Atrium | Der neue Verlobte kommt...

  • | Stesichoros


    Und nur wenige Augenblicke später erreichten sie das Atrium, wo Stesichoros auf eine der Sitzgruppen deutete.


    "Wenn du so freundlich wärst, hier zu warten. Ich lasse sofort nach der Herrin schicken.", sprach er dann an den Senator gewandt. Dann wandte er sich ab und gab zwei anwesenden Sklaven Anordnungen. Der eine würde Tiberia Albina benachrichtigen, der andere dafür sorgen, dass es dem Gast an nichts fehlte. Dann machte er selbst sich wieder auf den Weg zu seinem Platz an der Porta.

  • Wenn Macer in letzter Zeit in fremden Häusern zu Gast war, dann eigentlich immer entweder zu Besprechungen, zu denen man ihn ins Tablinum bat oder zu Gelagen, die im Triclinium stattfanden. Dass er einfach mal im Atrium warten musste, war ein seltenes Gefühl. Gerade so, wie seine Klienten bei ihm im Haus. Aber so hatte er wenigstens mal Zeit, das Atrium der Villa Tiberia zu betrachten, von dem er bei seinem letzten Besuch nicht viel mitbekommen hatte.

  • Und der Purgitier musste nicht allzu lange warten. Albina hatte sich direkt nach dem Frühstück zurecht machen lassen, sodass sie nur wenige Minuten nach der Ankunft ihres Verlobten das Atrium betrat. In eine prachtvolle türkisfarbene Tunika gekleidet und mit hochgesteckten Locken kam sie leicht lächelnd auf Macer zu.


    "Salve, Senator Purgitius Macer." begrüßte sie ihn doch noch recht förmlich. Auch wenn sie nun verlobt waren, waren sie sich dennoch nicht wirklich vertraut. "Willkommen in der Villa Tiberia. Es freut mich, dass du die Zeit findest, mich aufzusuchen." Wenn es etwas gab, was Albina beherrschte, so waren es Höflichkeit und Anstand. Was nicht hieß, dass sie sich dessen stets bediente. Aber wenn es angebracht war, wie in diesem Fall, so ließen ihre Manieren nichts zu wünschen übrig.


    "Wollen wir uns hier unterhalten, oder würdest du eine andere Räumlichkeit bevorzugen?" Sie empfing häufig Besuch im Atrium. Aber die Villa bot noch mehr Räumlichkeiten für solche Angelegenheiten, wie das Peristyl im Garten, das Triclinium oder auch das Tablinium. Sollte ihr Gast entscheiden, wo er sich am wohlsten fühlte und was er dem Besuch am angemessensten empfand.

  • "Salve, Albina", antwortete Macer etwas weniger förmlich, aber keineswegs völlig gelöst. Schließlich begrüßte er gerade zum ersten Mal in seinem Leben seine Verlobte. Und wenn man von den anwesenden Sklaven absah, hatte er gerade auch zum ersten Mal die Gelegenheit, sie völlig ungestört zu betrachten und mit ihr zu sprechen. So sah sie also in frisiertem Zustand aus. Keineswegs schlechter und offenbar tatsächlich so jung, wie sie mit den offenen Haaren vor zwei Tagen gewirkt hatte.


    Aber das weitere Anschauen musste er sich wohl für später aufheben und jetzt erstmal noch etwas sagen. "Und ich freue mich, dass du Zeit dafür hast, mich hier zu empfangen." Er hatte zwar keinen Ahnung, womit sie normalerweise ihre Zeit verbrachte und ob sie nicht vielleicht sowieso nichts anderes zu tun hatte, als Besuch zu empfangen oder Besuche zu machen, aber das konnte er ja heute herausfinden.


    "Ich bin häufiger in Büros, Arbeitszimmern oder Speisezimmern zu Gast, so dass mir das Atrium gerade recht ist", antwortete er dann auf ihre Frage. "Für den Garten ist es vielleicht noch etwas zu kühl um diese Jahreszeit", ergänzte er noch, da er ein solches Treffen ansonsten umgehend eben in den Garten verlegt hätte. Und bestimmte andere Räumlichkeiten kamen außerdem im derzeitigen Zustand ihrer Beziehung noch nicht in Frage.


