[Peristylium] Der Innenhof
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Primus ließ dem Claudier den Vortritt in das Peristylium. Eine Oase inmitten eines emsigen Treibens des Castellums.Einer seiner Vorgänger mit einer offensichtlichen Schwäche für römische Peristyliae hatte in en detail anlegen lassen. Viel wichtiger war jedoch, daß er nur einen Eingang besaß und genug Sicherheit vor unerwünschten Zuhörrern bot, sollte dieser Eingang bewacht sein.
Der Eingang war bewacht und so hatten die beiden Kommandeure genügend Raum um sich ungestört auszutauschen.
Eben huschte ein Sklave durch den Eingang. Er hatte einige Häppchen und eine Karaffe Vinum nebst blauen Glaspokalen an einer Sitzgruppe deponiert.
Primus bot dem Claudier mit einer Geste an ihn auf dem Rundgang zu begleiten, der die Liebe seines Vorgängers zu Roma in der Dekoration fast schon körperlich spüren ließ.
Nun, Claudius Menecrates,...hier können wir wandeln,...uns dieKöstlichkeiten meines gallischen Kochs schmecken lassen oder einfach nur über unser Manöver sprechen,...wie es dir beliebt. -
Sie gelangten von der Principia in ein ungewöhnlich ansehenswertes Peristylium. Schon lange hatte Claudius nichts derartiges mehr gesehen, genaugenommen seit er Rom verließ. Seine wachen Augen registrierten die nahezu geschlossene Anlage, denn er konnte wohl niemals seine Sinne abstellen, die jeweils die Lage prüften. Ein guter Ort, um das angefangene Thema fortzusetzen.
"… Oder gibt es Anlass zur Sorge, was deine persönliche Sicherheit angeht?" Claudius blickte seinen Gastgeber an, während er der Einladung zu einem Rundgang folgte. Möglicherweise konnte er von Terentius' Gesichtsausdruck ablesen, wie die Lage zu beurteilen war. Auf die Idee, ihm gelte die Sicherheitsvorkehrung, kam Menecrates nicht. Dafür gab es keinen Anlass, oder etwa doch? Was hatte sich zum Beispiel nach der Militärbesprechung unter vier Augen zugetragen? Es gab vieles zu erörtern und Menecrates wollte nachfragen, stoppte aber zunächst den Gedanken.
Er ließ die vorgebrachte Einladung auf sich wirken. Wandeln? Ja, das war gut. Gegen Köstlichkeiten eines gallischen Kochs war gewiss nichts einzuwenden. Und obwohl er zielgerichtet vor allem wegen der Manöverbesprechung zum Lager der ALA gereist war, klang dieser Vorschlag, als ihn der Praefectus aussprach, nur wie eine mögliche Alternative.
"Terentius, und ich hoffe, ich darf diese vertraute Anrede benutzen, ich würde gerne der Manöverbesprechung eine umfängliche Sondierung der Lage vorausgehen lassen. Und ich meine damit nicht nur die Lage in Germanien, was eventuell deine verdeckten Patrouillen Nennenswertes an Informationen erbracht haben. Ich meine damit auch, und sehr viel mehr, eine Erörterung der Lage, in der du und ich uns befinden." Der Themenwechsel lag auf der Hand, denn möglicherweise stand alles in Verbindung, und er benötigte einen Überblick.
edit: Link gesetzt und unterstrichen (schlechte Sichtverhältnisse ;))
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Primus wandelte neben dem Claudier einher und meinte,
Meine persönliche Sicherheit ist hier in Confluentes so eine Sache,...wie du sicher aus der Acta entnommen hast, habe ich seinerzeit die Administratio im Sturm genommen und die Saubande in das Exil getrieben. Er mußte ein wenig grinsen. Die Acta hatte die Sacher seinerzeit reichlich aufgebauscht.
Die Wahrheit jedoch ist, wie so oft im Leben weniger spektakulär,...ich betrat die Regia mit ein paar Männern um die Administratio zu konfrontieren,...mit den Mißständen in der Civitas,...angefangen von nicht vorhandenen Vigiles über eine recht hohe Kriminalität bis hin zu Korruption und Vetternwirtschaft.
Er rieb sich das Kinn.
Die hohen Herrebn nutzten alle möglichen Löcher zur Flucht und ich übernahm einstweilen, bis der LAPP einen komissarischen Adminstrator stellte die Polizeigewalt.
Er sah den Claudier an. Ich sandte Boten aus, besetzte vakante Vigilesposten mit meinen Leuten und machte Jagd auf die Flüchtenden.
Ein Sonnenstrahl durchbrach die Wolkendecke und hüllte den Ort in gleißendes Licht.
Die Männer hatten Macht und Geld,...die Macht nahm ich ihnen,...mit dem Geld dingten sie Meuchler,...deshalb meine Vorsicht.
Sein Blick fiel auf Brigio, dessen breiter Rücken einen Großteil des Ausgangs zustellte. Er wußte, daß er auf ihn und seine Männer zählen konnte.
Als der Claudier die Lage ansprach sah Primus ihn an und entgegnete,
Selbstverständlich, es ist mir eine Ehre und zugleich ein Zeichen von Vertrauen,...Claudius,...
Er nickt ihm zu.
...in welcher Lage befinden wir uns denn?
Er lächelte den Legaten an.
Ich persönlich fühle mich wie weiland Cäsar in Alexandria,...eingeschlossen,...alles gegen sich...nur wenige Männer gegen ein ganzes Volk... -
Brigio und eine Handvoll ausgesuchter Männer begleiteten den Praefectus und den Legaten ins Peristylium und postierten sich dezent im Hintergrund...
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Die Hände hinter dem Rücken zusammengelegt schlenderte Menecrates mit dem Praefectus durch das Peristylium. Für die schön gestaltete Anlage besaß er momentan kein Auge, denn er folgte den Ausführungen des Gastgebers. Von dem geschilderten Vorfall hatte er gehört, aber eine Berichterstattung konnte keinen Augenzeugenbericht ersetzen.
"Ich verstehe", erwiderte er, als die Sprache auf Meuchler kam. Er hätte nicht geahnt, dass Germanien so viel Ähnlichkeit mit Rom besaß. Doch was hatte es sonst geglaubt? Dass hier alles primitiv, weil barbarisch zuging? Nein, er hatte längst erkannt, dass Macht und Einfluss hier nicht weniger zählten. Vielleicht stellte diese Provinz sogar noch ein größeres Sammelbecken für habgierige Auswüchse dar, weil Rom fern war und die Kontrolle fehlte.
"Jene entmachteten Männer, sind sie noch immer untergetaucht oder in dieser oder einer benachbarten Region wieder in einflussreiche Positionen gekommen?"Ein Lächeln drückte mehr als nur die Freude über die Annahme des vertraulicheren Umgangs aus. Menecrates zeigte sich den Göttern zutiefst dankbar darüber, hier in Germania auf einen Mann wie Terentius gestoßen zu sein.
