Das Lupanar am Ende der Straße

  • Geschickt fing Catu den Beutel auf und lächelte. Ja, Catu lächelte. Es war nicht nur Callinax. Catu freute sich über den Fehler des kleinen Mannes. Er verzichtete auf einen Hinweiß auf die Tatsache, das für das finanzielle ein Extrabesuch von dem Namenlosen Mittelsmann erfolgen würde. So würde er das Geld mit Murcus teilen, der sicherlich korrupt genug war mitzuspielen. Zwar hatte der Lupanarbesitzer nun wieder mehr Ware zum Anbieten, aber demnächst würde er gewaltigen Ärger mit Asellus bekommen.
    "Danke. Na dann.."


    Einen Moment später stand er mit Murcus wieder auf der Straße. Das mit dem Geld mussten sie abwickeln ehe sie zurück in der Insula waren. Also sprach es Catu an als sie außer Hörweite des Lupanars waren.
    "Was denkst du? Sieben Teile ich, drei du?" Er konnte seinen Mitwisser nicht allzu sehr über den Tisch ziehen, da dieser sonst vielleicht auf die Idee kan ihn zu verraten. Aber in Murcus übergog vermutlich ohnehin die Gier.
    "Hä? Von was hast's du?"
    "Das Geld. Unser Gast wird ihn deswegen noch besuchen. Das hier.." er deutete auf den Beutel "..könnten wir einfach so einsacken."
    Murcus grinste über das ganze Gesicht, meinte aber: "Wenn schon, dann zu gleichen Teilen."
    "Zwei von fünf für dich."
    "Abgemacht!"
    Sie gaben sich darauf die Hand, teilten das Geld auf mit einem knappen Ratschlag von Catu war das Geschäft abgeschlossen. "Gib es langsam aus und vor allem erst wenn keiner man daran denkt. Es wird erstmal ordentlich Staub aufwirbeln."

  • Unser Begleiter nickte mir zu. Dann konnte es jetzt los gehen. Zunehmend stieg meine Nervosität. Ich überprüfte noch einmal, ob der Dolch, den ich unter meiner Tunika trug, noch da war, bevor ich zur Tür schritt. Bevor ich endlich anklopfte, sah ich mich noch einmal um. Bisher waren mir meine Götter gleich gewesen, denn sie hatten sich nie um mich gekümmert. Heute aber hoffte ich, Taranis würde alle diejenigen mit seinen Blitzen treffen, die meiner Schwester böses angetan hatten.
    Dann klopfte ich und wartete.
    Kurze Zeit später öffnete sich die Tür und ein dunkelhäutiger Riese baute sich vor mir auf. Keine Frage, das war der Nubier. "Was willst du?" Er musterte mich und sah dann zu meinen Begleitern.
    Mir hatte es doch tatsächlich die Sprache verschlagen, aber ich riss mich zusammen und ließ mir irgendeine Geschichte einfallen.
    "Mein Herr, sein Name soll nicht genannt werden, möchte ein paar schöne Stunden in diesem Haus verbringen."Der Nubier lenkte seinen Blick nochmals zu Ursus. Er konnte unschwer erkennen, dass dieser Kunde nicht der üblichen Klientel entsprach, die in diesem Lupanar verkehrte. Er war viel besser gekleidet und wenn er mit einem solchen Tross von Sklaven unterwegs war, konnte man davon ausgehen, dass es ich um eine wichtige oder zumindest um eine sehr reiche Person handelte.
    "Kommt rein! Die Sklaven bleiben aber draußen!" Der Nubier hielt nun einladend die Tür auf, damit wir eintreten konnten. In einer Art Vorraum kamen wir zum stehen. Ich sah mich um. Die Wände waren mit anzüglichen Malereien verziert, die den Kunden die verschiedenen Dienstleistungen der lupae aufzeigten. Teils war die Farbe schon abgeblättert. Auch das Mobiliar machte eher einen schäbigen Eindruck. Doch der Geruch raubte mir fast den Atem. Ein Mief der sich aus ranzigem Lampenöl mit der verbrauchten abgestandenen Luft und Körperausdünstungen mischte.
    "Womit können wir dienen, Herr?", fragte der Nubier und sprach Ursus dabei direkt an.

