• Mit so einer Einladung hatte Axilla jetzt nicht gerechnet. Das Arme Pferd wurde unter ihr schon ganz unruhig, weil seine Reiterin immer wieder fast auf ihm herumhüpfte und rumrutschte und es mit diesen widersprüchlichen Befehlen dann nicht wirklich etwas anfangen konnte. Es selbst witterte keine Gefahr, aber warum war dann das Menschlein auf seinem Rücken so nervös? Die Ohren fingen an, zu spielen und zu lauschen, als sich Axillas Unbeständigkeit auf das Tier übertrug.
    “Ähm, ja, unsere Köchin will auch immer, dass ich mehr esse. Aber bei Nikolaos konnt ich gar nichts essen, da war ich noch viel zu aufgedreht.“
    Über die Eigenarten ihrer Verdauung wollte Rufus bestimmt eigentlich gar nichts wissen. Warum band sie ihm nicht gleich auf die Nase, dass sie auch manchmal tagelang nichts aß, nur weil ihre Gefühle mal wieder wild durcheinanderpurzelten und ihr so den Appetit raubten? Sie hatte wirklich ein Gespür für unpassende Themen, und Rufus nahm die auch noch alle auf. Wahrscheinlich war sie wirklich eine unmögliche Person und die Frau des Statthalters konnte sie daher mit gutem Grund nicht leiden.
    “Ähm, die Pyramiden? Dreieckig. Aber wie genau das aussehen soll, weiß ich auch nicht. Iason hat mir da was beibringen wollen, irgendwas mit rechten Winkeln und auch Dreiecken, aber ich hab’s vergessen. Weißt du, er kam ja aus Milet, genau wie dieser Mathematiker namens Thales. Ich glaube, da hat er sich deshalb was drauf eingebildet und deshalb so sehr darauf beharrt, dass ich das lerne. Ich weiß nur noch, dass „der Winkel im Halbkreis ein rechter“ ist, aber frag mich bloß nicht, was das bedeutet.“
    Das war jetzt zwar ein weiter Exkurs gewesen zu der einfachen Sache, dass Axilla nur wusste, dass die Pyramiden dreieckig waren, aber sie war ein wenig nervös und verfiel daher wieder ins plappern. Sie wollte doch, dass Rufus einen guten Eindruck von ihr hatte! Wenn sie nur ein bisschen weniger wie sie sein könnte… so schwer konnte das doch nicht sein, alle anderen schafften das doch auch! Sie hatte wohl wirklich den Geist eines Eichhörnchens.
    “Warst du schon auf dem Paneion?“
    Das war für jeden, der Axillas Gedankengang von Eichhörnchen zu Baumbewohnern, von da zu Dryaden und weiter zu Faunus, weiter zu seinem griechischen Namen Pan und weiter nach einer passenden Frage nicht kannte, wohl ein sehr plötzlicher Themenumschwung, aber dieser eine war für Axilla vollkommen logisch. Zumindest in ihrer eigenen, kleinen Welt.

  • "Das Essen bei Nikolaos war ein wenig ungewohnt, aber es hat doch gut geschmeckt. Aber ich konnte da auch nicht viel essen, weil mir noch so schlecht war vom Schiff. Ich hoffe er hat das nicht als Beleidigung aufgefasst. Hat er was zu dir gesagt?"


    Eigentlich dachte Ragin immer er wäre bewandet in der Mathematik. Er konnte schließlich addieren, subtrahieren, dividieren und sogar maultiplizieren! Aber das was ihm Axilla da erzählte, das waren gallische Dörfer für ihn. Dreiecke kannte er sogar noch, aber was das mit den Winkeln sollte, verstand er nicht. Ein Winkel im Halbkreis sein ein rechter-das klang doch irgendwie sehr sehr kryptisch, wenn man eigentlich nur wusste, was ein Halbkreis war...


    "Die Mathematik mag ich auch sehr. Nur so kann ich ja die Abrechnungen für meine Betriebe machen. Ich habe das von unserem gallischen Magister Milarocix beigebracht bekommen. Ich glaub ja fast er ist einer der klügsten Menschen im ganzen Imperium."


    Die Griechen, vor allem die am Museion waren ja weitgerühmt für ihre Intelligenz, allerdings traute Ragin da lieber dem was er gesehen und erlebt hatte und da lag sein alter Magister noch meilenweit in Führung. Wenn ihn die Griechen allerdings nicht schlagen könnten, dann müsste man überlegen wofur dieses Volk überhaupt gut war. Wo sie ja noch nicht mal die Torbögen am Alexanderplatz gebaut hatten.