"Tja, in welcher Lage befinden wir uns? Wie weiland Cäsar in Alexandria? Ein beunruhigender Gedanke." Er ließ sich von dem Gedanken kurz gefangennehmen, dann schüttelte er ihn ab."Ich gebe zu, ich richte ebenso viel Augenmerk auf die römische Führung dieser Provinz wie auf dessen Völker - seien sie friedlich oder auch unruhig. Begehe ich da einen Fehler, Terentius?"
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Primus blieb stehen und entgegnete,
Die Männer sind bis auf 3 gefasst worden. Bisher wurden 4 Attentate auf mich vereitelt,... Er sah den Claudier an und fuhr fort.
Leider hat keiner der Attentäter weder das Attentat noch die Gefangennahme überlebt,...wie lautet noch einmal die erste Regel für Attentate...?!
Er lächelte kalt.
...töte den Attentäter, damit keine Spur zum Auftraggeber führt. Entweder hatten sich die Kerle derart heftig verteidigt, daß man sie erschlagen musste oder sie nahmen sich das Leben.
Was die 5 Ex-Politiker angeht, so sitzen sie noch im Kerker der Regia ein und warten auf ihren Prozess.
Er rieb sich das Kinn,...die anderen drei sollen sich nach Africa oder Asia minor abgesetzt haben.
Als der Claudier auf seine Fazit zu sprechen kam nickte Primus bestätigend.
Die Völker diesseits des Rhenus sind assimiliert und leben mit den Vorzügen einer zivilisierten Welt. Die Völker jenseits des Rhenus sind sich uneins, weil sie einerseits Handel und somit Wohlstand anstreben, andererseits ihre Freiheit behalten wollen,...eine Freiheit, welche von Clanchefs definiert wird,...wenn du so willst haben wir dort drüben 20 kleine Cäsaren, welche über ihre Dörfer wachen.
Ein leises Lächeln umspielte seine Züge.
Laß uns beten, daß sie keinen Anlass finden sich gegen uns zu verbünden,...noch gibt es den nicht,...und ich bin der Meinung, die Stämme haben sich seit jeher bekämpft und gegenseitig unterjocht,...Rom sollte sich da heraushalten oder tabula rasa machen,...einem Stamm zu helfen bedeutet 19 gegen sich aufzubringen,...einem Stamm nicht zu helfen bedeutet ein lokalen Konflikt zu erleben und zu überleben,...alles andere wäre Selbstmord.
Er hoffte, daß die römische Führung in Mogontiacum das genauso sah. -
"Vier Attentate", wiederholte Menecrates und aus seiner Stimmlage war die Überraschung zu hören. Er merkte, wie einseitig seine Erfahrung war. Geprägt durch Mantua und die jahrelangen Friedenszeiten bewegten in der Prima bestenfalls Kommandowechsel die Gemüter.
"Die Theorie sieht eben doch anders als die Praxis aus", gab er zu, denn selbstverständlich ging sein Horizont auch schon in jungen Jahren über die Prima hinaus. Er blickte natürlich in andere Provinzen, zu anderen Einheiten, nahm Bewegungen, Feldzüge und Schlachten war. Doch erleben konnte er andere Bedingungen erst jetzt in erfahrenem Alter. Vielleicht auch ein Vorteil: Er agierte besonnener als früher. Und Besonnenheit und Weitblick schienen ihm nirgends sinnvoller angebracht als hier in Germanien.
Er lauschte weiter dem Bericht und warf nur ab und zu einen Blick auf imposante Gewächse oder eine formschöne Wendung innerhalb der Anlage. Als die Sprache auf die Ex-Politiker kam, machte er einen Einwurf. "Immerhin, sie sitzen im Kerker und sie erwartet ein Prozess. Um ehrlich zu sein, habe ich nicht einmal das erwartet. Bisher ist mein Eindruck diesbezüglich eher schlecht. Ich sehe hier viel Willkür anstelle von römischer Ordnung." Er hob die Hände. "Es mag auch an der Führung dieser Provinz liegen, ich will das nicht ausschließen. Immerhin fehlt mir jede Vergleichsmöglichkeit."Dann kamen sie aber auf die aktuelle Lage zu sprechen. "20 kleine Cäsaren? Ich bin bislang nicht davon ausgegangen, dass die Stammesfürsten ebensolches strategisches Geschick besitzen, zumindest nicht in dem Maße wie einst Caesar. Der Gedanke drängt sich auf und vermutlich hast du es anders gemeint. Ein Bündnis hingegen, jaha, DAS würde ich, wie du, sehr fürchten. Nicht, weil ich Zweifel an unseren Siegchancen hätte, sondern aus Sorge um das Leben meiner Männer. Verlustfrei verlief in Germania noch nie ein Kriegszug. Wir sollten nicht nur Beten, wir sollten Opfern, noch bevor wir unser Manöver starten. Für den Zeitraum des Manövers hätte ich übrigens in Rom einen Haruspex befragt. Wie hältst du es damit hier?"
Und weil sie einmal beim Thema waren, wollte Menecrates nochmals Terentius Standpunkt erörtern. Bei der Militärbesprechung hinterließ der Praefectus auf ihn einen recht kämpferischen Eindruck. Menecrates hingegen mahnte zu sehr viel mehr Zurückhaltung als der Statthalter zu üben bereit war.
"Terentius, ich gehe absolut konform mit dir, wenn du sagt, Rom solle sich aus Konflikten zwischen den Germanen heraushalten. Du weißt, ich halte selbst die Vermessungsaktion für zu übergriffig. Du siehst mich allerdings auch überrascht, denn ich habe bislang angenommen, dass du auf alle Fälle handelnd eingreifen würdest - entweder mit einem Präventivschlag oder einer Evakuierung." Menecrates blieb stehen und blickte den Terentier an. "Verstehe mich nicht falsch, es ist nicht Mutlosigkeit, die mich zu Zurückhaltung mahnt, sondern mein Sachverstand - basierend allerdings auf sehr viel Theorie. Du bist der Praktiker, ich in Germanien immer noch mehr der Theoretiker. Welche Meinung vertrittst du heute - jetzt in diesem Augenblick? Und was genau meinst du mit tabula rasa machen? Den Präventivschlag? In welchem Ausmaß? In welche Richtung?" -
Primus verzog das Gesicht zu einem fast schon wölfischem Grinsen. Es war eine entstellende Mimik, welche sein sonst markantes Gesicht mit einem grausamen Zug versah.
Es wäre etwas völlig neues wenn sich ein Statthalter Romas nicht in seiner Provinz sanieren wollte...und die vier sind eher kleine Zubringer, niedere Beamte die Dokumente gefälscht haben um gewisse Transaktionen mit dem Signum der Glaubwürdigkeit zu versehen,...sie werden sang und klanglos verschwinden ohne jemals ein Gericht gesehen zu haben.Töte den Attentäter und alle Mitwisser...
Er hob die Hände nach des Claudiers strategischer Bewertung.
