Antrittsbesuch der Pyrtanen

  • Thimótheos drohten die Gesichtszüge zu entgleisen. Cleonymus sprach dort vorne offen von einer entmachtung des Prytaneions und einer Auflösung der Autonomie der Polis! Er merkte wie sich ein flaues Gefühl in seinem Magen breit machte und er nervös zum Gymnasiarchos schaute. Der würde hoffentlich gelassen bleiben und irgendwie alles zum Guten wenden...so wie er es bisher immer zu tun gepflegt hatte. Und diese ganze Verwicklung mit der Acta und dem Aufmarsch und allem...aiaiai der Praefectus schien ja ganz schön genervt zu sein.

  • "Ehrenwerter Eparchos, ich muss dich vielmals für den Aussetzer meines verehrten Kollegens um Verzeihung bitten.", fiel Nikolaos Cleonymus ins Wort. Das war zwar nicht besonders nett von ihm, aber eine andere Möglichkeit, den Schaden zu begrenzen, den der Kosmetes sich anzurichten gerade anschickte, schien ihm nicht in Aussicht.


    "Er klagte schon vor unserer Zusammenkunft im Tychaion über Nervenschmerzen und vernebelte Gedanken. Allerdings bestand er darauf, bei unserem Antrittsbesuch bei dir dabei zu sein.", sagte Nikolaos kaltblütig, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken oder zu erröten.


    "Ich wage zu hoffen, dass es nichts Ernstes ist. Vermutlich liegt es lediglich am Wetterumschwung, die Regenzeit schließlich nähert sich ihrem Ende. Der ehrenwerte Kosmetes ist sicher schon morgen ganz wiederhergestellt."


    Freundlich sah er den Satrapen an. Er versuchte, in dessen Gesichtszügen zu lesen. Ein übersehenes oder falsch gedeutetes Zeichen konnte ein Unheil zur Folge haben.


    "Überhaupt ist der ehrenwerte Kosmetes zwar ein sehr guter und tüchtiger Mann, in der Wahl seiner Worte jedoch zuweilen etwas ungeschickt. Daher bitte ich dich um Verzeihung, falls er dein Missfallen erregt haben sollte."


    Wieder ein prüfender Blick.


    "Ehrenwerter Kosmetes, wenn dir nicht gut ist, so kann ich nach einem Diener aus meinem Hause schicken lassen, der dich nach Hause bringt oder zu meinem Haus, wo du ausruhen könntest."

  • Cleonymus wusste wohl das Nikolaos mehr der "Totschweigen-Typ" war was unangenehme Themen anging, aber er hatte nie einen Hehl um seine Gedanken gemacht und würde jetzt nicht damit anfangen.
    Wenn das dem Gymniasarchos so passte hielt er eben den Mund, im Moment interessierte ihn ohnehin vielmehr was der Praefectzus dazu zu sagen hatte, immerhin schadete das ganze ihm genauso wie den Pyrtanen.
    Alles was Cleonymus im Moment störte war das der Praefectus genausowenig dafür verantwortlich war wie die Pyrtanen, was bedeutete das jemand anders die Infos weitergeleitet haben musste in der Absicht beide zu schädigen ... so glaubte er zumindest ...

  • Reichlich verwirrt sah Corvus von Nikolaos Kerykes zu Cleonymus. Dann schweifte sein Blick über Thimótheos Bantotakis' sichtlich erregtes Gesicht und wieder zurück zum Gymnasiarchos.


    “Das... äh... das steht doch gar nicht zur Debatte. Rom wird sich an seine Verpflichtungen halten und die Eigenständigkeit Alexandrias wahren. Wer sollte auch wollen, dass es anders wird? Niemand den ich in Rom kenne, hat die Absicht, die Autonomie dieser Stadt anzutasten.“


    Das war allerdings recht viel heiße Luft, denn besonders viele der wichtigen Männer in Rom kannte Corvus gar nicht, hatte er doch die Jahre vor seiner Zeit in Aegyptus bei der Legion in Germanien verbracht.