    "Paneion? Was ist denn das? Ein Heiligtum des Pan? Also da wr ich glaube ich noch nicht."


    Er war sich sicher, dass er dort noch nicht gewesen war. Was sollte er denn da? Schließlich war das ein Römergott. Wenn es ein Freyrneion gegeben hätte, wäre er dort sicher schon gewesen. Aber die Frage zeigte eines: Sie glaubte wirklich, dass Ragin ein Römer war. Ein freudiges Grinsen lag auf seinem Gesicht.

  • “Wegen dem Essen? Nein, da hat er nichts gesagt.“
    Dass Nikolaos ein wenig komische Andeutungen gemacht hatte, als wolle er herausfinden, ob Axilla was für Rufus empfinde, das sagte sie nicht. Das war ihr schon peinlich genug, dass ihr Arbeitgeber das auch nur gedacht haben konnte. Da würde es Rufus sicher noch peinlicher sein, und wenn er wüsste, dass ihr Spaziergang wohl diesen Eindruck erweckt hatte, könnte er sich zu irgendwas genötigt sehen, was Axilla gar nicht wollte. Sie wollte nur einen Freund wieder haben, einen richtigen Freund, und niemanden, der sie behandelte, wie es eben angemessen war und was die anderen von einem erwarteten.
    Bevor sie noch zu sehr darüber nachdachte, war sie froh, dass Rufus selbst auch gleich weitererzählte. So kam sie nicht in Verlegenheit, sich vielleicht doch noch zu verplappern.
    “Also, ich finde Mathematik eigentlich ziemlich langweilig. Mit Geld geht das ja noch, aber Iason wollte mir dauernd irgendwelche komischen Sachen beibringen, die kein Mensch jemals braucht. Flächen berechnen, oder komische Formen, wie viel die umspannen, und eben das mit den Dreiecken, da war er ganz wild drauf. Vor allem die rechtwinkligen. Angeblich sei das ja sehr wichtig, aber ich musste in dem Jahr, wo ich jetzt in Ägypten wohne, noch nie ein Dreieck ausrechnen. So wichtig kann das also nicht sein.“
    Nicht, dass sie sich Aufgaben gesucht hätte, wo sie auch nur in die Nähe von Dreiecken gekommen wäre. Axilla konnte zwar durchaus auch gut Kopfrechnen, gerade wenn es um Geld ging, aber schon aus Prinzip tat sie es alles andere als gerne. Also vermied sie es, wo es sich vermeiden ließ.


    Bei der Frage nach dem Paneion stoppte Axilla Helios und ließ das Pferd sich drehen, so dass sie zur Stadt schauen konnten. Sie zeigte mit der rechten Hand auf den Hügel, den man schon von hier aus sehen konnte, wie er sich über die restliche Stadt doch deutlich erhob. So aus der Ferne war noch deutlicher, dass diese Erhebung künstlich geschaffen war, schmiegte sich der Rest der Stadt doch relativ platt an den Strand dahinter.
    “Da, auf dem Hügel steht das Paneion. Die ganze Anlage da rund herum gehört mit dazu. Da gibt es sogar einen Tierpark! Und ein paar Feuerspucker sind da abends, und einmal hab ich jemanden gesehen, der für eine Schlange auf einer Flöte Musik gemacht hat. Sah gefährlich aus.
    Eigentlich ist es ein Heiligtum für Bacchus und Faunus, aber alle sagen immer nur Paneion, als sei es nur für Faunus. Naja, auf jeden Fall hat man von dort einen guten Blick über die Stadt. Und da hat es auch einige Bäume, die da gepflanzt sind. Kein richtiger Wald, und klettern kann man da auch nicht, aber da sind ein paar. Die einzigen, die ich in der Stadt gesehen hab so richtig.“

    Hatte sie das mit dem Klettern grade gesagt? Verdammt! Naja, hoffentlich hatte er es überhört, ging ja im restlichen Redefluss doch unter.
    “Da musst du unbedingt mal hochgehen und runterschauen. Ist richtig schön da. Bei uns zuhause hatten wir einen kleinen Hain, der auch Faunus geweiht war. Oder zumindest hat Vater das gesagt, als wir hingeritten sind. Aber da gab es Virae querquetulanae, ganz sicher. Auch wenn ich sie nicht gesehen hab.“
    Axilla hielt besser denMund, sie plapperte schon viel zu viel. Also war sie lieber still und lenkte das Pferd wieder weiter am See entlang. Heute war sie aber auch redselig!

