Eine Gladiatorschule und eine verletzte Amazone

  • Der Geruch von Gerstenbrei kroch die Wände meiner Nase entlang und bis zu meinen Riechzellen und ich schwebte in die Welt der Wachen zurück und weg von den verwirrenden und erschreckenden Fieberträumen. Meine Zunge fühlte sich an als ob ich ein Stück totes Tier in meinem Mund hielt und sie schmeckte nicht weniger faulig und ekelhaft. Jeder Knochen in meinem Körper beschwerte sich über den vergangenen Kampf aber ich lebte noch. Im Tod sollte man keinen Schmerz mehr spüren und ich wurde mit dem Zeichen des Lebens großzügig belohnt. Ein Tuch strich sanft über meine Stirn und tupfte mir den Schweiß weg der sich dort reichlich sammelte und ich öffnete langsam meine Augen. Über mir schwebte ein bekanntes Gesicht, sah besorgt auf mich herunter und betupfte mir vorsichtig die Wangen. Manchmal tat es einfach gut jemanden zu haben der sich dafür interessierte ob man krepierte oder sich am Leben fest hielt und in diesem Fall freute ich mich auch. Ich lächelte matt, blinzelte die schwarzen Punkte vor meinem Gesichtsfeld weg und hob meine Hand um Jesper sanft an der Wange zu berühren. Meine Hand zitterte und fühlte sich schwer wie ein Betonklotz an. »Na mein Süßer!!« Meine Stimme hörte sich ganz gehörig brüchig an und ich erkannte sie selbst kaum wieder. Jesper sah reichlich besorgt aus und irgendwie auch schwermütig was mich schon verwunderte denn er hatte mich schon oft genug verletzt gesehen und ich ihn.


    »Hallo du! Dieses Mal hat es ganz schön lange gedauert bis du zu uns zurück gefunden hast!!« Lange? Ich sah mich um und hätte nicht gestaunt wenn ich noch die Rufe der Zuschauer über mir hören würde denn eben hatte ich doch noch mit dem Gladiator gerungen!! Aber ich lag in meiner Zelle in der Gladiatorschule die ich bis letzte Woche noch mit einer anderen geteilt hatte die jedoch ihren Wunden erlegen war. Aber auch so war der Raum reichlich schäbig und winzig und nur mit einem Loch als Fenster ausgestattet. Als ich meine Schulter bewegte spürte ich die Wunde sofort und stöhnte leise, aber immerhin war ich noch am leben. Ich zog Jesper den Lappen weg als er mir wieder die Stirn trocknen wollte. »Wie lange war ich weg?«
    »Zwei Tage!!«
    Was waren schon zwei Tage mit all den Jahren die ich noch vor mir haben könnte? Aber ich hatte immer noch den Eindruck dass etwas nicht stimmte. »Was ist denn los??«
    »Ich wurde verkauft und dein neuer Besitzer will dich auch abholen.«
    »Verkauft? An wen?« Ich hatte irgendwie noch gehofft dass wir beide weiter leben konnten wie die letzten drei Jahre aber Fortuna zeigte mir ihre Zunge, denn sie schenkte mir und wollte mir dafür auch nehmen. »Ein Ritter aus Ägypten der sich die letzten Spiele anschaute als ich mit Zurgon gekämpft habe.«
    »Ägypten?« Ich hatte inzwischen erfahren wer mein neuer Besitzer war und der würde sich nie nach Ägypten verirren. »Ja!!«