Du hast Recht, ich meinte dabei lediglich ihren unbedingten Machtanspruch,...sie wären größtenteils bereit ihre Sippe zu opfern um mehr Macht zu erlangen. Er lächelte,
...oh ja,...Claudius, es gibt in der Tat einige Vergleiche mit den Zuständen in Roma,...immer geht es um Macht,...Reichtum...mal agieren die Pratagonisten geschickt, ein anderes Mal fallen sie ihrer eigenen Habgier zum Opfer...und immer gibt es jemanden der vom Fall des jeweils anderen profitiert. Ein stetes Belauern,...beängstigend.Die Fragen des Claudiers,...
Im Grunde leben wir hier an der Pforte...hinter der Pforte und dem Limes leben unzählige Menschen, mehr oder weniger gewillt sich den Errungenschaften unserer Zivilisation zu öffnen. Die meisten treibt die Aussicht nach einem Leben in Wohlstand,...ein Wohlstand, der sich mit der Kleinbauerei kaum erwerben lässt.
Sie kamen an den Tisch und Primus goß dem Claudier einen verdünnten Vinum in einen blauen Glaskelch mit wunderbaren Verziehrungen.
Mit einem leichten Nicken reichte er dem Legaten das Gefäß, welches den Gegenwert für 10 Jahre harter Bauersarbeit darstellte.
Eines dürfen wir nicht vergessen Claudius,...
Er wies in Richtung des Rhenus.
...wir haben keine Ahnung was sich hinter dieser Grenze befindet, wir können nur mutmaßen wieviel sich in den gigantischen Wäldern tummelt. Wir haben Erfahrungen gesammelt, Geiseln genommen, Bündnisse geschlossen...Tagespolitik.
Ein zweiter Kelch wurde befüllt.
Primus hob ihn und stieß leicht gegen den des Claudiers. Ein heller Ton erklang und verflog zugleich.
Ich bin der Meinung wir sollten uns entweder aus allem heraushalten oder ...pacta sunt...unseren Verbündeten helfen...evakuieren und dann tabula rasa,...das bedeutet jede Bedrohung durch exemplarische Bestrafung eliminieren.
Er trank, angewidert durch seine eigenen Worte einen Schluck des köstlichen Getränks. Darufhin sah er den Claudier an.
In solch einem Fall muss ein Exempel statuiert werden...ein Exempel welches sich herumspricht und jedes Volk Abstand davon nehmen lässt jemals Rom oder seine Verbündeten anzugreifen.
Beute, Sklaven oder Landgewinn ist sekundär. Hier zählt dann nur noch blanke Angst vor dem blutigen Arm der Legionen.
Er nickte leicht.
Müssen die Weissagungen der Haruspizes nicht durch den Senat bestätigt werden?...wenn sich der LAPP entschließt jenseits des Rhenus aktiv zu werdenkönnen wir unsere besherigen Kampftechniken vergessen. Im Wald herrschen andere Gesetze,...es gibt fast nur Hohlwege und Trampelpfade...wir müssen umdenken,...die Männer drillen in kleineren Verbänden und notfalls auch alleine zu kämpfen,...wir müssen die Ausrüstung überarbeiten,vor allem die Panzer und das Schuhwerk...Claudius,...was wir hier brauchen ist keine Eingeweidebeschau sondern die Vorbereitung auf den härtesten Einsatz deines Lebens.
Sie mögen Barbaren sein, uneinig...jedoch wehe sie werden sich wieder einig,...sie kennen das Land,...und deshalb ist eine Kartographierung nicht so falsch,...nur ich würde sie nicht militärisch sondern zivil,...heimlich machen...warum schlafende Hunde wecken? -
"Genau", bekräftigte Menecrates, als Terentius mutmaßte, dass die kleinen Zubringer nie ein Gericht sehen werden. "So in etwa habe ich mir das vorgestellt.
Und dein pauschales Urteil über die Statthalter aus Rom deutet auf einschlägige Erfahrungen hin, hm? Beim aktuellen Statthalter würde ich dieses Urteil unterschreiben, aber grundsätzlich neige ich wohl zunächst zu Gutgläubigkeit und Vertrauen - Römern gegenüber versteht sich." Menecrates schmunzelte über sich selbst. Sehr viel Schlechtes war ihm bisher nicht widerfahren und er schloss auch von sich auf andere, aber er wusste, negative Erfahrungen prägten, so viel stand fest. Eine andere Sachen waren diese Germanenfürsten. Auch ohne eigene Erfahrungen glaubte er Terentius sofort, dass diese selbst ihre Sippe für Macht, Einfluss und Reichtum verraten würden. Schon möglich, dass Menecrates an dieser Stelle Vorurteile pflegte.Das informative Gespräch wurde durch eine Erfrischung abgerundet. Menecrates ergriff den angebotenen Kelch und dankte seinerseits mit einem Nicken. Während Terentius sich selbst einschenkte, berichtete er weiter über das tägliche Brot eines Kommandeurs in dieser Region. Das Anstoßen geschah eher nebenbei, weil Menecrates lauschte. Dann setzte er den kostbaren Kelch an die Lippen und ließ einen Schluck Vinum in den Mund rinnen.
Der mundige Geschmack traf auf eine von Terentius genannte Alternative, die Menecrates gefiel. Er schluckte und nickte zugleich. "Wir sollten uns raushalten, Terentius. Rom ist nicht bedroht von den zeitweisen Zwistigkeiten der Germanen untereinander. Im Gegenteil: Haben wir nicht immer genau davon profitiert? Wir sollten uns jede Mühe geben, diese Zwistigkeiten nicht abzuschaffen. Sind die Germanen mit sich beschäftigt, ist ihre Aufmerksam von Rom, von uns abgelenkt. Wir können in relativer Ruhe diese Provinz verwalten und aus ihr Nutzen ziehen." Er trank ebenfalls noch einen Schluck und hob den Kelch anschließend an. "Ein guter Tropfen für hiesige Verhältnisse."
Die aufgekommene Frage ließ Menecrates kurz nachdenken, dann nickte er. "Sicher, normalerweise holt ein Magistrat diese Auskünfte ein. Ich vertraue allerdings auch privat gern auf das Urteil geschulter Männer, denn ich traue mir nicht zu, immer zweifelsfrei den Willen der Götter deuten zu können. Sicher, bei einer Leberschau… Das ist jedoch das Mindeste, was ich einholen möchte." Er hatte die Erwiderung Terentius’ so verstanden, dass es hier kaum eine Alternative gab, und er wunderte sich nicht einmal darüber. Schon der nächste Gesprächspunkt nahm ihn wieder voll gefangen.
"Terentius, ich sage es offen und ehrlich, ich habe massive Probleme, sollte der LAPP tatsächlich hinter dem Limes aktiv werden. Um es klar auszudrücken: Ich halte das für Kriegstreiberei. Ganz gewiss gerate ich in Gewissenskonflikte, sollte ein Befehl dahingehend ergehen. Zur Verteidigung der befriedeten Provinz Germania bin ich jederzeit bereit, aber bei einem Egotrip des Annaeers? Und nichts anderes ist der Vorstoß in unprovinzialisiertes Gebiet - ein Egotrip." Menecrates trank gleich mehrere Schlucke hintereinander.
