicht?“

  • Als Archias so kurz auf ihre Beina schaute und sie auf die Gefahr eines sonnenbrandes hinwies,, schaute Axilla ebenfalls ein wenig verlegen auf ihre nackten Waden. Natürlich bestand die Gefahr, aber mit einer langen Tunika konnte sie nicht vernünftig reiten. Und diese Röhren, die Archias anhatte, sowas befand sich nicht in ihrer Kleiderauswahl.
    “Hmm, vielleicht kommen wir ja noch an einem Händler vorbei, wo ich mir solche Röhren kaufen kann? Sonst muss ich mit dem Risiko wohl leben. Aber das geht schon, ich bin da auch nicht so empfindlich. Aber ich werd aufpassen, versprochen.“
    Was sollte sie auch sonst machen, außer es versprechen? Wenn sie Sonnenbrand bekommen würde, würde sie Sonnenbrand bekommen. Da konnte sie nicht viel dran ändern. Aber sie wollte so unbedingt mit und hatte im Moment ein wenig Angst, Archias könnte sie wieder heimschicken, weil sie keine passende Reisekleidung hatte.
    Doch sie setzten sich auch schon in Bewegung, und Axilla genoss das Gefühl des Reitens. Das Pferd unter ihr hatte zwar wenig Temperament, es lief viel mehr gemütlich einfach dahin mit einem sehr weichen Gang, aber das störte sie nicht. Für so eine weite Strecke wäre das vermutlich ohnehin besser als ein feuriger Renner, der seine ganze Kraft auf den ersten paar Meilen schon verausgabte und dann zusammenbrach, oder als ein störrisches Tier, das eher rückwärts als vorwärts lief.
    Archias lenkte sein Pferd direkt neben sie und beugte sich leicht zu ihr herüber. Axilla drehte ihm neugierig ihr Ohr zu, als er anfing zu flüstern. Ganz aufgeregt über die Neuigkeiten schaute sie ihn dann strahlend an. Ihr Kopf ruckte kurz, um sich Seiana noch einmal anzuschauen. Dass die beiden sich vor Urzeiten mal auf dem Markt getroffen hatten, hatte sie bei den ganzen anderen Dingen, die dazwischen passiert waren, schon vollkommen vergessen. In Alexandria hatte sie einfach zu viele Menschen getroffen, und so eindringlich war das Erlebnis mit der Decima nicht gewesen, als dass sie es auf ewig in ihrem Gedächtnis behalten hätte. Aber jetzt im Moment nahm sie sie als Archias’ Verlobte wahr, und dann strahlte sie den Aelier an und flüsterte ihm ebenfalls zurück.
    “Oh, erzählst du mir davon? Hat es ihr gefallen? Hat sie gemerkt, dass ich es geschrieben habe? Und wann hast du es ihr vorgetragen?“
    Axilla fühlte sich ganz aufgeregt. Das Gedicht hatte sie beinahe auch schon vergessen, obwohl es das erste richtige war, das sie geschrieben hatte. Und jetzt war sie natürlich aus mehreren Gründen neugierig, was Seiana dazu gesagt hatte.

  • Firas ging voll und ganz in seiner Freude auf, weshalb er wahrscheinlich das Gemurmel von Katander überhörte. Alle waren so weit. Sie waren alle zusammen und bereit. Bereiter würde er nicht mehr werden. Zumindest kam es ihm in diesem Moment so vor. Sein Pferd tänzelte leicht unter ihm, was vielleicht nicht an dessen Aufbruchstimmung lag, sondern ehe an Firas' Fersen, die in Erwartung bereits gegen den Leib des Tieres klopften, ohne dass er dessen Zügel los ließ. “Kein Grund zur Sorge dann also! Ich führe dann alle zu frischem Wasser!“, raunte Firas in Katanders Richtung, ehe er wieder in die Runde grinste. Niemand würde es schaffen seine exorbitant gute Laune zu zerstören. Auch Herr Archias war froh und er wollte etwas inspizieren. Zumindest hatte er das versucht so auszudrücken. Firas' Grinsen wurde leicht dümmlich und er lächelte der angekommenen Frau entgegen und entblößte strahlend weiße Zähne. Erst nach den weiteren Worten folgte sein Blick dem seines Herrn. Ja, Röhren waren durchaus angebracht. Der Sklave wurde rot und schaute schnell wieder weg, um seinem Pferd in der Mähne herum zu nesteln.


