[Laden] Clio Et Calliope - Bücher, Kurztexte und andere Schriften


  • TABERNA LIBRARIA
    CLIO ET CALLIOPE


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    LIBRA, SCRIPTA ALIIQUE EXEMPLARES



    PROPRIETAS DUCCIAE FLAMMAE




    Dies ist der kleine Bücherladen der Duccia Flamma, in einer Seitenstraße am Forum gelegen, aber noch in der Sonnenkehre gelegen, um das Licht im Laden nicht durch Öllampen und andere potentielle Gefahren sicherstellen zu müssen. Das Angebot der emsigen und fleissigen Sammlerin umfasste mittlerweile beinahe alle Klassiker der römischen Kultur, und der zeitgenössischen Literatur.

  • Die Tür knarzte als Alpina sie aufschob. Interessiert betrachtete sie die Ausstattung des Raumes. An den Wänden reihten sich lange Regale mit Schriftrollen, davor standen die Schreibtische der Kopisten. Man hörte die Federn über die Papyri kratzen. Aus dem Hintergrund trat ein älterer Mann mit Philosophenbart hervor. Er musterte Alpina neugierig.


    "Wie kann ich dir helfen?", fragte er.


    Alpina hegte schon eine Weile den Wunsch, das ihr nur aus Erzählungen bekannte Stück des Aischylos über die Erinnyen also das "Die Eumeniden" betitelte Werk zu lesen. Vielleicht würde sie Erkenntnisse daraus ziehen können, die ihr helfen konnten, sich von den schrecklichen Träumen zu befreien. Also erklärte sie:


    "Salve. Ich suche nach einem Werk des Aischylos - "Die Eumeniden". Habt ihr das?"


    Der Alte sah sie zweifelnd an. "Kannst du es denn lesen? Es ist in Griechisch geschrieben."


    Alpina schüttelte den Kopf. "Ich kann sehr wohl lesen, aber ich hatte gehofft, dass ich es in einer lateinischen Übersetzung lesen könnte. Ich kann das Griechische zwar entziffern, aber es reicht nicht, um es gut genug zu verstehen."


    Der Mann nickte. Er schien überrascht zu sein, dass sie als offensichtlich nicht sehr reiche Frau lesen und sogar ein wenig Griechisch konnte.
    "Natürlich können wir dir eine lateinische Übersetzung anfertigen. Das würde eine gute Woche dauern. Doch...kannst du dir das leisten?"


    Alpina nickte und holte ihren Lederbeutel unter einer Falte der Tunika hervor.


    Der Alte schien beruhigt.
    "Gut. Dann kannst du das Buch Ende kommender Woche abholen. Wie ist dein Name?"


    "Susina Alpina, mir gehört die Taberna Medica Alpina im Vicus Apollinensis."


    Er hob den Blick. "So? Wärst du dann eventuell auch an medizinischer Fachliteratur interessiert? Ich habe hier das Werk des Celsus. Es sind mehrere Bände... allerdings nicht ganz billig..."


    Nur zu gerne hätte Alpina das bekannte Werk "de medicina" besessen, doch sie verkniff sich die Ausgabe. "Vielleicht komme ich bei Gelegenheit darauf zurück. Danke ersteinmal. Bis nächste Woche. Vale bene", verabschiedete sie sich.


    Sie war schon fast an der Tür als ihr noch etwas einfiel.
    "Kann ich bei dir auch Briefpapier kaufen und Tinte?"


    Der Ladeninhaber lächelte nun. "Selbstverständlich. Wieviele Bögen Papyrus brauchst du denn?"


    Alpina rechnete nach. Sie würde vier Briefe schreiben müssen. Aber sie nahm lieber gleich mehr Bögen mit.
    "Gib mir 7 Bögen und ein Tintenfass, bitte."


    Gleich kam ein Sklave angelaufen und packt ihr die Sachen ein. Alpina zahlte und verabschiedete sich nun endgültig.

  • Eine gute Woche nach ihrem ersten Erscheinen in dem Buchladen, betrat Alpina ihn erneut, um ihr Buch abzuholen. Die Kopisten guckten neugierig von ihrer Arbeit auf, als sie die Tür hinter sich schloss.