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Primus griff nach einem Stück Brot und meinte,
Nun, es ist kein Geheimnis, daß sich Statthalter an der Provinz gesundstoßen,...
Er biss ein Stück ab und kaute es kurz durch. Sein Blick auf den Claudier geheftet.
...wobei ich keinerlei Erfahrungen dieser Art mit den Viniciern gemacht habe...was den Annaer angeht, so bin ich mir nicht sicher,...jedoch bin ich weder in der Position noch in der Lage mir über sein Finanzgebahren ernsthaft Gedanken zu machen.
Ein kleiner Schluck des Vinum explodierte auf seinem Mund, nachdem das Brot alle störenden Geschmäcker aus seinem Rachen geputzt hatte.
...hmh...wächst hier an der Mosella,...nicht übel in der Tat.
Nach des Claudiers Sicht der Dinge und einer erneuten Füllung des kostbaren Pokals entgegnete Primus,
Ich teile deine Ansicht und bin geneigt dir zuzustimmen Claudius,...jedoch ist der LAPP Stellvertreter des Imperators in dieser Provinz und somit dein und mein Vorgesetzter.
Sein Blick drückte seine Betroffenheit nur annähernd aus.
Eine Weigerung seinen Befehlen Folge zu leisten kommt einer Meuterei gleich...und ich brauche dir nicht zu sagen was der LAPP dir am liebsten anhängen würde?
Leicht schüttelte er seinen Kopf.
Ich fürchte, auch ob euers gegenseitigen Verhältnisses ist es genau das was er erreichen möchte,...dich in eine Position zu bringen die ihn in die Lage versetzt seinen Willen über den deinen zu stellen,...dir bleibt nur zu folgen oder um deine Ablösung zu bitten... Die Charaden bei der Militärbesprechung waren ihm noch allzu gegenwärtig.
Mein Vorschlag lautet, laß deine Verbindungen nach Roma spielen und stelle fest ob es seitens des Senats irgendwelche Beschlüsse für eine Okkupation gibt,...wir beide können einstweilen nichts anderes tun als uns vorzubereiten, Strategien zu entwickeln um mit möglichst vielen Männern heil aus der Sache wieder heraus zu kommen. Er legte dem Claudier eine Hand auf die Schulter.
Jedwede Opposition deinerseits wird sicherlich erwartet und Gegenmaßnahmen entsprechend geplant,...solange keine Klarheit über die Sachlage herrscht schadest du dir mit Zögern und Vorbehalten, seien sie moralisch auch angemessen, nur selbst. -
Auch Menecrates griff nach einem Stück Brot, brach sich Häppchen davon ab und kaute sie bedächtig, während er dem Praefectus zuhörte. Es freute ihn zu hören, dass Terentius seinen Ansichten zustimmte. Und der Hinweis auf die Befehlsgewalt des Annaeers über sie beide war ein unumstößlicher Fakt.
"Ja, er ist der Stellvertreter des Imperators hier in Germania, aber…" Menecrates betrachtete Terentius, während er überlegte. Seine Ansichten und Einstellungen gänzlich aufzudecken, barg ein Risiko. Er glaubte aber, den Terentier inzwischen einschätzen zu können und vertraute ihm. Doch bevor er etwas erwidern konnte, sprach der Praefectus weiter. Frage und Feststellung - beides steckte in der Bemerkung, ob Menecrates wüsste, was der LAPP ihm am liebsten anhängen würde. Genaugenommen wusste er das nicht."Ich spüre jede Menge Feindschaft", antwortete er. "Und er provoziert mich. Bislang konnte ich seinen Hieben ausweichen, ohne selbst das Gesicht zu verlieren, aber es kostet unnötige Energie." Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und hörte Worte, die von seinem Vater hätten stammen können. Menecrates nickte zu den Worten, weil sie besonnen klangen, taktisch klug in Bezug auf den LAPP agieren ging freilich, nur verbiegen konnte er sich nicht. Und nein, das würde er auch nicht wollen. "Hab Dank für deinen Rat zur Vorsicht." Er drückte nun seinerseits die Schulter den anderen, um die Worte zu unterstützen.
Einer kurzen Gedankenpause, in der ein Bissen Brot den Weg in den Mund fand, folgte ein Bericht.
"Ich habe längst in Rom nachgefragt. Zwei Senatoren haben mir unabhängig voneinander versichert, dass weder der Senat noch der Kaiser oder sein Stellvertreter, der PU, eine Ausweitung der germanischen Provinz anstreben. Einer der beiden Senatoren hat sogar Salinator persönlich darauf angesprochen. Verdeckt, er hat weder Zusammenhang noch meinen Namen genannt. Die Aussage war klar: Es ist keine Verlegung des Limes geplant. Und auch wenn ich dem Auftreten und Streben Salinators mehr als skeptisch gegenüberstehe, in dieser Sache glaube ich ihm. Modestus‘ Vorstoß ist somit ein Egotrip." Menecrates stellte den Weinkelch ab und blickte Terentius an."Und da ist noch was. Ich habe bisher darüber noch mit niemandem gesprochen." Er atmete einmal durch. "Lass uns noch eine Runde laufen, dabei spricht es sich leichter."
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Irgendwie war ihm klar, daß der Claudier bereits Fakten hatte. Sein Bericht über seine und die Erkenntnisse der beiden befreundeten Senatoren waren ein Indiz, jedoch stärkten sie nicht gerade Primus´Zuversicht.
Plötzlich durchfuhr es ihn wie ein Blitz.
Der Praetorianer! Hatte Appius ihn gesandt um der Sache auf den Grund zu gehen? Er entschloß sich zunächst nichts von diesem zu erzählen, denn schließlich hatte er ihn um Diskretion gebeten,...
Während sie sich wieder auf ihren endlosen Rundgang begaben dachte Primus über seine und die Situation des Claudiers nach.
Er wollte ihm zunächst Gelegenheit geben ihn über einen weiteren Sachverhalt aufzuklären. -
"Es liegt viele Monate zurück", begann Menecrates, nachdem sie den Rundgang erneut aufgenommen hatten. "Genaugenommen stand ich mitten im Wahlkampf zu meiner Kandidatur als Aedilis Curulis, als mich eine Einladung von Senator Tiberius Durus erreichte. Er lud zu einer Cena und ich kam der Einladung nach. Die Zusammensetzung der Gäste war der erste Punkt, der mich damals verwunderte. Es handelte sich nicht um ein Treffen von Männern desselben Standes, auch nicht desselben Wirkungsbereichs wie der Religion oder dem Senat und genauso wenig um ein Treffen unter Freunden, denn die geladenen Gäste gehören allesamt nicht zu meinem Freundeskreis. Unter ihnen: Kaeso Annaeus Modestus, der mich bereits im Wahlkampf angegriffen hatte. Ich persönlich fand die Mischung der Gäste merkwürdig, außerdem lag die letzte Einladung im Hause Tiberia Jahre zurück." Menecrates versuchte, sich in die damalige Situation zurückzuversetzen. Er wusste nicht, ob sich auch die anderen Gäste über den Anlass der Einladung Gedanken machten, er zumindest tat es - damals.