  • "Bäume auf die man nicht klettern kann, sind ja nur als Feuerholz zu gebrauchen.


    Heilige Haine gab es in germanien auch viele. Meist waren sie dann aber Freyja, Freyr oder Fjoergyn geweiht. Den Wanen halt, dem Geschlecht der Naturgötter. Diese waren wild und ungezügelt, beinahe würde er sagen, sie würden gut zu Axilla passen, zumindest für eine Römerin. Im Grunde war sie aber auch nicht wilder als eine Sontje oder Eila und damit nur als Römerin eine Besonderheit...in dieser Hinsicht.



    "Was ist denn ein Tierpark? Fressen die sich dann nicht gegenseitig? Das muss doch auch sehr gefährlich sein! Oder schickt man da die Leute rein, damit sie das Jagen lernen?"


    Eigentlich war das eine ganz gute Idee, denn wie sollten die Städter denn sonst das Jagen lernen? Aber deswegen extra einen park zu bauen, erschien dem jungen germanen doch ein sehr großer Aufwand.

  • Verdammt, er hatte es gehört. Nungut, jetzt war es ohnehin zu spät, und zum Glück lenkte der Tierpark ihn gleich ab.
    “Das ist…. Hmmm…. Also da auf der Anlage sind Käfige, wo Tiere drin sind. Also, nicht immer sind da Tiere drin, und auch nicht alle Tiere, aber die hatten da vor vier Wochen mal eine Giraffe da! Die war vielleicht riesig! Aber meistens haben sie nur irgendwelche Vögel in den Käfigen sitzen, und einmal hab ich da auch einen Löwen gesehen. Ist auf jeden Fall sehr spannend da.“
    Natürlich wären diese Tiere in freier Wildbahn noch viel interessanter und abenteuerlicher zu sehen gewesen, aber so war das auch schon etwas. Axilla hatte zwar schon gehört, dass grade in Rom auch viele Tiere den Leuten vorgeführt wurden, aber sie fand es hier trotzdem etwas ganz außergewöhnliches. Irgendwo taten ihr die wilden Tiere auch leid, weil sie so wenig Platz hatten, aber andererseits waren es ja nur Tiere. Einige von ihnen wurden geopfert, andere gegessen. Warum sollte man versuchen, Tiere möglichst großzügig zu halten oder auch gar nicht zu halten, wo es den Menschen in ihrem Schicksal auch nicht besser erging? In erster Linie waren Tiere Nutztiere und keine Freunde. Und egal, wie sehr Axilla ein Tier gemocht hätte, hätte sie es dennoch in Zeiten der Not auch geschlachtet und gegessen. Auch wenn es ihrer gens so gut ging, dass das wohl nie auf die Probe gestellt werden musste.
    “Aber die werden soweit ich weiß gefüttert. Also, wenn mal was da ist, was ein anderes Tier sonst fressen würde. Und die haben jedes einen eigenen Käfig. Wir können ja uns das mal anschauen. Ähm, also, nicht jetzt, ich muss nachher wieder arbeiten, glaub ich. Und ich wollt dir ja auch noch was über Alexander noch erzählen, und du hast ja sicher auch viel zu tun hier bei deiner Cousine und so. Aber so irgendwann mal, vielleicht…“
    Da war es wieder, ihr Talent, sich selbst irgendwohin einzuladen. Dabei hatte sie Rufus ja gar nicht gefragt, ob er das überhaupt wollte. Aber zum Glück konnte sie noch rechtzeitig zurückrudern, so dass er nun alle Möglichkeiten hatte, dem auszuweichen, wenn er nicht wollte.

  • "Und da kann man sich wirklich die Tiere ganz genau anschauen? Das muss ich wirklich sehen! Da würde ich gerne mit dir hingehen. Ich habe noch nie eine Giraffe oder einen Löwen gesehen. Aber unser Custos Corporis hat meinem Cousin eine Giraffe geschnitzt. Haben die wirklich einen so langen Hals? Das kann ich mir ja kaum vorstellen."


    Gut vorstellen konnte er sich aber, wie man mit dieser Idee Geld machen konnte. Vielleicht sollten sie die tiere, die ihre Jäger fingen ausstellen, bevor man sie weiter verkaufte. Wenn man da ein wenig Eintritt verlangte, würde man so vielleicht die Futterkosten senken können. Das würde er Lando mal in seinem nächsten Brief vorschlagen. Vielleicht konnte man ja sogar das ein oder andere exotische Tier nach Mogontiacum bringen lassen. Circus Duccius...das klang doch schonmal ganz gut.



