Triclinium | 4+1-Verträge

  • Der Tag war gekommen: Heute sollte nun endlich darüber gesprochen werden, was aus der Zukunft von Durus, aber auch der von Arvinia werden würde. Zu diesem Zweck hatte man das Triclinium vorbereitet, weniger prunkvoll, aber doch elegant. Es sollte ein leichtes Essen gereicht werden, danach hatte Durus seine Cousine gebeten, gemeinsam mit Laevina ein wenig in den Garten zu gehen, damit die Männer verhandeln konnten.


    Als der Besuch endlich angekündigt wurde, erhob sich der Tiberier - heute angetan mit seiner blauen Synthesis - und ging seinen Gästen entgegen.

  • Hinter Marcus folgte ich dem Sklaven ins Triclinium. Ich war sehr gespannt, so gespannt wie selten und aufgeregt, wie Manius Tiberius Durus wohl aussehen würde. Würde ich mich an ihn erinnern, wenn ich ihn erst sah? Immerhin hatte ich ihn schon einmal gesehen - bei dieser Hochzeit, kurz nach meiner Ankunft in Rom.


    Für dieses Treffen hatte ich mich äusserst schick gemacht. Ich hatte eines meiner schönsten und gleichzeitig eins meiner anständigsten Kleider angezogen, Tilla hatte sich beim Machen meiner Haare von einer erfahreneren Sklavin helfen lassen und schliesslich hatte ich mich noch dezent und unauffällig geschmückt. Sozusagen zu Marcus´ Ehren hatte ich den Haarschmuck an, den er mir zu den Saturnalien geschenkt hatte. Er stand mir wirklich ausgezeichnet... wie mir auch Tilla immer wieder versichert hatte.
    Als wir aufbrachen und ich erfuhr, dass Orestes mitkommen würde, war ich zunächst etwas mies gelaunt - ich konnte den nicht gut ab. Irgendwie waren wir uns gegenseitig schon seit meiner Ankunft im neuen Zuhause nicht sehr gewogen. Aber auf dem Weg besserte sich meine Stimmungslage schnell wieder und ich wurde nervös. Der Mann, den wir heute treffen würden, würde möglicherweise mein Ehegatte werden - ich würde vielleicht den Rest meines Lebens ...aber doch auf jeden Fall einige Jahre... mit ihm verbringen. Was wenn er ein alter Mann war? Oder potthässlich? Oder einfach dumm? Natürlich hatte ich auch - unwillentlich - die letzten Nächte zu solchen Sorgen genutzt, ich brauchte mir also nichts neues auszumalen um mir Angst zu machen. Doch die sinkende Distanz machte mich zunehmend unsicher. Als wir schliesslich an der Türe angelangt waren und eingelassen wurden, wäre ich am liebsten weggerannt. Zu meiner Severa, zu Prisca oder zu Tilla, wo ich sicher war.


    Doch natürlich tat ich es nicht, sondern folgte brav den Männern hinein nachdem ich Marcus aber noch einmal mit einem eindeutigen Blick über meine Aufregung aufklärte. Vielleicht half es mir, wenn er bescheid wusste. Konnte er sich überhaupt in meine Situation hineinversetzen? Ich bezweifelte es und doch war es mir ein Trost, dass er bei mir in der Nähe war... und Orestes fiel auch nicht weiter negativ auf... 8)


    Kurz vor dem Triclinium kam uns dann Durus entgegen. Ich hielt mich möglichst unauffällig im Hintergrund um erst einmal beobachten zu können, doch neugierige Blicke konnte ich nicht unterdrücken. Noch bevor er ein Wort sagte hatte ich die ersten Punkte meiner mentalen Checkliste abgearbeitet. Er sah nicht schlecht aus. Er war nicht überaus alt... Natürlich war er kein Apollo und natürlich war er viel älter als ich... Aber ich hatte in meiner Unsicherheit zuletzt Schlimmeres befürchtet.

  • Im Triclinium saß Arvinia schon erwartungsvoll auf einem Schemel und wartete darauf, dass die Gäste antreffen würden.