    “Aber ich habe den Verdacht, dass es Kräfte in der Stadt gibt, die das gedeihliche Miteinander von Römern und Alexandrinern stören wollen, ja, vielleicht sogar eine Auflösung unseres Bundes anstreben und zwar mit Gewalt. Das sind zweifellos Verrückte und verblendete Eiferer, aber ihr Tun beunruhigt mich. Verräter sind das, da gibt es keine Zweifel.
    Ihr müsst dafür sorgen, dass sie keinen Einfluss gewinnen. Sie müssen isoliert, erkannt und beseitigt werden. Ihr müsst dafür sorgen. Ihr müsst die braven Menschen dieser Stadt beruhigen und auf unsere Freundschaft einschwören. Das ist eure Aufgabe. Ihr müsst...“


    Der aufgeregte und atemlose Wortschwall endete in diesem Moment abrupt in einem Hustenanfall. Er war ganz rot im Gesicht und seine Hände zitterten.


    “...ich ...das ...euer Gejammer ist inakzeptabel! Immer wieder höre ich Klagen über die Präsenz der Legion in der Stadt. Aber wenn wir nicht wären, niemand könnte noch sicheren Fußes über die Straße gehen! Und dann muss ich erfahren, dass Spitzel der Stadtwache meine Männer ausspähen, so als wären wir Feinde und nicht Bundesgenossen. Das ist ein Vertrauensbruch! Eine üble Sache ist das!“


    Erneut musste er husten und wie er so hustend und schimpfend auf seinem etwas zu großen und ein wenig zu prächtigen Stuhl saß, wirkte er gar nicht mehr souverän und wie ein Mann, der noch Herr der Lage war.

  • "Spitzel der Stadtwache seine Männer ausspähen" ???
    Da hatte wohl jemand nicht die ganze Geschichte erzählt ... aber eigentlich hatte Cleonymus auch keine Lust sich immer wieder zu erklären, wenn ihm ja doch keiner zuhörte ... die Römer waren viel zu sehr damit beschäftigt sich gegenseitig anzulügen und auszunutzen als das sie noch in der Lage wären sachlich und logisch Probleme zu behandeln ... warum sollte er nun wieder erläutern das die Unfähigkeit und der Rassismus der Legionsführung Grund für die andauernde Unzufriedenheit waren, sollten sie es doch ruhig so weit treiben bis es zu einem Aufstand kam ...
    schade nur das es dann niemanden mehr geben würde dem er dann sagen könnte "Ich habs ja gesagt!" ....


    Letztlich runzelte Cleonymus nur die Stirn und zog eine Braue hoch, bevor man ihn nicht auffordern würde zu sprechen würde er nun auch nichts mehr sagen der Praefectus hatte sich gerade völlig anders verhalten als Cleonymus erwartet hatte ...

  • Ein Artikel in der Acta Diurna? Ein Spitzel der Stadtwache bei der Legion? Das klang ja alles sehr abenteuerlich, allerdings schienen alle davon überzeugt zu sein. Auch seine Gesichtszüge veränderten sich und sahen nun besorgt aus. Auf den Märkten war es bisher sehr friedlich gewesen, warum konnte das nicht in der ganzen Stadt erreichen? Aber was ihn am Meisten beunruhigte: Warum hatte ihm niemand etwas gesagt? Als Nikolaos dem Kosmetes dann das Wort abschnitt, wusste er aber schon wie der Hase lief...


    "Ehrenwerter Eparchos, du kannst dir sicher sein, dass wir unser möglichstes tun werden um den Frieden zu wahren. Diese Sache mit dem Spitzel höre ich das erste Mal und ich kann mir nicht vorstellen, dass dies von den Prytanen beschlossen wurde! Entschuldige, wenn ich anmaßend sein sollte, aber ist es sicher dass das kein Irrtum oder eine Fehlinformation ist? Mir erschließt sich kein Sinn darin die Legion zu bespitzeln, also scheint es mir vielleicht ebenfalls eine Aktion zu sein uns auseinander zu dividieren. Vielleicht gar vom selben, der den Artikel in die Acta Diurna gestellt hat."


    Die Vorstellung die Legion auszuspionieren erschien dem Agoranomos aberwitzig und absurd. Und wenn der Spitzel von der Stadtwache kam, wäre es wohl Cleonymus gewesen der sowas angeordnet hatte, und der hatte eben gerade wieder bewiesen, dass er ein sehr direkter Mann war, dem man sowas eigentlich nicht zutraute.