    Mann!! Ich hätte nicht geahnt wie sehr mir das nahe ging, denn bisher hatte ich immer so getan als ob es mit Jesper eine flüchtige Affäre wäre. Doch nun krampfte es alles in mir zusammen und ich hatte das Gefühl als ob mein Herz sich zu einem steinharten Klumpen verwandelte in das ein Foltermeister seine Messer stach. Ich schluckte die bittere Galle die mir aufstieg herunter und blinzelte einige Tränen weg. Wäre ja noch schöner dass ich anfing zu flennen und das auch noch wegen eines Manns!! »Wann musst du weg?«
    »Heute abend!!« Wir schwiegen beide und brüteten über die Trennung die wohl das ganze Leben sein würde. »Ich werde dich vermissen!!« Ehe Jesper weiter sprechen konnte legte ich ihm meinen Finger auf den Mund. »Tst Süßer!! Mach es nicht schwerer!! Es war doch immer klar dass es eines Tages so kommen wird!!« So ein Mist aber auch!! Ich merkte dass ich doch weit mehr für ihn empfand als ich immer geglaubt hatte und ich wollte es wirklich sagen aber ich konnte es nicht. Ich brachte es nicht über meine Lippen, denn ich war nun mal so nicht gestrickt. Ich streckte die Arme aus damit er zu mir kam und wir uns umschlangen obwohl es meine Schmerzen verschlimmerte und auch trotz seiner Vorsicht. Ich fing erst an lautlos zu weinen als er schon lange fort war und die Nacht sich in meine Zelle verirrt hatte. Die Tränen flossen mir über die Wangen während ich mit dem Rücken auf meinem harten Lager lag und ich starrte zur fleckigen Decke hoch.

  • Es waren ein paar Tage vergangen seitdem Marcus und sein Vetter im flavischen Theater die Spiele abgehalten hatten, um bei den Senatoren für ihr Wahlanliegen zu werben und nebenbei vielleicht auch die Bevölkerung gewogen zu machen; ob das wiederum gelungen war würde sich erst mit der Zeit erweisen und ob es das Quäntchen Gewicht bei der Abstimmung war, vermochte Marcus nicht zu sagen, eins stand jedoch fest, er war, wie natürlich sein Vetter – bei dem Marcus natürlich das als einen natürlichen Erfolg seines Genies ansah- gewählt worden; aber daß ihm – Marcus Flavius Aristides – die Senatoren ihr Vertrauen ausgesprochen hatten, das erstaunte ihn immer noch seitdem er es kürzlich erfahren hatte und mit dieser ständig staunenden Miene war er auch heute unterwegs und um seinem Vetter eine kleine Gefälligkeit zu erweisen; der in Erwartung möglicher Blutorgien und verletzter menschlicher Wesen wohl lieber einen anderen Aufenthaltsort aufsuchen wollte als eine Gladiatorenschule, wobei das ihn wiederum verwunderte, bei all dem Augenschmaus, der sich für seinen Vetter bieten würde. Auf jeden Fall erreichte er den ludus an diesem Tag zu Fuß, dabei keine toga – sehr zu seiner Erleichterung – tragend; und nur ein wenig vom Marsch verschwitzt, ihm folgte einer der flavischen Sklaven, an den Namen entsann er sich schon nicht mehr und Marcus wußte auch gar nicht, ob er ihn überhaupt erfahren hatte. Es bedurfte nur einen kurzen Wortwechsel, dann wurden die Tore der Schule geöffnet und Marcus konnte in den geräumigen Innenhof treten, der auch zum Teil der Ort war, an dem sich die Kämpen übten und schlugen, um für den Ernst – den Spielen – bereit zu sein. Marcus beobachtete Gedankenverloren einen gladiator, der sich mit einer Strohpuppe schlug, und wartete auf den lanista, doch es war erst einer der anderen Lehrer, da der lanista gerade verhindert zu sein schien, der aus den Räumlichkeiten trat und auf ihn zu eilte, um einen Katzbuckel vor ihm zu machen.
    Salve, dominus!“
    -Salve, ich bin hier wegen der restlichen Forderungen, die noch ausstehen...“
    , sprachs Marcus und nickte dem Mann eher herablaßend dabei zu, denn natürlich hätte er auch einen Sklaven dazu schicken können oder der fleißige Sciurus nebst der fleißigen Asny – die er eher ungerne an einen solchen Ort geordert hätte – aber er sollte sich auch die Sklavin anschauen, ob sie auch noch für die villa tauglich war...oder eben nicht! Marcus wartete jedoch, bis der Mann mit den Wachstafeln und den noch nicht bezahlten Rechnungen kam und drückte hie und da sein Siegel in das rote Wachs hinein, dabei selber sich die Zahlen anschauend, ob sie auch stimmten, denn selbst wenn er kein Händchen mit Geld hatte und es ihm durch die Finger ran wie Sand, so hatte er dennoch noch ein wenig von seiner Zeit als Zenturio mitgenommen, und selbst wenn es hier kein posca oder die Schuhnägel war, die bezahlt werden mußten, so war Marcus auch hin und wieder in der Lage sich nicht über den Tisch ziehen zu laßen und ein eiserner Verhandlungspartner zu sein. Erst als das zu seiner Zufriedenheit erledigt war – wobei Zufriedenheit da nicht ganz paßend war, Marcus war immer noch entsetzt, wieviel die Spiele sie gekostet hatten; wie oft man dafür hätte in ein lupanar gehen können! - wandte er sich dem eigentlichen Grund seines Besuches zu.