  • Ursus stand mit hochmütiger Miene da und schaute sich um, als würde er gar nicht zu Louan gehören. Fast, als wäre es unter seiner Würde, das Gespräch mit anzuhören. Endlich ließ der große Nubier - Ursus ließ sich davon nicht einschüchtern, arbeitete in der Villa Aurelier doch auch ein Mann dieses Schlages - die Besucher ein. "Der kommt mit, sonst kannst Du das Geschäft vergessen", sagte er ruhig und nickte einem der Sklaven zu, ihm zu folgen. Er trat selbstverständlich ein und ließ den Sklaven mitkommen, denn er rechnete nicht damit, daß sein Wunsch abgeschlagen würde.


    Erst nachdem die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, reagierte Ursus auf die Frage des Mannes. Er schaute sich aufmerksam um, als wolle er die Sauberkeit des Hauses prüfen. Der Geruch bereits ließ ihn die Nase leicht rümpfen und er hielt sich einen Zipfel seiner Toga an seine Nase. "Ich wünsche... etwas nicht zu erfahrenes und ich bevorzuge blond. Nichts zu exotisches, lieber was bodenständig barbarisches. Germanisch.. oder gallisch.. oder britisch. Ein wenig widerspenstig wäre mir recht, wenn Du verstehst, was ich meine." Er lächelte nicht, sondern sein Blick war kühl und abwartend, als würde er nicht damit rechnen, daß dieses Etablissement seine speziellen Wünsche würde erfüllen können.

  • Dem Nubier blieb keine Wahl. Ein reicher Kunde wie dieser, kam nicht alle Tage des Weges. Zähneknirschend ließ er den einen Sklaven mit eintreten. Einer mehr oder weniger, was machte das schon! Vielleicht war ja sein Herr spendabel uns gönnte ihm auch ein nettes Vergnügen.
    Der Nubier hörte sich aufmerksam die Wünsche des edlen Herrn an und legte dann seine Stirn in Falten. Der Mann verlangte eine Blonde. Ausgerechnet eine Blonde! Warum keine rassige Ägypterin oder eine Schwarze? "Moment bitte!" brummte der Nubier und verschwand in einem Nebenzimmer.
    Etwas später kam er in Begleitung seines Herrn wieder. Celsus erkannte auf den ersten Blick, in welche Kategorie man diesen Kunden einordnen konnte. Wenn dessen Wünsche nicht erfüllt wurden, ging er eben ein Häuschen weiter. Dies war nicht das einzige Lupanar in der Gegend.
    "Salve edler Herr! Mein Sklave hier sagte mir, du hast einen besonderen Wunsch! Wir hatten da genau das Richtige für dich! Sie kommt frisch aus Gallien. Letitia aus Lutetia, hahaha!" Celsus amüsierte sich wieder einmal als einziger über sein Wortspiel. "Ich kann sie dir nur empfehlen, Herr!"
    Celsus gab dem Nubier ein Zeichen. Daraufhin verschwand er.


    In einem dunklen engen Pferch im Hinterhof hatte er in der Nacht zuvor noch die Gallierin eingesperrt, nachdem Celsus sie aus seinem cubiculum geworfen hatte. Die kleine Wildkatze hatte Celsus Gesicht zerkratzt, als er sie zwingen wollte, sich ihm hinzugeben.
    Zusammengekauert saß sie nun in einer Ecke und döste vor sich hin. Der Nubier hatte ihr etwas zu Beruhigung eingeflößt, was sie ruhigstellen sollte.
    Er schleppte sie hinaus in den Hof. Dort wusch er sie, ordnete ihr Haar und kleidete sie in einen durchsichtigen Stoff, der einen Einblick auf ihre Reize zuließ. Abschließend besprenkelte sie mit einigen Tropfen eines billigen Parfums. Dann führte er sie nach drinnen, ins Vorzimmer.
    Das Mädchen wirkte abwesend. Das Leuchten in ihren Augen war verloschen. Ihr Blick ging ins nichts.