  • Nikolaos bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Hätte der Kosmetes doch nichts gesagt... . Irgendwann musste der Satrap soetwas gewiss erfahren... Aber doch nicht sofort! Nikolaos hätte die Strategie der häppchenweise vorgesetzten Wahrheit bevorzugt. Dafür jedoch war es nun zu spät. Er kam wirklich ins Schwitzen und bangte um seine Bleiweißschminkmaske. Nikolaos atmete tief durch, jedoch das so unauffällig, dass es niemand der Anwesenden, die sich - so hoffte der Gymnasiarchos- auf den Agoranomos konzentrierten, der das Wort ergriffen hatte, bemerken würde. Agathe Tyche, stehe mir bei! Er hoffte, Tyche würde sich nicht hinreißen lassen, sich in einer anderen Gestalt zu zeigen... Wenn die Sache aus dem Ruder liefe... Nikolaos fragte sich, wielange seine Dienerschaft bräuchte, sein Schiff im Hafen für eine fluchtartige Abreise aus der Stadt vorzubereiten... Cleonymus, du verfluchter Tor!, dachte er. Bloß nicht zittern, bloß nicht erröten.


    Was sollte er tun? Sollte er versuchen, beruhigend auf den Satrapen einzuwirken? Dafür, so fürchtete er, war es zu spät. Insbesondere die Spitzelaffäre schien den guten Mann sehr gegen die Polis aufgebracht zu haben. Hatten sich gar die Männer des Cleonymus erwischen lassen? Nikolaos beschloss, dass er nichts davon wissen würde, wenn es ernst würde. Sollte er ruhig sein? Aber das würde dem Satrapen vielleicht als Zeichen der Unverschämtheit sauer aufstoßen - und zuviel war schon ausgesprochen, als dass er den Rest zurückhalten konnte- Flucht nach vorne? Ausfall? Oh große Isis! Oh mächtiger Hermes, mein großer Ahnherr! Was sollte er tun? Was sollte er tun?!?! Er hoffte, er würde den Palast noch verlassen können, sollte die Angelegenheit sich ungünstig entwickeln. Hermes, großer und mächtiger und kunstreicher, hilf! gib meiner Zunge den Schlag, der den Eparchos nicht erzürnt und gib ihm die Weisheit, mich anzuhören und mir zu glauben! Ich will dir einen Weihestein stiften und dir opfern! Oh Hermes, ich opferte dir schon oft und handelte dir zu Ehren als dein Priester! Oh Hermes, ich will dir noch häufiger opfern und dir noch viel mehr Ehre bereiten! Das war ein Gelübde. Sollte der kunstreiche Götterbote ihm helfen, würde Nikolaos ein Vermögen ausgeben für Opferwerk. Noch einmal atmete er tief ein. Dann trat er einen Schritt in Richtung des Satrapen.


    "Ehrenwerter Eparchos, erlaubst du mir, einige aufrichtige und ungeschönte Worte an dich zu richten? Ich habe einen Verdacht. Ich hatte ihn bereits zuvor, doch hielt ich ihn für derart verrückt und absurd, dass ich mir nicht anmaßen wollte, ihn zu äußern, zumal er eine Beschuldigung enthält. Nun, da mir jene Dinge zu Ohren gekommen sind, scheint mir dieser Verdacht, so leid es mir tut und so schlimm er ist, naheliegend. Bitte bedenke, dass ich heftige Worte dafür gebrauchen muss. Aber, werter Eparchos, es scheint mir nun unausweichlich, da, so fürchte ich, der Frieden und die Ordnung der Provinz auf den Spiel steht. Ich bitte dich also, mir das Wort zu gewähren und mir, wenn ich gesprochen habe, nicht zu zürnen, für das, was ich dir zu sagen habe."


    Er sah den Satrapen vorsichtig an. Am liebsten hätte er den Blick gesenkt. Wusste er doch, dass es lebensgefährlich war, bei diesem mächtigen Mann in Ungnade zu fallen. Wenn alles gut liefe, wären die Prytanen (inklusive des ehemaligen Strategos) vorerst in Sicherheit. Liefe es schlecht... Nikolaos hoffte, der Ahnherr seines Geschlechtes hätte sein Flehen erhört. Nun indes konnte der Gymnasiarchos nicht mehr zurückweichen. Erlaubte ihm der Eparchos das Wort, so würde er es ergreifen müssen.