    Mit einer Hand griff er unter seine Toga und zog einen in ein sauberes Tuch eingewickelten kleinen Gegenstand hervor. "Erlaube mir, dass ich dir zu unserem ersten Treffen in der Villa deiner Familie ein kleines Geschenk mache." Das war vielleicht ein bisschen kompliziert ausgedrückt, aber er wusste nicht, ob sie auch hier geboren worden war. Und selbst für den Fall wäre ihm wahrscheinlich keine poetischere Formulierung eingefallen. Also wickelte er einfach das besagte Geschenk aus seiner Verpackung. Es war eine kleine brozene Statue eines Schutzgeistes, wie sie in verschiedenen Formen häufig die Hausaltäre zierten. "Auch wenn wir noch nicht mehr als Verlobte sind, möchte ich dich doch unter dem Schutz guter Geister wissen." Was sicher auch pragmatische Gründe hatte, denn wenn ihm seine Verlobte jetzt kurzfristig abhanden kam, ging die ganze Suche wieder von vorne los.

  • Albina war ebenso zufrieden mit dem Atrium und deutete daher auf zwei sich gegenüberstehende Korbstühle und ging Macer dann voraus und ließ sich nieder.
    Als Macer dann meinte, dass er ein Geschenk für sie hatte, war sie leicht überrascht. Und doch auch wieder nicht. Hatte Furianus ihr nicht zu ihrem ersten Treffen einen goldenen Armreif geschenkt? Ja, doch, jetzt wo sie darüber nachdachte...


    Dennoch hatte sie das von dem Purgitier nicht erwartet. Neugierig schaute sie, was er hervorholte und lächelte dann erfreut. Wieso auch immer, war ihr Macer sehr viel sympathischer als ihr voriger Verlobter. Seine ganze Art, und das zeigte sich auch in seinem Geschenk, war sehr viel bescheidener aber dafür überlegter. Goldene Armreifen hatte Albina wahrlich genug. "Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.", lächelte sie dann und nahm die kleine Statue entgegen. Sie war wirklich schön gearbeitet und Albina mochte sie auf Anhieb.


    "Vielen Dank. Das ist wirklich ein sehr, sehr schönes Geschenk." Und was hieß eigentlich hier "noch nicht mehr als Velobte"? Das war schon einiges mehr als viele andere Leute für einander und würde letztlich in einer Ehe enden.
    Albina schwieg einen Moment und überlegte, was sie am sinnvollsten sagen konnte und vor allem wie. Sie entschied sich für direkte Offenheit.


    "Nunja, Macer - so darf ich dich doch nennen, oder? - da wir nun verlobt sind und vermutlich bald heiraten werden, muss ich doch zugeben, dass ich gerne mehr über dich wüsste." Ihre Wangen bekamen einen Hauch Röte, weil es irgendwie merkwürdig war, mit einem doch noch ziemlich fremden ein so ernstes Gespräch zu führen. "Ich meine, davon abgesehen, dass du Senator bist und anscheinend ein freundlicher Mensch, weiß ich kaum etwas von dir."

  • Macer freute sich sichtlich und war ehrlich erleichtert, dass er mit dem Geschenk richtig lag. Auch wenn es letztlich kaum entscheidend gewesen wäre, hätte es ihn schon geärgert, wenn sein Geschenk auf eher verhaltene Freude gestoßen wäre. Aber so konnte er schon wieder etwas entspannter Platz nehmen, wobei er sorgfältig darauf achtete, seine Toga nicht zu sehr in Unordnung zu bringen. Aber was auf den Sitzstufen im Senat klappte, sollte auch auf einem Korbstuhl funktionieren.


    Als Albina dann das Gespräch weiter in Gang hielt und er dabei zumindest den Eindruck hatte, dass sie leicht errötete, musste er ein wenig schmunzeln. "Es geht mir nicht viel anders. Ich kenne deinen Namen, wir haben vor zwei Tagen kurz miteinander gesprochen und ich weiß, mir wem du bisher verlobt warst. Mehr weiß ich nicht." Natürlich hatte Vitamalacus ihm vor zwei Tagen noch einiges erzählt, aber das wollte Macer nicht als zusätzlichen Punkt anführen.