    "Wann musst du denn arbeiten? Nicht, dass wir allzu spät kommen und du noch Ärger bekommt. Ich will nämlich auf keinen fall, dass du wegen mir Schwierigkeiten bekommst."

  • “Ach, so genau nimmt das hier keiner mit dem Arbeiten. Nur nachmittags ist Nikolaos halt auch oft noch mal da, da sollte ich als sein Scriba nach der Mittagshitze auch da sein. Heute hat er zwar nicht explizit gesagt, dass er kommt, aber da lauf ich lieber einmal öfter. Bevor er da ist und was braucht und ich nicht da bin.“
    Zu dieser Zeit gab es zwar keine richtige Mittagshitze, aber es war schon ordentlich warm, wenn die Sonne schien. Zur Zeit war es ja mehr bewölkt, da wurde es nicht ganz so heiß.
    “Weißt du, manchmal glaub ich sowieso, dass die Zeit in Alexandria anders vergeht. Ich bin jetzt fast ein Jahr hier. Eigentlich ja nicht so lange, oder? Und trotzdem kenn ich das alles in der Stadt schon sehr gut und kann auch schon viel besser griechisch. Am Anfang konnte ich nur ionisch, da hat mich die Hälfte der Leute gar nicht verstanden. Ich meine, das ist ja nur ein kleiner Teil vom Koine, und richtiges attisch kann ich immer noch nicht. Aber trotzdem kann ich das griechisch jetzt schon sehr gut.
    Und auf der anderen Seite ist es fast, als wär ich erst gestern hier angekommen. Als wär es erst ganz kurz her seit… seit ich aus Tarraco weg bin“

    Puh, gerade noch gefangen. Ihre Stimme war fast wehmütig geworden, aber die letzten sechs Worte waren dann noch sehr schnell und sehr exakt hinterhergeflogen, als sie es noch rechtzeitig bemerkt hatte. Die Parentalia waren einfach noch nicht lange genug vorbei, das musste es sein.
    “Aber das mit dem Park können wir gerne einmal machen. Können uns ja verabreden. Ähm, also, ich meine, um da hinzugehen, einen Termin. Damit wir auch beide Zeit haben. Und von Alexander wollte ich dir ja auch noch erzählen. Da möchte ich dich dann gerne einladen, wenn du magst. Also, bei uns daheim. Oder in der Regia, wie du magst. Also, da kann ich dich dann natürlich nicht einladen, da müsstest du dann mich einladen.“
    Sie sollte wirklich bald arbeiten gehen, solange noch ein bisschen Restvernunft für den heutigen Tag übrig war. Hoffentlich würde Nikolaos heute nicht wieder solche Anspielungen machen wie bei ihrem letzten Treffen mit Rufus, denn heute würde sie sicher rot werden.

  • "Ich glaube dann komme ich lieber zu mir. Ich bin ja in der Regia schon der Gast eines Gastes, ich glaube dann schauen die komisch, wenn ich dann gäste einladen. Ich will ja nicht, dass Venusia dann Ärger bekommt. Ich bin ja froh, wenn sie mich reinlassen."


    Sein Zimmer war schön und bequem, aber alles in allem war die Ragia einfach so kalt. In Mogontiacum hatte er sich schnell heimisch gefühlt, aber in Alexandria war das ganz und gar nicht der Fall. Er vermisste schon jetzt seine Familie. Vor allem der alte, knurrige Albin fehlte ihm, aber auch Witjon und Loki, die seine Vorbilder waren.


    "Aber sag mal, wenn es hier dann so heiß wird: Könnt ihr dann überhaupt richtig schreiben? Da müssten euch doch die Wachstafeln schmelzen, oder?