    Mit einem strahlenden Lächeln trat der Alte mit dem Philosophenbart zu ihr hin und überreichte ihr die Schriftrolle.


    "Salve, Susina Alpina. Hier sind "Die Eumeniden" des Aischylos. Ich wünsche dir viel Freude damit. Und hast du es dir überlegt? Kann ich dir nicht doch den Celsus näherbringen?"


    Er griff hinter sich und holte eine Buchrolle, die besonders hochwertig gearbeitet war. Dann entrollte er sie eine Stück weit. Gebannt starrte Alpina auf den sorgsam geschriebenen Text, überflog die medizinischen Erklärungen und Rezepte. Ein echter Schatz, ein wahres Kleinod!
    Sie seufzte.


    "Leider kann ich mir das momentan nicht leisten. Aber wenn ich mir eines Tages ein wenig mehr erarbeitet habe, will ich gerne darauf zurückkommen."


    Sie zählte das Geld für ihre Buchrolle, der Antiquarius verschürte sie und wickelte sie in ein Tuch. Dann wechselten Geld und Buch den Eigentümer. Alpina bedankte sich.


    "Vielen Dank, vale bene!"

  • Curio hatte mal ein wenig Zeit zwischen seinem täglichen Händeschütteln auf dem Forum und seiner Schicht im Tempel. Nachdem er sich in einer Garküche einen kleine Mahlzeit gegönnt hatte, kam er zufällig an dem Buchladen vorbei. Er blieb davon stehen, zögerte, trat dann aber schließlich doch hinein. Die knarrende Tür ersetzte wohl eine Glocke oder ähnliches, denn schon blickten einige Kopisten an ihren Tisch kurz auf, musterten den Kunden und beugten sich dann wieder über ihre Papyrusrollen. Curio liebte das Kratzen der Federn schon seitdem er klein war und seiner Mutter beim Briefeschreiben zugesehen hatte. Danach saß er auch immer mal wieder beim Kopisten, der für die Bibliothek seiner Eltern die Bücher kopierte und lauschte dem wohligen Kratzen beim Niederschreiben. Daher schloss er nun, ebenso wie er es immer zu Hause getan hatte, die Augen und horchte einfach nur. Ein angenehm warmes Gefühl durchströmte seinen Körper von den Fuß- bis in die Haarspitzen.


    Allzu gerne hätte er sich seine eigene kleine Bibliothek zusammengestellt, eine schöne Mischung aus klassischer griechischer und zeitgenössischer Literatur wäre das geworden, doch fehlte ihm dafür einfach das Geld und der Platz. Vielleicht könnte er sich ja zumindest bald in ihrem neuen Haus einen Anfang machen. Interessanterweise wurde er von niemandem aus diesen Gedanken gerissen und selbst der alte bärtige Mann, der derzeit die Regale sortierte, schaute nur kurz zu ihm und fuhr dann mit seiner Arbeit fort. Er störte ja niemanden bei der Arbeit und stand auch nicht im Weg. Der junge Mann würde sich schon melden, wenn er einen Wunsch hatte.

  • Irgendwann öffnete Curio wieder die Augen. Wie viel Zeit vergangen war, hätte er nicht sagen können, doch hatte er den Gedanken gefasst, hier und heute den Grundstein für seine Bibliothek zu legen. Daher ging er auf den bärtigen Mann zu und räusperte sich leicht. Der Mann drehte sich um, blickte Curio milde in die Auge.


    Was kann ich für dich tun, junger Mann?


    Curio zögerte kurz, nickte dann aber nochmal, um sein eigenes Vorhaben zu bestätigen.


    Hast du vielleicht eine Ausgabe der Oden des Horatius vorrätig?


    Erwartungsvoll erwiderte Curio den Blick des Bärtigen, der kurz nachdachte, nickte, von der Leiter stieg und sie einige Regale weiter schob. Dann kletterte er wieder hinauf und holte zwei Schriftrollen aus dem zweiten Fach von oben.


    Ja, sogar nicht nur eine.?


    Er legte beide auf einen Ausstelltisch und rollte sie aus.


    Diese hier ist deutlich künstlerischer gefertigt, ein wirklich schönes Stück, und diese ist etwas einfach, aber dennoch schän in ihrer Schlichtheit.