    Das Kribbeln, welches sie jeder Zeit verspürrte, wenn sie an ihren Manius dachte, reichte auch heute wieder bis in ihre Haarspitzen.
    Heute war ein so wichtiger Tag, heute würde wohlmöglich das erste mal über "heiraten" gesprochen. Heiraten .. desto mehr Arvinia sich in der Vergangenheit darauf gefreut hatte, umso mehr war sie jetzt nervös. Sie versuchte sich ein wenig zuberuhigen erst einmal abwarten .. dachte sie sich nur und klopfte mit ihren Fingerspitzen tippelnt auf ihre Knien herum.


    Irgendwann hörte sie dann Stimmen die ins Triclinium hineindrangen, sie waren da! Aufgeregt und zugleich sehr unsicher stand die junge Tiberia auf und schaute in die Richtung aus der die Stimmen zu hören waren. Der Rücken ihres Cousin versperrte ihr leider die Sicht, aber in einigen Augenblicken würde sie die Gäste sehen können.

  • Es hätte sicherlich besser abgesprochen sein können, so dass man diese Gespräche unbedingt in dieser Konstellation hätte durchführen müssen. Aber, so dachte sich Orestes, es würde noch schlimmer kommen, sie würden - im schlimmsten Fall - sogar eine Doppelhochzeit akzeptieren müssen. Und wenigstens Orestes würde es akzeptieren. Schließlich mussten die Tiberier ja nicht erfahren, dass Laevina und Orest sich nicht verstanden.


    Diese Stimmungslage hatte allerdings verursacht, dass Orestes bisher schweigsam war. Auch er hatte sich in eine "schlichte" Synthesis gekleidet, von der Art "Schlichtheit", der man ansah, dass schlicht durchaus ein Qualitäts- bezeihungsweise Preismerkmal sein konnte, dass dem Anlass und der Gesellschaft angemessen war, dass es ein tiefes blau war, das der Farbe der Synthesis des Tiberiers, der ihnen entgegenkam, ähnelte war sicher nur ein Zufall, oder ein Zeichen für den guten Geschmack, des Tiberiers. Er blickte kurz zu Laevina, die sicherlich s e h r aufgeregt war, schließlich sah sie den tiberischen Pontifex das erste Mal.

  • Sim-Off:

    Ich mach jetzt einfach mal weiter, auch wenn Corvi noch fehlt.


    Auch Durus war ein wenig aufgeregt, als er die Gruppe erblickte, die sich durch den Hof bewegte. Zwar war es ihm im Grunde egal, wer seine Frau wurde, da er im Grunde nur Loyalität verlangte - für alles andere gab es Sklavinnen - doch natürlich wollte auch er wissen, mit wem er seine nächste Zukunft verbringen würde. So reckte er ein wenig den Hals, um das Mädchen zu sehen, das hinter Corvinus herlief. Doch leider sah er nur braunes Haar, das von einem Schmuckstück gehalten wurde.


    Erst als Corvinus und die anderen näher kamen und Durus zur Begrüßung schritt, konnte er sie in Augenschein nehmen. Sie war schlank und ein Stück kleiner als Durus und als er sie so maß, dachte er einen Augenblick daran, dass er möglicherweise seine Sklavin gar nicht mehr brauchte... In jedem Fall war sie äußerst vorzeigbar und würde die Blicke von Gästen möglicherweise ein wenig von seinem kleinen Wohlstandsbäuchlein ablenken (obwohl er es in den letzten Monaten sogar ein wenig bekämpft hatte). Wenn sie noch einigermaßen gebildet war, würde er sehr gut mit ihr zurecht kommen, da war er sich sicher!


    Nach dieser kleinen Musterung, die tatsächlich einen kurzen Zeitraum benötigte, erinnerte er sich wieder seiner Pflichten als Gastgeber und trat an den aurelischen Senator heran.


    "Salve, Corvinus! Ich freue mich, dass Du kommen konntest!"


    Dann ging er zu Orestes weiter, den er ja bereits kannte, wenn auch nicht sonderlich gut. Dass er ein ähnliches Kleidungsstück wie er selbst trug, war zwar nicht ideal, aber irgendwie bestätigte es den Tiberier auch darin, dass er einen guten Geschmack hatte, den auch noch junge Leute teilten :]


    "Sei auch Du gegrüßt, Aurelius Orestes."