    „Die Amazone! Lebt sie noch?“
    - „Ja, dominus!“
    Marcus nickte zufrieden.
    „Dann führe mich zu ihr.“
    Der Mann verbeugte sich eifrig und trabte ihm voran und zu den Gebäuden, die den Kämpfern als Unterkünfte dienten und die wirklich bescheiden waren; Marcus warf einige neugierige Blicke durch die offenen Türen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie die Kämpfer hier lebten, ehe er dem Mann in einen kleinen Raum hinein folgte; Marcus ließ seine Augen über das Innere in dem Raum schweifen und guckte dann zu der verletzten Amazone, wobei er dem Mann, der ihn hierher geführt hatte, mit dem Kinn und den Worten bedeutete:
    „Laß' uns allein!“
    Der Mann verschwand auch umgehend, während Marcus weiterhin die Amazone taxierte und einer eingehenden Untersuchung unterzog; was ihm natürlich sofort ins Auge stach, war die schöne, dunkle Bräune ihrer Haut, selbst wenn sie nicht ganz die mollig, weichen Rundungen einer Frau hatte, die Marcus gefiel – für Marcus waren die meisten Frauen einfach zu schlank -; aber dennoch gefiel ihm, was er dort sah, was seine Mundwinkel eine Nuance nach oben schickte und mit Sicherheit den ersten Eindruck prägte, den er von der Amazone hatte. Eine dicke Fliege surrte durch den Raum und klatschte immer wieder gegen die Wand, Marcus wunderte sich einen Moment, woher das Insekt zu dieser Jahreszeit kam, doch er sah nicht zu dem brummenden Insektengeräusch, sondern er verschränkte die Arme vor der Brust und taxierte weiterhin die Sklavin.
    „Ich bin Flavius Aristides, der Vetter Deines neuen Herrn!“
    , erklärte Marcus, um klare Fronten zu schaffen und nicht in eine ähnliche Situation zu geraten wie bei der Begegnung mit seiner Sklavin Asny, die ihn glatt am Anfang wohl verwechselt hatte, oder vielleicht auch nicht? Ganz war Marcus noch nicht dahinter gestiegen und sowieso verdrängte er diesen Tag lieber aus seinen Erinnerungen; da er eben ein Meister der Verdrängung und des Vergeßens war, entsann er sich aber auch nicht mehr an den Namen der Amazone.
    „Wie ist Dein Name, puella, und wo kommst Du her?“

  • Nicht vergessen und dann endlich abgeholt?