"Das Gespräch drehte sich zunächst um die Neubesetzung des vakanten Platzes in den Reihen der Pontifices, und als ich schon annahm, ich wäre hier als möglicher Kandidat, schwenkte das Thema um. Marcus Vinicius Lucianus, ein ehemaliger Consul, leitete die Wendung ein. Es ging um den Praefctus Urbi und empfundene Handlungseinschränkungen des Senats. Dem widersprach Purgitius Macer, und zwar deutlich. Menecrates ging davon aus, dass die Namen Terentius allesamt etwas sagten. "Ab diesem Zeitpunkt wurde die Gesprächsrunde interessant, denn auch der Gastgeber hieb in dieselbe Kerbe wie Vinicius. Es ging darum, dass sich Salinator in die Wahlen einmischte. Er fand das höchst bedenklich und seine Stimme klang schon zu Beginn scharf. Ein Thema, das ihn offensichtlich berührte. Umso mehr, als Purgitius Macer auch im weiteren Gesprächsverlauf stets eine Gegenposition einnahm. Es gab ein Wortgefecht, bei dem auf der einen Seite Purgitius stand und auf der anderen Tiberius und Vinicius. Alle anderen Gäste hielten sich heraus, und staunten, wie mir schien. Zumindest staunte ich über die Vehemenz der vorgebrachten Vorwürfe." Um Terentius die Möglichkeit des kurzen Durchdenkens zu geben, hielt Menecrates inne, bevor er fortfuhr.
"Der Kritik an Salinator konnte ich durchaus folgen. Zu diesem Zeitpunkt verstand ich Macers Position nicht, aber dann nahm das Gespräch eine weitere Wendung: Unser Kaiser kam ins Gespräch." Wieder entstand eine kurze Pause. "Auch gegen ihn bezog Vinicius Position bzw. übte Kritik, Kritik z. B. bei der Wahl seines Stellvertreters. Das Gespräch gewann ebenso schnell an Schärfe wie es plötzlich beendet schien. Doch bevor das Thema gänzlich abebben konnte, griff Flavius Gracchus den Faden wieder auf und stellte die Möglichkeit in den Raum, unser Imperator könne entschieden haben, Rom auch ohne senatorischen Rückhalt zu regieren." Menecrates warf einen Blick auf Terentius, um zu erkunden, wie er zu dieser Spekulation stand.
"Und kurz darauf wusste ich, warum ich überhaupt zur Runde geladen war. Macer und ich stellten die einzigen dar, die Valerianus persönlich kannten. Ich denke also, ich war nur ein Informant. Um es kurz zu machen: Wir wurden beide nach unserer Einschätzung befragt, ob die Politik Salinators im Einvernehmen mit Valerianus vonstattengehen könnte.
Macer schilderte Valerianus als überzeugenden Feldherren, der aber vielleicht dem Senat misstraut. Dann richteten sich scheinbar alle Augen auf mich. Und du kannst dir denken, ich habe mich keineswegs wohl gefühlt in dieser Runde teils unbeschriebener Blätter, teils aus hochdotierten Männern, zu denen ich aber kaum eine Beziehung besaß, und mindestens einem unter ihnen, dem ich sogar offen misstraute: Modestus. Natürlich kenne ich Valerianus persönlich, ich war sein Berater, wenn auch vor langer Zeit. Ich habe schließlich knapp geantwortet, was ich denke. Ich glaube, Salinators Politik ist nicht die Valerianus‘. Und natürlich kam dann die Frage auf, warum er Salinator gewähren lässt.
Irgendwie hinterließ das Gespräch bei mir einen hochgradig unangenehmen Nachgeschmack. Tiberius‘ Resümee mochte dazu beigetragen haben. Er hielt beide Möglichkeiten für… Wie hatte er sich ausgedrückt? Bedenklich? Beunruhigend?Doch Valerianus ist von Herzen gut, eher zu gut, zu weich und zu leicht beeinflussbar als respektlos gegenüber dem Senat. Deswegen habe ich das Gespräch noch einmal aufgenommen, nachdem es Tiberius schon beendet hatte. Ich habe die Notwendigkeit vorgebracht, Vertrauensarbeit, Vertrauensaufbau zu leisten.
Meine Worte sind jedoch größtenteils verhallt, das Schlusswort von Tuberius lautete: dass unser Imperator kein Interesse an den Senatoren hat."Einem Durchatmen folgte der Abschlusssatz: "Plötzlich kam die Rede auf ein Buch, das Essen wurde abgeräumt und kurz darauf wurden Macer und ich verabschiedet. Ja, du hörst richtig, nur wir zwei. Zunächst dachte ich, die Cena sei allgemein aufgehoben, aber weil ich den Fußmarsch bevorzuge, fiel mir auf, dass uns beiden keiner der anderen Gäste folgte. Keine Aufbruchstimmung, keine bereitstehenden Sklaven, keine Sänften, die herangetragen wurden, einfach nichts."
Nun hätte Menecrates gerne einen Schlick vom Wein genommen. -
Preimus, überrascht und erstaunt ob der Offenheit des Claudiers kam ungewollt diesem Wunsch nach. Sie hatten wieder eine Runde vollendet und standen vor der Karaffe mit Mosellavinum.
Er schenkte dem Claudier ein und reichte ihm den Pokal. Auch sein Pokal würde entlüftet. Wieder erklang der helle Ton des Anstoßens und Primus meinte nach seinem Schluck,
Daß sich Senatoren untereinder nicht mögen und sich grundsätzlich durch höhere Beamte mit Handlungsfreiheit übergangen fühlen, lasse ich angehen,...aber daß der Kaiser in Frage gestellt wird ist schon ein starkes Stück.Er nippte an seinem Vinum und fragte sich was sein alter Legatus Vinicius in diesem Spiel zu tun hatte...
...was die Kompetenzen und Machenschaften des PU angeht, so denke ich kann man dem abhelfen indem man entsprechend recherchiert und das Material und glaubhafte Zeugen dem Princeps zukommen läßt.
Für ihn war es undenkbar, daß jemand seine Macht zu seinem Vorteil mißbrauchte. Vielleicht würde Appius da einmal ein Ohr einlegen.
Er sah den Claudier ernst an und resümierte,
Das Verhalten dir gegenüber werte ich als Test einer Clique um deine Loyalitäten zu ergründen,...einer Clique der unser LAPP offenbar angehört. Er rieb sich sein Kinn. Daß man Macer und dich gehen ließ empfinde ich als schlüssig,...Macer war in Opposition und bei dir mußte man erst einmal untereinanderTacheles reden. Sicher gab es Fürsprecher und Opponenten. Annaeus zählte sicher zu letzteren.