    Erst als Elena neben ihnen erschien, schaute er wieder auf. Über den „Miesepetrius“ musste er grinsen. Wie recht sie hatte. Katander war ein Bedenkenträger erster Güte. Seine eigenen sorgenvollen Befürchtungen waren inzwischen dem Fieber gewichen, endlich einmal etwas anderes als die Straßen und Winkel Alexandrias zu sehen. Es würde wahrhaftig toll werden. “Er macht so ein Gesicht, weil er sein anderes zu Hause vergessen hat,“ scherzte Firas drauflos und bemühte sich daraufhin seinem Reittier einige schnellere Schritte zu entlocken, was er versuchte, indem er einige auffordernd pfeifende Laute zwischen seinen Zähnen hervor presste. Manchmal half es. Noch immer über das ganze Gesicht lächelnd schaute er dann Elena und bemühte sich, Katander nur kurz mit seinem Augenmerk zu streifen. Was sollte ihnen denn schon geschehen? Sie konnten sich nur verlaufen oder überfallen werden. Ihnen konnten die Pferde weglaufen oder sie könnten die Geldbörse verlieren, kein Wasser finden, keine Herberge und in einen Sandsturm geraten. Vielleicht geschah auch etwas ganz anderes, an das jetzt noch keiner denken konnte. Das Böse stecke im Detail. Das hatten auch schon so viele Feldherren lernen müssen. Doch Firas belastete das alles im Moment gar nicht. Sie hatten sich, die Vorfreude, samt dem Instinkt der Tiere und den Stand der Sonne. Außer nachts natürlich! Außerdem waren die Vorräte noch frisch. Alles würde gut werden!

  • Axilla für neue Kleidung heimzuschicken, kam Caius nicht einmal im Ansatz in den Sinn, obwohl das vermutlich die beste Lösung gewesen wäre. Ägyptens Sonne war sehr stark, und dass die Iunierin einen Brand bekam, war damais schon fast sicher. Caius kratzte sich am Rand seines Strohhutes und grinste breit bei ihren Worten.
    »Na klar, wieso sollte ich nicht? Also, ich hab das ja die ganze Zeit über mitgeschleppt. Hab eben auf die passende Gelegenheit gewartet. Und dann waren wir in diesem neuen Erlebnishortus da, quasi als Überraschung. Warst du da schon mal? Die haben da so sich drehende Tonnen und Seile und Wasserbecken mit schwimmenden Plattformen und sowas. Jedenfalls...« Caius sah sich rasch nach Seiana um, die langsam zu ihnen aufschloss.
    »...jedenfalls sind wir dann über so ein Seil gegangen und beide im Matsch gelandet. Ich fand die Situation irgendwie passend. Leider ist das Gedicht ziemlich aufgeweicht gewesen, deswegen konnte ich nicht mehr alles lesen und musste...naja....improvisieren«, gestand er und hob verlegen die Schultern.
    »Aber das hat ihr gar nichts ausgemacht, und sie hat ja gesagt.« Stolz grinste er, immernoch, als Seiana neben ihnen aufrückte.


    »He, ich habe Axilla eben von unserer Verlobung erzählt... Du kommst doch dann auch zur Hochzeit, Axilla, oder? Wir wollen in Rom feiern«, sagte Caius erst zu seiner Verlobten, dann zu Axilla gewandt. wurden rückten die Stadtmauern Alexandriens stetig kleiner. Nur der Leuchtturm ragte noch riesig und weithin sichtbar auf. Der Weg beschrieb eine weite Rechtskurve und würde weiter vorn direkt an der Küste vorbeiführen. Das Meer wäre dann auf der linken Seite der Reisegruppe.