    Zuletzt trat er an Laevina heran und musterte nun auch ihr Gesicht genauer. Es war äußerst harmonisch und auch die Augen gefielen ihm sehr. Sein Mund regte sich zu einem freundlichen Lächeln, als er sagte


    "Und Du musst Aurelia Laevina sein! Sei willkommen in meinem Haus!"


    Er trat einen Schritt zurück und schob Arvinia ein wenig vor, um sie vorzustellen. Dann besann er sich jedoch: Corvinus und Orestes kannten sie doch eigentlich bereits und Laevina war ja angeblich bei den Mädchen gewesen, die Arvinia in die Stadt entführt hatten, als das Gespräch mit den Corvinus stattgefunden hatte! So beschränkte er sich auf ein


    "Tiberia Arvinia kennt Ihr ja alle bereits, nehme ich an!"

  • Und dann war es soweit, Durus trat uns entgegen und öffnete den Mund, sagte etwas, begrüsste uns alle. Er hatte eine angenehme Stimme, zumindest fiel mir daran nichts Schlimmes auf. Er hatte Geschmack, war schlicht aber edel gekleidet - fast wie Orestes, wie mir auffiel. Der Tiberier war wirklich deutlich älter als ich. War er vielleicht am Ende doch zu alt? Aber er hatte auch etwas Junges in seinem Blick. Er schien noch Energie zu haben, noch war nicht alle Jugend aus ihm gewichen. Und das war das Wichtigste.
    Und er musterte mich. Natürlich senkte ich den Blick, als ich es bemerkte und errötete wohl auch leicht, was mir aber nicht gerade schlecht stand.


    "Sei willkommen in meinem Haus!" Das war schon gleich doppeldeutig zu verstehen, auf jeden Fall freute ich mich, denn ich verliess mich darauf, dass ich genug Menschenkenntnis gehabt hätte, um zu erkennen, wenn ich ihm überhaupt nicht gefallen hätte. "Danke!", sagte ich etwas verlegen und errötete erneut, obwohl es mich jetzt ärgerte, aber wie das so ist, kann man dagegen nichts machen.
    Doch zum Glück schob Durus schnell Arvinia vor, die ich tatsächlich bereits kannte und fast ein wenig überrascht aber vor allem äusserst beglückt war hier zu treffen. So war ich wenigstens nicht ganz allein unter Männern. Mit einem breiten Lächeln begrüsste ich sie und wartete ab, wie der Ablauf der Gespräche, des Essens... der Verhandlungen oder was sonst geplant wäre. Ich gab mir alle Mühe nicht zu sehr im Mittelpunkt zu stehen, es waren ja auch genug andere Menschen hier, wobei mir nicht bei allen ganz klar war, weshalb...

  • Sim-Off:

    Wir ziehen Corvi ein bisschen mit, was wir ihn tun lassen, ist SimOff abgesprochen!


    Nach der Begrüßung bat Durus die Gesellschaft ins Triclinium, wo die Musikanten im Hintergrund sofort zu spielen begannen. Durus beobachtete die Reaktion von Laevina. Ob ihr die Villa gefiel? Wenn alles glatt ging, würde sie in naher Zukunft darin wohnen und Durus war kein besonders verschwenderischer Mensch, der sich freute, wenn seine Frau das ganze Haus umbaute.


    "Nehmt Platz!"


    bat er seine Gäste und legte sich auf die Liege des Gastgebers, wo Arvinia neben ihm Platz nehmen sollte. Die Sklaven baten Corvinus als Magistraten auf den Locus Consularis, daneben legten sie Orestes und zuletzt Laevina. Damit war es allerdings nicht ganz so leicht für Durus, Gespräche mit ihr zu führen. Andererseits hatte Durus auch im Augenblick keinen allzu großen Bedarf daran - er würde noch ein ganzes Leben Zeit haben, sich mit dem Mädchen zu unterhalten. Und heute sollte verhandelt werden - da brauchte man keine Frauen dafür!


    Zuerst sollte es jedoch Speisen geben, darum gab Durus das Zeichen zum Auftragen der Speisen, während er Orestes direkt ansprach.


    "Orestes, hast du dich bereits bei den Auguren eingearbeitet? Kommst du mit Verginius gut zurecht?"