    Ich hatte immer noch Fieber und die Wunde schmerzte gewaltig obwohl wieder einige Tage in meinem Leben auf recht trostlose Weise vergingen. Ich trauerte brütend Jesper nach der schon lange auf hoher See war und es war bittere Ironie dass der Mann in die Heimat meines Vaters segelte und ich hier in der Fremde blieb. Warum hätten wir nicht beide verkauft werden können an diesen Ritter?? Die letzten Tage hatte ich mit dieser Traurigkeit verbracht und mich kaum aus meiner Zelle bewegt aber immer wenn ich aufstand schwankte der Boden und die Welt drehte sich um mich herum. Deswegen hatte ich die meiste Zeit liegend auf dem harten Lager verbracht aber ich war dieses ausharren bis man gesund war auch wirklich gewöhnt. Als sich mehrere Leute meiner Zelle näherten reagierte ich nicht denn es kam ständig vor dass jemand an meiner Tür vorbei ging. Doch als die Tür sich öffnete und ein langer Schatten in den Raum fiel richtete ich mich langsam auf meine Ellbogen auf und spähte zum Eingang. Da war ja der Schuhablecker von Brutus der an unserem Lanista hing wie die Fliegen am Kuhdung!! Verächtlich wandte ich mich ab bis ich den zweiten Mann sah. Nanu?? Wer war denn das? Es war auch seine Stimme die ich zuerst hörte und die doch recht tief war aber sonst gab es mir kaum Hinweise über die Identität meines Besuchers, doch er verriet es mir dann schnell. Ein Flavier?? War dann der Zeitpunkt heran gerückt?


    Dann war ich nur verblüfft!! Was sagte der Typ? Puella? Mädchen?? Das war ja die Höhe!! Ich war ja in meinem Leben schon mit vielen Begriffen betitelt worden. Luder und Miststück waren noch die harmlosen darunter aber mich ein Mädchen zu nennen kippte mich fast aus den Sandalen. Wie gut dass ich keine Schuhe trug. Ich quälte mich von dem harten Grund hoch und richtete mich zu meiner ganzen Grösse auf, wobei ich mich reckte und streckte und jede doch sehr weibliche Rundung zeigte die kaum ein Mädchen aufweisen würde. Sofort drehte es sich vor meinen Augen und ich spürte ein böses Kribbeln in meinen Zehen. Hoffentlich kippte ich nicht um!! »Mein Name ist Penthesilea Dominus!! Meine Mutter stammt aus dem Süden von Afrika und mein Vater aus Ägypten! Geboren wurde ich im Süden von Ägypten!!« Meine Altstimme war nun wirklich nicht von einem Mädchen und der schnurrende Timbre vermittelte keine Unschuld und Jugend, obwohl ich die zwanzig kaum überschritten hatte. Dummerweise hatte ich schon seit Tagen nicht mehr gebadet und meine Haare hingen in langen Strähnen über meine nackten Schultern und einen sonderlich guten Eindruck würde ich damit nicht schinden können, aber ich bemühte mich trotzdem.

  • Die Fliege summte um seinen Kopf herum und Marcus verscheuchte sie mit einer schnellen Gestik, wobei er die Amazone nicht aus den Augen ließ; sie schien noch vom Kampf geschwächt zu sein als sie sich mit deutlicher Mühe erhob, aber Marcus konnte noch die Verbände erkennen, die u.a. an ihrer Schulter zu sehen war und die blauen Flecken, die ihren Körper zierten; die laszive Art, mit der sich die Frau erhob, ließ seine Augenbrauen hochschnellen, doch den Augenschmaus ließ er sich natürlich nicht entgehen und verzog seinen Mund zu einem noch breitem Grinsen, herrje, hübsch anzusehen und doch eher nach seinem Geschmack war die Amazone, schon eine Ironie des Schicksals, daß sie ihren Weg in den Besitz eines Mannes gefunden hatte, der mit ihr wirklich gar nichts anzufangen wußte, zumindest, was ihre physischen Reize anging, die sie doch offenbar hatte; er ließ seine Augen an ihr hoch und runter schweifen während er ihren Worten lauschte, soso Penthesilea, Königin der Amazonen, Marcus fand den Namen drollig, aber in Anbetracht, daß sein früherer Leibsklave den Namen des Eroberers Hannibal trug, wunderte er sich nicht darüber; Afrika und Ägypten, aha! Marcus nickte zufrieden, bisher, was er gesehen und gehört hatte, gefiel ihm, selbst wenn er wußte, daß er seine eigenen Maßstäbe anlegte und sein Vetter weitaus kritischer war.