  • Die Zeit in der wir warten mussten, schien endlos zu sein. Was machte der Nubier bloß? Vielleicht holte er jetzt Caelyn. Die Anspannung in mir wuchs jede Minute. Ich konnte es kaum erwarten, sie endlich wieder zu sehen. Wortlos sah ich zu meinen Begleitern.
    Dann hörte ich Schritte. Der Nubier kam in Begleitung eines kleinen schmierigen Mannes zurück. Mir fielen gleich die Kratzer in seinem Gesicht auf, ich dachte mir aber nichts weiter dabei. Ich war nur sehr enttäuscht, denn ich hoffte, meine Schwester wieder zu sehen.

    Dieser Kerl laberte etwas von einer Gallierin aus Lutetia. Fast schon zweifelte ich daran, dass Caelyn wirklich hier war. Etwas drängte sich in mir auf, darauf zu widersprechen. Ich zog es aber besser vor, die Klappe zu halten.
    Der kleine Mann schickte den Nubier los, diese Letitia zu holen. Während wir wieder warteten, redete er belangloses Zeug, nichts was interessant war. Ich hörte gar nicht zu, denn ich wollte nur eins, meine Schwester wieder haben.
    Dann ging die Tür zum Innenhof auf und der Nubier trat mit einem Mädchen ein. Das war Caelyn! Das war meine Schwester! Ich konnte es kaum glauben!
    Ihr Anblick versetzte mir einen Schlag und berührte mich peinlich. Sie war fast nackt. Ich versuchte, meinen Blick von ihr abzuwenden, aber es ging nicht. Etwas stimmte nicht mit ihr.
    Auf gar keinen Fall durfte ich etwas sagen! Ich musste warten, bis Ursus mit Caelyn in Sicherheit war und dann würde ich mir dieses Schwein vornehmen!

  • Ganz dunkel nur konnte ich mich an die vergangene Nacht erinnern. Ich sah noch diese Visage vor mir, von diesem Zwerg, der mir an die Wäsche wollte und dessen Augen beinahe übergegangen waren, nachdem er mir die Klamotten vom Körper gerissen hatte. Diesem Mistkerl hatte ich´s gezeigt, dass er mich nicht einfach so haben konnte. Ich hatte ihm ordentlich seine miese Visage zerkratzt. Vor lauter Schmerzen hatte er aufgejault wie ein räudiger Köter. Dummerweise hatte er mir dann ein paar Mal ziemlich übel in meinen Bauch geteten. Mein Gesicht hatte er sich ausgespart Schließlich wollte er es ja auch nicht verschandeln, sonst war ich ja nix mehr wert.
    Der Nubier nahm mich dann draußen in Empfang und brachte mich zu einem kleinen Verschlag. Dort gab er mir etwas zu trinken. Irgend so ein komisches Zeug. Er sagte, davon gingen meine Schmerzen weg und ich könnte ein bisschen schlafen.
    Anscheinend hatte er die Wahrheit gesprochen. Das Zeug machte mich richtig müde und betäubte die Schmerzen in meinem Unterleib. Ich war wie benebelt. wie ´ne Wolke fühlte ich mich und genauso leicht war ich.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so da saß. Als dann wieder die Tür zu dem Verschlag aufging, war es bereits wieder hell. Ich erkannte schemenhaft den Nubier wieder, der mich nach draußen brachte. Dann fummelte er an mir herum. Ich machte aber nichts dagegen. Mir war´s egal, außerdem fühlten sich meine Arme an, als wären sie bleischwer.
    Dann ging es wieder einige Schritte weiter, ins Haus hinein.
    Ich hörte Stimmen und sah flüchtig einige Männer die um mich herum standen aber ich erkannte ihre Gesichter nicht. Es war so schwierig, ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Irgendwann erhob ich meinen Blick. Ein unscharfes Bild eines Gesichtes fing ich ein. Mir war, als hätte ich dieses Gesicht schon einmal gesehen. Es kam mir irgendwie bekannt vor. Ich konnte es aber nicht zuordnen. Resigniert sah ich wieder in eine andere Richtung.