  • Eine eigentümliche Stimmung meinte Orest verspüren zu können, als sie sich in das Triclinium begaben, in welchem er zuletzt im Herbst letzten Jahres zu Tische gelegen hatte. Damals war er noch als Schatten des Corvinus mitgekommen und heute - wenn auch in kleinerer Runde - war er einer der Gründe, warum man es sich hier gut gehen ließ. So ließ er selbst die Abneigung gegen Laevinia im Atrium und nahm seinen Platz ein.


    Er freute sich sehr Arvinia wiederzusehen, auch wenn seine Reaktionen eher zurückhaltend waren. Aber dies gehörte sich so. Nur ab und zu schaute er zu ihr herüber - im richtigen Maße versteht sich.


    Das Gespräch begann natürlich nicht direkt mit den Dingen, die es zu verhandeln gab, wahrscheinlich würde man die nach dem Essen tun, wenn die Damen sich zurückzogen. Das erste Thema war das Collegium der Auguren. "Vielen Dank der Nachfrage, Durus. Verginius hat das Collegium gut im Griff. Es gibt kaum Konflikte und die Sitzungen laufen gut organisiert und vorbereitet entsprechend zügig ab. Meistens wenigstens. Dann was die Aufgaben anbelangt, kann ich nicht klagen. Vor kurzem war ich Ostia für eine liberatio und effatio. Eine wichtige Aufgabe."


    Oder auch nicht, dachte er sich, denn schließlich hätte er ja unter fast allen Umständen die liberatio durchgeführt auch wenn es Zeichen gegeben hätte. Aber das tat jetzt hier nichts zur Sache.

  • Nachdem Arvinia auch die drei Gäste anständlich begrüßt hatte, nahm sie neben ihrem Cousin Platz. Sie war ja so froh, dass er dieses mal neben ihr saß, nicht wie beim letzten mal, wo sie fast keinen kannte und sich etwas verloren vorkam.
    Aurelius Corvinus und Laevina war sie freundliche Blicke zu, Orestes aber hingegen sehr liebevolle, allerdings so, dass es keiner mitbekam, selbst ihr geliebter nicht. Sie hörte ihn einfach nur zu, wie er wieder auf seine Art Dinge erzählte. Seine Stimme klang so warm und sie wünschte sich so sehr, dass die Verhandlungen schon längst abgeschlossen wären und die Hochzeit bevorstünde. Aber bis es soweit ist würde es noch eine halbe Ewigkeit dauern.
    Später würde sie mit Laevina in den Garten gehen und ein bisschen quatschen, damit die Männer verhandeln konnten, bis es aber soweit war verhielt siech die jugne Tiberia ruhig, wie es sich in so einer Runde gehörte, erst reden wenn man gefragt wird!

  • Verginius war also immer noch der alte. Am Anfang hatte Durus es genossen, dass das Collegium so hervorragend organisiert gewesen war. Doch mit der Zeit hatte es ihn fast ein wenig gestört, dass die Zusammenkünfte stark von Monologen des Magisters geprägt gewesen waren. Aber natürlich wollte er Orestes nicht die Zuversicht und Zufriedenheit rauben, daher nickte er nur knapp.


    "In Ostia ging es um den Tempel des Mercurius, nicht wahr? Soweit ich weiß, haben die Auguren dazu bereits ein Gutachten erstellt, da die Baustelle eingestürzt war - nicht wahr?"


    Dunkel erinnerte er sich an einen Brief des zuständigen Magistraten. Und war es nicht Annaeus Sophus gewesen, der diese Aufgabe übernommen hatte? Aber das war schon sehr lange her...inzwischen war der greise Augur verstorben.


    Während Durus so nachdachte, begannen die Sklaven damit, das Essen aufzutragen. Als Vorspeise wurde ein Fischgericht mit einer scharfen Sauce gereicht (die Gewürze stammten aus dem fernen India - eine Kost, die man nicht jeden Tag genießen konnte).


    "Es passieren schon immer wieder beunruhigende Dinge - glücklicherweise manchmal auch nur als Laune der Fortuna und nicht als Warnung der Götter!"

  • Es wurde ein leichter, wenn auch scharfer Fisch gereicht, der mit einem Gewürz angerichtet war, das Orestes bekannt vorkam, aber das er nicht mehr genau einordnen konnte. Nur eines war sicher, es kam aus dem Osten. "Sehr exquisit, dieser Fisch, er lässt die Geschmacksnerven weit in den Osten reisen!", bemerkte er deshalb wage in die Richtung der Herkunft deutend, ohne zu viel Wissen oder Unwissen preiszugeben.


