Ein Sekretär muss her!

  • Nachdem Crispus in letzter Zeit immer weniger Verständnis für die Abrechnungen von Boduus Divoduricus, seinem Vilicus, gehabt hatte und darüber hinaus Angst bekam, den Überblick zu verlieren, stand nun der Beschluss fest: Ein Sekretär musste her! Schon allein, damit Crispus sich ein wenig mehr um seinen Lucius kümmern konnte! Also besuchte Crispus, als er hörte, dass ein Händler durch die Stadt kam, den Markt. Natürlich hatte er Lucius mitgenommen, damit dieser lernte, worauf man beim Kauf eines Sklaven achten musste!


    Auf dem Forum hatte der Sklavenhändler eine Bühne aufgebaut. Darauf standen mehrere Männer und Frauen, viele von ihnen trotz der relativ kühlen Witterung spärlich bekleidet, sodass man sie besser prüfen konnte. Davor hatten sich bereits einige Bürger versammelt und warteten auf die Versteigerung. Ein bärtiger Germane sprach soeben mit dem Händler, einem dicken Mann, der Hautfarbe nach aus dem Osten oder einer südlicheren Provinz. Crispus hingegen mischte sich gemeinsam mit Lucius und Morag, der ihn ebenfalls begleitete, unter die Menge. Hier und da galt es ein paar Bekannte zu grüßen (so machte man das als Magistratus), dann jedoch konnte der alte Petronier endlich seinem Sohn ein paar Erklärungen geben.


    "Schau, Lucius, da oben steht die Ware, damit man sie anschau'n kann, bevor man sie kauft. Was meinst du - ist da jemand dabei, der uns gefällt?"


    "Der Junge da vielleicht!"


    erwiderte Lucius und deutete auf einen Knaben, der vermutlich ungefähr Lucius' Alter hatte. Vermutlich wollte Lucius ihn als Spielgefährten, denn Armin war langsam deutlich eine Stufe weiterentwickelt und empfand es zunehmend als nervig, mit dem kleineren Lucius Legionär zu spielen oder gar die Holzspielsachen im Triclinium herumzuschieben. Doch Crispus schüttelte den Kopf.


    "Nein, schau dir mal seine Hautfarbe an! Ganz blass ist der ja - der ist bestimmt krank! Sowas darf man nicht kaufen, sonst kostet er nur den Medicus. Außerdem ist er viel zu klein - der kann ja kaum zupacken!"


    Lucius wirkte ein wenig enttäuscht, doch dann nickte er - Crispus hoffte, dass sein Junge wieder etwas verstanden hatte. Nun betrachtete er selbst die Sklaven etwas genauer. Viele waren jung und kräftig, vermutlich die Söhne und Töchter von Unterworfenen, die irgendwem Geld schuldeten und ihre Kinder in Zahlung gegeben hatten. Vielleicht hatte man sie aber auch auf illegalem Wege beschafft, denn ein Sklavenhändler kam viel herum und wer kannte schon das Kind eines Freien, wenn man ein paar Stadien von seinem Dorf weg war? Nunja, man konnte im Grunde nichts daran ändern - die Welt war ungerecht!


    Eine der Sklavinnen war auffallend hübsch und obwohl sie ein wenig schmutzig war, konnte man erkennen, dass sie eine sehr reine Haut und gesundes Haar hatte. Einen Moment lang war Crispus sogar versucht, sie sich als Bettwärmer zu kaufen, doch dann schalt er sich im Stillen selbst: Das war herausgeworfenes Geld und was hätte Heila wohl dazu gesagt! Stattdessen zwang er seine Augen, weiterzugehen.


    Dort entdeckte er einen kräftigen Nubier, doch daneben war etwas Interessantes: Ein etwas kleinerer Mann mit einem klugen Gesicht. Sein ehemals sauber gestutzter Bart war ein wenig ausgewachsen, sein Bauch war ein wenig zu dick für schwere Arbeit. Crispus hatte selbst lange genug in der Verwaltung gearbeitet um zu erkennen: Dies war ein Bürohengst! Nun galt es nur noch herauszufinden, was er so konnte...

  • Diese Gelegenheit bekam Crispus schon bald, denn zufällig hörte er dabei zu, wie ein Mann den Sklavenhändler genau zu diesem Mann befragte. Offensichtlich hatte dieser jedoch Schwierigkeiten beim Benutzen der latinischen Sprache, denn er holperte ein wenig und mischte ständig fremdländisch klingende Begriffe in seine Sätze.


    "Er ist eine Sklave von...äh...misch - äh, gut Qualität! Kann schreiben, lesen, - ähm - rechnen, schreiben...Grammateion!"


    Mit einer Geste versuchte er, ein Buch oder eine Tabula darzustellen - offensichtlich fehlten ihm die Worte. Doch Crispus glaubte zu verstehen, was er meinte: Dieser Sklave beherrschte es, Rechnungsbücher zu führen.


