Die Gaue der Mattiaker - das Dorf der Sippe des Rodewini

  • Noch ein wenig verwirrter, aber mit gefasster Miene folgte Elfleda der Prozession. Neben ihr schritt ihr Vater wie ein beschützender Riese neben ihr, ihr Onkel Rodewini hinter ihnen. An ihrer anderen Seite lief Lando, ebenso schweigend und gefasst wirkend. Elfleda konnte nur kurz aus den Augenwinkeln zu ihm herüberschauen, wollte sie doch nicht riskieren, diesen heiligen Moment durch ihre innere Verwirrung zu verderben. Schließlich war dies durchaus etwas Ernstes, also wollte sie ihm auch mit dem nötigen Ernst gegenübertreten.
    Aber dennoch war sie verwirrt. Phelan hatte den Mann an ihrer Seite Loki genannt? Wie den Gott, den Bringer von Schalk und Durcheinander. War das ein Beiname, den er sich irgendwie erworben hatte? Und wenn ja, wodurch? Loki war ja nicht unbedingt der Gott, an den man bei gewaltigen, tapferen Heldentaten dachte. Und weshalb er überhaupt nicht nur einen normalen Beinamen hatte, sondern gleich einen göttlichen? Nun, sie würde es sicher noch herausfinden, aber es ließ sie für den Moment etwas grübeln.


    Doch in dem Moment, da sie bei den Gebetsfelsen ankamen, verdrängte Elfleda alle Gedanken daran. Dieser Moment hier war wichtig, und sie wollte ihn nicht durch Zweifel oder Neugier entweihen. Gefasst betrat sie den inneren Kreis neben Lando und richtete ihren Blick gerade auf den Goden und Phelan, die die Zeremonie wohl abhalten würden.
    Ein wenig Wind war aufgekommen, nicht wirklich kalt, aber doch weit entfernt vom richtigen Frühling. Ganz leicht bewegte er ihre roten Haare und strich über den ebenso roten Pelz an ihren Schultern. Die Haare kitzelten leicht auf ihrer Wange, aber sie blieb dennoch ruhig und gefasst stehen. Elfleda nahm es als Zeichen an, dass die Götter ihnen ihre Aufmerksamkeit schenkten. Ein gutes Zeichen, wie sie hoffte.

  • Auch unweit des Dorfes der Mattiaker war die Natur so schön und unberührt, wie an der Amisia, wo Phelan mit seinen Eltern und Geschwistern auf dem Hof lebte. Je mehr er in der Gemeinschaft in der schönen Landschaft umher wanderte, merkte er sehr deutlich, dass ihm seine damaligen Abenteuer doch sehr fehlten. Wie lange hatte er schon nicht mehr einige Tage im Wald verbracht, völlig auf sich allein gestellt, nur er, sein Bogen und sein Jagdmesser.
    Vor einem Jahr, war es noch so. Nun, nach einem Jahr war ein erwachsener Mann aus ihm geworden. Zwanzig Sommer alt war er nun und fühlte sich, als ob das Jahr was vergangen war zwölf mal so viel gewesen wäre.


    Der Götterhain, wirklich keine Ewigkeit vom Dorf entfernt lag er nun vor der Verlobungsgesmeinschaft. Phelan und der Gode zögerten nicht lange. Der Gode breitete ein weißes Tuch auf einem der flacheren Opfersteine aus und bereitete die Gaben vor, die Frigg geopfert werden sollten.


    Der junge Priester entgegen richtete sich dem Verlobungspaar entgegen und hob leicht die Hände. Es wurde Still. Das Herz der beiden musste jetzt wohl stark pochen, immerhin war das einer der wichtigsten Schritte im Leben eines Germanen. Nach diesem Schritt würde sich vieles ändern.


    "Oh höchste Frigg, wir rufen dich an!"


    "Frigg, du blickst tief in andere und erkennst sie.
    Dir bleibt nichts verborgen, und doch nimmst du jeden an.


    Du bist die Mutter, die du den Mantel deiner Sanftmut beschützend über uns legst.
    In deinem Schoß ist man sicher und liebevoll geborgen.


    Er signalisierte dem Goden, dass die erste Opfergabe anstand. Er zerbrach das Brot aus Dinkelmehl und reichte es Rodewini, Sarwolf und dem Paar.


    "So lege auch das Glück dieser beiden Menschen in deinen Schoß und wache mit deiner schützenden Hand über sie."


    Phelan senkte den Kopf zur Pause .. das Brot war nun bereit verzehrt zu werden ..



    Sim-Off:

    Ich unterteile das Opfer, so könnt ihr immer dazwischen posten ;)

  • Ahja, die gute Mutter Frigg... die Frau an Odins Seite. Lando musste zugeben, dass seine Zuwendung an diese Götter in seinem Leben bisher recht spärlich geraten war. Entweder hatte er sich direkt an Odin gewandt (bei Rat und Tat), Tyr (wenn es mal wieder gegen marodierende Flusspiraten auf der Ems, nervende Chauken oder auch tolldreiste Römerbanden ging) oder halt Donar, zu dem er bisher den besten Draht gehabt hatte (war halt ein kerliger Gott.). Aber Frigg? Lando fühlte sich sofort verpflichtet, innerlich ein Stoßgebet zur benannten Göttin zu schicken, und um Vergebung für die Vernachlässigung der letzten Jahre zu bitten... immerhin wollte er nicht den Groll der Göttin auf diese zu werdende Ehe lenken, nur weil er es verpeilt hatte.


    Als er das erledigt hatte, nahm er das Stück Brot, aß es, und wandte sich dann, den nächsten Schritt des Rituals seiner Zukünftigen zu, und hielt ihr seine Hände hin, denn für das, was da nun kommen würde, war es erstens wichtig sich in die Augen zu sehen, und zweitens, die Bindung über die Hände zu symbolisieren... erster Körperkontakt. Lando zählte die Sekunden... und gleichzeitig war er kein Stück nervös (er war halt ne coole Sau). Nichtsdestotrotz war ihm flau im Magen... das würde was werden.