    "Ja, Du hast recht. Die Akten waren sehr gut geführt. Ein Annaer hatte sich damals darum gekümmert. Dann war es aber lange Zeit in Ostia nicht mehr weitergegangen. Jetzt ist ein sehr junger Octavier in der Stadtverwaltung. Sehr rührig. Bringt eine Menge Bewegung in die Stadt."


    Er schaute kurz zu Corvinus, der bisher auffällig still war.

  • Ein wenig gedankenverloren nickte Durus. Er selbst hatte vor langer Zeit auch in einer Stadtverwaltung gearbeitet und wusste, welche große Bedeutung einer engagierten Führungsschicht in den Städten zukam. Der Trend zu sehr jungen Führungspersönlichkeiten hingegen erregte sein Missfallen. Mochte dies noch bei Männern aus so edlen Familien wie den Aureliern akzeptabel sein (etwa bei einem Aurelius Corvinus als Duumvir von Mantua), so waren irgendwelche Annaeer oder Octavier ihm doch eher ein Dorn im Auge. Aber er musste ja nicht über alles entscheiden und die Städte Italiens sollten ruhig ihre eigenen Regelungen finden!


    "Es ist gut, wenn die Städte eigene Dinge auf die Beine stellen."


    kommentierte er die Information schließlich. Dann blickte er in der Runde weiter. Er glaubte, dass die Stimme Laevinas ihm gefiel, doch hatte er sie nur ein kurzes Wort sprechen hören, daher war er begierig, mehr über sie zu erfahren. Nicht etwa, weil er sich in sie verliebt hätte - er war schlichtweg neugierig, mit wem er aller Voraussicht nach seine nächsten Jahre verbringen sollte!


    "Und du, Aurelia - bist du auch in einer der Städte Italias aufgewachsen? Oder kommst du gar aus Rom selbst?"


    Während er die Antwort abwartete, griff er ebenfalls nach einem Stück Fisch und kostete davon. Es war erwartungsgemäß scharf, doch ein Römer schätzte Gewürze und abgesehen davon war genügend Brot und Wein vorhanden, um die Schärfe wegzuspülen!

  • Ich lag leider nicht nah bei dem Tiberier, der mein Schicksal zu sein schien. So konnte ich mich auch nicht so einfach in das Gespräch einmischen, dass er mit Orestes führte. Da ich an letzterem freundlich gesagt auch wenig interessiert war und der Abstand auch Vorteile mit sich brachte, bedauerte ich die Situation aber nicht zu sehr. Zunächst beobachtete ich die Teilnehmer des Treffens. Weshalb ich hier war, war mir klar. Marcus war mein Vormund, Durus der vorgesehene Gatte. Doch Orestes... und Arvinia... Da dämmerte es mir und sofort fielen mir auch entsprechende Wortfetzen oder Andeutungen ein, die ich aufgeschnappt hatte. Arvinia war mir so nett vorgekommen, als ich sie kennengelernt hatte. Und jetzt so etwas... Meine Verwunderung und Enttäuschung verbarg ich jedoch gut und widmete mich bald wieder meinem Hauptanliegen hier. Der Tiberier machte eine gute Figur bei Tisch - das heisst, er wusste ein Gespräch zu führen und zu moderieren, er hatte eine angenehme Stimme - ich war gespannt, ihn einmal eine Rede halten zu hören. Sicherlich war er rhetorisch gut ausgebildet worden. Vielleicht sogar in Griechenland? Dann hätten wir immerhin schon ein gemeinsames Kapitel in unserer Vergangenheit.
    Und Durus hatte Geschmack. Gleich zu Beginn des Mahls wurde eine seltsame Spezialität aufgetragen. Zumindest handelte es sich nicht um Garum oder andere Gewürz(-saucen), die ich kannte. Obwohl ich viel zu aufgeregt war um hungrig zu sein, probierte ich und es schmeckte tatsächlich gut, wenn auch sehr scharf.
    Ich war ganz in die Musterung seines Gesichtes vertieft, als er mich plötzlich ansprach. Deshalb schreckte ich ein wenig auf und erzählte dann: "Äh nein! Ich bin ursprünglich Römerin. Allerdings ist mein Vater schon mit mir nach Griechenland gezogen, als ich noch klein war." Und seit er tot war, war ich wieder in Rom. Eigentlich war in meinem Leben bisher kaum etwas passiert. Ich fühlte mich ein wenig schäbig, bevor ich abschloss: "Und jetzt lebe ich wieder in Rom..." Wie lange war das jetzt schon? Es schien mir eine Ewigkeit! Soviel hatte ich hier schon gesehen! "Es gefällt mir sehr gut hier! Es ist doch eine schöne Stadt - trotz all ihrer dunklen Ecken und Flecken." Errötend, weil mir plötzlich bewusst wurde, dass ich nun doch im Rampenlicht stand - gerade so wie ich es nicht gewollt hatte - fügte ich noch hinzu: "Immerhin ist hier etwas los!"
    Um wieder von mir abzulenken aber vor allem um wenigstens ein bisschen von meinem potenziellen Zukünftigen zu erfahren, fragte ich: "Und du? Du bist doch sicher Römer!?" Privatere Dinge wagte ich nicht vor den anderen Männern zu fragen, obwohl meine Neugier nach Details über seine Militär- und Politikkarriere verlangte, über frühere Frauen und seine Eltern. Sicherlich würde ich an einem anderen Tag noch die Möglichkeit haben, ihn genauer auszufragen.