  • Der Nubier schien sich nicht sicher, ob er diese Anforderungen erfüllen konnte. Er holte einen weiteren Mann herbei und dieser übernahm sogleich die Verhandlungen. "Bist Du der Besitzer dieses Etablissements?", fragte Ursus und musterte den Kerl eingehend. Vielleicht mußte er irgendwann noch eine Personenbeschreibung abgeben. Hoffentlich war auch Louan so klug, sich die Gesichter einzuprägen. Er konnte sie später zeichnen, sollte die Notwendigkeit für so etwas bestehen.


    "Gallierin und frisch eingetroffen? Dann laß das Mädchen mal sehen. Hübsch sollte sie schon sein." Ursus klang kühl und fast so, als würde er eine Vogelscheuche erwarten. Letitia aus Lutetia. Wie ungeheuer einfallsreich! Aber natürlich war es klug zu behaupten, sie sei frisch eingetroffen.


    Der Nubier ging, um das betreffende Mädchen zu holen. Ursus hoffte und betete, daß es Caelyn sein mochte. Dann hätten sie sie wenigstens endlich gefunden. Und gnade diesen unaussprechlichen Kreaturen, wenn sie es gewagt hatten, Caelyn zu verletzen oder auch nur falsch anzufassen.


    Als sie endlich gebracht wurde, hielt der junge Aurelier unwillkürlich die Luft an. Wie sie aussah! Und ihr Blick war stumpf und teilnahmslos. Sie schien sie nicht mal zu erkennen! Langsam trat Ursus auf sie zu. Er legte seinen Zeigefinger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht leicht an, damit sie ihn anschaute. Seine andere Hand hob sich zu ihrer Schulter und er drückte sie leicht. Vielleicht würde sie merken, daß er sie zu beruhigen versuchte. "Nun, Mädchen. Sag mir erst, ob Du noch unberührt bist." Sie war so erschreckend teilnahmslos! Hoffentlich würde sie verstehen, was er damit meinte! "Denn das beeinflußt natürlich den Preis", erklärte er ruhig.

  • Celsus musterte den reichen Römer und seine Begleiter genau. Er rechnete mit einem ordentlichen Batzen Geld, den sein vermögender Kunde hier lassen würde. Die Idee mit den entführten Mädchen war einfach grandios gewesen und gleich heute schon, würde sich sogar diese gallische Kratzbürste bezahlt machen. Da ließ er sich doch gerne von ihr das Gesicht zerkratzen.
    "Ja, so ist es, Herr! Nero Vestilianus Celsus mein Name! Stets zu Diensten!" Celsus grinste aufdringlich und sah dann zu seinem Neuzugang. "Ist sie nicht ein Prachtstück? Sie wirkt vielleicht noch etwas müde. Aber sie ist erst gestern spät hier eingetroffen. Du verstehst, Herr, die lange Reise von Lutetia bis hier her. Aber glaube mir, sie hat Feuer!" Impulsiv griff er sich an seine zerkratzte Wange. Dem kleinen Mann war es natürlich auch nicht entgangen, wie apatisch sie war. Drum ließ er sich eine Ausrede einfallen, was ihm überhaupt nicht schwer fiel.
    Sein gieriger Blick verfolgte die erste Begegnung mit der vermeintlichen Letitia und ihrem ersten Kunden. Nichts durfte ihm entgehen. Besonders nicht die Reaktion des feinen Römers, der zweifellos ein Kenner war.
    Celsus wurde es ein wenig Bang, als er das Mädchen direkt ansprach. Er war sich nicht ganz sicher, wie hoch die Dosis war, der der Nubier ihr verpasst hatte.
    "Selbstverständlich ist sie noch unberührt! Du wirst der erste sein, der sie genießen darf!"Das entsprach sogar ausnahmsweise der Wahrheit!