  • Eigentlich hatte Elfleda nicht den geringsten Appetit im Moment. Es war so aufregend, dass sie endlich heiraten würde! Dennoch nahm sie ruhig das Stückchen Brot entgegen und nachdem sie ihre Gedanken gesammelt hatte, aß sie es, wie das Opfer es vorsah.
    Lando drehte sich ihr zu und hielt ihr die Hände entgegen. Sie drehte sich in seine Richtung und blickte ihm fest in die Augen. Ohne auf die Hände zu schauen legte sie ihre in die seinen. Ihre Hände waren etwas kühler als seine, nicht wirklich kalt, aber sie fühlte, dass seine wärmer waren. Und um einiges größer, rauer. Männerhände eben, auch wenn ihre sicher auch nicht so fein und weich waren wie die manch römischer Frau.
    Es war ihre erste Berührung, und Elfleda hoffte, dass nichts von ihrer Nervosität zu fühlen war. Zwar war es durchaus angebracht, wenn die angehende Braut ein wenig nervös war, allerdings hatte sie ja nicht wirklich Angst. Es war mehr Vorfreude und Aufregung, Ungeduld vielleicht auch. Und darüber hinaus noch diese Berührung mit jemandem, der nicht von ihrer Sippe war und zu dessen Sippe sie bald gehören würde.
    Elfleda ließ ihren Blick auf Landos grüne Augen gerichtet. Sie suchte darin, und wusste nicht einmal genau, nach was. Sie wollte ihn gerne heiraten, das wusste sie. Sie war froh um die Verlobung, auch wenn sie noch so viele Fragen gehabt hätte. Aber in diesem Moment konnte sie nur schauen, und kurz spielte ein ganz leichtes Schmunzeln um ihre Mundwinkel, nicht wirklich ein Lächeln, dafür war die Situation an sich zu erhaben und zu ernst. Und doch freute sie sich, wie es gekommen war, und hoffte nur, dass die Wartezeit nicht zu lang sein würde.

  • Nach dem Ritual, das eigentlich nur den spirituellen Abschluss des weltlichen Aushandelns dieser Ehe dargestellt hat, fand die Dorfgemeinschaft mit den zügig zugereisten Gästen in dem geräumigen Langhaus ein, da ein Verweilen draußen nach Sonnenuntergang nur Erkältung und Lungenentzündung mit sich bringen würde.


    Die Stimmung wurde zu zunehmender Stunde immer lockerer, immerhin wurde Bier, und sogar Met, gereicht, und das Essen konnte sich, in seiner gänzlichen Schlichkeit, sehen lassen. Lando fühlte sich immer wohler, was auch daran lag, dass er sich irgendwie wie zuhause fühlte. Ohne Lynchmob, ohne Friedlosigkeit, ohne Mord und Totschlag, als wäre nie etwas passiert. Aber dafür fehlte seine Schwester, und seine Eltern...


    Lando schüttelte die Geister der Vergangenheit ab, nahm sich einen neuen Krug mit Bier und unterhielt sich mit einem Mann, dessen Namen er nicht einmal richtig verstanden hatte, irgendwas mit Gel... Ger... Gen... der Name wollte ihm erst recht nicht einfallen, als er seine Verlobte erblickte, und das ausnahmsweise ohne kichernden und glucksenden Rattenschwanz. Er beendete das Gespräch mit irgendeiner Floskel, klaubte einen Becher mit Met von einem Tisch, und gesellte sich an die Seite seiner Zukünftigen, natürlich in Sichtweite der Festgesellschaft..
    "Hätte ich gewusst, dass das so ein Trubel wird, hätte ich meine Sippe mitgenommen... sie feiern sehr gern, eigentlich. Ich darf ihnen garnicht erzählen, dass dies hier so war, das wird mir nur wieder übel genommen...", er lächelte verschmitzt mit Blick auf die so lauthals feiernde Sippe, die sich immer tiefer in den Festtrubel tanzte...

  • Das anschließende Fest konnte sich wirklich sehen lassen. Es gab sogar gutes Fleisch, und Rodewinis Frau hatte auch den Met holen lassen, damit dieser ausgeschenkt wurde. Elfleda trank auch einen Becher, wenn auch langsamer als ihre männlichen Verwandten. Sie wollte diesen Abend genießen, aber nicht in so übervollem Taumel wie manch anderer, sondern eher bewusst. Sie konnte es noch immer nicht so ganz fassen, dass sie endlich heiraten würde.
    Sie stand ein wenig am Rand, etwas abseits vom feiernden Trubel, und ordnete ein wenig ihre Gedanken. Ihre Phantasie flog schon in die nicht allzu ferne Zukunft, und sie überlegte, wie es wohl sein würde, verheiratet zu sein. Natürlich hatte sie einige verklärtere und einige konkretere Vorstellungen davon, wobei die konkreteren überwogen. Sie kannte ja schließlich genug verheiratete Paare, wusste genau, was dann passierte. Wenn man sich einen Wohnraum mit den Eltern teilte und jüngere Geschwister hatte, wusste man einfach recht genau um manche Teile des Ehelebens. Immerhin gab es keinen Platz, um groß auszuweichen, sei es für Zärtlichkeiten oder Streitereien. Und auch schon einige Geburten hatte sie mitbekommen, Krankheiten, Tod, Hunger, Kälte. Alles, was das Leben einfach schwer machte und das Bild von der heilen Welt etwas mehr in die Wirklichkeit brachte. Und dennoch träumte sie ein wenig vor sich hin, blendete die Gefahren für den Moment aus und schwelgte in kleinem Glück, als Lando auf sie zukam und sich neben sie stellte.
    “Also, ich hätte sicher nichts dagegen gehabt, sie kennen zu lernen. Ich freu mich schon, immerhin werden sie meine neue Sippe.“
    Elfleda blickte kurz hinüber zu den Feiernden. Ihr kleiner Bruder schaute zwar kurz etwas aufpassend zu ihr herüber, unterhielt sich dann aber weiter mit Folcrat, Rodewinis Sohn und seinem Cousin. Sie nahm den kurzen Blick mit einem Lächeln. Auch wenn ihr Bruder noch ein Kind in ihren Augen war, fühlte er sich mit seinen zwölf schon so erwachsen und wollte natürlich dann auch die Pflichten eines Bruders übernehmen, vor allem, nachdem Arndt, ihr älterer Bruder, nun schon einige Jahre tot war. Aber anscheinend reichte sein Aufpasserwille für nicht viel mehr als einen kurzen, prüfenden Blick und hin und wieder einen aus den Augenwinkeln.
    “Wie sind sie eigentlich? Magst du mir ein wenig von ihnen erzählen? Und von der Stadt? Ist es da so wie hier?“
    Elfleda drehte sich nun vollständig Lando zu und vergaß einfach die ab und zu herschauenden Gesichter. Hier war man schließlich nie allein, ständig schaute irgendjemand. Dass es nun ein paar mehr waren, weil dieses Fest ja schließlich um Lando und sie ging, war dann auch nicht mehr anders als normal.