  • Orestes war sicherlich nicht der Typ Mensch, der nur deswegen jeden Morgen aufstandum, sich in seinen Vorurteilen bestätigen zu lassen, so dass er diese Verhandlungen in der doppelten Form und unter Anwesenheit Laevinas und Arvinias - jedenfalls beim Essen - für gut geheißen hatte. Ja er hatte sogar, als sie sich auf diesen Weg gemacht hatten, eine gewisse Attraktivität bei Laevina wahrzunehmen gemeint. Aber als sie - durch den Tiberier charmant in das Gespräch eingebunden - das erste Mal ihren Mund auftat und als erstes das Wort "äh" dem Geflecht ihrer Zähne entsprang, fühlte er sich in seiner ersten Beurteilung Laevinas, die an einem inzwischen schon weit zurückliegenden Abend im Atrium entstanden war, bestätigt, das selbige nämlich eine reichlich oberflächliche, nicht besonders gebildete und im letzten auch nicht besonders interessante - und daher zum Glück - verwandte Patrizierin sei.


    In der Hoffnung, dass wenigstens ihr Liebreiz etwas Eindruck schinden würde, wo es ihre Worte schon nicht vermochten, damit die Aurelia nicht (neben dem persönlich-menschlichen Gewinn, der durch den Tausch Arvinia - Laevina entstand, versteht sich) mit allzu großen finanziellen Einbußen diesen Abend beenden würde, reagierte er auf die Äußerungen Laevinas nicht, sondern nahm noch einen Bissen Fisch und tunkte ihn die scharfe Soße.

  • Während Durus seinen Fisch kaute, hörte er Laevina nicht nur zu, sondern beobachtete sie auch aufmerksam. Sie schien in Gedanken versunken gewesen zu sein, ehe er sie ansprach, denn sie wirkte geradezu verschreckt. Zum Ende hin errötete sie zusätzlich. All das deutete darauf hin, dass sie ein kleines Mauerblümchen war. Vermutlich war sie noch nicht viel in Gesellschaft gewesen - andererseits war sie ja auch noch recht jung. Vielleicht würde sich all das verbessern, wenn sie verheiratet war. Pudicitia war gut und es war besser, wenn eine Frau still war, als wenn sie pausenlos plapperte - doch musste sie sich auch auf dem öffentlichen Parkett bewegen können, möglicherweise die Fäden, die ihr Mann politisch-sozial spann, in der Hand halten können. Dafür brauchte es wohl noch ein wenig mehr Selbstbewusstsein, doch wollte er ihr das vorerst nicht zur Last legen. Stattdessen antwortete er, nachdem er freundlich genickt hatte:


    "Ich wurde in Alexandreia in Aegyptus geboren. Zugegebenermaßen etwas ungewöhnlich für einen Senator, doch mein Vater diente bei der Deiotoriana. Dort habe ich auch gelebt, ehe ich vor einigen Jahren nach Italia kam."