  • Mit den anderen dreien hatte auch Catu unauffällig das Lupanar betreten und hielt sich dezent im Hintergrund. Erschreckt stellte er fest, dass die junge Keltin jeden Glanz der Augen verloren zu haben schien. Noch in der Nacht zuvor hatte er manchen bösen Blick bei ihr gesehen und nun erschien sie nur noch apathisch ins Leere zu blicken. Es war unverkennbar das arme Geschöpf, das er entführt hatte und zu seinem weiteren Erstaunen war ihr Bruder ein erschreckend guter Zeichner, sofern die Zeichnung, die er bei der Garküche vorgezeigt hatte von ihm war. Das er dies erst jetzt erkannte ärgerte ihn. In diesem Fall konnte es ein Fehler gewesen sein sich hier einzumischen, falls der Römer tatsächlich gar mehr argwöhnte als er ihm bereits unterstellte hatte.
    Er nahm sich vor auch gegen diesen und seine Sklaven vorsichtig zu sein und wartete gespannt darauf, wann er Händel losgehen würde. Als wollte er sich Kratzen überprüfte er den Sitz des versteckten Dolches, den er bei sich trug. Seinetwegen konnte man die junge Frau aus den Fängen des Nubiers und der kleinen Mistkröte befreien. Ungleich geschickter wäre es, wenn ihr Wortführer sich erst einmal mit ihr zurückzöge um sie 'wiederzuerwecken'. Wenn er dann schnell mit ihr aufbrach und Catu und die beiden übrigen den Rückzug deckten, sollte das relativ schnell und blutlos vonstatten gehen.
    Er beugte sich vor um diesem seinen Plan zu erläutern und gab sich dabei den Anschein als wolle er nur ein leises Urteil abgeben: "Nimm sie erst mal mit auf ein Zimmer und sorge dafür, dass sie zu sich kommt. Dann eile mit ihr hinaus, während wir den Rückzug decken." Hörbar war dies nur für ihn und allenfalls den Bruder. Für die übrigen war nur ein anzügliches Grinsen zu sehen.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    Als sie endlich gebracht wurde, hielt der junge Aurelier unwillkürlich die Luft an. Wie sie aussah! Und ihr Blick war stumpf und teilnahmslos. Sie schien sie nicht mal zu erkennen! Langsam trat Ursus auf sie zu. Er legte seinen Zeigefinger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht leicht an, damit sie ihn anschaute. Seine andere Hand hob sich zu ihrer Schulter und er drückte sie leicht. Vielleicht würde sie merken, daß er sie zu beruhigen versuchte. "Nun, Mädchen. Sag mir erst, ob Du noch unberührt bist." Sie war so erschreckend teilnahmslos! Hoffentlich würde sie verstehen, was er damit meinte! "Denn das beeinflußt natürlich den Preis", erklärte er ruhig.


    Durch eine leichte Berührung an meinem Kinn und einem sanften Druck an der Schulter, wurde ich kurz aus der Lethargie gerissen. Ein dunkles Augenpaar sah mich an. Wieder hatte ich das komische Gefühl, diese Augen, diese Stimme und den passenden Kerl dazu zu kennen. Ich kannte mal einen, der so aussah und so sprach. Aber das war so lange her und soweit weg.
    Der Mann fragte mich etwas aber die Bedeutung der Worte drang nicht zu mir durch. Meine Lippen, bewegten sich lautlos.
    Er stand jetzt ganz dicht bei mir, so dass ich ihm ganz mühelos etwas zuflüstern konnte.
    "Bitte.. Hilfe… Wasser… ich bin so … so durstig!" Flehend sah ich in dieses Paar Augen. Ich fühlte mich einfach so furchtbar. So etwas wie Hoffnung hatte ich schon lange verloren.

  • Ursus war sich nicht sicher, ob sie ihn endlich erkannte. Für einen kurzen Moment schien Leben in ihre Augen zurückzukehren, doch es war gleich wieder verloschen. Was für ein Teufelszeug hatten diese Kerle ihr nur verabreicht? Wut kroch in Ursus hoch und konnte nur mühselig unterdrückt werden. Am liebsten hätte er Caelyn jetzt einfach nur auf die Arme genommen und nach Hause gebracht. Doch so einfach war das wohl nicht. Auf ein Zimmer, ja das war gut. Vielleicht konnten sie von dort fliehen.