    Dann nannte der Alte die Preise, während Curio die schön gearbeiteten Ausgaben betrachtete. Beide hatten etwas für sich, doch da sein Budget ja beschränkt war, entschied er sich für die günstigere, einfachere Ausgabe. Der Alte nickte, legte die andere Ausgabe wieder ins Regal und packte gewählte Ausgabe sicher ein. Curio nahm sie an sich und strahlte dabei übers ganze Gesicht. Doch wollte er die Ausgabe nicht den ganzen Tag mit sich rumtragen, sodass er kurz zur Casa Atia ging. Danach würde er sich dann wieder den alltäglichen Pflichten widmen.

  • Viel war passiert am Vormittag der Vinalia. Während Silvana sich in die Natur zurückzog, suchte Curio Hilfe in den Büchern. In seiner kurzen Mittagspause hatte er nicht gegessen - er hätte wahrscheinlich auch nichts hinuntergekriegt - und fand sich schließlich vor jene Buchhandlung wieder, in der er sich bereits seine Ausgabe der Oden des Horaz gekauft hatte. Erneut betrat er den Verkaufsraum, der alte bärtige Besitzer erkannte ihn sofort, ließ ihm jedoch wieder etwas Zeit, sich umzuschauen, so wie er es auch beim letzten Mal getan hatte. Unruhig glitt der Blick des Helvetiers durch die Fächer und blieb schließlich an einem Regal hängen, das mit "Ovid" beschriftet war. In einem Fach des Regals fanden seine Augen die Aufschrift "Amores" und natürlich machte seinen Herz einen kleinen Sprung. Unsicher nahm er eine Ausgabe heraus, so vorsichtig, wie möglich und öffnete sie ein Stück. Nach dem Musenanruf fanden sich direkt einige Zeilen, die ihm aus dem Herzen sprachen.


    Sagt, was mag das nur sein, daß das Lager mir täglich so hart scheint
    Und daß die Decke mir stets gleitet vom purpurnen Pfühl?
    Schlaflos verbring' ich die Nächte, die endlos langen; es schmerzt mich
    Jegliches Glied und im Bett werf' ich mich stöhnend umher.
    Wär' ich von Liebe gequält, so müßt' ich das wissen und fühlen –
    Oder beschlich sie vielleicht listig und heimlich mein Herz?
    Ja, so geschah's: jäh drang in die Brust ihr zartes Geschoß mir,
    Und nun beherrscht sie, die rauh Waltende, völlig mein Herz. –
    Weich' ich? Oder entfach' ich im Kampf noch höher das Glutmeer?
    Nein denn, ich weiche. Man trägt leichter die Last mit Geduld.


    Der Mann wusste, worüber er schrieb. Curio schüttelte leicht den Kopf. Man erträgt leichter die Last mit Geduld. Es war definitiv ein Laster, wenn auch ein angenehmes. Nur war es grade bei ihm auch eine andere Last, die damit einherging, nämlich diese verdammte Verantwortung, die ihm eingebläut worden war. Er las noch weiter und eigentlich gab er ja gute Beispiel dafür, es erstmal geschehen zu lassen, denn Amor würde ja ohnehin siegen... Dann jedoch stockte er.


    Mit dir schreiten im Zug Schmeichelei, Verblendung und Tollheit –
    Wack're Gesellen, die stets treu deinen Fahnen gedient.


    Waren sie vielleicht wirklich verblendet, waren sie toll außerhalb jeder Kontrolle? Erneut schüttelte er den Kopf, dieses mal aber aus reiner Ablehnung dessen, was er da las. Er konnte noch Denken, er wusste über die Probleme - ebenso wie Silvana - doch er war davon überzeugt, dass sie es irgendwie schaffen würden, als Hürden zu überschreiten. Außerdem kam ihm ein pragmatischer Gedanke: Wenn Amor, der kleine Dreckskerl, sie beide schon mit ihren Pfeilen abschoss, sollte er auch gefälligst helfen, dass es zumindest einfacher wurde. Wenigstens ein bisschen.