    Dass sein Vater nur einen ritterlichen Rang bekleidet hatte, musste er nicht explizit erwähnen. Obwohl er seinen Vater sehr schätzte, beschämte ihn der Makel, nicht aus einer ungebrochenen senatorischen Tradition zu stammen. Andererseits konnte sich dies auch jeder halbwegs gebildete Mensch denken, denn Aegyptus war allen Senatoren verboten.


    "Zuerst war ich in Misenum, am Golf von Neapolis in der Stadtverwaltung tätig, ehe ich nach Rom kam, um dem Kaiser als Rechtsberater zu dienen. Von dort konnte ich dann endlich den Cursus Honorum beschreiten."


    fügte er an, um weitere Nachfragen zu seiner Kindheit zu verschweigen, denn seine nichtsenatorische Abstammung sollte nicht weiter thematisiert werden (obschon seine Familie vor einigen Generationen bereits jenen Stand innegehabt hatte, ehe es die falsche Partei unterstützt hatte).


    "Leider konnte ich Achaia noch nicht persönlich besuchen, aber ich habe viel darüber gehört. Wo genau habt ihr denn gelebt?"


    Natürlich hatte Durus sich im Vorfeld informiert und wusste, dass Laevinas Vater verstorben war, Corvinus jedoch die Tutela über sie ausübte. Allerdings hatte er keine Lust, heute über betrübliche Dinge zu sprechen, somit wandte er das Thema lieber in andere Richtungen.

  • Zum Glück viel mir weder Orestes aufgefrischte Abneigung gegen mich, noch die kleine Enttäuschung die meine Zurückhaltung dem Tiberier beibrachte auf. Ich fühlte mich tatsächlich recht unsicher in dieser Runde, obwohl ich mich selbst nicht für schüchtern hielt. Aber immerhin handelte es sich hier um meinen möglichen Gatten - was mich zugegebenermassen einigermassen nervös machte.


    Während ich keinen Schimmer hatte, was die Deiotoriana waren, wusste ich sehr wohl um das Tabu Ägyptens für alle Senatoren - "Ägypten ist zu reich - wenn ein Senator den Fuss dorthin setzen würde, müsste ganz Rom um sein Brot fürchten". So ähnlich hatte ich noch die Stimme meines Lehrers aus Griechenland in den Ohren. Und auch einen Schluss zog ich aus dieser Äusserung zu seiner Herkunft: Er war ein Homo novus - ein neuer Mann in der Politik. Er hatte sich aus eigener Kraft hochgearbeitet... andererseits hatte er vermutlich keine lange und edle Ahnentradition. Doch ich tröstete mich mit seinem Adel und dem positiven Aspekt dieser Neuigkeit.


    "Achaia ist schön! Du musst es unbedingt einmal dorthin reisen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Aber es ist dort nicht viel los..." Er fragte nach dem genauen Ort der Villa meines Vaters, obwohl er noch nie in dem Land gewesen war. Das war etwas seltsam, aber ich antwortete gehorsam und so genau ich konnte.
    "Mein Vater besass Landgüter und eine Villa ausserhalb Corinthus´. Dort bin ich aufgewachsen..." Dass meine Mutter so früh verstorben war, verschwieg ich, dass meine frühe Jugend auf dem Land ziemlich langweilig gewesen sein musste, konnte der Tiberier sich vielleicht denken.
    Mir war entfallen, welches Amt im Cursus Honorum Durus innehatte, doch da ich mich erinnerte wie Marcus es mir erzählt hatte, wollte ich mich nicht blossstellen und fragen. Ich nahm einen Schluck Wein um nicht mehr in dieser Runde über mich Preis geben zu müssen - vor Orestes und bevor ich Durus richtig kannte. Stattdessen warf ich Arvinia ein breites Lächeln zu und fragte mich, wie es ihr seit unserem letzten Treffen ergangen war. Sie fragte ich natürlich nicht, darüber könnten wir später sicher noch reden.