  • Lando lächelte, wusste Elfleda doch nichts von der Stadt, in der sie lebten, und hatte auch wohl nie eine gesehen... so wie er vor nicht einmal fünf Sommern.


    "Hmh, meine Sippe lässt sich schlecht beschreiben, da wir wohl das darstellen, was dein Vater einen entwurzelten Stamm nennen würde. Der Stamm unserer Ahnen, den die Römer Amsivarier nennen, wurde vor mehr als fünfzehn Wintern von den Chauken aufgerieben. Ich selbst bin Sohn eines Heruten, und bin erst vor einigen Sommern zur Familie gestoßen... im Endeffekt sammeln wir uns gerade erst wieder, nachdem unsere Alten versprengt links und rechts des Rhenus siedeln, wo immer es ihnen möglich ist, ohne dass sie von alten und neuen Feinden umgebracht werden, die jüngeren kommen dann zu uns, oder werden zu uns geschickt, weil sie ihren Teil zum Wiederaufbau unseres Sippe leisten wollen oder sollen.", er machte eine Pause, trank von seinem Bier und musterte das schöne Gesicht seiner Anverlobten, bevor er mit der kurzen Einführung in die Zusammensetzung seiner Familie fortfuhr, "Ich selber bin vom Stamm der Heruten, und wurde mit meiner Familie der Friedlosigkeit ausgesetzt, nachdem man uns in einem geheimen Thing ausgestoßen hatte, weil wir einen römischen Deserteur beherbergt hatten, der Lehren verbreitete, die unseren Goden nicht in den Kram passte. Meine Familie überlebte den folgenden Angriff auf unser Leben nicht, meine Schwester und ich konnten fliehen. Ich wurde von den Söhnen Wolfriks aufgenommen, und mir wurde die Adoption zuteil, womit ich mein Bürgerrecht bei den Römern verdiente... seit einiger Zeit führte ich die Familie, weil die anderen, die zu uns stießen, noch zu jung sind, um eine Sippe anzuführen, und unsere Älteren nach Magna, und oft auch in Hels Reich... wir haben quasi neu angefangen. Naja, genug davon... du wirst sie kennenlernen, allesamt gute Leute, treu unseren Traditionen, und treu dem Kaiser, der die Länder unter der Stadt Rom geeint hat."


    Er leerte den Becher, und sah wie es hinter der Stirn arbeitete... er konnte es ihr nicht übel nehmen, immerhin hat Rodewini sie nicht unbedingt in ein unproblematisches Heim einheiraten ließ...


    "Zur Stadt... sie ist gänzlich aus Stein, aus roten Lehmziegeln, manchmal schlichtem Stein, oder teurem Marmor, einem Stein so weiß wie Schnee... die Gebäude sind manchmal höher als ein Baum, die Dächer sind auch aus Lehmziegeln, alles ist wie Stein, man sieht kaum Holz. Ein sehr spezieller Eindruck, ich habe auch eine Weile gebraucht um mich daran zu gewöhnen... als die jüngeren Männer und Frauen meiner neuen Sippe langsam das Alter erreichten, lösten sie sich aus den rechtsrheinischen Gebieten und von ihren Familien, und suchten ihr Glück in Mogontiacum. Sie kauften ein kleineres Haus am Rande der Stadt, und gestalteten es nach den Einflüssen ihrer Kindheit. Dies ist der Heimsitz all jener, die zu uns kommen um ihren Teil, das Erbe unseres Stammvaters weiter zu führen, beizutragen. Da unser Heim nur von steinernen Bauten und der großen Stadtmauer umgeben ist, haben wir einen Wildgarten angelegt, um die Natur auch in Gesellschaft der Römer erleben zu dürfen, die ja in ihrem Willen, die Natur zu unterwerfen und sie zu beherrschen unübertroffen sind. Du kannst dir sicher sein... es ist eine vollkommen andere Welt. Aber ich werde dir helfen, wo ich kann, sie zu meistern."