    "Nun, dann sind wir im Geschäft", sagte Ursus zu dem Geschäftsführer und nickte. "Du wirst es nicht bereuen, wenn Du die Wahrheit sagst. Ich möchte mich nun mit der kleinen Schönen zurückziehen. Und bringt mir Wein, Wasser und Obst." Wasser wollte sie, also sollte sie Wasser bekommen. Genug davon würde vielleicht helfen, sie zur Besinnung zu bringen. Außerdem gewannen sie so Zeit, in der sich dieser Geschäftsführer und sein Nubier sicher fühlen und in ihrer Aufmerksamkeit nachlassen würden.


    Sein Arm umfaßte sicher Caelyns Schultern und er schob sie sanft mit sich. "Du wirst Wasser bekommen. Gleich, Caelyn", flüsterte er ihr leise zu.

  • Celsus beobachtete das Mädchen erst etwas misstrauisch, als sie sich zu dem Kunden hin beugte und ihm etwas zuflüsterte. Aber seine Sorgen waren völlig unbegründet, denn gleich darauf willigte er in das Geschäft ein.
    "Sehr gut! Du wirst es nicht bereuen, Herr!" jubilierte Celsus. Heute war wirklich sein Glückstag! Damit das Glück auch noch lange anhielt, beabsichtigte er, seinem Kunden nur das Beste vom Besten anzubieten.
    "Führe den Herrn in unser bestes Séparée! Du hast gehört, was er möchte! Bring ihm vom besten Wein und vom besten Obst!"Es schien, als habe der Nubier nur auf dieses Zeichen gewartet. Sofort kümmerte er sich um den feinen Herrn und um Letitia, die er am Arm ergriff und mit sich zog. Er brachte sie zu einem Zimmer, das etwas größer war, als die anderen. Die Wände waren mit einem Stoff verkleidet, was dem Raum eine etwas vornehmere Atmosphäre verlieh. Wenn man aber etwas genauer hinschaute, sah man die von Motten zerfressenen Löcher. Blickfang des Raumes war die gemauerte Liege, die ebenfalls etwas größer aufgefallen war, wie in den anderen Räumen.
    Der Nubier schob das Mädchen in das Zimmer und schloss die Tür hinter dem Kunden. Danach richtete er schnell noch die Getränke und das Obst. Mit einem Klopfen machte er sich wieder an der Tür bemerkbar, bevor er eintrat um das Obst, den Wein und das Wasser zu servieren.

  • Wasser! Dieser Mann versprach mir Wasser. Mein Mund fühlte sich so ausgetrocknet an. Ich musste nur mitgehen. Er legte sanft seinen Arm um meine Schultern und er nannte mich Caelyn. So nannte mich hier niemand. Verwundert schaute ich noch einmal in das Gesicht des Mannes. Diese Augen kannte ich! Wenn ich nur gewusst hätte, woher!
    Der Nubier fasste mich an meinem Arm und zog mich mit sich hinaus. Ich befürchtete schon, er wolle mich diesem Mann wegnehmen. Deshalb sah ich mich nach ihm um. Aber er war noch da.
    Ich wurde in ein Zimmer geschoben, das auf den ersten Blick eigentlich einen ganz gemütlichen Eindruck machte. Da war diese breite Liege, auf der eine rote Matte und einige Kissen lagen. So bereitwillig war ich mitgegangen und dachte mir nichts dabei. Der Mann wollte mir doch helfen. Jetzt aber kapierte ich endlich, was hier vorging. Niemand wollte mir helfen! nicht mal dieser Mann. Der wollte in Wirklichkeit etwas ganz anderes! Deshalb war er so freundlich gewesen.
    Ich flüchtete mich in eine Ecke und kauerte mich auf den Boden. Der Kerl sollte es nicht so einfach mit mir haben, auch wenn er mich dafür vielleicht schlug.