Was die Sache nicht unbedingt vereinfachte.
Allerdings stellt sich die ganze Situation nun etwas anders dar...Da der PU, so wie es aussieht für alles verantwortlich ist, scheint eine kleine, kontrollierte Eskalation in Germania ein willkommener Anlass ihm Unfähigkeit zu attestieren,...und entsprechende Schritte zu seiner Ablösung einzuleiten. Sein Blick blieb ernst.
Was nichts anderes heißt, daß wir in einer verdammten Zwickmühle sitzen,...die Clique bricht einen Krieg vom Zaun,...opfert quasi die Ostgrenze um eine Personalie zu ändern,...und wir,...handeln wir gegen den LAPP schützen quasi einen Rebellen gegen den Kaiser.
Er sah in seinen Pokal und trank ihn darauf mit stumpfen Blick leer.
Allzuviele Möglichkeiten hatte er nicht... -
Dankbarer als beim ersten Einschenken nahm Menecrates den Kelch an und führte ihn auch sogleich nach dem Anstoßen an die Lippen. Er fühlte sich erleichtert, einmal über jenen Abend sprechen zu können. Nochmals erleichtert fühlte er sich, als Terentius den Bericht nicht auf die leichte Schulter nahm. Andererseits bestand daran wenig Zweifel, denn er glaubte, dessen Position seit längerem zu kennen, was ihn überhaupt zur Offenheit veranlasst hatte.
"Unmittelbar nach jener Cena waren die Wahlen und im Anschluss daran hatte ich jede Menge damit zu tun, die Versäumnisse meiner Vorgänger neben meiner Verpflichtungen als Aedil zu bearbeiten, sodass mir keine Zeit blieb, mich über dieses Ereignis auszutauschen. Dem Aedilat folgte unmittelbar die Ernennung zum Legat, und ich war weg aus Rom", sinnierte Menecrates. Manches Mal dachte er schon, es war Absicht gewesen, ihn unter das Kommando dieses Annaeers zu stellen. Schließlich besann er sich und ging auf Terentius‘ Bemerkungen ein."Wenn ich glaube, ich war damals nur Informant gewesen, sieht die Sache nicht gut aus, aber immerhin besser als deine völlig berechtigte Annahme, ich sei wegen der Ergründung meiner Loyalitäten geladen worden. DAS nämlich würde im Rückschluss bedeuten, dass meine kaisertreue Position gegen eine erneute Ladung zu dieser Runde sprach." In diesem Augenblick ging Menecrates die Brisanz der Thematik erst richtig auf. Es surrte in seinen Ohren, während er auf den Boden starrte. Als der Stresston nachließ, hob er langsam den Blick und sah erschrocken in Terentius‘ Augen.
"Sicher, die Unzufriedenheit richtete sich hauptsächlich gegen den PU“, ergänzte Menecrates schwach. „Ich habe Roms Sicherheit als gefährdet bezeichnet, weil der alte PP nicht auffindbar war und Salinator sich zum Alleinherrscher aufgeschwungen hatte."
Er wischte sich aufgetretenen Schweiß von der Oberlippe und bemühte sich, Terentius‘ Worten weiterhin zu folgen. Die Auswirkungen der Unzufriedenheit über Salinator wirkten sich möglicherwiese direkt auf sie beide aus, das sah Menecrates ähnlich.
"Es ist eine verdammte Zwickmühle!", fluchte er. "Aber meinst du nicht, man würde im Falle einer Eskalation zuerst den LAPP absetzen? Ich kann mir wiederum nicht vorstellen, dass sich der machtgierige Annaeer als Märtyrer opfert. Wir müssen aufpassen und genau abwägen, keine Frage.
Was mich im Augenblick aber noch mehr besorgt, ist die Ungewissheit über die Position unseres Kaisers. Salinator hat kein Interesse, an dessen Stuhl zu sägen, er herrscht bereits jetzt ohne Einschränkung. Ich bin mir aber nicht sicher, welchen Zweck diese Clique verfolgt. Will sie wirklich nur die Absetzung des PUs? Warum hat man mich dann aber nicht mehr zu den Folgetreffen geladen?" -
Primus hatte den Claudier als einen Menschen nach dem Schlage eines Ultima Ratio kennengelernt. Das Bild welches der Claudier ihm im Moment bot zeugte dagegen von Zweifeln und Unsicherheit. Er hielt es für das Beste den rest aus der Karaffe in den Pokal des Claudiers zu gießen.
Auf dessen Frage entgegnete er,
Claudius, ich bin kein Politiker,...ich bin Soldat und befolge Befehle. Ich denke jedoch, daß wir alle durch den PU ernannt worden sind, sei es nun durch Fürsprache und Protektion oder aus politischen Gründen,...jedoch hat alles seinen Ursprung in der Entscheidung des PU. Soviel war ihm klar.
Ich stimme dir zu, daß Salinator dumm wäre sich offen gegen den Kaiser zu stellen, wozu auch,...offensichtlich hat er genug Macht um einige Senatoren gegen sich aufzubringen...welche nicht uneigennützig agieren. Er fragte sich immer noch was der Vinicier bei der Sache zu tun hatte. Er schätzte ihn nicht als Renegaten ein.
Wie du weißt ist mein Cousain Appius jetzt Praefectus Praetorio... Ein leichtes Kopfschütteln folgte einem sachten Lächeln.
Appius ist ebenfalls ein Mensch der sich gerne mit Macht beschäftigt,...ein Mann ganz nach dem Geschmack des PU...solange er ihn kontrollieren kann.
Sein Gesicht wurde wieder ernst.
Allerdings ist Appius selbstbewußt und läßt sich nicht gängeln,...sollte der PU in seinen Augen über die Stränge schlagen wird er als Kommandeur der kaiserlichen Garde entsprechende Schritte einleiten,...denn auch wenn er ein sehr undurchsichtiger Mann ist, seine Kaisertreue ist außer Frage!
Das schien generell eine Eigenschaft der Terentier zu sein.
Ein Sklave kam mit einer neuen Karaffe Vinum und nahm die leere mit.
Primus sah den Claudier an und meinte,
Der LAPP ist der Vertreter des Kaisers in Germania,...wir sind dem Kaiser verpflichtet und somit auch den LAPP,...darüber brauche ich dich nicht zu belehren,...der Annaer hat Vorbehalte gegen dich, welche mit Sicherheit aus dem Beschluß jener Clique resultieren. Er agiert im Sinne dieser Clique. Bei der Cena muß den Herren etwas mißfallen oder verunsichert haben,...und glaube mir nicht Annaeus ist der Märtyrer,...so wie ich das sehe werden Kräfte zusammengezogen, Alen,...also schnelle Verbände an den Limes verlegt,...ich denke die Idee ist es dich mit Vermessungsaufgaben in das Terra barbaricum zu schicken, was den Germanen missfallen wird, ebenso unser Manöver vor Confluentes,...