  • Das Lächeln in ihrem Gesicht schwand nach und nach. Elfleda war zwar manchmal zuckersüß, obwohl es in ihr anders aussah, vor allem wenn sie wütend war. Aber dennoch war sie keine gute Lügnerin im Allgemeinen, zumindest nicht in solchen Situationen. Wobei sie nicht wusste, wann sie schon einmal in einer solchen Situation gewesen wäre. Was hatte ihr Vater ihr für einen Mann ausgesucht? Er selbst war nicht vom Blut der Sippe, in die sie einheiratete, und doch ihr Anführer. Scheinbar, weil es niemanden gab, der älter war als er. Allein das war schon schwer zu glauben. Natürlich forderte hier draußen auch der Tod seinen Anteil an den Älteren, aber Lando war in keinem Alter, wo man Hel diesen Teil an der Bevölkerung dann zugestehen durfte. Er war sicher noch keine dreißig, und sie hoffte, dass er noch lange mit ihr leben würde. Wenn er der Älteste war, welch schwere Zeiten mussten das für seine Sippe sein?
    Und er sprach von Friedlosigkeit. Friedlosigkeit! Das hieß, jeder Mann, der davon wusste und sich darauf berief, durfte ihn einfach so erschlagen, ohne irgendeine Einrede fürchten zu müssen. Und als seine Frau war sie eigentlich schon für diese Leute seine Witwe, ihre Kinder nurmehr Waisen. Elfleda war noch nie auch nur annähernd so einer Strafe auch nur nahe gewesen. Niemand hätte es gewagt, ihrer Familie so etwas antun zu wollen, auch kein Gode, und erst recht nicht wegen einem Römer. Sie waren Verbündete der Römer, die treuesten verbündeten der Römer, wenn sie ihrem Vater glauben konnte.
    Ihre Gedanken arbeiteten, während sie ihm zuhörte. Es war gut, dass sie es jetzt schon erfuhr. Zum einen konnte sie dann ihren Onkel ein wenig verhören, warum er die ganzen Fürstensöhne der Mattiaker als mögliche Ehemänner abgelehnt hatte und stattdessen einen friedlosen Heruten, der sich einem zerschlagenen Stamm angeschlossen hatte, als würdig befunden hatte. Und zum anderen konnte sie sich darauf vorbereiten, ihrer Rolle als Ehefrau eines solchen Mannes dann gerecht zu werden. Es war sicher kein leichtes Leben. Zwar wusste sie nichts davon, wie die Römer sich seiner Sippe gegenüber verhielten, aber es gab auf germanischer Seite sicher nicht wenig Feinde. Nungut, die hatten die Mattiaker auch nicht, aber ihr Stamm war stark und in seinem Gebiet gefestigt.
    Sie nahm noch einen Schluck Met.


    Die Beschreibung der Stadt war ihr völlig unvorstellbar. Alle Gebäude aus schwerem Stein, sogar weißem? Und so hoch wie ein Baum? Wer brauchte so hohe Häuser? Und mit Lehm gedeckt anstatt mit Reet, Stroh oder Holz. Überhaupt nur wenig Holz, und so geordnet, dass man dort extra einen Garten anlegen musste, um wilde Natur um sich zu haben. Nicht einmal wenn Elfleda es versuchte, konnte sie es sich wirklich vorstellen. Es war so weit weg von ihrer Welt, dass sie nicht einmal wusste, wie das aussehen sollte.
    “Ich kann mir soviel Stein auf einem Haufen gar nicht vorstellen.“
    Sie sah ihm noch einmal kurz etwas zweifelnd in die Augen. Er wollte ihr helfen, wo er konnte. Das war gut. Das kleine Schmunzeln um ihre Mundwinkel kehrte zurück, und sie drehte leicht ihren Becher in ihren Händen. Kurz ließ sie den Blick über die feiernde Gesellschaft schweifen. Ihr Vater war wie ein Riese an seiner Tafel, groß und stark und vielleicht auch etwas laut. In seiner Nähe war es leicht, sich geborgen und sicher zu fühlen. Dann sah sie zurück zu Lando, der vollkommen anders war. Bislang hatte sie ihn eher als ruhig und beherrscht wahrgenommen, aber auch stolz. Und er war wirklich sehr groß, bestimmt über einen Kopf größer als sie. So ganz durchschaute sie ihn noch nicht.
    “Warum hat dich dein Vetter…“ Da fiel ihr ein, dass er ja gar nicht wirklich sein Vetter war. Kurz zögerte ihre Stimme bei der Erkenntnis, ehe sie weiterredete. “…dich Loki genannt, als er uns zu den Gebetsfelsen führte? Ist das ein Beiname von dir?“

  • Phelan hatte ihn Loki genannt? Sein Blick schnellte zu dem jungen Priester, der gerade mit einer jungen Frau rumschäkerte, und seine Gesichtszüge entgleisten dabei ein wenig... verdammte Axt.


    "Hat er das?", versuchte Lando seine Fassung zurück zu erobern, "Eh... ja... das ist mein Rufname. Ist eine sehr alte Geschichte... bei einem Thing, meine kleine Schwester war ausgebüxt, bin ich ihr hinterher, um sie einzufangen. Dabei habe ich eine Kohlenschale umgeworfen, und dabei mehrere hölzerne und ströherne Figuren in Brand gesetzt, die natürlich nicht zu retten waren. Die Leute meinten, Lokis Geist wäre in mich gefahren, obwohl ich nur meine Schwester einfangen wollte... naja, seitdem habe ich diesen Namen. Ich bin ihn nie losgeworden, dabei ist diese Geschichte bald sicherlich zwanzig Sommer her."


    Lando wusste natürlich sehr genau, WARUM er diesen Namen nie losgeworden war, aber das musste er ihr ja nicht auf die Nase binden... bei seinem Glück würde sie es früh genug merken... leider.