    „Du bist uns bei den Kämpfen aufgefallen, Penthesilea!“
    Herrje, welch Wunder, sie hatte schließlich dort gewonnen und das durchaus mit einer beeindruckenden Zähigkeit, die Marcus bei einer Frau nie vermutet hätte.
    „Zum einen erhälst Du noch Dein Preisgeld, Du bist ohnmächtig geworden, ehe Du es erhalten konntest. Zum Anderen überlegt mein Vetter, ob Du nicht in der villa nützlich sein könntest. Wir werden in der nächsten Zeit gewiß keine Spiele mehr abhalten und brauchen erstmal keine Gladiatorin, aber eine Leibwächterin wäre meinem Vetter sicherlich nützlich. Siehst Du Dich befähigt, solchen Aufgaben nachzugehen?“

  • Endlich konnte ich den Flavier genau anschauen da mich die Sonne von draußen nicht mehr blendete und er weiter in den Raum gekommen war. Ich brauchte nicht lange für mein Urteil, musste ihn nur ein paar Sekunden anschauen und ich sah gleich, dass er zu der Sorte gemütlicher Römer gehörte. Die Kleidung des Manns verbarg seine untersetzte Statur nicht und auch sonst wirkte er mehr aufgedunsen. Schade eigentlich, denn der Mann hätte mehr hergeben können wenn er sich nicht so gehen lassen würde. Wahrscheinlich würde er meine Musterung als unverschämt erachten aber ich wollte auch wissen mit wem ich es zu tun bekam. Klasse!! Das Preisgeld erhielt ich also doch und ich durfte es wohl behalten, was eine Neugikeit war bei der ich wie ein Honigkuchenpferd strahlte. Meine Zähne blitzten hell auf und ich war einige Sekunden richtig froh und überlegte schon was ich mit dem Geld machen könnte. Sparen? Natürlich nicht obwohl es vernünftiger wäre da ich meine Freiheit erkaufen und zu Jesper reisen könnte!! Mir würde schon etwas einfallen womit ich das Geld verbraten könnte sobald ich mal etwas Zeit dafür hatte.


    In Gedanken war ich noch ganz bei all den schimmernden und leuchtenden Münzen die ich hemmungslos unter die Menschen bringen würde und die Worte rauschten an mir vorbei bis ich das Wort Leibwächterin aufschnappte. Na toll!! Hoffentlich musste ich nicht den Bodyguard einer verwöhnten und verkorksten Tochter meines Flavier-Herrn spielen und mit der ich sogar noch einkaufen gehen musste. Lea? Steht mir das Kleid? Lea wie findest Du den Klunker? Toll ich konnte mir schöneres vorstellen statt als blöder Dackel hinter so einer Patrzier-Tocher her zu laufen die von liebestollen Römern angefallen wird. Aber es war auch meine Chance endlich dem ewigen kämpfen zu entkommen und der Todesangst zu entfliehen die ich manchmal aus zu fechten hatte wie beim letzten Kampf und der mich fast mein Leben gekostet hatte. Ich leckte mir über die trockene Unterlippe und biss grübelnd auf ihr herum. Ohnmächtig war ich natürlich auch nicht geworden denn nur zarte Mädchen wurden ohnmächtig und ich war bewusstlos geworden, aber auf die sprachliche Feinheiten wollte ich den Mann nicht hinweisen. »Ich bin als Gladiatorin ausgebildet und ich kann kämpfen also warum sollte ich nicht auch als Leibwächterin taugen?« Das war vielleicht doch zu forsch? »Dominus!« Ich liess meine Zähne aufblitzen um den schnoddrigen Tonfall zu verbergen.