Er schüttelte den Kopf vor soviel Dummheit.
Die Germanen entlang des Rhenus von Confluentes bis Mogontiacum werden alarmiert sein, es werden Allianzen geschmiedet und spätestens wenn du mit den Vermessungen beginnst werden kampfstarke Gruppen bereitstehen um genau das zu unterbinden,...die Anti-Rom Gruppen werden Zulauf bekommen, die Situation wird eskalieren,...jedoch wird der LAPP nach der Vernichtung der Vermessungstrupps alles Kräfte nach Superior zurück beordern,...den Limes mit seinen frischen Truppen sicher. Von deiner Aktion wird er keine Kenntnis haben und solltest du noch am Leben sein, wird er genug Zeugen haben um dies zu beweisen,...ich bin ein Bauernopfer,...meine Ala kann durch die Alen des Annaers ersetzt werden sollten wir fallen...Nein, so wie ich das sehe bist du der Märtyrer Claudius,...der PU wird toben und dich als anmaßend und impertinent behandeln,...was ein paar Jahre Exil bedeuten dürfte,...oder die Clique wird den PU direkt angreifen und auf seine Absetzung drängen,...was bei der Brisanz dieser Grenze durchaus Zustimmung beim Kaiser finden würde,...und schon sitzt einer aus der Clique auf des Salinators Stuhl...Annaeus ist fein raus, womöglich eine ganze Ecke reicher als vor seiner Ernennung.
So sah er es.
Pest oder Cholera Claudius,...wir müssen aufpassen und unser Leben teuer verkaufen,...oder den PU selbst in die Geschehnisse einweihen,...schlimmstenfalls wird der Annaer leugnen,...aber überleben dürfte er die Moritat nicht,...der PU ist nicht zimperlich. -
Terentius teilte offensichtlich nicht Menecrates' Sorge um die Position des Kaisers, was den Claudier verwunderte. Lagen wirklich so viele Landmeilen zwischen Politik und Militär? Er selbst beherrschte beide Denkweisen. Oder zog er tatsächlich übertriebene Schlüsse? Die Sorglosigkeit des anderen in Bezug auf den Kaiser und sein Hinweis auf den Kommandeur der Garde hinterließen Wirkung, auch wenn bei Menecrates erhebliche Restzweifel blieben.
Er schwenkte den Wein in seinem Kelch, bevor er aufblickte. "Ich habe keine Sorge um mich, Terentius. Ich weiß mich gut zu wehren." Seine Stimme klang ruhig und er nickte mehrmals, was seine Überzeugung unterstrich. "Sorge hingegen bereitet mir die deutliche Kritik am Kaiser. Und Valerianus ist nicht mehr stark genug, sich selbst zu wehren. Ich fürchte sogar, er bekäme im Ernstfall nicht einmal die Unterstützung vom PU. Es ist gut, dass du deinen Cousin als kaisertreu und gleichzeitig selbstbewusst beschreibst. Das nimmt mir im Augenblick erheblich Druck."
Er nahm einen Schluck, setzte den Becher ab und griff zu einem Stück Brot.
"Besprechen wir also unsere Lage.
Meine Cohorten waren nie auf germanischem Boden, und ich werde Wege finden, dass sie es höchstens in einem Ernstfall tun. Nicht alles ist Befehlsverweigerung, was danach aussieht. Befehle geschickt auslegen musste ich, seit ich in Germania angekommen bin. Ich denke, ich bin darin recht gut." Er lächelte erstmals seit seinem folgenschweren Bericht und dachte an die erste Ladung des Annaeers, die eher einer Verhaftung glich als einer Ladung. Bisher hatte er sich allen Repressalien gut entziehen können. "Detailliertes Kartenmaterial liegt längst vor. Ich habe es nach den Informationen Handelstreibender zusammengestellt. Das einzige, was mir der LAPP einmal vorwerfen kann, wären mögliche Ungenauigkeiten." Er zuckte mit der Schulter. "Das nehme ich gern in Kauf. Ihm blieb nur, meine Vermessungsingenieure abzuziehen. Diese Möglichkeit germanischen Missfallens wird weder auf mich noch auf meine Einheit zurückfallen." Wieder lächelte Menecrates."Setzen wir uns mit dem Manöver und der zweiten von dir angesprochenen Möglichkeit germanischen Missfallens auseinander.
Punkt 1: Es findet auf befriedetem Gebiet statt.
Punkt 2: Die Aufmerksamkeit der Chatten ist südlich auf die Mattiaker gerichtet. Confluentes liegt westlich davon.
Punkt 3: Wie bisher immer, bietet der Befehl des Annaeers jede Menge Spielraum. Er vermied es, die zeitliche Ausdehnung festzulegen und er überließ mir die Details."Menecrates Lächeln wurde intensiver. Er strich sich mit der Hand über das Kinn und sagte belustigt: "Was also, Praefectus, schlägst du vor, wie sollen unsere Reiterspiele ausfallen?" Menecrates konnte und durfte nicht davon ausgehen, dass Terentius in gleichem Maße aufmüpfig veranlagt war wie er, wenn er die Notwendigkeit dafür sah. Daher wartete er gespannt ab, doch dann fiel ihm noch etwas ein.
"Eins noch vorweg: Die Vorgabe von 2 Wochen für das Manöver möchte ich unbedingt einhalten, wir sollten also noch heute einen entsprechenden Termin finden. Die Beteiligung der II. in voller Truppenstärke hingegen werde ich keineswegs befolgen. Ich lasse mein Lager nicht schutzlos zurück. Ich hatte bisher fünf Cohorten eingeplant, werde aber in Anbetracht unserer Überlegungen diese Anzahl noch einmal überdenken. Und Ernsthaftigkeit soll und muss bei allem, was wir heute planen, für den LAPP erkennbar sein, und wenn auch nur gespielt."
-
Nicht ahnend welche Bedenken der Claudier hegte entgegnete Primus,
Claudius, ich mache mir um den Kaiser keine Sorgen, Appius ist für den Kaiser ein Garant der Sicherheit gegen jedwede Verschwörung...auch gegen den PU...darauf verlasse ich mich. Was die Reputation des Kaisers angeht, so ist es nicht an mir über solche Dinge nachzudenken,...ich stelle ihn und sein Handeln nicht in Frage,... habe außer ihm keinen Favoriten Claudius,...ich habe einen Eid geleistet und in meiner Familie gilt pacta sunt...
Primus gehörte zu den Männern auf die sich das römische Volk verlassen konnte...die Person des Kaisers repräsentierte für ihn einen Fixpunkt, etwas fast schon Göttliches.
Er hob den Zeigefinger.
Ich stehe hier an der Ostgrenze des römischen Reiches,...vor mir liegen unendliche Wälder, Landmassen, Barbarenhorden. Meine Aufgabe ist es diese Ostgrenze an einem Abschnitt zu halten,...Roma´s Interessen zu wahren und zu schützen.
Es war als rezitiere er irgendein Gesetz.