  • Auch Elfledas Blick folgte Landos zu dem jungen Phelan. Er hatte sich auf ein Gespräch mit Elke eingelassen. Sicherlich würde sie ihn nachher retten müssen, denn Elke konnte schon sehr besitzergreifend werden. Und ganz sicher würde die Sippe einer Doppelhochzeit mit den Amisvariern auch nicht zustimmen, so dass da rechtzeitig jemand ihre junge Cousine ablenken sollte. Aber sie wollte lieber mit ihrem Verlobten erst noch eine Weile sprechen.
    “Da hast du ja Glück, dass sie dich nicht gleich geopfert haben, um die Götter wieder zu besänftigen.“ Elfleda sagte es nur so halb im Scherz, denn das hätte wirklich auch passieren können. Manche Goden waren da sehr rigoros, auch gegen Kinder, die es nicht besser wussten.
    Er hatte erzählt, dass nur er und seine Schwester zu den Amisvariern gekommen waren. Nach weiteren Geschwistern wollte Elfleda nicht fragen. Entweder waren sie alt genug gewesen, um im Kampf zu fallen, oder noch zu jung, um sich wehren zu können, oder aufgrund anderer Dinge wohl verstorben. Da musste sie nicht an alten Wunden rühren. Und wenn das schon fast zwanzig Jahre her war, war seine Schwester sicher schon verheiratet. Musste sie ja fast, sonst würde Lando wohl nicht heiraten. Natürlich konnte die Tradition nicht immer eingehalten werden, manchmal waren Brüder auch weit mehr als fünfzehn Jahre Älter als ihre jüngeren Schwestern, aber meist verheiratete man die Frauen, ehe man die Männer in die Ehe gab. Und Lando war ja auch nicht so alt, also war seine Schwester wohl nicht sehr viel jünger als er.
    “Ich kann ja froh sein, dass mein Bruder mir nur eine kurze Version meines Namens als Spitzname verpasst hat. Elfi ist nicht gar so aufregend, und hat auch keine Geschichte.“
    Sie sah ihn etwas zweideutig an. Auf der einen Seite war sie aufgrund der Neuigkeiten um seinen schweren Stand bei den Stämmen noch immer etwas verunsichert. Das Leben wäre sicher nicht so einfach, wie es hätte sein können, wenn sie einfach den Sohn eines starken Mattiakerfürsten der Umgebung geheiratet hätte. Und auf der anderen Seite sah sie hier den Mann, den sie heiraten würde, und den sie gerne noch einmal berühren würde. Sie wollte sich mit ihm vertrauter machen. Immerhin würden sie den Rest ihres Lebens miteinander verbringen und hatten bislang nichts außer ein paar Worte und eine Berührung gemein.
    “Hast du eigentlich auch noch Fragen an mich?“
    Immerhin würden sie den Rest ihres Lebens miteinander verbringen, oder zumindest eine absehbar lange Zeit, wenn die Nornen es wollten.

  • "Eigentlich wollten die das ja...", knurrte Lando halb abwesend, als er sich daran erinnerte wie seine Tante, die Schwester seines Vaters, auf den Goden einreden musste, um zu verhindern, dass Klein-Lando noch am selben Abend auf Links gedreht wurde.


    "Man gewöhnt sich dran... zwischendurch vergesse ich immer wieder, dass es da noch einen Asen gibt, der so genannt wird.", schloss Lando das Thema um seinen Spitznamen ab, und hoffte, dass es erst einmal dabei bleiben würde, doch dann legte seine Verlobte mit der nächsten Frage nach: wollter er sie etwas fragen? Er zögerte, ziemlich abstruse Gedanken kamen ihm in den Sinn. Eigentlich ergab sich, zumindest seiner Meinung nach, das Kennenlernen immer im Lauf, nie, weil man sich entschloss, sich jetzt erst einmal kennenzulernen... also, was sollte er sie schon fragen? Lando stellte in windeseile einen Fragenkatalog zusammen, den er nach und nach nach Tauglichkeit abklapperte:


    Schönes Wetter, nicht wahr?
    Kriegst du gerne Kinder?
    Deine Gl... eh... Locken, sind die echt?
    Lust, Runen in den Schnee zu pinkeln?
    Kennst du schon die Lapidei Volutandi?
    Wollen wir uns über das existentielle Zerwürfnis des Seins unterhalten?
    Hab ich da was zwischen den Zähnen?


    "Was wäre das erste, was du vermissen wirst, wenn du diesen Ort verlässt?", war die erste vernünftige Frage, denn sie offenbahrte, was ihr ein Zuhause war, abseits der Personen, die bisher ihre Familie darstellten... und das würde noch verdammt wichtig werden.