  • “Gut, dann kommst du zu mir. Müssen wir nur noch ausmachen, wann…“
    Der letzte Satz klang irgendwo zwischen verlegen und überlegend. Darüber hatte sie bei ihrer Einladung gar nicht nachgedacht, wie sie heute über so vieles, was sie gesagt hatte, eher weniger nachgedacht hatte.
    Die Frage mit den Wachstafeln aber brachte sie sowieso auf andere Gedanken. Sie überlegte kurz, ob einer der anderen Scribae was gesagt hatte, erinnerte sich aber nicht an ein Gespräch über Wachstafeln.
    “So genau weiß ich das noch gar nicht. Im Sommer hab ich für Nikolaos noch gar nicht gearbeitet. Das wird dieses Jahr mein erster Sommer, wo ich arbeite. Aber mittags arbeitet dann sowieso keiner, da ist es viel zu heiß dazu. Aber vielleicht machen die ägyptischen Bienen auch ein viel härteres Wachs, weil die kennen die Hitze hier ja schon, und deren Bienenstöcke dürfen ja auch nicht schmelzen?“
    Ja, das klang durchaus logisch, fand sie. Die Bienen würden schon wissen, wie sie das Wachs machen mussten, denn die bauten daraus ja auch ihre Stöcke. Und wenn es mittags wirklich heiß wurde, suchte sich jeder sowieso nur noch ein kühles Fleckchen. Sogar die Bienen.

  • "Also der Termin ist mir egal. Im Moment habe ich noch sehr viel Zeit. Viel zu viel für meinen Geschmack. Aber in die Stadt mag ich auch nur ungerne gehen, weil ich keine Lust habe Leibwächter mit zu nehmen."


    Er mochte es gar nicht, wenn ihn jemand auf Schritt und Tritt verfolgte. Er war durch ganz Germania Magna gereist, was sollte ihm hier denn schon passieren? Außerdem hatte er ja seine Beschützerin dabei.



    "Aber die Erklärung ist gut. Ob die Bienen hier wirklich anderes Wachs amchen? Vielleicht geh ich mal auf dem Markt und schau mir das da mal an. Wenn ich aber nur daran denke, fang ich an zu schwitzen. Aber was anderes: Wenn wir zurückreiten, solltest du aber mich wieder nach vorne lassen, wenn du nicht gesehen werden willst."

  • “Ohja, das kann ich verstehen. Ich mag das auch nicht, wenn mir überall immer jemand hinfolgt. Ich meine, da kommt man sich vor, als wär man noch ein kleines Kind! Ich meine, jetzt sind wir zwei doch auch allein, ohne Aufsicht, und wir leben noch?“
    Das eine andere Aufsicht vielleicht schicklich gewesen wäre, um andere Möglichkeiten ihres Beisammenseins auszuschließen, auf die Idee kam Axilla nichtmal.
    “Gut, für Nikolaos musste ich jetzt auch schon einmal nach Rhakotis, einen Brief wegbringen. Da war ich um die Sklaven gar nicht undankbar, da ist es ja doch etwas gefährlicher. Aber ins Brucheion oder zur Arbeit geh ich immer ohne Leibwächter. Ich mein, wird schon nichts passieren, bei so vielen Menschen um mich rum, oder?“
    Dass diese Einstellung auch sehr leichtsinnig sein konnte, auch auf diese Idee kam axilla nicht. Und dabei sollte sie es eigentlich nach der Sache mit Timos eigentlich besser wissen. Sie war da einfach zu vertrauensselig und hatte das Selbstvertrauen der Jugend, als wäre man unsterblich. Zumindest in dieser Beziehung hatte Axilla noch nie Angst gehabt.


    Schade, dass sie kein Hippodingsda gesehen hatten, aber sie sollten wirklich umkehren. Axilla überlegte einen Moment, ob sie einfach um Rufus herumklettern sollte. Sie wollte schon immer mal testen, ob das ging. Aber dann würden sie am Ende noch beide vom Pferd fallen, und für ganz verrückt musste er sie ja auch nicht halten. Also ließ sie Helios anhalten und schwang ein Bein über seinen Hals. Eigentlich sollte man so ja nicht absteigen, aber Rufus saß ja hinter ihr, so dass sie nicht nach hinten absteigen konnte. So ließ sie sich einfach an der Schulter des Pferdes entlang freihändig nach unten rutschen und federte leicht am Boden ab. Axilla wuschelte Amala noch einmal durch die Haare, während Rufus nach vorne wieder rückte, um ihr anschließend mit der Hand wieder hinter ihm hochzuhelfen.
    Ein bisschen wehmütig war Axilla ja schon, das reiten hatte Spaß gemacht, auch wenn es langsam gewesen war und nicht so wild, wie sie gerne gewollt hätte. Aber dennoch war es schön gewesen.
    Sie rückte wieder dicht hinter Rufus und hielt sich leicht an seiner Seite fest, ähnlich wie er es bei ihr getan hatte. Sie hoffte, er hatte dabei nicht ähnlich absurde Gedankengänge wie sie sie anfangs gehabt hatte. Sie hielt sich ja nur an ihm fest, ebenso wie er sich nur an ihr festgehalten hatte.
    “Gut, wir können, ich hab Halt.“

  • Ragin rutschte nach vorne, so dass sich Axilla wieder hinter ihn setzten konnte. Irgendwie war er froh wieder die Zügel in Händen zu haben. Helios war halt einfach sein Pferd, und außerdem war es lang nicht so peinlich wenn sie sich an ihm festhielt als andersherum. im Gegensatz zu ihr war er nicht traurig kein Hippodingens gesehen zu haben. alleine dass im Wasser eines sein konnte, war schon Aufregung genug gewesen.