  • “Ein Verdacht?“
    Zumindest zeigte sich Neugierde im erzürnten, empörten und ziemlich roten Gesicht des Präfekten.
    Aber die Worte von Ánthimos Bantotakis hatten ihn noch nicht beruhigen können, auch wenn er ebenfalls keinen Sinn darin gesehen hatte, weshalb Spitzel der Stadtwache die Legionen ausspionieren sollten. Zumindest war er in seinem Unverständnis nicht ganz alleine, so schien es. Das war eine höchst undurchsichtige und merkwürdige Geschichte.


    “Wenn der Frieden und die Ordnung von ganz Aegyptus auf dem Spiel steht, wie du sagst, dann raus mit der Sprache! Lass uns hören, was du zu sagen hast!“


    Er machte eine ausladende Geste, nur um noch einmal zu zeigen, dass er seinen Verdacht vor ihm und den versammelten Würdenträgern äußern solle.

  • Nikolaos schwindelte. In seinen Ohren rauschte es. Jetzt gab es keine Möglichkeit mehr, halt zu machen oder umzukehren. Er räusperte sich.


    "Hochverehrter Eparchos", begann er.
    "Uns ist sehr viel an der Freundschaft zum römischen Volk gelegen, wir versuchen daher, diese mit allen Mitteln gegen alle Widerstände in der Polis zu verteidigen. Ich denke, ich kann offen zu dir sein: Wir wissen auch genau, dass ohne euren Schutz Alexandria im Chaos versänke und dass der ägyptische Pöbel nicht lange zögern würde, uns Hellenen zu zerfleischen, dass auch andere Völker von außen, die Räuber der Wüste, und viele Barbaren mehr über uns herfielen.


    Falls irgendjemand in deiner Gegenwart uns, also den hellenischen und makedonischen Einwohnern Alexandrias, unterstellt, wir würden am liebsten unser Staatswesen ohne den Schutz des göttlichen Basileus führen, so irrt oder lügt er. Nur Narren, die eigentlich ihres Bürgerrechtes nicht würdig sind, können derartiges wollen. Zumal unter unseren höchsten Würdenträgerin eine hochangesehene römische Bürgerin ist. Diese ist von der Mehrheit der Bürger in ihr Amt gewählt worden, folglich kann die Mehrheit der Bürger der Polis gar nicht dagegen sein, dass der göttliche Basileus Alexandria beschützt und beherrscht.


    Ich habe nun aber den Verdacht, dass es Kreise gibt, die versuchen, jene Narren unter den Bürgern (jene Narren, die sich Bürger schimpfen) weiter gegen die römische Schutzmacht aufzubringen. Lange wähnte ich die Schuldigen unter den Räubern von Rhakotis oder unter einigen Bürgern der Polis.


    Die Stimmen dieser wenigen, aber umso frecheren Narren wurden in letzter Zeit immer lauter.


    Dies lag nicht zuletzt daran, dass Teile der Legion des göttlichen Basileus gewisse Dinge taten, über die wir lange gesprochen haben, weshalb ich sie nicht weiter ausführen möchte.


    Ich dachte lange, diese Taten wären arglos geschehen und ungeschickter Weise.


    Als ich zu dir kam, von jenen Taten zu berichten, nötigte mich der hochverehrte Magister Officiorum, ihm zuvor den Kern meines Anliegens zu schildern anderenfalls er mich nicht zu dir gelassen hätte.


    Der Legionspräfekt Appius Terentius Cyprianus erfuhr von meinem, diesem Gang. Ich weiß nicht, ob du mit ihm darüber gesprochen hast. Falls doch, so weiß ich nicht, ob er danach diesen Brief an uns Prytanen richtete - oder zuvor.


    Im Anschluss an jenen Vorfall folgte das Manöver im Delta-Viertel. Ich bin wahrlich nicht allzu bewandert in militärischen Fragen, habe mein ganzes Wissen darüber in meiner Amtszeit als Strategos erworben, aber es ist mir schleierhaft, welchen Zweck diese Übung haben sollte. Gewöhnlicherweise pflegen Schlachten auf dem Feld ausgetragen zu werden - und nicht in Städten. Und einer Belagerung würde Alexandria, soweit ich darüber ein Urteil abgeben darf, ohnehin nicht standhalten, denn die Mauern umgeben die Stadt nicht vollständig.


    Den Narren unter den Politen, von denen ich sprach, war es jedenfalls sprichwörtliches Wasser auf den Mühlen. Auch das einfache Volk, Nichtbürger aus aller Herren Länder, wurde weiter aufgebracht.