  • Einer ihrer Vettern fand es in just diesem Moment sehr erbaulich, aufzustehen und auf den Tisch zu springen. Oder zumindest schien das sein Plan gewesen zu sein, denn so ganz fest stand er nicht mehr und die Schwerkraft war auch nicht so ganz mit seinem Vorhaben einverstanden, so dass er statt auf dem Tisch daneben landete - ziemlich unsanft. Aber er lachte darüber vergnügt und prostete den anderen zu, offenbar hatte er sich nichts bei seinem kurzen Flugversuch nichts weiter getan. Auch Elfleda musste ein wenig bei dem Anblick lachen.
    “Vermissen? Also, außer dem wilden Haufen hier?“
    Sie wandte sich Lando zu, noch immer lächelnd und überlegte kurz. Ihr Blick wurde etwas abwesend, während sie zum ersten Mal so richtig über diese Frage nachdachte. Für sie war immer recht klar gewesen, dass sie ihre Familie verlassen würde, wenn sie heiratete. Sie war eine Fürstentochter, wenn auch von einem doch recht kleinen Rich, der von Rodewinis Erscheinung ein wenig überstrahlt wurde. Da war für sie immer klar gewesen, dass sie wohl nicht hier ewig bleiben würde. Und doch hatte sie sich nie darüber Gedanken gemacht, an was ihr Herz hier eigentlich hing.
    “Ich weiß nicht. Wahrscheinlich sind es alles Kleinigkeiten, und ich weiß ja nicht, was davon ich auch in der Stadt bei dir dann haben werde.“ Sie zuckte kurz mit den Schultern. Sie wollte ihm ja auch nicht vorjammern, was ihr alles schrecklich fehlen würde, wenn sie von ihrer Sippe getrennt würde. Natürlich würde sie sie alle vermissen, jeden auf eine eigene Weise, und auch jeden Fleck würde sie irgendwo vermissen. Aber dafür würde sie auch etwas Neues erhalten, ein neues Zuhause, eine neue Familie. Kinder - auch wenn sie hoffte, dass es in Landos Sippe wenigstens ein paar ältere Frauen gab, die schon entbunden hatten und ihr da bei ihrem ersten Kind und vor allem der Geburt dann etwas würden helfen können.
    “Die Feuerstelle werde ich wohl vermissen, hier im Langhaus. Die Geschichten am Abend, vor allem während dem Herbst, wenn Vater oft ausreitet und ein wenig jagt. Die vertrauten Geräusche, wenn man durchs Dorf geht. Die Vertrautheit untereinander, die kleinen Gesten.“
    Wie, um ihre Worte zu unterstreichen, berührte sie Lando kurz ganz leicht einfach am Arm, wie sie es wohl im Gespräch auch mit ihren Blutsverwandten getan hätte. Kurz sah sie forschend dabei in seine Augen, um zu sehen, ob er verstand, was sie meinte. Sie wollte ja nicht aufdringlich sein oder einen falschen Eindruck vermitteln.
    “Ich fühl mich hier zuhause, weil ich ganz sicher weiß, dass ich hier sicher bin. Dass ich hier beschützt werde. Dass ich auch mal streiten kann, und dennoch alles gut ist.“
    Elfleda nahm noch einen Schluck Met. Sie hoffte, er nahm das jetzt nicht als Angriff gegen seine Sippe. Sie hoffte ja, dass es dort genauso sein würde.
    “Es gibt so viele Dinge, vor denen man sich fürchten kann. Da sollte das Zuhause einem die Sicherheit geben, zu wissen, dass man das durchsteht, nicht?“ Sie schaute ihn wieder an, suchte in seinem Blick. Sie war nicht so schwach, dass man sie stets beschützen musste. Sie war eine gefestigte Persönlichkeit, wie man so schön sagte, aber sie war es auch deshalb, weil sie um den Rückhalt in ihrer Sippe wusste. Es war leicht, furchtlos zu sein, wenn man wusste, zur Not jede Hilfe zu bekommen, die man brauchte. Sie hoffte, sie bürdete ihrem baldigen Mann da nicht zuviel auf.
    “Aber ich denke, den einen Augenblick, wenn ich die Sippe meines Vaters verlasse und in deine übergehe, den einen sippenlosen Moment, werde ich schon überstehen.“ Sie lächelte ein wenig und ließ damit erkennen, dass sie ihm vertraute. Er würde sie sicher beschützen, und sie fühlte sich in seiner Nähe nicht unwohl. Das waren die besten Voraussetzungen, sich dort heimisch zu fühlen, fand sie.

  • Nachdem alle das Brot verzehrt hatten erhob Phelan erneut die Hände und richtete den Blick gen Himmel.


    "Herrin Frigga, Großartigste! Asgards Königin, stern-ummantelt: Wir rufen dich: Sei mit uns jetzt!"


    "Schau' auf diese beiden Menschen, jene die sich die Hände reichen und somit das ewige Versprechen der Ehe eingehen wollen."


    "Lehr sie deine Weisheit, Mutter, um recht zu ordnen ihre Leben, Heim, und Wege unsres Volks, unsrer Sippen, zum Wohle aller, und gib uns deine Gunst."


    Schon seitdem sie am Götterhain angekommen waren, herrschte eine milde Brise, ein kühler Wind. Dieser wurde von Wort zu Wort stärker und der junge Priester spürrte, wie eine höhere Macht immer mehr präsent zu sein schien.


    Der Gode der Mattiaker zerteilte einige Früchte und mit ihnen in der Hand versorgte er wieder Sarwolf, Rodewini und zu letzt Elfleda und Loki.


    Auf das Frigg euch beiden große Fruchtbarkeit schenket! rief er mystisch aus.

  • "Für Jahre, die führen, was die Asen uns gegeben...", schloss Lando den Text, den er schon einige Male bei Verlobungen gehört hatte, und sah seiner nunmehr Verlobten mit undeutbarem Blick in die Augen. Dies war nun also die Frau, mit der er den Rest seines Lebens verbringen sollte, wie lange das auch immer sein möge. Sie war unstreitbar schön, und hatte eine nicht minder schöne Stimme, doch was schlummerte hinter diesen Augen?


    Bei Landos Glück war sie eine Furie, und würde den gesamten Haushalt auf den Kopf stellen. Oder eine halbe Furie, und würde mit der anderen halben Furie, die seine Schwester war, die ganze Stadt auf dem Kopf stellen. Oder noch schlimmer: sie würde GEGEN die andere halbe Furie, die seine Schwester war, die gesamte Provinz auf den Kopf stellen.


    Lando begriff, dass er hier vor einem größeren Abenteuer stand, als jeder Zug gegen feindliche Stämme oder andere Gefahren dargestellt hatte.