    Aber da Albina schneller war mit ihrer Nachfrage, gebot es die Höflichkeit, diese Frage erst zu beantworten, bevor er selber seine Neugier stillte. "Ich bin Senator, Curator Aquarum, Kommandeur der Academia Militaris und Princeps der Factio Russata", zählte er dann einfach mal seine aktuellen Ämter und Titel auf. "Ich war mal Aedil, Kommandeur der Legio I und der Legio II und Statthalter in Germania", fügte er dann noch seine ehemaligen Aufgaben hinzu. "Ich war noch nicht verheiratet und habe keine Kinder", ergänzte er dann noch die familiäre Situation.

  • Albina hörte Macer aufmerksam zu, als dieser seine derzeitigen und ehemaligen Verpflichtungen aufzählte. Schließlich fand sie es wichtig, möglichst viel über den ihren zukünftigen Verlobten zu erfahren.


    "Das klingt nach einem viel beschäftigten Mann.", meinte Albina dann lächelnd. Sie überlegte einen Augenblick Macer zu fragen, weshalb er bisher noch nicht verheiratet gewesen war, entschied aber, dass diese Frage vielleicht doch ein wenig zu persönlich wäre für den Anfang des Gespräches. "Und, ist Germanien denn so, wie man sich erzählt? Ich habe schon einiges darüber gelesen, bin aber noch nie dort gewesen." Während sie sprach, spielte sie unbewusst mit den Fingernägeln der in ihrem Schoß gefalteten Hände.


    "Aber das kann natürlich kein Maßstab sein. Ich habe bisher kaum etwas vom Reich gesehen. Ich bin im Illyricum aufgewachsen, auf dem Landsitz meiner Eltern. Und vor einiger Zeit kam ich dann hier nach Rom, zu Vitamalacus. Seither habe ich es auch nur bis nach Mantua geschafft. Nicht annähernd so interessant, wie das, was du zu erzählen hast." Ein wenig langweilig, gestand sich Albina dann, klang das schon. Aber sie war nun einmal noch jung und hatte einfach keine Gelegenheit gehabt, bisher mehr vom Imperium zu sehen...

  • "Ja, durchaus vielbeschäftigt und nicht selten in der Stadt unterwegs", bestätigte Macer, der selten einen Arbeitstag nur in einem Gebäude verbrachte und erst recht nicht ausschließlich in seiner Casa.


    "Bei Germania kommt es drauf an, was man sich erzählt", fuhr er dann nichtssagend fort. "Die Städte sind kleiner, weniger prachtvoll als in Italia. Das Wetter ist auch schlechter. Aber mir ist es lieber etwas zu kühl als zu heiß, deswegen hat mich das damals nicht gestört. Es wächste sogar Wein in Germania und das gar nicht mal schlecht. Viele Straßen sind neu und daher gut und vor allem frei. Überhaupt ist alles viel weitläufiger und dünner besiedelt. Da bleibt dann natürlich auch viel Platz für große Wälder oder kleine Dörfer, in denen niemand Latein spricht."


    Andere Provinzen kannte Macer aber auch nicht. "Im Illyricum war ich noch nie. Wie ist es dort? Man hört wenig über die Provinz, finde ich. Nur dass der Kaiser dort eine Zeit lang eine Legion kommandierte." Das wusste Macer natürlich und er dachte zurück an diese Zeit, als es dem damaligen Caesar noch wesentlich besser ging. "Außer Germania kenne ich auch keine andere Provinz."

  • "Sind die Germanen denn so sittenstreng in der Familie und tapfer im Krieg, wie Tacitus schreibt, oder doch so barbarisch, wie sie manche gerne hinstellen?", fragte Albina dann interessiert. Sie hatte die Germania vor ein paar Jahren gelesen und war nun neugierig, ob das Bild der Germanen, wie das Werk es darstellt, denn auch nah an der Realität war.


    Als Macer Albina nach ihrer Heimat fragte, dachte sie einen Augenblick mit Sehnsucht an die Gegend, in der sie aufgewachsen war. Es kam ihr schon so lang vor, dass sie ihr Leben dort abgebrochen und hier in Rom fortgesetzt hatte. Und selbst die Zeit, die sie dort verbracht hatte, als ihr Vater im Sterben lag, hatte nichts an der Fremdheit geändert, die sie mittlerweile dort empfand. Sie war hier ein anderer Mensch geworden und ihre Heimat war nur noch eine schöne Erinnerung.