  • Marcus' Augen schweiften in der Zelle herum, eine leere Pritsche, Stroh auf dem Boden, grobe Wände und ein ziemlich enger Raum war das doch hier, aber die Sklavenunterkünfte in der villa Flavia waren auch kaum beßer und es wohnten mehr Sklaven in einem Raum – der jedoch ein klein wenig größer war – dennoch war soetwas wie Privatssphäre sowohl hier als auch dort wohl nicht möglich, aber an solche Dinge dachte Marcus nicht, als er wieder zu der Amazone sah und sie noch mal eingehend musterte; ihr vorwitziger Tonfall war ihm nicht entgangen, aber er war in letzter Zeit so viel an offener und versteckter Rebellion, an Widerworten in einem einzigen Wasserfall und Zeichen sklavischer Aufsäßigkeit gewöhnt, daß ihn diese marginale Unterton gar nicht sonderlich störte. Marcus umrundete die Kämpferin mit langsamen, und leicht hinkenden Schritten und betrachtete sie wie ein Stück Ware von jeder Seite, doch, das paßte ihm, was er sah, selbst wenn es die Sklavin seines Vetters war, womöglich würde er sie ihm auch mal ausleihen, wenn er ihn darum bat. Es würde sich noch zeigen, ob die Sklavin überhaupt taugte, oder ob sie nur das Pack an rebellischen und ziemlich unnützen Sklaven in der villa bereichern würde, denen man kaum Herr werden konnte, wenn man sie nicht allesamt der Löwung übereignete; Marcus nickte marginal bei der Überlegung, war nicht auch irgendwo hier der Löwe von Serenus untergebracht worden, der mittlerweile eine stattliche Größe haben sollte?
    „Also gut, Penthesilea, dann pack' Deine Sachen, was Du halt so hast, und dann wirst Du mit in die villa kommen! Ich warte am Ausgang auf Dich!“
    , sprach er und drehte sich um, und verließ die karge Zelle wieder, sich sicheren Schrittes zu dem Tor begebend, wo auch wieder der Mann von vorher auftauchte, der ihm die Rechnungen präsentiert hatte; diesem teilte Marcus in knappen Worten mit, daß er gedachte, die Amazone mitzunehmen und wartete gegen eine Mauer gelehnt schließlich, bis die Ägypterin – Nubierin? Wie auch immer, die Amazone zu ihm stieß, mitsamt Kind und Kegel, beziehungsweise ihren Sachen.

  • Vier Jahre war die Gladiatorschule mein Heim und meine Wohnstätte, in der ich lebte, liebte, lachte, litt und kämpfte. Als ich vor vier Jahren das Tor durchquerte und mich Brutus mit seinen höhnischen Worten empfing war mir nicht klar gewesen dass mir dieser Ort ans Herz wachsen könnte und ich sogar hier glücklich wurde. Aber dem war so und ich hatte hier einige gute Freunde gefunden auf die ich mich verlassen konnte denn wir hatten teilweise Seite an Seite um unser Leben gekämpft. Außerdem hatte ich hier meinen Jesper kennen gelernt, der jetzt in weiter Fremde war und dieser Ort war mit seinem Verlassen ein Stück trostloser. Vielleicht war es gut der Schule meinen Rücken zu zeigen und einen neuen Abschnitt anzufangen? Unschlüssig sah ich dem Römer hinter her und blieb erst einmal stehen um mich zu sammeln dann griff ich nach einem groben Sack den ich unter meinem Lager verstaut hatte. Viel besaß ich nicht das ich einpacken musste aber es waren einige Dinge die mich an meine Kindheit, aber auch mein Leben als Sklavin erinnerten. Ich drehte den Anhänger aus Elfenbein zwischen meinen Fingern und legte ihn in den Sack. Er war eine letzte Erinnerung an meine Mutter und ich hielt ihn seit meiner Kindheit in Ehren. Eine Holztafel wanderte ebenso in mein Säckel wie einige Kleidungsstücke, eine Kette aus roten Korallen und einige Papierfetzen und noch ein paar andere Erinnerungsstücke. Der Sack war jedoch immer noch nicht voll und ich sah recht bedrückt auf das was Zeuge meines Lebens war. Es war nicht gerade viel!!