Es ist etwas was ich kann,...Claudius,...ich kann es,...ich werde meinen Abschnitt halten,...darum bin ich hier.
Er zeigte nach Süden.
Was in Caput Mundi geschieht entzieht sich nicht nur meinem Wissen, es entzieht sich auch meinen Möglichkeiten,...Menschen wie du,...Senatoren,...bewandert in Gesetz, Moral und Ordnung,...Politik ist eure Sache.
Ich weiß nicht ob der Kaiser ein guter Mensch ist, ich weiß nicht was ihn antreibt,...aber Claudius,... ich hinterfrage es auch nicht. Wenn ich als Soldat beginne zu hinterfragen und es mit mir jeder Kommandeur einer Einheit ist es bald vorbei mit dem römischen Imperium.
Treue und Loyalität einem Mann oder einem System gegenüber war der Kitt der alles zusammenhielt. Zweifel lösten diesen Kitt und gebahren nicht selten Schlimmes.
Er nahm seinen Becher ebenfalls und spülte seinen Mund ein letztes Mal aus. Als der Claudier auf das Kartenmaterial zu sprechen kam entgegnete er,
Sehr gut, ich habe selber auch einige Karten von meinen Speculatores anfertigen lassen. Wir werden die Karten vergleichen und uns ein Gelände hier in der Umgebung suchen, welches dem am nächsten kommt.
Auf die Punkte reagierte Primus sachlich und gelassen.
Die Germanen und besonders die Chatten betreiben in der Achse Confluentes - Borbetomagus ein Netz von Spitzeln. Glaube mir, sie sind über alles informiert. Jeder Kleinbauer der hier Waren auf dem Markt anbietet, jeder Rinderzüchter diesseits des Rhenus hat Knechte,..verwandschaftliche Bande, ...was du willst. Und ein Führer, der plant ein anderes Volk zu unterwerfen, welches zudem noch mit einer Großmacht verbündet ist, wäre ein schlechter Führer, wenn er nicht ausgiebige Aufklärung betreiben würde...
Er nickte leicht.
Glaube mir, wir sind schon ohne derlei Charaden im Focus der rechtsrheinischen Führer, ...unsere Aktionen, Truppenverlegungen und Manöver, wo sie auch immer am Limes stattfinden,...sie werden bemerkt und man bereitet sich vor.
Er winkte einen Eques herbei, welcher einige Rollen mit sich trug.
Diese rollte er übereinander auf und fixierte sie mit einigen dafür vorgesehenen Gewichten.
Die Rollen waren Kartenmaterial und die zuoberst liegende Karte zeigte einen genauen Geländeverlauf um Confluentes.
Der Eques zog sich wieder zurück und Primus lehnte sich über die Karte und zeigte auf einen Bereich, welcher den Voraussetzungen im Mattiakergebiet am ehesten gleichkam.
Wir sollten zunächst einmal üben eine Brücke zu bauen und zu überqueren und einen Brückenkopf als Ausgangsbasis zu bilden...die Ala braucht keine Brücken, sie braucht nur eine geeignete Furt um über den Rhenus zu kommen,...das wäre idealerweise hier.
Er rollte eine weitere Karte auseinander, welche das Gebiet der Mattiaker zeigte und tippte auf einen Punkt...
Hier haben wir das Adäquat bei den Mattiakern...das Problem ist nur, es ist einen halben Tagesmarsch von der Furt für euren Brückenbau entfernt...wir werden Zeit brauchen, bis wir die Chatten flankieren können...denn eines dürfte klar sein,...die Chatten werden jede Brücke zu zerstören suchen und demzufolge jede Furt in ihrem Operationsgebiet sichern wenn sie die Mattiaker okkupiert haben...sie werden sich auf euch stürzen wie die Ameisen auf ein gefallenes Wild...deshalb vorher den Raum mit griechischem Feuer bearbeiten,...germanische Wälder sind feucht,...das Feuer und der Qualm treibt die Chatten einstweilen zurück. und verschafft deinen Pionieren Zeit um die Brückenmodule zu montieren.
Er sah den Claudier ernst an.
Die Männer der Legion würden die Chatten binden und so der Ala Operationsraum schaffen.
Die eine Hälfte deiner Männer sollte bei unserem Manöver Barbaren spielen,...die andere Hälfte ihr Bestes geben sie abzuwehren...wir müssen Brücken überqueren, schnell,...ohne sie zum Einsturz zu bringen...die Schwingungen eines Verbandes im Gleichschritt sind nicht ohne.Es müssen Wälder und Hohlwege durchquert werden,...ideal zu verteidigen,...für uns jedoch höchst kompliziert zu befrieden...geschweige denn vor einer erneuten Infiltration zu sichern.
Er sah wieder auf die Karte und tippte auf einen Punkt.
Wir müssen sie auf offenes Gelände zwingen,...da kann die Ala mitmischen,...doch bis dahin gilt es für deine Männer die Wälder zu überstehen.
Er sah wieder den Claudier an.
Flußquerung, Brückenkopfbildung, Waldkampf und Endkampf,...glaub mir,...das wird an Glaubwürdigkeit kaum zu überbieten sein...und in zwei Wochen haben wir Männer die wissen was zu tun ist. -
Die Bekräftigungen, der neue PP würde ein sicherer Schutz für den Kaiser bedeuten, ließ Menecrates nochmals aufatmen. Und auf Terentius‘ Äußerung zu seiner bedingungslosen Folgebereitschaft dem Kaiser gegenüber, sagte er: "Das ist gut." Dann folgte er den Ausführungen zum Manöver.
Ihm fiel auf, dass der Praefectus keine Stellung zu seinem Vorschlag bezog, das Manöver und damit das germanischen Missfallen klein zu halten, was Terentius in Zusammenhang gesehen hatte. Da Menecrates Klarheiten liebte und brauchte, fragte er nach. Er konnte, je nachdem wie die Antwort ausfiel, immer noch entscheiden."Terentius, bevor ich auf deine Vorschläge eingehe, möchte ich zwei Dinge klären. Zum einen: Wie stehst du zu einem bewusst klein gehaltenen Manöver, um das germanische Missfallen, wie du es selbst genannt hast, ebenfalls möglichst klein zu halten?
Und zum anderen: Die von mir angesprochenen zwei Wochen beziehen sich nicht auf die zeitliche Ausweitung des Manövers, sondern auf die Vorgabe des Statthalters. Er will das Manöver innerhalb von 2 Wochen nach der Militärbesprechung anlaufen sehen, was ich gedenke einzuhalten. Das wäre spätestens in…" Menecrates rechnete nach, "… neun Tagen."Sim-Off: SimOn Terminanfrage durch Linos und Fontinalis/Ritt nach Confluentes = 2 u. 3. Tag nach der Militärbesprechung; Rückkehr der beiden am 08.08. RL; meine Ankunft hier am 10.08. RL
SimOn liegen Monate zwischen der Militärbesprechung und diesem Gespräch, leider.
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