    "Das Illyricum ist eine sehr schöne Provinz und sehr vielfältigt. Es gibt dort lange und schöne Küsten, weites Flachland und hohe Berge im Hinterland. Das Wetter ist ähnlich wie dem hier in Italia, ebenso warm. Ich selbst bin in Dalmatien aufgewachsen, nahe Narona. Dort treffen Berge und Küste beinahe unmittelbar aufeinander und der Anblick, wenn sich die untergehende Sonne auf dem Meer spiegelt und die Berge in sanftes Rot taucht ist unvergleichlich. Der Landsitz meines Vaters war ein wenig abseits von Narona, aber doch nah genug um sie Stadt recht unproblematisch zu erreichen. So schön das Landleben auch ist, ein wenig Kultur braucht man dennoch. Und das Theater und die Thermen der Stadt sind zwar nichts im Vergleich zu denen Roms, aber dennoch ausreichend."


    Albina stoppte und merkte, dass sie vielleicht ein wenig zu viel geredet hatte. Was sollte sich Macer schon für das Theater von Narona interessieren, dachte sie dann und schalt sich selbst kindisch. Die Erinnerungen an Zuhause waren wohl mit ihr durchgegangen. "Entschuldige... ich glaube so genau wolltest du es garnicht wissen." meinte sie dann lächelnd und hoffte ihn nicht zu langweilen.

  • "Wenn ich es nicht hätte wissen wollen, hätte ich nicht danach gefragt", antwortete Macer und das war mehr als reine Höflichkeit. Unnütze Plaudereien um uninteressante Dinge waren nämlich noch nie seine Stärke gewesen, so dass er die meisten Fragen tatsächlich aus Interesse stellte. "Das hört sich interessant an. Ich habe ein Landgut in Oberitalien, bei Mediolanum. Das ist sicher auch schön, aber landschaftlich nicht ganz so spannend wie es sich bei dir gerade anhörte."


    Dann kam er wieder auf die Germanen zurück, über die sie gesprochen hatten. "Ob sie sittenstreng in der Familie sind, kann ich nicht sagen, denn mit germanischen Familien hatte ich wenig zu tun. Als Statthalter bekommt man fast nur amtliche Dinge zu tun." Wobei es durchaus ein lustiger Gedanke war, wenn der Statthalter zumindest gelegentlich einfach irgendwo in der Provinz bei einer beliebigen Familie zum Abendessen vorbei schaute um zu sehen, wie es denn dort eigentlich so war. "Dass sie tapfer im Krieg sind kann ich aber bestätigen. Wobei man dazu nicht unbedingt nach Germania reisen muss. Germanische Hilfstruppen sind in der Armee allgemein gerne gesehen. Aber nicht nur im Krieg sind die Germanen tapfer und zäh, auch im täglichen Leben. Ich erinnere mich noch gut an ein sehr langes und ausführliches Streitgespräch mit einer gebürtigen Germanin in der römischen Verwaltung. Sowas habe ich selbst als Aedil in Rom auf den Märkten nicht erlebt und gemeinhin nimmt man ja an, dass die Markthändler besonders verhandlungsfreudig und redselig sind." Wobei zwischen Redseligkeit und Streitlust sicher noch ein Unterschied war. Den Bruder des Kaisers hatte Macer beispielsweise durchaus schonmal redselig erlebt, aber kaum streitsüchtig.

  • Albina lächelte auf Macers Worte hin. Die Unterhaltung war irgendwie angenehmer und ungezwungener als sie erwartet hatte. "Mediolanum? Das ist noch nördlicher als Mantua, nicht wahr?"


    Sie nahm einen bereitgestellten Becher zur Hand und goss sich verdünnten Wein ein. Während der Purgitier von Germanien erzählte, nippte sie an eben jenem Wein, bevor sie ihn dann wieder abstellte und wieder sprach. "Eigentlich schade, dass man wenig mit den Einheimischen zu tun hat. Es wäre doch sicher von Vorteil Einblick in die privaten Sitten und Gebräuche zu bekommen um sie besser zu verstehen, oder?" Irgendwie wurde Albina bei den ganzen Erzählungen neugierig. Sie wollte auch noch mehr von der Welt sehen und neue Eindrücke gewinnen. Aber wer wusste schon, was alles noch kommen würde und was das Schicksal noch für sie bereit hielt.