    Katander warf Elena einen griesgrämigen Blick zu.
    »Jaja«, maulte er auf Firas Entgegnung hin und grollte weiter. Ihm kam dieses ganze Unternehmen einfach nur unorganisiert vor. Deswegen wandte er nun auch den Kopf und sah Elena ein wenig leidlich an.
    »Ach Spatzi. Ich weiß echt nicht, warum wir hier überhaupt mit müssen«, sagte er.
    »Wir hätten jetzt schön allein sein können. Und überhaupt, ich mag keine Pferde.« Es war eindeutig, dass er schlechte Laune hatte. Und Elena und Firas würden sich mächtig ins Zeug legen müssen, um die in eine gute zu verwandeln.
    »Sag mal, Firas, du hattest die Kohlebecken doch leer gemacht, ehe wir los sind, oder?« fragte er nun. Nicht, dass ein Windstoß die Glut ins Zimmer trieb und die Bude entfachte...

  • Langsam ließ Seiana die Sklaven hinter sich und näherte sich den beiden Römern, die die Gruppe anführten. Sie schloss gerade rechtzeitig auf, um mitzubekommen, dass Caius etwas murmelte und breit grinste. Als sie die Erklärung bekam, breitete sich auf ihrem Gesicht das gleiche Grinsen aus. Verlobt. Sie waren tatsächlich verlobt. Seiana konnte es manchmal immer noch nicht so recht glauben, und sie genoss, anderen davon erzählen zu können. Mehr noch, es gefiel ihr zu sehen und zu hören, wie Caius davon erzählte, wie er seine Freude zeigte. „Oh ja, komm bitte! Rom ist praktischer, wegen unserer Familien, aber es wäre toll, wenn auch Freunde aus Alexandria kommen würden.“ Während sie sich von Alexandria immer mehr entfernten, fiel Seiana zum ersten Mal wirklich auf, was die Iunierin trug. „Sag mal… möchtest du etwas anderes anziehen? Ich hab ein paar dieser Röhren dabei, du kannst gerne einige haben, bis wir irgendwohin kommen, wo wir noch welche kaufen können.“ Elena hatte zwar nur für sie und sich selbst gepackt, aber da sie die Reise etwas dauern würde, hatte sie selbstverständlich genug zum Wechseln eingepackt.


    Elena unterdessen konnte nicht anders als lachen, als sie Firas’ Kommentar hörte. „Was machen wir denn da? Wollen wir jetzt die ganze Zeit unterwegs sein und nur dieses eine Gesicht von ihm sehen?“ Sie grinste und neigte sich etwas zu Katander hinüber, um ihm kurz besänftigend über den Arm zu fahren. „Du würdest die beiden ernsthaft ganz allein losziehen lassen wollen?“ Elena schüttelte den Kopf. „Außerdem, ich freu mich drauf, ein bisschen herum zu kommen.“ Klar hatte Alleinsein mit Katander auch etwas für sich, aber im Vergleich zu manchen anderen Sklaven hatten sie doch recht viele Freiheiten. Katanders nächster Spruch führte jedoch dazu, dass Elena den Kopf leicht schief legte und sie ihn etwas abschätzend musterte. Spätestens in diesem Augenblick erkannte auch sie, dass Katander offenbar schlecht gelaunt sein wollte – was es schwer machen würde, seine Laune aufzuheitern. Sie streckte die Hand aus und griff nach der seinen – noch ritten sie langsam genug, dass das ohne Probleme möglich war –, während sie darauf hoffte, dass Firas vielleicht etwas einfiel, was Katanders Stimmung hob.