  • Bereitwillig ließ Ursus sich in das Zimmer führen, blickte sich aber aufmerksam um. Er wollte wissen, wo er war und wie er hier am schnellsten herauskam im Zweifelsfall. Für einen Laden wie diesen war das Zimmer sogar überraschend gut eingerichtet. Auch wenn es immer noch nicht Ursus normalen Ansprüchen genügte. Doch er hatte ja auch nicht vor, hier - es schüttelte ihn schon bei dem Gedanken - wirklich derlei Dienste in Anspruch zu nehmen.


    Caelyn flüchtete sich in eine Ecke, offenbar hatte sie ihn immer noch nicht erkannt. Aber vielleicht war das gut so. Wein, Wasser und Obst wurden gebracht und Ursus grinste den Nubier noch an. "Scheint ja wirklich ein wenig widerspenstig zu sein. Genau richtig. Danke, ich brauche Dich nicht mehr." Er machte ein wegwinkende Geste und wartete, bis der Nubier wirklich gegangen war. Dann füllte er einen Becher mit Wasser und trat auf Caelyn zu. "Hier ist Wasser. Du hast doch Durst?" Er hielt ihr den Becher hin und blieb noch auf Abstand. Er konnte nur hoffen, daß das Wasser ihr half, gegen die Droge anzukämpfen. "Caelyn... hab keine Angst, es wird Dir nun nichts mehr geschehen. Trink. Trink so viel Wasser, wie Du nur kannst."

  • Ich hatte mich so klein gemacht, wie es nur ging, um nicht aufzufallen und weil ich furchtbare Angst hatte. Der Nubier kam noch einmal und brachte die Getränke und das Obst. Als er gleich wieder ging, atmete ich auf. Aber dieser Mann war noch da. Er kam zu mir und gab mir zu trinken. Wieder sprach er mich mit meinem richtigen Namen an. Langsam verstand ich gar nichts mehr! Wenn mir nur das konzentrieren nicht sch schwer gefallen wäre. Ich hatte so schlimme Kopfschmerzen.
    "Danke!" Hastig trank ich den Becher auf einmal aus. Seitdem ich hier war, hatte ich nichts zu trinken bekommen. Das klare Wasser war eine Wohltat. Ich hielt ihm den leeren Becher wieder entgegen, denn ich wollte mehr. "Woher kennst du meinen Namen? Ich kenne dich! Ich…ah mein Kopf! Bitte tu mir nicht mehr weh ich mache auch alles, was du willst."

  • Kopfschüttelnd schaute Ursus ihr zu, wie sie das Wasser herunterstürzte und ihm gleich wieder den Becher hinhielt. Er nahm den Krug und füllte nach. "Trink langsam. Damit es nicht gleich wieder hochkommt. Du bekommst so viel, wie Du willst." Er unterdrückte den starken Drang, die Hand auszustrecken und ihr über die Haare zu streicheln. "Ich werde Dir nicht wehtun. Ich bin hier, um Dich zu befreien. Sie haben Dir irgendetwas gegeben, daß Du vergißt. Wenn das Zeug aufhört zu wirken, wirst Du Dich hoffentlich wieder erinnern. Trink. Denn wir haben nicht viel Zeit. Wir müssen hier heraus. Und es wäre besser, wenn Du dann wieder klar wärest." Er hielt den Krug schon bereit, den Becher abermals zu füllen.

  • Den zweiten Becher leerte ich gleich hinterher. Danach begann es mir besser zu gehen. "Befreien? Ich muss wieder zurück. Man vermisst mich bestimmt schon und dann bekomme ich Ärger. Halt, Moment! Du bist es! Ursus!" Endlich war der Groschen gefallen. Ich wusste doch, das sich ihn kannte!
    "Ich konnte nichts dafür!", begann ich mich zu entschuldigen. "Da war dieser Grieche. Der hat mich reingelegt. Er sagte, er hätte Arbeit für mich. Als ich mit ihm gegangen bin, wurde ich von mehreren Männern überwältigt."
    Nachdem ich genug getrunken hatte stand ich auf. Jetzt erst merkte ich, was ich für einen Fummel anhatte. "Meine schöne neue Tunika ist kaputt! Die kleine Mistkröte hat sie mir vom Leib gerissen!" Mir war einfach nur noch zum heulen. Aber dafür war jetzt keine Zeit. Wir mussten hier weg!