    So langsam, dachte Albina, konnte sie sich mit dem Gespräch in tiefere und ernstere Gefilde wagen. Immerhin gab es noch einiges zu besprechen vor der Hochzeit. Sie räusperte sich kurz und fragte dann: "Da wir ja nun verlobt sind und der Hochzeit an sich nichts mehr im Wege steht... ähm...ich meine, du und Vitamalcus werden sicher alles nötige besprochen haben. Es gibt noch etwas, was ich dich fragen wollte." Da sie sich mit Vitamalcus so zerstritten hatte, hatte sie ihre Pläne mit ihm nicht wie gedacht besprochen. Und nun, da sie bald verheiratet sein würde, war es vielleicht auch nicht mehr unbedingt er, mit dem sie so etwas besprechen müsste.


    "Ich... ich habe in Erwägung gezogen mich zur Iuno-Priesterin ausbilden zu lassen. Es ist seit einiger Zeit ein Herzensbedürfnis von mir, nur habe ich das bisher noch nicht angehen können. Und nun, da wir... nunja, bald heiraten, dachte ich, ich sollte dich danach fragen, ob dir das Recht wäre." So, nun war es raus. Jetzt hoffte sie nur noch, dass Macer zustimmen würde und Verständnis für ihr Anliegen hätte. Sie kannte ihn zu wenig, um das beurteilen zu können und es gab sicher einige Männer, die nicht viel davon gehalten hätten.

  • Zur Lage von Mediolanum dachte Macer kurz nach. "Ja, nördlicher und auch westlicher. Ich glaube, mehr westlicher als nördlicher." So genau hatte er sich für die genaue Lage noch nicht interessiert, solange er wusste, wieviele Tagesreisen es bis dorthin waren.


    "Sicher wäre es nicht uninteressant, die Germanen oder andere provinzbewohner besser zu verstehen", sagte er dann. "Aber es kommen ja auch keine Germanen zu uns nach Rom in die Häuser um zu gucken, wie wir leben. Letztlich sind wir alle Einwohner des römischen Reiches und solange sie diese Herrschaft nicht anzweifeln können sie hinter ihren Haustüren machen, was sie wollen. Ich glaube, es wäre ziemlich schwierig, wenn man alle diese Leute wirklich verstehen wollte."


    Dann wechselte Albina ziemlich abrupt das Thema. Entweder schien sie an Germanen nun also doch nicht so interessiert zu sein wie sie eben vorgegeben hatte, oder andere Themen waren ihr wichtiger. Dass sie dann gleich auf die Hochzeit zu sprechen kam, überraschte Macer noch mehr. Bei ihrem letzten Zusammentreffen hatte er eher den Eindruck gehabt, sie stände dieser noch etwas skeptisch gegenüber, aber jetzt hörte sich das ganz anders an. Aber jetzt musste er sich erstmal um ihre Frage kümmern, bevor er sich darüber Gedanken machen konnte. Zum Glück für ihn passte die Frage zu dem, was er sowieso los werden wollte. "Ich denke nicht, das es etwas gibt, was dagegen spricht." Immerhin wollte sie Iuno-Priesterin werden und nicht Vestalische Jungfrau. Da hätte Macer dann naturgemäß interveniert. "Womit hast du denn bisher deine Tage verbracht?"

  • "Vielleicht tun sie das auch einfach nicht, weil wir sie nicht dazu einladen." meinte Albina dann freundlich. "Was ich meine ist nicht, ihnen vorzuschreiben, was sie hinter ihren Türen tun sollen. Sondern viel mehr, dass man im Gegenzug zu der Zivilisation und der Infrastruktur, die wir ihnen schenken, wir auch etwas von ihnen lernen könnten." Sie hoffte, dass sie Macer nicht damit verschreckte, eine eigene Meinung zu haben. Doch so schätzte sie ihn bisher nicht ein und es hätte sie durchaus überrascht, wenn es so wäre.


    Ebenso überrascht, wie er von ihrem Themenwechsel zu sein schien. Anscheinend war sie doch zu forsch vorgegangen und hätte sich doch bis zu einem passenderen Moment gedulden sollen. Doch dieses eine Thema, die Priesterschaft für Juno, war das einzige, was sie wirklich wollte. Sie hatte sich zur Hochzeit einverstanden erklärt...nunja, soweit man das sagen kann, da sie ja nicht einmal wirklich gefragt worden war. Sie stellte keine Ansprüche mehr an ihre Zukunft und begehrte nicht mehr auf. Nur dieses eine wollte sie, weil sie wusste, dass sie Juno etwas schuldete.