  • Freudig grinsend schüttelte Axilla den Kopf, als Archias ihr von diesem Hortus erzählte. Sie war zwar schon fast überall in dieser Stadt gewesen, aber dass es sowas gab, hörte sie zum ersten Mal. Das musste sie sich unbedingt merken, das klang spaßig. Vielleicht konnte sie dort ja auch einmal hin, vielleicht fand sie sogar jemanden, der mitkam? Auf jeden Fall musste sie es sich ansehen.
    Doch dann überraschte sie Archias vollkommen, als er sie zu seiner Hochzeit einlud. Nach Rom. Sie schaute einen Augenblick lang nur völlig perplex. Sie sollte zu einer Hochzeit nach Rom kommen? Zu den Aeliern? Sie? Das brauchte einen kurzen Moment, ehe sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.
    Und auch Seiana lud sie gleich ein, sagte sogar das magische Wort: Freunde. Sie war wirklich eine Freundin? Ganz ehrlich? Da bekam Axilla ja sogar ganz leicht rote Wangen, denn damit hatte sie gar nicht gerechnet.
    “Äh, gerne. Also, ich meine, es wäre mir eine große Freude, zu kommen. Wirklich. Ich… danke!“
    Sie war noch immer ganz durcheinander. Aber sichtlich freudig durcheinander, denn sie grinste wie ein Honigkuchenpferd und schaute dabei immer zwischen Archias und Seiana hin und her. Wenn sie Urgulania davon erzählen würde! Bestimmt wäre ihre Cousine da dann stolz auf sie, immerhin bekam nicht jeder eine Einladung nach Rom, wenn ein Mitglied der kaiserlichen Familie heiratete. Nungut, Archias war wohl weit genug von der Thronfolge weg, dass es nicht sooo überwältigend war, aber immerhin. Und sie, Iunia Axilla, hatte das trotz ihrer chaotischen Art geschafft, obwohl sie sonst ein Talent dafür hatte, alles, aber auch wirklich alles falsch zu machen. Sie war immer noch ganz aus dem Häuschen.
    “Wisst ihr schon, wann ihr dann heiraten wollt? Wenn wir von den Pyramiden wieder zurück sind, oder später, oder…? Also, ich meine, ich muss ja Urgulania dann noch fragen. Also, eigentlich muss ich sie ja nicht fragen, aber ich will sie dann gerne fragen. Also, dass ich nach Rom reisen kann, meine ich.“
    Sie plapperte schon wieder, merkte sie, und lächelnd senkte sie etwas verschämt darüber den Kopf. Das war aber auch so wahnsinnig aufregend! Und ihre freudige Erregung übertrug sich auch sogleich auf ihr Pferd, das anfing zu tänzeln und kleine, sanfte Galoppsprünge in seinen Gang einfließen zu lassen. Ach, am liebsten würde sie richtig galoppieren. Heute war ein herrlicher Tag!
    So herrlich, dass sie überhaupt nichts von Katander mitbekam, und auch nichts von ihrem Sklaven, der sich fast schon sehnsüchtig nach der Stadtmauer umdrehte, während die langsam immer kleiner wurde.


    Erst jetzt fiel Axilla auf, was Seiana noch gesagt hatte. Sie hatte solche Röhren? Ein wenig peinlich war es Axilla ja schon, sie war hier ganz blauäugig und wie immer unorganisiert hergekommen. An sowas hatte sie nicht einmal gedacht. Da war ihr das schon etwas unangenehm. Aber vermutlich wäre es wohl wirklich das beste.
    “Also, wenn es keine Umstände macht, würd ich vielleicht so eine Röhre mir borgen. Sonst krieg ich wirklich noch Sonnenbrand. Das ist wirklich sehr nett von dir, danke.“
    Dass die nicht passen könnte hatte Axilla keine bedenken. Seiana war zwar auch rank und schlank, aber eben etwas älter als sie selbst und daher auch ein wenig größer insgesamt. Axilla, die immer wenn sie aufgeregt war, nichts aß und noch ein wenig in ihrem Leben wohl wachsen würde, auch wenn sie schon fast 17 war, war da doch ein wenig kleiner, so dass ihr alles passen müsste, was Seiana auch passte.