    "Latein?"


    mischte er sich in das Gespräch ein und deutete auf den begehrten Sklaven, woraufhin der Händler eifrig nickte. Der Sklave war also im Gegensatz zu seinem Herrn der Sprache mächtig. Damit waren im Grunde alle wichtigen Aufgaben enthalten - fehlte nur noch die gesundheitliche Überprüfung. Er beugte sich zu Lucius hinab.


    "Wenn du einen Sklaven kaufst, musst du immer gut aufpassen, dass er gesund ist. Wenn seine Zähne wackeln, ist das nicht gut, dann darf man ihn nicht kaufen!"


    Lucius wirkte verwirrt und zeigte sein Gebiss.


    "Aber mein Zahn wackelt auch - und mir sind sogar schon ein paar herausgefallen! Bin ich dann auch krank?"


    "Nein, nein, für Kinder ist das normal, da kommen die kleinen Zähne 'raus und die großen wachsen, aber wenn man erwachsen ist, dann ist das nicht gut. Also pass auf!"


    Er trat auf das Podium und trat vor den Sklaven, der ihn interessierte. Zuerst beäugte er ihn misstrauisch, ging um ihn herum und betrachtete seinen Rücken. Dieser schien jedoch relativ gerade und nur sehr leicht gebeugt. Also kehrte er zurück und ergriff den Kiefer, um ihn herunterzuziehen und mit der anderen Hand die Zähne zu prüfen. Das mochte ein wenig genau sein, doch letztendlich würde er ihn schließlich an der Backe haben und da galt es, kein As zu viel auszugeben! Doch auch hier war kaum etwas zu bemängeln - ein Zahn fehlte, doch der konnte genauso gut von einem wütenden Vorbesitzer ausgeschlagen worden sein.


    Schließlich beendete er die Untersuchung und kletterte von der Bühne, wo er Lucius noch einmal erklärte, was er nacheinander getan hatte. Dann warteten die beiden auf die Versteigerung. Diese folgte tatsächlich bald begann. Zuerst leitete der Händler alles mit ein paar unbeholfenen Worten ein und begann dann mit der hübschen Frau. Einige Zuschauer pfiffen oder warfen zotige Bemerkungen in Richtung Tribüne, sodass die Sklavin ziemlich verängstigt aussah. Ein grob wirkender Kerl mit einem anzüglichen Grinsen bekam letztendlich den Zuschlag und schleifte sie davon. Crispus brauchte keine große Phantasie, um sich auszumalen, welches Schicksal das Mädchen erwartete.


    Es folgten ein paar andere Sklaven, die der Händler vermutlich unter Wert verkaufte, da er zu wenige Sprachkenntnisse hatte, um den Kunden die Vorzüge anzupreisen. Doch es war seine Schuld - er hätte die guten Stücke lieber an einen regionalen Händler weiterverkaufen sollen, der zumindest der hellenischen Sprache mächtig war. So musste er eben ein Verlustgeschäft in Kauf nehmen!


    Schließlich kam das Objekt seiner Begierde unter den Hammer.


    "Gut Sklave! Kann schreiben, lesen, rechnen, führen das Grammateion! Sehr schlau!"


    Er klopfte sich mit dem Finger an den Kopf, in dem nach dem Allgemeinkonsens der Sitz der Vernunft lag. Doch trotz aller seiner Bemühungen war dies alles nichts gegen die blumigen Worte, mit denen Sklaven sonst auf dem Markt angeboten wurden. Doch das war für Crispus nicht nötig - er vertraute auf seine Erfahrung und seinen Blick für Scribae.


    "Man fängt nicht an, lieber wartet man ab, sonst wird der Preis zu hoch getrieben."


    erklärte er Lucius, der dies jedoch nicht zu verstehen schien. Die Nachfrage ignorierte der alte Petronier jedoch, da er zu sehr auf die Versteigerung konzentriert war, denn schon meldete sich ein alter Germane zu Wort. Crispus kannte ihn aus dem Ordo Decurionum - er besaß ein Handelshaus und hatte sicherlich ebenfalls Interesse an einem Sekretär.


    "Zweihundertfünfzig!"


    warf Crispus schließlich ein, doch sein Konkurrent überbot ihn sofort wieder, welcher wiederum von einem Dritten überboten wurde. So ging es eine Weile hin und her, bis Crispus schließlich


    "Dreihundertvierzig!"


    Das war eine stolze Summe und Crispus hatte lange damit gerungen, ob er ein solches Angebot machen sollte, doch nun war es heraus. Sein decurionischer Konkurrent holte seinen Geldbeutel heraus und schien nachzudenken, doch es dauerte nicht lange, da begann der Händler anzuzählen.


    "Wahid, Itnen...Talata - Sklave geht an dick Mann!"


    Crispus errötete leicht, als man ihn so titulierte, dann jedoch schob er sich durch die Menge, um seinen Kauf in Besitz zu nehmen. Der Sklave schien bereits gebrochen zu sein, denn fügsam folgte er seinem Herren, nachdem dieser sein sauer verdientes Geld in die Hand des Händlers zählte. Seine Obergrenze war eigentlich 300 gewesen...

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