    Als er dann meinte, er hätte nichts dagegen, zeigte sich das erste mal ein mehr als nur höfliches Lächelnd auf ihrem Gesicht. Mit dieser Zusage hatte Macer ihr ein größeres Geschenk gemacht, als er ahnen konnte. "Ich danke dir, Macer. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr mich das freut." Sie musste ihr Lächeln schon beinahe mäßigen, damit es nicht übermäßig erschien. Die nächste Frage half ihr, sich davon abzulenken. Sie hätte nicht damit gerechnet, dass er sich für ihren Tagesablauf interessierte, aber auch das machte sie ihm nur noch gewogener. Ja, vielleicht würde sie ihn irgendwann aufrichtig mögen können.


    "Nunja, was mache ich den ganzen Tag? Das hängt davon ab, wo ich bin. In Mantua blieb für mich nicht viel zu tun, als mich selbst zu beschäftigen, was ich meistens mit Büchern tue. Hier in der Villa kümmere ich mich größten Teils um die Führung des Haushaltes. Ich beaufsichtige die Sklaven, entscheide, was es zu den Mahlzeiten gibt und ähnliche uninteressante Frauenaufgaben..." Während angesehene Männer Roms das Reich verwalteten, verwalteten die Frauen nunmal den Haushalt. "Ansonsten gehe ich auch ganz gern selbst einkaufen. Also mehr die Lebensmittel als die Einkäufe zum Vergnügen. Ich muss zugeben, dass ich in letzter Zeit meinen sozialen Verpflichtungen nicht ausreichend nachgekommen bin. In Mantua war das kaum möglich und hier habe ich es noch nicht wieder richtig in Angriff genommen." Irgendwie fiel es ihr noch immer schwer, sich vorzustellen, dass diese Dinge den Purgitier interessierten. Aber da er vorhin selbst darauf bestanden hatte, dass Dinge, nach denen er fragte, ihn interessierten, erzählte sie es ihm einfach.


    "Und womit verbringst du deine Tage so? Ich meine auch die, die nicht von deinen unzähligen Verpflichtungen eingenommen werden, gesetzt den Fall, dass es solche überhaupt gibt."

  • "Sicher sollte man von anderen Völkern lernen", stimmte Macer freimütig zu. "Unsere Armee macht das wohl schon seit hunderten Jahren. Deshalb ist sie ja so gut", ergänzte er nicht ohne ein ganz kleines bisschen Stolz, auch wenn sein Anteil daran wohl völlig unerheblich war.


    Mit seiner knappen, zustimmenden Antwort zu Albinas Plänen schien er ihr augenscheinlich eine große Freude gemacht zu haben. Er wusste zwar nicht so genau, warum, aber wenn seine zukünftige Ehefrau jedesmal so einfach glücklich zu machen war, sollte ihm das nur recht sein. Was sie danach zu ihrem Tagesablauf ausführte, erschien ihm auch äußerst brauchbar. "Langweilig vielleicht, aber nicht minder wichtig", meinte er zu ihrer Selbsteinschätzung zu Frauenaufgaben. "Es gibt sicher nicht weniger Männer, die ihre Aufgaben ebenfalls als langweilig betrachten und trotzdem sind sie wichtig. Und wenn es ums Essen geht, hat man ja immerhin Abwechslung." Und dass sie lieber Essen einkaufte als aus Spass einkaufen zu gehen, würde seinen Geldbeutel wohl auch schonen. Blieb nur zu hoffen, dass sie sich mit seiner bisherigen Küchencheffin gut verststand. Aber mit der verstanden sich bisher alle im Haus.


    Ihr bisheriger Tagesablauf schien ihm jedenfalls abgesehen von solchen Details mit dem in seiner Casa kompatibel zu sein. "Das mit den solzialen Verpflichtungen wird sich wohl schon ganz von selbst ergeben. Wenn man länger in Rom ist, bleibt das gar nicht aus. Die einen erfüllt man dann aus Pflichtgefühl und die anderen als Freizeitbeschäftigung. Da habe ich im Moment das Glück, dass mir sehr viele meiner Pflichten auch Spass machen, so dass ich meine Tage gerne damit verbringe." Womit Albinas letzte Frage dann in seinen Augen auch weitgehend beantwortet war.