    Also sie ihm dann das zeichen gab, ritt er los. Es war wirklich viel angenehmer, wenn sie sich bei ihm festhielt. Er bekam sogar eine leichte Gänsehaut, wie er sich selbst sagte, weil er da ein wenig kitzelig war.



    "Ach ja, Rhakotis ist dieses schlechte Viertel, nicht? Da war ich noch nicht. Aber wenn ich Amala dabei habe, trau ich mich überall hin. gerde die Leute hier scheinen richtig Angst vor ihr zu haben. Nikolaos sah so aus als wollte er ohnmächtig werden, als sie ihn angebellt hat. Wie ist der eigentlich sonst so? Ist er arg streng?"


    Ragin kicherte wie ein Julfestwichtel. Das hatte aber auch zu komisch ausgesehen.

  • Axilla spähte auf das Wasser, in der Hoffnung, doch noch etwas aufregendes zu entdecken. Sie wollte doch, dass es für Rufus auch so ein schönes Erlebnis war wie für sie, aber so wäre es ihm doch sicher langweilig. Es war ja ganz und gar unaufregend im Grunde, nur ein wenig am See entlang reiten, gemächlich und ruhig. Nunja, aber für sie war es zumindest schön gewesen, auch ohne Hippodingens.
    “Ja, in Rhakotis wohnen ganz viele arme Leute. Und du kennst das dann ja sicher, da sollte man besser nicht unbewacht hingehen. Armut macht verzweifelt.“ Das hatte ihr Vater ihr einmal gesagt, als sie ihn gefragt hatte, warum es so viele Aufstände im römischen Reich gab. Er meinte, die Ärmsten würden immer am ehesten aufstehen, denn Armut machte verzweifelt. Deshalb würden die meisten Aufstände auch von den Römern so leicht geschlagen werden können, denn schlechte Bewaffnung, schlechte Ausbildung und Hunger führten einen Soldaten selten zum Sieg.
    “Und wie Nikolaos ist? Öhm… naja… also… er ist…. Öhm….“ Ja, was konnte sie über ihn sagen? Sie wollte ja nicht irgendwas erfinden oder schmeicheln, aber sie wollte auch nicht, dass Rufus es falsch verstand. Sie war Nikolaos ja sehr dankbar, dass er sie eingestellt hatte. Und Urgulania hatte er auch geholfen, Eutheniarche damals zu werden. “Also, er ist… Grieche. Naja, ich meine, ich mag ihn, aber die Griechen sind anders als die Römer. Also, ich meine jetzt nicht schlechter. Also, obwohl die Römer ja das Imperium beherrschen. Nein, ich meine… also… wie sagt man das?“
    Sie würde so gerne frei von der Seele einfach drauf losreden, aber sie wollte ja nicht, dass Rufus es falsch verstand. Sie hatte keine Ahnung, wie römisch er nun eingestellt war und wie sehr es ihn kränken würde, wenn sie sagte, dass es ihr im Grunde egal war, ob einer Römer oder Grieche oder sonst was war. Sie mochte eine Person, oder mochte sie eben nicht, ob das nun ein Sklave oder ein Senator war, das spielte alles nur eine untergeordnete Rolle für sie.
    “Also, er ist schon streng, und auch sehr genau, aber er ist auch immer nett und höflich zu mir. Und er hat mir ja die Arbeit gegeben, obwohl ich eine Frau bin, und nichtmal Griechin, und auch kein attisch kann. Und obwohl ich einfach nur so bei ihm an dem Tag vorbeigekommen bin, also ohne mich vorher herzurichten und so. Ich schätze ihn wohl. Doch…ja.“

  • "Ja, nichts macht so verzweifelt wie Hunger."