  • Wilder Haufen? Check. Lando machte sich keine Illusionen, manchmal machte es seine Familie dem barbarischen Ruf der Germanen alle Ehre, wenn auch unfreiwillig.
    Kleinigkeiten? Check. Es gab jede Menge Kleinigkeiten in seiner Familie, die sogar oft zu Großigkeiten aufgeblasen wurden, je nach Bedarf eines Streitgrunds. Lando musste unweigerlich an seine Schwester denken, die, je mehr er über seine Ehe nachdachte, ein nicht zu unterschätzendes Streitpotential entwickeln konnte. Immerhin hatte diese sich gerade an ihren Status als erste Frau in der Casa gewöhnt... das würde noch lustig werden.
    Feuerstelle? Check. Das Kaminzimmer, neben der Küche der Dreh- und Angelpunkt des Familienlebens. Da gab es nichts dran zu rütteln, das war der größte Unterschied, den es zwischen Landos Sippe und den römischen Familien gab.
    Sicherheit. Naja. Bis vor wenigen Wochen hatte Lando geglaubt, dass die Familie in Sicherheit war. Doch er hatte sich getäuscht, wie alle anderen auch... die Entführung und Folterung Sveijas war eine Sache, die schwer wog, und das Vertrauen der Sippe in ihre römischen Mitbürger nachhaltig gestört hatte... die Folgen würden noch lange nachwirken. Doch Lando hatte sich vorgenommen, alles dafür zu tun, damit die seinen so sicher wie möglich waren...


    "Dir wird es an nichts fehlen...", schwor Lando knapp, der sich irgendwie mit immer mehr Verantwortung konfrontiert sah. Und dann war da noch die Reise nach Magna... sollte er ihr davon erzählen? Eher nicht, es würde sie ohnehin nur beunruhigen, gerade jetzt wo sie einander verschworen, aber noch nicht verheiratet waren. Was die Reise betraf, machte er sich weniger Sorgen, als man eigentlich sollte, wenn man sich mitten ins Herz des rechtlosen Raums zwischen den mal festen, mal weniger festen Grenzen der Stammesgebiete aufmachte... irgendwas sagte ihm, dass dies weniger eine Reise in Hels Reich war, als man glauben konnte.

  • Elfleda musste aufpassen, den Worten von Phelan zu folgen und ihre Gedanken nicht zu sehr kreisen zu lassen. Da stand er vor ihr, der Mann, mit dem sie ihr Leben verbringen würde. Das einzige, was sie jetzt noch wirklich trennen würde, wäre der Tod eines von ihnen beiden, denn das Verlöbnis zu brechen war beinahe undenkbar, für jeden Beteiligten.
    Daher nutzte sie die Gelegenheit, das Gesicht ihres Mannes eingehend zu studieren. Was wohl gerade hinter seiner Stirn vorging? Er sah ernst aus, nachdenklich. Nicht, dass ihr das nicht recht war, wie sie Elke noch am Morgen gesagt hatte, wollte sie einen starken Mann, nicht unbedingt einen Spaßvogel. Sie hatte nichts gegen Lachen und Scherze, wie jeder auch, aber diese Welt war eben an sich nicht witzig, sondern sehr ernst.


    Nur mit halbem Ohr hörte Elfleda dem blonden Mann zu. Er pries Frigg sehr blumig, wie sie feststellte. Von ihrem Goden war sie eher knappe, dafür aber treffende Kommentare gewohnt, kurze Sätze. Nie zuviel Geschnörkel und Gerede. Vielleicht hatte er deshalb die Zeremonie von Phelan heute leiten lassen, damit sie etwas schöner war? War ja auch ein feierlicher Anlass.
    Erst als Lando dann das Ritual schloss, fiel ihr ein, dass sie selbiges ja auch tun sollte. Ohne ihren Blick von ihm zu wenden, wiederholte auch sie die Worte, damit sie einander verbunden waren.

  • Er schien wieder so ernst zu werden. Elfleda sah ihn einen Moment lang einfach nur an, ohne irgendetwas zu erwidern. Sie achtete auch nicht auf das Singen, das hinter ihr anfing – wenn auch reichlich schief und getragen vom rauchigen Bass des Schmieds. Sie überlegte, ob sie ihn mit einem Scherz aufheitern solle, aber Lando war die ganze Zeit, die sie ihn nun kannte – oder eben kennenlernte – recht ruhig, beherrscht und ernst gewesen. Wirklich lächeln oder Lachen hatte sie ihn nur ganz kurz sehen, als sie sich am Mittag zufällig getroffen hatten und sie beinahe vor Schreck ausgerutscht wäre.
    Ein wenig seltsam war es schon, sich vorzustellen, ihn zu heiraten und ewig mit ihm zusammen zu sein. Er war die einzige Person hier, die sie eigentlich nicht kannte und nicht durchschaute. Alle anderen, mit Ausnahme von Phelan natürlich noch, kannte sie schon entweder ihr oder deren ganzes Leben lang, und bei jedem wusste sie, wie sie mit ihm umgehen konnte und wie sie denjenigen um den Finger wickeln konnte, wenn es notwendig war. Oder eben, dass man eben das nicht konnte, egal was man versuchte. Aber von Lando kannte sie kaum mehr als den Namen und jetzt ein paar Dinge über seine Vergangenheit. Natürlich wusste sie, dass es so hatte kommen müssen, jeden anderen Mann hätte sie ja auch nicht erst groß kennengelernt. Genaugenommen kannte sie Lando schon fast besser, als es üblich gewesen wäre. Dennoch war es ein eigenartiges Gefühl, vor allem, wenn sie sich vorstellte, in absehbarer Zukunft mit ihm Kinder zu machen.
    Sie merkte, dass ihre Gedanken an diesem Punkt anfingen, sich festzusetzen, daher drehte sie sich ein wenig mehr den Feiernden zu. Noch würde sie sich diesbezüglich in Geduld üben müssen, auch wenn ihre Neugierde wuchs und sie Lando ja durchaus positiv gegenüberstand. Aber bis zur Hochzeit war es noch ein wenig hin, da änderten auch Gedanken nichts daran. Also verdrängte sie die unnützen Bilder in ihrem Kopf.