  • "Ja, da hast du sicher Recht. Ich glaube meine Neugier rührt vor allem daher, dass ich gerne wüsste, ob die Dinge, die über fremde Völker geschrieben werden auch wahr sind. Und da oft Römer über diese anderen Stämme und Sitten schreiben, kann man nie wissen, wie tief deren Einblick in die wahren Umstände sind."


    Die Tatsache, dass Macer erkannte, dass auch Dinge wie Haushaltsführung von Bedeutung waren, ließ Albina innerlich schmunzeln. "So hat letztlich jeder seine Verpflichtungen.", stimmte sie Macer dann zu. Und wenn die eigene Pflicht darin bestand, einem Senator Roms gewisse Sorgen abzunehmen und sich darum zu kümmern, dass er stets zu Hause gut versorgt war, so war das sicher auch ein Dienst am Staat.


    "Das denke ich auch. Und nun, da ich ja für eine gewisse Dauer wieder in Rom sein werde, werde ich das auch in Angriff nehmen. In letzter Konsequenz schon, wegen den Einladungen zur Hochzeit. Wir sollten uns langsam überlegen, wer eingeladen werden muss, soll und kann." Albina hatte sich vorgenommen, die ganze Hochzeitsplanung so objektiv wie möglich zu gestalten. Sie dachte nicht weiter über die Folgen etc. nach sondern würde die Hochzeit sorgfältig wie jede beliebige Cena oder Veranstaltung organisieren.

  • Erneut musste Macer feststellen, dass Albina es offenbar gar nicht eilig genug haben konnte, auf die Verlobung die Hochzeit folgen zu lassen. Da hatte er sie beim letzten Mal wohl wirklich falsch eingeschätzt. Doch im Vergleich zu seiner Cousine, die manchmal arg unbeholfen und zögerlich war, war ihm das in jedem Fall lieber.


    "Nun, den ganzen Senat werden wir wohl nicht einladen können, aber ein nicht unbeträchtlicher Teil der Gäste wird wohl darauf entfallen", wagte er sich dann an die Gästeliste heran. Die Details würde er ohnehin seinem Verwalter überlassen oder eben Albina, wenn sie daran Freude hatte. Wobei er sich sicher war, dass sein Verwalter den besseren Überblick über wichtige und weniger wichtiger Personen in Rom hatte. "Nicht nur wegen meines Sitzes im Senat, sondern auch wegen deiner Verwandtschaft. Wie sieht es bei dir mit sonstiger Familie aus, die eingeladen werden sollte? Bei mir sind da außer meinem Cousin und meiner Cousine, die derzeit sowieso in meiner Casa leben, keine weiteren Personen zu berücksichtigen."


    Erst jetzt wurde ihm bei dieser Gelegenheit auch klar, dass es dann in der Casa sicher auch das eine oder andere umzuräumen gab. Nicht nur, dass seine Frau ein Zimmer oder auch mehrere brauchen würde, sondern auch ihre Sklaven würde zu den vorhandenen in die Sklavenunterkünfte ziehen müssen. Da gab es wohl noch einiges zu planen.

  • "Nunja, mein Vater lebt nicht mehr und meine Mutter wird wohl kaum mehr die Reise machen können. Es geht ihr seit dem Tod meines Vaters nicht mehr allzu gut. Meinen Bruder könnte ich einladen, aber er dient derzeit in Alexandrien und ich denke, dass auch er nur schwerlich zur Hochzeit wird kommen können."
    Sie überlegte einen Moment, ob ihr auf Anhieb noch jemand einfiel, und kam zu dem Schluss, dass es das wohl gewesen sein müsste. Die restlichen Tiberier, die kommen sollten, lebten ohnehin hier in Rom. Bis auf einen, fiel ihr dann ein...
    "Nunja, und so wie die Umstände sind, werden wir wohl auch auf Vitamalcus Anwesenheit verzichten müssen." meinte sie dann noch, wenn auch mit weniger aufrichtiger Enttäuschung. Derzeit wollte sie von ihrem Vetter ohnehin nichts wissen... Vielleicht würde sie ihm irgendwann verzeihen. Aber wenn, dann würde bis dahin noch eine geraume Zeit vergehen müssen.

  • "Bei welcher Einheit?" fragte Macer fast schon reflexartig, als er hörte, dass Albinas Bruder in Alexandria diente. Immerhin hatte er mit Terentius Cyprianus einen Klienten, der dort Kommandeur war.