    Hochverehrter Eparchos, als du noch das Kommando über die in Nikopolis stationierten Legionen inne hattest, gab es zwar eine Bande von Aufständischen und Räubern, die die Legion zusammen mit der Stadtwache rasch zur Strecke brachte, und den Mord am Vorsteher des Mouseions, der damit zusammenhing, und der auch rasch aufgeklärt werden konnte. Aber bis du das Kommando abgegeben hast, blieb es bei einzelnen Banden von Aufrührern. Die Gesamtheit des einfachen Volkes blieb - wenigstens einigermaßen- ruhig. Die tapferen Soldaten der Legion taten alles, das einfache Volk nicht zu sehr zu belasten, ohne freilich ihre Aufgaben zu vernachlässigen.


    Seit du das Kommando nicht mehr inne hast, stehen die Dinge anders: Es kommt zu Übergriffen von Soldaten auf Unschuldige, es kommt zu höchst zweifelhaften Aktionen.


    Lange hielt ich Unwissenheit einzelner Soldaten für den Grund, dann glaubte ich, es handle sich um Unwissenheit der hohen Offiziere und des ehrenwerten Legionspräfekten, dann glaubte ich, es handle sich um Dummheit.


    Aber es kann doch nicht ein Mann, der derart dumm ist, dass ihm versehens solche Dinge unterlaufen, zum Legionspräfekten des Heeres des göttlichen Basileus werden!


    Nun versucht jemand möglicherweise, mit diesen Gerüchten über Spitzel, über deren Wahrheitsgehalt ich nichts weiß, auf die ich aber, sowie es mir erlaubt ist, es auszusprechen, nicht viel gebe, einen Keil zwischen dich und uns zu treiben, die wir zuvor gemeinsam mit dir versuchten -natürlich jeder auf seine Weise und nach seinen Möglichkeiten- das alexandrinische Volk zu beruhigen, Aufstände zu verhindern und die Ordnung zu sichern.


    So kommt mir der schreckliche Verdacht: Es steckt keine Dummheit dahinter, sondern ein Plan:


    Wenn in der Provinz und in der Polis das Chaos ausbräche, so gehörten wir, diese Männer, diese ehrenwerte Römerin und ich, zu den ersten, die darunter litten und in Schwierigkeiten gerieten. Das steht außer Frage. Zuerst ist es eine Sache der Hellenen und Makedonier Alexandrias, und einiger römischer Bürger, die hohe Ämter in der Polis haben.


    Aber wer litte als zweites? Die Getreideversorgung Roms geriete in Schwierigkeiten. Natürlich kann die römische Legion Aufstände niederschlagen, soviel es ihren Führern beliebt. Aber wer soll das Getreide ernten? Und wo sollte Handel getrieben werden, wenn Alexandria in Schutt und Asche läge?


    Und wer würde für diese Mißstände in Rom verantwortlich gemacht werden?


    -Du. Dir würde unterstellt, deine Provinz versänke Schutt und Asche.


    Es scheint Männer zu geben, die dies wollen.


    Sollten es etwa wir Alexandriner wollen? Weshalb!?! Du hast dich als überaus großzügig und gütig erwiesen, hast Geschick bewiesen im Umgang mit dem einfachen Volk, hast uns Hellenen und Makedonen geholfen!


    Wer also sonst sollte es wollen?


    Das weiß ich nicht.


    Ich glaube aber, es gibt in der Provinz und vor allem in der Legion in hohen Ämtern Männer, die, wenn sie denn nicht selbst dahinter stecken, jenen wenigstens helfen, vermutlich um ihres eigenen Vorteils willen.


    Um es gänzlich auszusprechen: Ich vermute, Appius Terentius Cyprianus ist, wenn er nicht Kopf ist, so zumindest ein Teil einer möglichen Verschwörung.


    Ich weiß, ehrenwerter Eparchos, dass es mir eigentlich nicht zusteht, dir Ratschläge zu geben. Aber da dein Unglück auch unser Unglück wäre, bitte ich: Entsinne dich derer, die neben dir als Kandidaten für das Amt des Praefectus Aegypti in Erwogung gezogen worden sind! Prüfe, wer ihre Klienten sind und wer deren Klienten! Und prüfe jene, die dich umgeben: Prüfe, wem dein Magister Officiorum zuarbeitet außer dir! Prüfe, ob dein Klient* Quintus Fabius Vibulanus dir die Treue wirklich hält, die er dir versprach! Er nämlich war es, der jenen Vorfall provozierte... . Und prüfe, was in Nikopolis geschieht! Prüfe, welche Absichten Appius Terentius Cyprianus hat! Prüfe, wer seine Freunde in Rom sind!