    Armut machte verzweifelt, das stimmte wohl. Wenn er da so an die Schlacht von Borbetomagus dachte würde ihm beinahe schlecht. Damals auf dem Thing als das von dem kurzhaarigen Hühnen gesgt wurde hatte er darüber noch gar nicht richtig nachgedacht, aber jetzt kam ihm dazu ein Gedanke: Hatten seine Verwandten die dort gestorben waren, wirklich nur geholfen arme, halb verhungerte Bauern abzuschlachten, die vor Hunger verzweifelt waren? Sie waren in einer Schlacht gestorben, aber war es auch ehrenhaft gewesen? Oder hatten eher die mutigen Bauern Wotans und Teiwatz' Beistand gegen die Legion gehabt? Darüber würde er später nochmal nachdenken müssen, oder vielleicht Venusia um Rat fragen. Aber jetzt wolte er nicht in Trübsal versinken.


    "Ich mag ihn auch, aber er ist halt wirklich ein Grieche. An die werde ich mich wohl nie gewöhnen. Ich meine das sind Männer und sie schminken sich wie Frauen! Ich habe gehört, dass sich Stämme für eine Schlacht bemahlen um ihren Gegnern Angst einzujagen, aber bei denen verstehe ich das nicht."


    Er schüttelte den Kopf um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

  • Eigentlich war es schon beinahe pervers, dass in der Provinz, die das Getreide für ganz Rom lieferte, es dennoch hungernde Menschen gab. Irgendwie ergab das für Axilla keinen Sinn, aber selten ergab für sie etwas Sinn, was die Götter so bestimmt hatten. Das ihre Eltern tot waren ergab ja auch keinen Sinn, warum sollte es also der Hunger der Menschen von Rhakotis?
    Doch zum Glück brachte Rufus sie schnell auf andere Gedanken, indem er über die Schminke der Griechen fachsimpelte.
    “Ja, ich finde das auch lustig. Ich meine, bei der Hochzeit von Anthimos und Penelope – also, das sind zwei andere Griechen, bei denen ich eingeladen war – da hatte Nikolaos auch ganz viel Schminke drauf. Ich meine, eigentlich sollte ich ja froh sein, so ist mein Betrieb hier in Alexandria wenigstens gesichert. Aber es sieht schon arg albern aus.“
    Jetzt musste Axilla doch ein wenig lachen, und albern wie sie war, kitzelte sie dabei leicht Rufus, damit er mitlachte. Aber nur kurz und ganz leicht, schließlich wollte sie ja nicht, dass das Pferd noch einen Satz machte.
    “Leander – also, das ist mein Sklave – versucht mich auch immer zu überreden, ich soll doch mal ein wenig was probieren, um die Augen mit dem schwarzen Kohlestift und so, aber ich mag das gar nicht. Ich bin auhc eigentlich viel zu dunkel schon für eine feine, römische Dame. In Rom würden sie mich wohl auslachen. Schau mal, mein Arm gegen deinen! Ich bin richtig braun schon.“
    Sie strechte ihren Arm direkt neben seinem aus, so dass sie sich mit der verbliebenen Hand etwas mehr an ihm festhalten musste, um die Bewegungen des Pferdes auszugleichen. Ihre Haut hatte einen sanften Bronzeton, während seine richtig hell noch war. In Rom würden sie sicher alle für eine Feldarbeiterin oder ähnliches halten, wenn sie dort so herumlief.

  • Ragin machte einen kurzen Hüpfer und musste wieder kichern, als sie ihn kitzelte. Er musste daran denken, wie ihn seine Mutter als Kind immer gekitzelt hatte und mit aufgeblasenen Backen auf seinen Bauch gepustet. Das hatte dann immer Laute gegeben, die wie ein Frosch geklungen hatten und weil er auch immer wie einer gezappelt hatte, hatte sie ihn immer ihren kleinen fruska gennant. Wie er sie doch vermisste: Ihr Lachen, ihre Wäre und ihren Duft... Aber gerade erfüllte ihn das mehr mit Freude als mit Trauer. Er freute sich übder die schönen Momente an die er sich mit ihr erinnerte und an den den er jetzt gerade hatte.


    "He, du kitzelst mich ja. Das ist gemein, ich kann mich ja gar nicht wehren. Wenn du das nochmal machst, muss ich furchtbare Rche an dir nehmen" gackerte er. "Ach find es nicht schlimm das deine Haut so dunkel ist. Die Ägypter und die Nubier sind ja noch viel dunkler! Und meine ist ja auch sehr hell. Vielleicht werd ich hier ja auch braun. Die Sonne muss die Menschen hier ja braten wie ein Hähnchen über der dem Feuer. Und was denkst du wie diese griechische Kriegsbemahlung dann erst bei mir aussehen würde? Am Besten noch mit einem Kleid. Dann darfst du mich Ragina nennen." Wieder lachte er freudig. Man konnte mit Axilla kaum grüblerisch sein, oder Trübsal blasen.

