Die Schuld wird stets beglichen.

  • Das leise Plätschern in dieser miesen Unterkunft, die er in der Subura hatte, ging ihm allmählich auf die Nerven. Sogar sein Weggefährte Hektor, der kräftige Hund, vergrub seine Schnauze angewidert in einem Schafsfell. Und er war noch kein Stück weiter gekommen. Die Spur hatte sich wieder genauso verloren, wie er sie gefunden hatte und Scato war mit seinem Latein ziemlich am Ende. Dabei hatte es nicht schlecht angefangen. Er war der Sohn eines Bildhauers aus Misenum, hatte sich aber nie mit den Künsten anfreunden können und deswegen hatte er sich auf ein anderes Gewerbe verlassen, das er mehr beherrschte, das mehr seiner Fähigkeiten zur Geltung brachte: Er brachte den Leuten zurück, was ihnen zustand. Man könnte sagen, Scato ist eine Art Geldeintreiber, allerdings arbeitet er dabei mit allen Mitteln - und das ist auch gut so. Er musste lächeln, als er daran dachte, wie er einem Verbrecher aus Kampanien, bei Neapolis, Stück für Stück sein Vermögen abnahm. Allerdings war es bisher.. offensichtlicher. Nie hatte sich jemand so verstecken wollen wie dieser räudige Kerl. Wütend warf er ein Stück hart gewordenes Fladenbrot an die Wand und zog die Decke höher. Nein... heute durfte er nicht im Bett bleiben.


    Etwas später.
    In der Garküche, die unterhalb der Insula war, in deren obersten Stockwerk Scato zumindest vorübergehend lebte, konnte er kostengünstig etwas warmes Fleisch und Brot erwerben, das er sich mit Hektor teilte, während beide durch den kühlen Winterregen flanierten. Ihm ging langsam das Geld aus, ein Umstand, den er absolut nicht begrüßenswert fand. Aber keine Leistung bringt, bekommt eben auch kein Geld. Verdammter Kapitalismus. Schließlich hörte der Regen langsam auf, als er sich in der langen Straße befand und ein paar Sonnenstrahlen fanden ihren Weg in die lumpige verdreckte Gosse, als wollte sie erbarmungslos auf die Armut zeigen, die hier vorherrschte. Gerade einmal zwei Schichten schien es hier zu geben: Die Armen und die Ärmsten. Murrend bahnte er sich seinen Weg durch die Menschenmassen, die sich über die Straße bewegten und rempelte dabei unsanft an eine Person. Mit überraschter Miene wandte er sich um wollte denjenigen sehen, den er angestoßen hatte.
    "'Schuldigung." murrte er dabei und zog den Strick, mit dem er Hektor in seiner Nähe hielt, fester um seine Hand.


    Sim-Off:

    Wer die Muße hat... darf gerne.

  • Er hasste dies. Von ganzem Herzen.


    Eigentlich war Piso sein Leben ja sehr lieb. Er hatte alles, was er brauchte. Ein Zuhause. Eine geregelte Arbeitsstelle. Geeignete Freunde und geeignete Gegner. Es lief wie am Schnuerchen.
    Aber trotzdem gab es etwas, was er nicht schaetzte. Es war jenes Stueck zwischen der Villa Flavia und dem Palatin, durch welches er gehen musste, zweimal taeglich, um zu seiner Arbeit zu gehen und wieder zurueck.
    Das Stueck, von welchen hier das Gespraech ist, war jenes, welches durch die Subura fuehrte. Allzu lange war das Wegesstueck nicht, aber das Stadtstueck rief ihm immer wieder ins Gedaechtnis, wie unsauber diese grossartige Stadt doch sein konnte.
    Und er konnte auch nicht verschweigen, dass er immer wieder ein bisschen Angst hatte, wenn er durch jenes Viertel ging. Viel konnte passieren. Er koennte ausgeraubt werden, oder ermordet, oder man koennte Taschendiebstahl an seiner Person begehen.
    Der gross gewachsene Patrizier schlenderte darum auch niemals so gemuetlich durch die Subura, wie er uebers Forum zu trotten pflegte. Im Gegenteil, er schlug eine sehr schnelle Gangart ein, eingedenk der Tatsache, dass er mit seiner gruenen Toga in jenem Gewuehl aus farblosen, graubraunen Gestalten auffallen musste wie ein bunter Hund. Sicher gab es hier zahlreiche gestalten, die ihn am Liebsten abstechen wuerden. Er schluckte und beschleunigte seine Schritte...
    da! Eine Beruehrung! Man wuerde ihm abstechen wie ein Schwein, er wusste es! Die schnoddrig dahingemurmelte Entschuldigung des Mannes nahm er nicht zur Kenntnis, nur das baertige Gesicht, zu welchem ein Koerper gehoerte, mit dem er zusammengestossen war. Piso blickte den Kerl an wie ein Gespenst. Dies war das Ende seines Lebens! Er konnte nicht wegrennen, die Menschenmassen waren viel zu dicht.
    Deshalb gab es nur eine Moeglichkeit. "HILFE! ZU HILFE!", schrie Piso, als er entsetzt einen Schritt zurueckmachte. "ZETER! MORDIO! ICH WERDE ABGEMURKST!" Seine Augen waren geweitet vor Schrecken. Er wollte weiter zuruecktreten, doch dieses Unterfangen wurde von einem Haufen von Holzstapeln hinter ihm vereitelt. "HILFE!" Er hob entsetzt seine Haende hoch.