    Bei seinen Worten spielte dann aber doch noch einmal ein kleines Lächeln um ihre Mundwinkel, und mit einem dankbaren Blick bedachte sie ihren Zukünftigen dafür. Sie hatte daran auch eigentlich nie gezweifelt, aber es war dennoch schön, das zu hören. Offenbar wollte Lando sich wirklich Mühe geben, damit zwischen ihnen beiden alles gelang. Vielleicht sollte sie ihm diesbezüglich auch mehr Signale zukommen lassen.
    “Ich weiß. Ich danke dir“, antwortete sie aber zunächst wenig originell.
    “Wie lange werdet ihr noch hierbleiben?“ fragte sie schließlich plötzlich. Ihretwegen konnte er gerne bis zwei Tage vor dem angesetzten Hochzeitstermin hierbleiben. Auch wenn er das wohl nicht tun würde. Allerdings war ihrer Stimme dieser Wunsch leicht anzuhören, denn die Frage klang mehr nach einer Einladung denn nach Wissensgewinnung.

  • Lando zog die Lippen schmal, als seine Verlobte so wenig subtil danach fragte, ob sie länger bleiben würden, dass es selbst Lando unmöglich war, den Subtext nicht zu verstehen.


    "Wir werden morgen früh wieder abreisen... leider. Wir haben noch... etwas vor, das sich leider nicht aufschieben lässt. Zudem warten in der Stadt noch einige Verpflichtungen auf mich... es tut mir ehrlich leid, ich wäre gerne noch etwas geblieben.", Lando schluckte. Sollte er ihr von dem Höllentrip erzählen? Nein, wahrscheinlich würde sie sich nur Sorgen machen, bevor sie überhaupt verheiratet waren, und das wollte er nicht. War es auch unbedingt nicht der feinste Zug, sich direkt in den Schlund des rechtlosen Raums zu begeben, kurz nachdem man einen Pakt für die Zukunft geschlossen hatte.


    Aber so war Loki.

  • Elfleda nickte nur stumm, um sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Sie hatte ja schon damit gerechnet, dass sie bald wieder aufbrechen würden. Dennoch wäre ihr eine andere Antwort lieber gewesen. Aber heute war ein Fest, und wenn alle anderen so fröhlich waren, sollten diejenigen, die Grund zu dem Fest gaben, nicht missmutig in der Gegend herumstehen oder gar Trübsal blasen.
    “Nun, dann muss ich dich heute Abend wohl noch viel fragen, wenn ich so bald dazu keine Gelegenheit mehr bekomme.“
    Ein klein wenig herausfordernd blickte sie ihn an. Wenn es ihm zuviel wurde mit ihren Fragen, musste er etwas sagen, aber das musste sie ihm ja nicht so direkt anbieten.
    “Was macht man eigentlich in der Stadt? Habt ihr noch bewirtschaftetes Land außerhalb?“
    Irgendwas mussten die Amisvarier ja auch essen, ganz zu schweigen von den ganzen Römern. Elfleda hatte sich nie so sehr Gedanken darum gemacht, aber wenn sie mit Lando verheiratet wäre, würde sie das alles lernen müssen. Immerhin würde sie ihn dann unterstützen wollen, als ebenbürtige Partnerin und Rückhalt, wie es sich für eine Frau gehörte. Da wollte sie schon wissen, womit er sich so den Tag vertrieb.

  • "Natürlich, frag nur. Ich kann dir nur nicht garantieren, dass dir alle Antworten gefallen werden.", schmunzelte Lando, der das ganze etwas ernster meinte, als es klang. Das Leben seiner Familie bestand nicht nur aus heiter Sonnenschein, ganz im Gegenteil. Was die Familie an materiellen Gütern als ihren Besitz betrachten konnte, machte sie an Ärger mit gewissen Spezies wieder wett.


    "Nun, wir betreiben kein Gehöft im ursprünglichen Sinn. Früher, in meinem alten Leben, habe ich mit meiner Familie einen kleinen Hof an der Amisia bewirtschaftet, naja, das klassische Leben eines Volksmannes halt. Meine Sippe jetzt führt kein solches Dasein. Zwar leben einige unserer Älteren noch in alten Stammesgefügen, oder als Einsiedler im Wald, aber wir Jüngeren leben vom dem, was andere für uns auf unserem Land erwirtschaften, und dem was wir in der Stadt im Handel oder in der Verwaltung verdienen. Das reicht, um unseren Haushalt mit dem zu versorgen, was wir brauchen, und gönnt uns ein wenig Wohlstand, so dass wir nicht Hunger leiden, noch in Fetzen umherwandeln. Um ehrlich zu sein: in alten Maßstäben, also in denen des Bauern, der ich vor Jahren noch war, bin ich unerträglich reich. In römischen Verhältnissen sieht das wieder anders aus. Wir sind nicht arm, aber auch nicht reich. Wir besitzen Land um und in der Stadt Mogontiacum, betreiben mehrere Betriebe und ein recht erfolgreiches Handelshaus, also, ein Haus in dem gebündet mehrere Waren angeboten werden, von Betrieben die allesamt uns gehören. Achja, Betriebe... stell dir euren Schmied vor, der nicht noch zusätzlich auf die Felder geht, oder eigenes Vieh züchtet, sondern der nur Eisen in Werkzeug verwandelt, und dafür Geld bekommt, von dem er auf dem Markt Nahrung für seine Familie und sein Heim kaufen kann. So funktioniert das in der Stadt nurnoch. Die wenigsten besitzen eigenes Land, aber viele haben Arbeit. So wie wir... verstehst du?", er fragte schon fast zaghaft nach, ob sie verstand, da er sie nicht beleidigen wollte. Aber er wusste auch, wie das auf Menschen wirken konnte, die bisher nur das Leben in einer Stammessiedlung kannten... so wie er vor Jahren.

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