    Er legte die Schriftrolle wieder zurück. Er könnte sie nicht kaufen, ohne dass Gerüchte entstanden, denn einer der Schreiber würde sicher plauschen und plaudern. Schon in ihrer beider Interesse konnte er das nicht riskieren. Sein Blick wanderte weiter und erneut bot sich ihm ein Regal dar. Es war überschrieben mit "Heilmittel gegen die Liebe" Er verzog kurz sein Gesicht. Wie hatte es Alpina gesagt: Bitter und süß, mit beidem würde er zu tun bekommen. Er vermutete, dass es wohl einige hier gab, die unglücklich liebten, denn in dem Regal lagen deutlich weniger Schriftrollen als im ersten.


    Letztlich atmete der Helvetier durch, verabschiedete sich mit einem einigermaßen freundlichen Blick von dem bärtigen Besitzer und machte sich auf den Weg zu seinem nächsten Termin.


    (alles Kursive aus: Publius Ovidius Naso: Amores - 2. Amors Triumphzug)

  • Es gab viele Dinge, die Curio gerne tun würde. Grade nach der Vergewaltigung Alpinas hätte er sich und seine Familie am liebsten in der Casa eingeschlossen und das Leben danach ausschließlich auf die eigenen, sicheren vier Wände beschränkt. Sollten doch die Sklaven täglich einkaufen gehen, sollten sie ihre öffentlichen Aufgaben aufgeben, den Dienst in den Tempeln beenden und die Taberna Medica schließen, sollte er doch einfach seiner politischen und gesellschaftlichen Karriere ein abruptes Ende setzen. Sie mussten das Haus nicht verlassen, für alles würde es eine Lösung geben, doch schon am nächsten Tag, als er die Gespräche mit Alpina und Kaeso geführt hatte und ihm dabei die verbissene Entschlossenheit seiner Schwägerin wahrgenommen und letztlich den Auszug des Jungen zu verantworten gehabt hatte, war die vermeintliche Sicherheit des Plans in sich zusammengefallen. Natürlich musste es weitergehen. Sie durften sich nicht verstecken, denn dann hätten die anderen gewonnen, diejenigen, die glaubten, dass sie einen politischen Amtsträger und seine Familie nur arg genug in die Mangel nehmen mussten, um ihn aus dem politischen Prozess zu entfernen. Es wäre eine Kapitulation. Genau aus diesem Grund hatte Curio die Durchsuchung der Taberna dieses Gurox einleiten lassen und hatte sich Schritt für Schritt wieder zurück in die Öffentlichkeit gewagt. Er nahm wieder an den Versammlungen des Ordo decurionum, auch wenn er sich zur Zeit noch mit Wortmeldungen zurückhielt, sagte Einladungen zu Cenae oder Convivia zu und ließ sich auch wieder mehrere Male pro Woche auf dem Forum blicken. Lediglich einen Unterschied gab es: Er hatte die Zahl seiner Begleiter erhöht. Neuerdings gab es für jede zu schützende Person einen Custos und einen weiteren, der einen Angriff abwehren konnte, während die anderen dafür sorgten, dass Curio selbst von dem Ort des Angriffs fortgebracht werden konnte.


    An diesem Tag waren des daher insgesamt vier Begleiter, die dem Helvetier zur Seite standen, als er das Forum besuchte. Zusätzlich zu Acanthos, der einen Schritt hinter ihm lief, wurden sie von drei Custodes begleitet. Einer ging vorweg, zwei nebeneinander hinter Curio und seinem Leibsklaven. Er nahm es dabei in Kauf, neuerdings als paranoid oder übervorsichtig zu gelten, aber er hoffte auf das Verständnis der Einwohner, dass jemand, der jüngst einen Angriff auf sich selbst und einen weiteren auf ein Mitglied seiner Familie erlebt hatte, ganz besonders viel Wert auf die eigene Sicherheit legte. Viel Zeit verbrachte die kleine Gruppe allerdings nicht auf dem Forum, denn bereits nach wenigen kurzen Gesprächen, die sich allesamt um seinen Gesundheitszustand gedreht hatten, hielt der Helvetier inne und blickte in eine Seitenstraße, in der nun schon lange nicht mehr gewesen war. Einige Augenblicke dachte er nach, dann sprach er zuerst mit Acanthos und danach mit dem vorausgehenden Custos und schon waren sie auf dem Weg in die Seitenstraße. Schnell konnten sie nicht gehen, da das Forum um diese Zeit immer gut belebt war, doch hielten sich die Custodes eng an Curio und blickten sich angespannt um, bis sie schließlich vor der Taberna zu stehen kamen, in der sich die Taberna Libraria befand. Auf ein Nicken Curios trat der erste Custos in die Taberna, kehrte nach wenigen Augenblicken zurück, nickte nun seinerseits und schon traten Curio und Acanthos durch die Tür hinein, während die drei Custodes davor warten.