    Ich hoffe, meine Worte lenken nicht deinen Zorn auf mich.


    Du hast gewiss die Macht, nun mit mir zu tun, was dir beliebt.


    Du hast auch die Macht, kurzen Prozess auch mit uns Hellenen und Makedonen zu machen, wie es dir vermutlich einige raten werden.


    Ich verlange nicht, dass du an unser Wohl denkst. Ich flehe dich nur an, an dein eigenes Wohl zu denken.


    Und ich bitte dich, das nicht erst zu tun, wenn es dafür zu spät ist.


    Ich denke, ich kann auch in dieser Angelegenheit offen zu dir sprechen:


    Wenn du mit uns, also den führenden Bürgern der Polis, kurzen >Prozess< (weswegen auch immer! Es gibt nichts, wofür man uns den Prozess machen müsste.) machst, wie es dir vielleicht gewisse Leute empfehlen, so hast du niemanden, der dafür sorgt, dass die Bürger der Polis ruhig bleiben. Du hast auch niemanden, der dafür sorgt, dass jene Narren, von denen ich sprach, nicht allzu großen Zulauf erhalten.


    Zwar brauchen wir dich noch viel mehr, als du uns brauchst, aber ganz ohne uns kommst du nicht aus.


    Auch wenn manche Männer es dir weismachen wollen: Die römische Legion kann nicht Alexandria im Falle eines Aufstandes einfach in Schutt und Asche legen. Kann sie schon, dann aber nicht ohne die Not des römischen Volkes in Kauf zu nehmen, ja gar herbeizuführen.


    Ganz gleich, wie dir meine Ratschläge gefallen werden: Ich bin mir sicher, du wirst dich ihrer entsinnen, wenn es so weit kommt, wie ich fürchte."


    Er senkte in (scheinbarer) Demut sein Haupt. Entweder der Zorn des Eparchos entlüde sich an ihm - oder nicht. Er hob den Kopf wieder.


    "Ich bin fertig mit meinen Ausführungen. Wenn du noch Fragen hast, so stelle sie."




    Sim-Off:

    *Dass er Corvus' Klient ist, hat Nikolaos SimOn in einem Gespräch mit Lucius Iunius Silanus erfahren - zu finden in Nikolaos' Wohnhausthread.



    edit: SimOff eingefügt.

  • Cleonymus war sichtlich überrascht, das ausgerechnet Nikolaos diesen ihren gemeinsamen Verdacht aussprechen würde, hätte er niemals für möglich gehalten geschweige denn damit gerechnet ...


    Doch nun da es geschehen war stand er da und sah zum Praefectus der wie er hoffte nicht einfach blind abstreiten würde sondern vielmehr zuhören und darüber nachdenken würde ...

  • Während Nikolaos Kerykes sprach wurde Germanicus Corvus immer fahler im Gesicht. Schweigend hörte er zu, doch man konnte sehen, wie sich seiner eine wachsende Unruhe bemächtigte, die ihn nervös auf seinem Stuhl hin und her rutschen ließ.
    Als der Gymnasiarchos endlich fertig war – und das dauerte, denn der redete wie ein Wasserfall – da war der Praefectus ziemlich weiß im Gesicht. Wie aus einem bösen Traum erwacht sah er Nikolaos an, und dann zu Cleonymus.


    “Das... das sind ungeheuerliche Anschuldigungen...“, stammelte er.
    “Unmöglich, dass ist u-n-m-ö-g-l-i-c-h! Terentius Cyprianus ist ein römischer Offizier! Er ist ein hoch dekorierter Offizier. Er hat sich vielfach ausgezeichnet und er hat seinen Eid auf den Kaiser geschworen. Ein römischer Offizier... das... ein römischer Offizer... niemals... ein römischer Offizier wird niemals Verrat üben! Niemals! Das ist vollkommen ausgeschlossen! AUSGESCHLOSSEN!