  • Es hätte so flüchtig sein können. Scato barg sein Gesicht für einen Moment des theatralischen Seufzens in seiner Hand und besah sich den Flavier durch die Finger, ehe er einen hastigen Satz auf ihn zumachte, die offene Hand gegen ihn gerichtet, um ihm zu bedeuten, doch bitte ruhig zu sein. "Shhht!", machte er und fuchtelte mit der Hand, wahrscheinlich sollte es eine beruhigende Geste sein. Er war sich sicher, im Hintergrund die verdächtige Person gesehen zu haben, die er schon so lange verfolgte. Vielleicht war der hagere Knabe vor ihm da nur eine Ablenkung? Ein Täuschungsmanöver? Doch als der Patrizier fiel, war sich Scato recht sicher, dass er nicht zum Schuldner gehören konnte.
    Hektor, der bullige Kampfhund, wollte nach vorschnellen und knurrte basslastig, doch die Hand am dicken Strick, stemmte der Eintreiber sich dagegen und suchte Piso seine Hand zu reichen, um ihm aufzuhelfen.
    "Ruhig jetzt!", herrschte er ihn an und schüttelte den Kopf.
    "Ich will nich' unbedingt auffallen, verstanden? Reicht ja, dass zumindest du.. herausstichst." Relativ nüchtern legte sich der Blick Scatos auf die Toga des Beamten, die wahrscheinlich nun sicher neu geordnet werden musste. Schade um die Faltenpracht. Scato grinste trotzdem dreckig, ehe ihm wieder der Ernst der Lage in den Sinn kam. "Psht!"
    Weg war er. Verdammt. Schon wieder!
    Erst dann kam ihm überhaupt in den Sinn, dass der Kerl vor ihm ein Patrizier sein konnte... seine Brauen hoben sich. Aber er sagte nichts.

  • Glueck musste man haben, den Piso hatte dies durchaus nicht. Der Holzstapel, an dem er mit den Fuessen angestossen war, sorgte dafuer, dass Piso sein gleichgewicht verlor. Hilflos ruderte er mit den Armen herum, dabei einem Passanten den Hut beinahe vom Kopf reissend (jenem war dies allerdings genauso Blunzen wie dem Rest der Leute hier, welche unbeeindruckt an ihm vorbeigingen). Doch es half nichts. Er flog nach hinten und prallte schmerzhaft mit dem Ruecken am Boden.
    Piso starrte entsetzt die Hand des Mannes an, welche er durch die Luft fuehrte. Er sah zwar das unweigerlich dazugehoerende Messer nicht, doch er war sicher, dass der Fremde es schon irgendwo versteckt hatte, um es im richtigen Moment einzusetzen.
    Er bekam langsam die Panik. Er war ueberzeugt, der Mann haette es auf sein Leben abgesehen. "LASS MICH LEBEN!", kreischte Piso entsetzt, als sich der Kerl ueber ihn beugte und dabei irgendeinen Rhabarber daherquargelte, doch Pisos Augen waren auf den (in seinen Augen) boesartigen Kampfhund fixiert, welchen der Peregrinus an der Leine fuehrte. Bei den Goettern, jetzt hatte der Mann ihn als Fruehstueck fuer seine Toele ausgesucht!
    Das dreckige Grinsen des Mannes, kombiniert mit Pisos Panik, welche dazu fuehrte, dass er ueberhaupt nicht mehr hoerte, was der Kerl sagte, implizierte ohne Zweifel dessen Mordgelueste. Das "Pscht", welches Piso durchaus vernahm, nahm er sich nicht zu Herzen.
    "UEBERFALL! HALTET DEN FEIGEN MOERDER!", rief Piso und starrte die ausgestreckte Hand des Mannes an. "HILFEEEEEEEEEEEEEEEEEEeeeeee..." Seine Stimme erstarb, als er sich auf den drohenden Tod vorbereitete und die Augen zukniff, um die Schweinerei nicht mitansehen zu muessen.

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