  • Mit jedem Schritt wurde Firas ein wenig ruhiger. Rein innerlich, versteht sich. Aus der Euphorie wurde eine tiefe Zufriedenheit und aus dem frenetischen Glücksgefühl ein breites Schmunzeln. Dass Katander derartig schlechter Stimmung war, war vielleicht ein wenig verdrießlich, doch schien sich das nur auf den Betroffenen selbst zu beschränken, wie Firas
    das Gemaule zu seiner Linken deutete. Es hätte auch ein entscheidender Teil gefehlt, wenn es anders gewesen wäre. Der Sklave seufzte tief und war erstaunt, wie selbst das erfrischend in seinen eigenen Ohren klang. Hier draußen wollte sogar die Luft anders riechen. Nicht so stickig wie in der Stadt, vielleicht ein wenig behauchter, doch das konnte auch einfach nur von dem Ungewohnten kommen, auf dessen Pfaden sie sich nun befanden. Auch wenn Katander zweifelte, wie er Elena mitteilte, stand für Firas fest, dass er nur zurück bleiben wollte, um die Zweisamkeit auszukosten. Schon fand er es auch schon bei den folgenden Worten bestätigt. Kurz spähte er zu dem Sklaven der jungen Dame Axilla hinüber und fragte sich, ob dies wohl ein angenehmerer Reisegenosse wäre, doch dessen Blicke zurück zu Stadt bezeugten das Gegenteil.
    “Ich denke,“ brachte er dann an Elena gewandt hervor, “wir sollten uns bei jeder Rast portraitieren lassen, denn sonst glaubt Katander am Ende keiner, dass er es mit ein und derselben Miene bis zum Ende durchgehalten hat.“
    Es war schon gut, dass sie mitreisen durften. Das musste man einfach positiv bewerten, ob Katander nun wollte oder nicht!


    Was jedoch Firas einfach nicht verstehen konnte war, dass es Menschen gab, die Pferde nicht leiden konnten. Bei ihm war das nur der Fall, wenn er meilenweit nebenher laufen musste. Endlich einmal wieder auf einem Pferd zu sitzen war der Inbegriff der Freiheit. Ja, die Freiheit war oben und alles andere war unten und musste mit Mistgabeln davon getragen werden. Aber wahrscheinlich konnte Katander das nicht verstehen.
    Firas reckte sich und ließ zu diesem Zweck die Zügel fallen, um die Arme auszubreiten und vor sich in die Landschaft zu gestikulieren. “Ich weiß nicht was du hast Katander. Nur auf einem Pferd kann man sich so richtig wohl fühlen!“ Wie zum Beweis tat sein Reittier einen Hüpfer nach vorn, was ihn jedoch keineswegs veranlasste, die Zügel wieder aufzunehmen. Er konnte reiten, sehr gut sogar, denn das musste man, wenn man bei Gaius, seinem alten Herrn und Pferdehändler, von Kindesbeinen an zu Testzwecken Charakterschwächen des lieben Viehs ertesten durfte. Meistens auf einem abgesteckten Viereck, auf dem die Bocksprünge sehr kurz, dafür aber umso höher sein konnten. Firas lachte. “Man fühlt sich wie ein Feldherr!“
    “Sag mal, Firas, du hattest die Kohlebecken doch leer gemacht, ehe wir los sind, oder?“ Ein wenig ernüchternd war es schon, vom heroischen Pathos der eigenen flüchtigen Gedankenwelt zu den Realien des Lebens zurück zu kehren.
    “Öhm…“, brachte Firas hervor und verschob seine Unterlippe unter einem Grübeln.
    “Ich dachte, du machst das!?“ Es war nicht gut, durch Scherze noch Öl ins Feuer des Missmuts zu gießen, doch das scherte den Sklaven in diesem Moment nicht. Wie zur Beschwichtigung deutete er dann zurück. “Noch sehe ich keinen Rauch über der Stadt!“ Ein Kichern folgte, ehe er resignierend mit den Schultern zuckte. “Keine Sorge, habe ich gemacht!“ Nicht dass Katander noch auf den Gedanken kam, zurück zu reiten, um ein Kohlebecken zu überprüfen. Firas lächelte dann Elena und Katander entgegen, ehe er zu den Herrschaften hinüber linste, die sich wahrscheinlich nicht über derartiges den Kopf zerbrachen. “Wann gibt es was zum Essen, was meint ihr?“, fragte er dann. Reisen machte hungrig und das Thema lenkte wunderbar von allem anderen ab. Hoffentlich hatten sie überhaupt Proviant dabei.

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