    Du musst dich irren. Das ist Unsinn. Keine Frage, dass muss es sein. Nein. Kein römischer Offizier würde Rom je verraten. Das geht nicht und das macht auch keinen Sinn, denn es gibt keinen Ort, wo man vor Roms Rache sicher wäre. Rom ist die Welt und die Welt ist Rom! Ein Verrat an der römischen Sache ist sinnlos! Absurd. Unmöglich. Ausgeschlossen.
    Was hätte er schon zu gewinnen? Wieso sollte er wollen, dass Aegyptus und Alexandria in Unordnung versinken? Wieso sollte er wollen, dass Rom vom aegyptischen Getreide abgeschnitten wird? Was könnte er gewinnen?
    Dein Verdacht... er ist... Nein!“

  • Nikolaos, der immer noch den Kopf ein wenig gesenkt hielt und von unten zum Satrapen aufblickte, war nicht entgangen, dass jener bleich geworden war. Hermes schien sein Flehen erhört zu haben: Kein Wutausbruch von seiten des Eparchos, kein Hinauswurf und nichts noch Schlimmeres.


    Nun bat er still die Götter, sie mochten Cleonymus' vorlautes Mundwerk daran hindern, etwas von sich zu geben. Natürlich stritt der Satrap vehement ab, was Nikolaos behauptet hatte. Natürlich stimmte er diesen - zweifelsohne sehr heftigen- Vorwürfen gegen einen seiner Offiziere nicht in Gegenwart der Prytanen zu. Das hatte Nikolaos nicht einmal gehofft.


    Aber Corvus schien dem Gymnasiarchos zugehört zu haben, und er schien über die Vorwürfe gegen den Legionspräfekten nachgedacht zu haben. Das genügte Nikolaos.


    Er hoffte, es würde kein verspäteter Wutausbruch folgen. Und er hoffte, der Statthalter würde dem Legionspräfekten nicht auf die Nase binden, dass der Gymnasiarchos ihn derart beschuldigt hatte. Nikolaos traute inzwischen Terentius Cyprianus alles zu. Er wusste, dass er seines Lebens nicht mehr sicher (beziehungsweise noch viel unsicherer als ohnehin bereits) wäre, erführe der Legionspräfekt davon. Eine gut bewaffnete Räuberbande könnte den Gymnasiarchos mitten in der Stadt überfallen, umbringen und anschließend ungehindert verschwinden... Des nachts könnten Soldaten mit dem Vorwand der Hausdurchsuchung zu ihm kommen und-


    Ihm schauderte. Er hoffte darauf, dass der Eparchos einmal häufiger seine Klugheit unter Beweis stellen würde.


    "Ehrenwerter Eparchos", sagte er leise. "Es tut mir sehr leid, dich in Aufregung gebracht zu haben. Ich wollte dir allerdings nichts verschweigen, was ich für wichtig hielt..."


    Er senkte wieder den Kopf und hoffte, der Satrap würde die Prytanen gehen lassen. Nikolaos wurde es allmählich ungemütlich. Ihm schien es, als sei der Satrap durchaus aufgewühlt. Vielleicht würde das später dazu führen, dass er die Stadt vor den Umtrieben des Legionspräfekten schützte. Nun aber hielt es der Gymnasiarchos für besser, den Satrapen allein zu lassen - vielleicht, wenn die Prytanen Glück hätten, in seinen Gedanken. Die Statue für den Statthalter müsste auf jeden Fall besonders groß und prachtvoll sein...

  • Ceonymus konte praktisch sehen wie die Statue die Nikolaos beabsichtigte zu bauen immer größer wurde während der Statthalter sprach ... allerdings war ihm das völlig egal, momentan war er damit beschäftigt sich zu überlegen wie er möglichst schnell genug Leute rekrutieren konnte die die Pyrtanen vor Übergriffen schützen würden ... sofern sie den Palast lebend verlassen würden ..

  • “In Aufregung?“


    Germanicus Corvus sah den Gymnasiarchos so an, als hätte dieser in einer für ihn vollkommen fremden Sprache zu ihm gesprochen. Er sprang auf.