  • Während im Separee Caelyn aus den Schleiern der Droge befreit wurde standen Catu, der Sklave und Louan weiter im Vorraum und harrten der Dinge die da kommen mochten. Der Nubier nahm keine Notiz von ihnen. Der kleine Besitzer allerdings schien sie einmal ansprechen zu wollen, doch Louan, den die Sorge um seine Schwester umtrieb reagierte genauso wenig wie der Sklave, der wohl auch nicht gedurft hätte wäre das der Besuch seines Herrn im Lupanar, wie man sich das normalerweise vorstellte. Der einzige der reagierte war Catu und von diesem war die einzige Antwort ein böser Blick, den Celsus nur deshalb hinnahm, weil er um seinen Verdienst besorgt war.

  • Caelyns Zustand und Aussehen machte mich einfach nur noch wütend. Ich hätte mir so gerne diesen kleinen Dreckskerl vorgenommen und seine dämliche Visage eingeschlagen. Aber das wäre ziemlich unklug gewesen, solange meine Schwester nicht in Sicherheit war.


    Der Schwarze brachte Ursus und Caelyn in eines der Zimmer und war somit für einen Moment nicht bei seinem Herrn. Das wäre die beste Zeit gewesen, um sich um den Lupanarbesitzer zu kümmern. Stattdessen schwiegen wir uns gegenseitig an und blieben untätig. Ich wusste zwar genau, was ich sehr gerne tun wollte, war mit unsicher, was ich davon wirklich umsetzen konnte, ohne die Befreiungsaktion zu gefährden.
    Schließlich kam der Nubier wieder zurück und blieb mit verschränkten Armen vor der Tür zu den Zimmern stehen.
    "Wie kommt man denn an solche Huren, wie die da?" fragte ich plötzlich den kleinen Mann, weil ich es einfach nicht mehr aushielt. Dabei klang meine Frage doch sehr provokant. Es widerstrebte mir sowieso meine Schwester als Hure zu bezeichnen. Währenddessen umfasste ich mir unauffällig an meinen Dolch, der unter meiner Tunika verborgen war.

  • Celsus fiel ein Stein vom Herzen, als sich der feine Herr doch für dieses blonde Miststück entschieden hatte. Zufrieden blickte er dem Nubier hinterher, der den Kunden und die lupa zu einem Zimmer führte.
    Die Begleiter des des Römers blieben zurück, Sie er wiesen sich als sehr wortkarg. Einer von ihnen warf ihm zwar einen bösen Blick zu. Aber das juckte ihn nicht weiter. Was sollte er auch erwartet, von Sklaven und sonstigen Gesindel. Dabei ließ er natürlich selber außer Acht, dass auch er einmal Sklave gewesen war.
    Noch war Celsus im guten Glauben, ein ganz normales Geschäft zu tätigen. Die Kunden kamen, suchten sich ein Mädchen aus und verschwanden dann für eine bestimmte Zeit lang auf einem der Zimmer. Danach kamen sie, meist entspannt, beglückt und zufrieden zurück und zahlten für ihr Vergnügen.
    Diesmal sollte es aber anders kommen. Vielleicht hätte Celsus schon Vorsicht walten lassen, als ausgerechnet dieser feine Herr seinen Laden betreten hatte und dann auch noch diese besonderen Wünsche äußerte. Andererseits liebten die Römer blondes Haar!
    Endgültig misstrauisch wurde er aber dann, als dieser junge Kerl, der nicht richtig laufen konnte, diese Frage stellte.
    "Was meinst du?", fragte Celsus ganz irritiert. "Die Dirne ist aus Gallien. Das habe ich doch gesagt!"
    Er warf einen unsicheren Blick zu seinem Nubier.
    "Entschuldigt mich. Ich habe zu tun!" Augenblicklich rauschte er davon. Der Nubier machte einen Schritt zur Seite und ließ seinen Herrn durch. Celsus hatte das dringende Bedürfnis, sofort nach dem Rechten zu sehen.

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