    "Ansonsten sieht das ja recht überschaubar aus. Also nur die tiberischen Senatoren samt Ehefrauen, wenn ich das richtig sehe?", versicherte er sich dann noch einmal. "Dass Vitamalacus nicht mitfeiern kann, ist schade, aber das trifft wohl auf so einige aktive Kommandeure zu. Ich hätte da durchaus auch noch einige, die ich gerne einladen würde, aber bei denen es aus genau diesem Grund nicht geht. Wobei die Anreise natürlich auch noch eine Rolle spielt. Die meisten sind schon etwas weiter weg stationiert." Ob Albina über Vitamalacus' Abwesenheit nun ernsthaft enttäuscht war oder nicht, bekam Macer nicht mit, aber letztlich wäre es ihm auch egal gewesen. Er verdankte ihm seine zukünftige Ehefrau und alleine das war Grund genug, dass seine Einladung nicht zur Diskussion gestanden hätte, wenn er denn hätte kommen können.


    Zum Glück war Macer schon häufig genug bei Hochzeiten zu Gast gewesen, dass ihm jetzt halbwegs spontan ein paar weitere wichtige Details einfielen. "Wer wäre denn in unserem Fall deine Pronuba? Und wie machen wir das mit der Deductio, wenn deine Mutter nicht hier in Rom ist?" Wenn es keine lebende Mutter gab, übernahm üblicherweise die nächste weibliche Verwandte der Braut diese Rolle, aber Macer hatte bisher bei keiner der beobachteten Hochzeiten ernsthaft darüber nachgedacht oder nachgefragt, ob die Mutter vielleicht nur abwesend war, wenn ein solcher Ersatz zum Einsatz kam.

  • Albina musste einen Moment überlegen, bevor ihr der Name einfiel. "Bei der Legio I Traiana, wenn mich nichts täuscht. Ich habe leider schon viel zu lange nichts mehr von ihm gehört."


    Albina richtete sich ein wenig in ihrem Sessel auf und schob das Kissen in ihrem Rücken zurecht. "Ja, mehr werden es wohl nicht sein." bestätigte sie Macer dann. "Die Pronuba wird eine bekannte von mir sein, Herdonia Dasia. Ich kenne sie schon länger und sie ist derzeit in erster Ehe verheiratet. Und was die Deductio betrifft übernimmt die Aufgabe der Mutter bei Abwesenheit soweit ich weiß die nächste weibliche Verwandte. Das wäre dann meine Cousine Arvinia. "
    Albina war sich ziemlich sicher, dass Arvinia die Aufgabe für sie übernehmen würde. Zwar verbrachten sie weniger Zeit miteinander als Albina gern hätte, dennoch verstanden die beiden sich gut.
    "Wie sieht es denn eigentlich mit einem Termin aus? Konnten du und Quintus sich bereits einigen?" fragte sie dann als nächstes. Sie hatte nämlich bisher noch keine Ahnung, wann die Hochzeit stattfinden sollte und wie lange sie noch Zeit hatte sich an den Gedanken zu gewöhnen.

  • Macer schüttelte halb schmunzelnd und halb tadelnd den Kopf, als seine Verlobte den Namen der Einheit erwähnte, wo angeblich ihr Bruder diente. "Die Legio I steht doch nicht in Aegyptus. Gerade du solltest das doch wissen", antwortete er


    Aber weiter wollte er auf das Thema nicht eingehen. Selber wenn sie viel Zeit im Militärlager verbracht hatte, schien sie das Militär im allgemeinen schon eher zu langweilen, wie bei den meisten Frauen. Zumindest war das sein Eindruck. Dass sie sich stattdessen schon um die Pronuba und die anderen Dinge Gedanken gemacht hatte, quittierte er mit einem zustimmenden Nicken und hatte auch hier im Prinzip nichts anderes erwartet, als dass sie hier eine Antwort wusste. "Gut, dann machen wir es so."


    "Als Termin käme der Anfang des April in Frage, denke ich", schlug er dann vor. "Als Verbeugung vor unserem ehemaligen Kaiser, dem vergöttlichten Ulpius Iulianus könnten wir am ANTE DIEM VIII ID APR DCCCLIX A.U.C. (6.4.2009/106 n.Chr.) heiraten, seinem Geburtstag." Dann hätte Macer auch weniger Probleme, sich den Hochzeitstag zu merken.

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