    “Das... ich sollte dich für diese schrecklichen Anschuldigungen verhaften lassen! Ja, dass sollte ich. Das ist unerhört! Dein Glück, Nikolaos Kerykes, dein Glück ist es, dass ich dich selbst dazu aufgefordert habe, offen zu reden.
    Wir vergessen diese Sache, ja, dass ist das Beste für alle. Was heute hier gesagt wurde wird diese Halle niemals verlassen.
    Es ist genug. Ihr könnt gehen.“


    Der Praefectus Aegypti drehte sich unvermittelt um und starrte den alten Stuhl aus ptolemäischer Zeit an, auf dem er bis eben gesessen hatte und auf dem er immer saß, wenn er Audienzen abhielt. Er wollte nicht glauben, dass Terentius Cyprianus das Feuer in Alexandria schürte, um Rom zu schaden. Aber seit dieser Mann das Kommando über die XXII. übernommen hatte, war die Lage zweifellos schwieriger geworden. Die Spannungen in der Stadt waren fast körperlich spürbar und die Meldungen über Unruhen häuften sich. Was nun, wenn Cyprianus zwar kein Verräter an Rom war, aber ihn, Germanicus Corvus, bloß stellen wollte, weil er seinen Posten für sich wollte? Was, wenn er an seinem Stuhl sägte?

  • Cleonymus hatte genug gehört um sich vorerst nichtmehr allzu sicher zu fühlen, allerdings würde das nicht bedeuten das er nun kuschen würde ... doch was die anderen Pyrtanen anging war er sich da nicht so sicher.
    Cleonymus verbeugte sich vor dem Eparchos, auch wenn dieser ihn wahrscheinlich nicht sehen konnte und verlies dann zusammen mit den anderen die Regia ... wobei er stets darauf achtete in Nikolaos Nähe zu bleiben ...

  • Ich hatte den Verlauf der Audienz weitgehend schweigend verfolgt und war ob der harten Worte, die hier gewechselt wurden ein wenig überrascht. Überrascht vor allem auch über die heftige Reaktion des Statthalters, die ich so nicht erwartet hatte. Doch irgendetwas sagte mir, dass es viel weniger Zorn war, der hier zum Ausbruch kam, als etwas anderes, jedoch wusste ich nicht genau was es war, jedoch würde ich einige Tage später einen Hinweis darauf erhalten.


    Doch ersteinmal schloss ich mich meinen Mitprytanen an und verliess mit ihnen die Aula Regia, als wir durch den Praefecten entlassen wurden. Kurz vor dem Verlassen konnte ich mir jedoch einen kurzen Blick zurück auf die Gestalt des Germanicers nicht verkneifen und irgendwie wirkte er aus der Entfernung ein wenig schwach und ängstlich auf mich. Ich schüttelte diese Gedanken jedoch schnell ab und verliess dann mit den anderen den Palast.

  • Nicht umsonst hatte Nikolaos den Satrapen genötigt, ihn zum Reden aufzufordern... Andererseits konnte der Statthalter, auch wenn er es natürlich nie zugeben würde, dankbar sein - immerhin lag sein Verdacht zumindest aus Nikolaos eigener Sicht nicht allzu fern.


    Er deutete eine Verbeugung an, nachdem der Eparchos die Prytanen entlassen hatte. Sogleich würde er zum Heiligtum des Hermes gehen und ihm dafür danken, dass er unbeschadet wenigstens diese Audienz verlassen könnte. (Was in Kürze folgen sollte, wusste Nikolaos nicht.)


    "Ich danke dir für deine milde Nachsicht mit mir.", sagte er. Seine Stimme war brüchig und leise. Innerlich atmete er aber schon erleichtert auf.


    Rasch folgte er den anderen Prytanen, die vorausgegangen waren. Er hoffte, der Bildhauer würde ausgezeichnete Arbeit verrichten...

  • Während des ganzen Wortgefechts blieb Timos fast das Herz stehen. Er hielt stellenweise den Atem an und senkte den Blick, als der Gymnasiarchos das ebenfalls tat. Verstohlen blinzelte er dann vom Keryken zum Satrapen und erwartete das Ende des Wutausbruchs. Ein Glück, sie wurden nicht gekreuzigt. Zusammen mit den anderen verließ Timos eilig die Aula Regia und versuchte die fielen Eindrücke zu verarbeiten. Der Satrap hatte Anzeichen von Entscheidungsschwierigkeiten gezeigt und seine Zweifel an Nikolaos' Anschuldigungen schienen auch nicht so klar zu sein wie er vorgab. Mit einem nachdenklichen Schmunzeln schritt Timos die Stufen herunter, über die man die Regia verließ.

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