    » Du verlässt uns?? « Ich drehte mich um und erkannte den alten Anno wieder der mich seit meinen ersten Tagen unter seine Fittiche genommen hatte. Der alte Mann kämpfte kaum noch in der Arena und trainierte mehr die jungen Gladiatoren doch er war zur Legende geworden in seiner aktiven Zeit und mir sehr ans Herz gewachsen. »Ja!!« Anno verzog das Gesicht und kratzte sich an seinem zausigen und grauen Bart. »Erst Jesper und dann du!! Wir verlieren einige Leute in letzter Zeit.« Er musterte mich und ich wusste was er dachte, denn das zwischen mir und Jesper war unter uns ein offenes Geheimnis. Ich zuckte jedoch mit der Schulter denn ich konnte mir die Sentimentalität jetzt nicht erlauben gerade weil ich die Schule zu verlassen hatte. »Ich bin nicht aus der Welt, alter Mann, und eigentlich kaum von hier entfernt, denn der Patrizier dem ich gehöre wohnt in Rom.« Das Miesepeter-Gesicht des älteren Gladiators hatte ich erwartet denn er mochte es nicht wenn ich ihn alter Mann nannte und es behagte ihm nicht schon so viele weiße Haare in seinem Bart und Haar zu haben. Ich lächelte versöhnlich und seine eben noch missmutigen Züge glätteten sich wieder. Ich hasste Abschiede und wusste dass es bei Anno nicht anders war, darum lächelte ich nur und ging an ihm vorbei.


    Es war doch erstaunlich wie schnell es sich in der Schule herum sprach wenn einer von uns gehen musste und so sah ich immer wieder meine Mitkämpfer und – gladiatoren. Einige verabschiedeten sich von mir und manche anderen sahen mich neidisch, voll Abneigung oder apathisch an. In vier Jahren machte man sich nicht nur Freunde an diesem Ort und ich nahm es mit Stoizismus hin. Natürlich ließ es sich auch Brutus nicht nehmen sich dem Spalierlauf anzuschließen und er trat am Ende der Baracken auf mich zu. »Tust du mir einen Gefallen?« Das waren ja ganz neue Töne von dem Schinder und ich musste reichlich skeptisch ausgesehen haben, denn Brutus seufzte resigniert. Ich zuckte dann doch mit meiner Schulter und wartete was er denn von mir wollte, obwohl ich es mir schon denken konnte. »Siehst du nach ihr?«
    »Ja wenn ich kann!!«
    Mann!! Warum hatte ich das gesagt? Die Göre ging mir doch reichlich auf den Geist aber gesagt war gesagt. »Ich erwarte dass du dein Training fort setzt!!« Er konnte es nicht lassen!! Ich streckte ihm schnell die Zunge raus und lief eilig davon, wobei mir der Gedanke kam dass ich vielleicht nicht so unverschämt sein sollte. Wer wusste schon ob ich nicht bald wieder hier landen würde? Aber ich hatte ja jetzt etwas gegen Brutus in der Hand, weswegen ich fidel pfeifend zum Tor lief. Meinen Sack hatte ich mir über die Schulter geworfen und nun war ich bereit in mein neues Heim zu ziehen ... ...

  • [SIZE=4]Simoff: Tschuldigung.[/SIZE]



    Zufrieden nickte Marcus, als er die Amazone erblickte, die sich jedoch etwas zu reichlich Zeit gelassen hatte, aber Marcus wollte mal heute nicht so sein und verzog dieses Mal sein Gesicht nicht zu einer strengeren Miene; sie war ja schließlich noch Frischfleisch für die villa Flavia; er musterte kurz, was sie so alles bei sich trug und es schien ihm nicht sonderlich viel zu sein, aber hatte er etwas anderes erwartet? Nein, eigentlich nicht, so nickte er ihr zu und wandte sich ab, um durch das Tor zu schreiten, dabei erwartend, daß sie ihm folgte; und ohne Umwege und ohne Zaudern führte er sie schließlich in die villa Flavia, wo er sie erstmal an einen der Sklaven ablieferte, wenn Gracchus später nicht Zeit hatte, würde er sich die neue Sklavin in den nächsten Tagen einmal vornehmen.

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