  • Die junge Tiberia hielt sich immernoch raus aus dem Gespräch. Sie war eh viel zu nervös, allein schon wegen der Verhandlung, als das sie sich auf ein Gespräch konzentrieren könnte.
    Langsam und etwas abwesend im Blick genoss sie das köstliche Essen, bei dem ihr Cousin an nichts gesparrt hatte. Klar gab es hier fast jeden Tag tolle Speisen, aber der artiges gab es schon seit einigen Wochen nicht mehr.


    Verlegen versuchte sie ab und zu Orestes anzuschauen, ohne das Corvinus etwas bemerkte. Ob Laevina und sie bei den Verhandlungen dabei sein würden? Fragen über Fragen .. abwarten bis Manius etwas sagen würde.

  • Wohl um ihre Nervosität zu überspielen, antwortete Laevina kurz und beendete ihren Satz mit einem Schluck Wein (Ob sie einen trockenen Mund hatte?). Ihr Herkunftsort war Durus selbstverständlich bekannt: Corinthus war die Hauptstadt von Achaia gewesen, ehe der wohl etwas hellenophile Iulianus Achaia dazu bestimmt hatte. Die Stadt war vor langer Zeit zerstört worden, doch hatte man sie angeblich sehr hübsch wieder aufgebaut.


    "Seit wann bist du dann in Rom?"


    fragte er schließlich weiter. Er schob die Gedanken an die Verhandlungen noch etwas vor sich her, wollte stattdessen eine lockere Unterhaltung pflegen (obwohl er das Talent dazu kaum besaß). Dabei stellte er sich allerdings die Frage, wie er am besten alle einbinden konnte: Wenn er über Politik sprach, würden sich zwar sowohl Corvinus, als auch Orestes beteiligen können, doch die Frauen nicht. Wenn er Laevina fragte, konnten sich die Männer kaum etwas beitragen - es war wirklich schwierig, alle zu bedienen!


    Zum Zeichen, dass Arvinia sich gern beteiligen durfte, ließ er ihr einen aufmunternden Blick zukommen. Sollten die beiden männlichen Gäste etwas zum Thema wissen, würden sie sich ohnehin von selbst melden.

  • Auch mir fiel es nicht so leicht, das Gespräch voranzubringen, weshalb ich einerseits zwar dankbar war, dass Durus diese Aufgabe zu übernehmen versuchte, doch andererseits blieb die ganze Last des Redens und Antwortens doch auf mir.
    Natürlich antwortete ich aber freundlich und schnell auf die letzte Frage des Tiberiers.
    "Seit einigen Monaten schon, ich glaube es ist noch nicht ganz ein Jahr." Tatsächlich hatte ich keine Ahnung wann genau ich in Rom angekommen war. Der Tod meines Vaters schien mir ewig her, weil er schon Monate vorher krank und schwach gewesen war und für mich wie tot und seit ich in Rom war, war bereits so viel passiert. Doch einige Monate war ich bestimmt schon hier, auch wenn es mir manchmal vorkam wie eine Woche, manchmal wie Jahre.


    Nach einer kurzen Pause, um nicht unhöflich zu erscheinen, richtete ich mich an Tiberia. "Arvinia, wie ist es dir ergangen, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben?" Da ich das Theme für mich persönlich meiden wollte, fragte ich nicht offen, ob - und warum - sie mit Orestes liiert sei. Das wäre zu peinlich gewesen. Mittlerweile hatte ich genug gegessen und wartete nun gespannt, was die nächsten Schritte diesen formalen Treffens sein würde.

  • Ein Jahr - das war wahrlich keine lange Zeit. Aber immerhin hatte sie sich wohl bereits weitestgehend eingelebt und wusste, wer die wichtigen Persönlichkeiten der Stadt waren (zumindest, wenn Corvinus sie gut eingeführt hatte). Da Laevina sich nun allerdings Arvinia zuwandte, beschloss er, dass er seinerseits auch ein paar Worte mit Corvinus und Orestes wechseln konnte - immerhin waren alle vorerst unterhalten.


    "Orestes, planst du eigentlich, ein Militärtribunat zu bekleiden?"


    In der Karriereplanung war dies ein wichtiger Schritt - zwar war es ihm als Patrizier nicht vorgeschrieben, dennoch erachtete Durus einen derartigen Erfahrungsgewinn als sinnvoll - empfahl er doch für weitere Ämter!

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