  • “Ragina?“ So einen Namen hatte Axilla noch nie gehört. War das wirklich ein Mädchenname? Klang fast wie Regina, Königin. Vielleicht hatte er sich vor Lachen auch nur verplappert. “Ja, wie eine Königin würdest du wohl aussehen, wie Cleopatra wahrscheinlich. Die soll sich ja auch ganz viel angemalt haben, hab ich gelesen. Wir können es ja mal testen. Ein Kleid von mir kriegst du zwar keines, die wären dir sowieso alle viel zu klein und zu kurz, aber anmalen kann ich dich ja. Dann holen wir ein wenig kräftige Schminke, dann können wir ja testen.“
    Oh, es war herrlich, so mit ihm herumzualbern. Und weil er gemeint hatte, er würde Rache nehmen, das aber, wenn sie so ritten, ohnehin nicht konnte, da er sich ja nicht umdrehen konnte, nahm Axilla das als Einladung. Hätte er sie nicht so herausgefordert, wäre die empfindliche Stelle zwischen den Rippen und der Hüfte nun vielleicht sicher gewesen. Aber so war das ja fast schon eine Aufforderung, also giekste sie ihn frech noch mal, nur um zu sehen, wie seine Rache wohl aussehen mochte.

  • "Hihi, hör auf, das ist gemein. Ich fall ja gleich vom Pferd!"
    Und wieder giekste sie ihn. Wie gemein! Er kicherte wieder wie ein Wichtel und war eigentlich wehrlos. Aber nicht mit ihm. Er zog an den Zügeln, so gut man das eben konnet wenn man so bösartig gepiesakt wurde, aber Helios kam trotzdem relativ schnell zum Stehen, unbeeindruckt von dem Affentheater auf seinem Rücken. Ragin versuchte Axillas Arme zu greifen, sah sie allerdings nicht, weil sie ja hinter ihm saß. Andererseits wollte er auch kein Risiko eingehen, Axilla irgendwie unsittlich zu berühren und so gelang es ihm nicht ihre Arme zu packen.
    "Na, traust du dich das nochmal?" fragte er nun lachend.

  • “Ob ich mich traue?“ War das eine Herausforderung? Ein diebisches Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht, auch wenn Rufus das nicht sehen konnte. Kurz darauf kitzelte sie ihn wieder kurz, zog ihre Arme aber noch rechtzeitig zurück, ehe er sie zu fassen bekam. “Ich trau mich alles! Es gibt kein Ziel, das nicht erreicht werden kann durch einen Mutigen, der es versucht.“ Auch das hatte ihr Vater gerne gesagt, und in diesem Moment konnte sie es sagen, ohne das wirklich ehrliche Lächeln zu verlieren. Vor lauter Übermut startete sie noch eine Attacke, aber diesmal war Rufus schnell genug und bekam ihre Hände zu fassen. Axilla quietschte einmal überrascht und hoch und versuchte, sich aus seinem Griff zu lösen, aber er war stärker als sie. Das Arme Pferd unter ihnen, das die Eskapaden seiner Reiter mitmachen musste.
    “Und jetzt?“ fragte sie herausfordernd und überlegte schon, wie sie aus dieser Situation wieder freikäme, ohne dass sie beide vom Pferd fielen.

  • Jetzt hatte er sie. Aber er hatte sich gar nicht überlegt was er dann tun solte. Also war er erstmal konsterniert. Und was sollte er jetzt tun? Sie einfach wieder loslassen kam auch nicht in Frage, aber was gab es denn noch für Möglichkeiten? Da kam ihm eine Idee. Ragin verstellte seine Stimme, so dass sie ein wenig tiefer und soldatenhafter klang.


    "Haha jetzt habe ich dich gefangen. Du bist jetzt also meine Kriegsgefangene und damit habe ich das Anrecht auf ein Lösegeld. Nun, da ich hier niemanden sehe, der für dich zu zahlen gedenkt, muss ich dich nun fragen, was dir deine Freiheit denn wert ist. Aber bedenke, dass dein fieser und hinterhältiger Angriff den Preis in die Höhe getrieben hat!"


    Er hatte keine Ahnung was sie jetzt sagen würde und er hatte noch weniger eine Ahnung, was sie ihm würde anbieten können.

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