  • Die Taberna war beinahe leer, als Curio gefolgt von Acanthos eintrat. Der Laden war so ausgerichtet, dass den ganzen Tag die Sonne in den Raum schien und dadurch weitgehend auf Öllampen verzichtet werden konnten. Dadurch war auch das hohe Regal mit den zahlreichen Schriftrollen gut beleuchtet und einige Strahlen trafen auch auf den kleinen Verkaufstisch, hinter dem sich der Besitzer bereits erhoben hat, da er nach der kurzen Überprüfung wohl schon erwartet hatte, nun entweder mit einem wichtigen oder zahlungskräftigen Kunden sprechen zu können. Beides war nur so halb der Fall denn natürlich hatte Curio mittlerweile als Aedilicus einen gewissen Rang und war finanziell soweit gefestigt, dass er sich und seiner Familie hin und wieder einen kleinen Luxus gönnen konnte. Aber er war weder reich, noch gehörte er bislang noch in die höchsten Kreise der Stadtelite, zumindest seiner eigenen Einschätzung nach. Der Verkäufer schien das allerdings anders zu sehen.


    Aedilicus Helvetius, es ist mir eine Freude, dich mal wieder hier im Laden begrüßen zu dürfen. Das letzte Mal warst du, glaube ich, hier, als du als Magister Vici amtiert hast.


    Curio erwiderte die freundlichen, wenn auch sicher etwas provokanten Worte des Verkäufers mit einem freundlichen Nicken. In der Tat war es einige Zeit her, dass er dem Laden einen Besuch abgestattet hatte, doch hatte seine Frau hier kurz vor ihrer Hochzeit einen Band gekauft, der sicherlich nicht günstig gewesen war. Der Verkäufer sollte also nicht so spitzfindig sein.


    Jedenfalls freuen wir uns alle, dass du wieder wohlauf bist.


    fuhr der Mann dann fort und erntete dafür einen distanzierten Blick.


    Ihr vielleicht, alle sicherlich nicht.


    antwortete Curio trocken und ließ den Blick dann wieder über das hohe Regal schweifen. Der Verkäufer zuckte leicht zusammen, in der Angst möglicherweise zu weit gegangen zu sein, doch hätte Curio in diesem Fall den Verkaufsraum sicherlich bereits verlassen. Stattdessen trat er nun zwei Schritte auf das Regal zu und las sich, wie auch bei seinen letzten Besuchen, die Beschriftungen durch, die an den einzelnen Fächern angebracht waren. Offenbar unfähig, das Schweigen des Helvetiers auszuhalten, sprach er wie automatisch weiter und machte Curio auf ein paar hochpreisige Ausgaben auf Augenhöhe aufmerksam. Der Helvetier nickte jedoch nur und ließ sich nicht anmerken, ob da was für ihnen dabei war.


    Ich habe hier noch einen interessante Ausgabe, nicht so teuer, wie die vorherigen, aber dennoch schön aufgemacht. Eine Ausgabe der sieben Eklogen des Titus Calpurnius Siculus.


    Nun horchte Curio auf und sein Blick folgte den Händen des Verkäufers, der vorsichtig eine Schriftrolle aus einem halbhohen Fach herauszog und sie auf den Verkaufstisch ausbreitet. Sie war schön anzusehen, nicht zu protzig, was zu den Hirtengedichten ohnehin nicht passen würde. Dafür mit gestochen scharfer Schrift, die sicherlich nicht hier abgefasst worden war, es sei denn der Besitzer hatte einen neuen Kopisten angestellt, was natürlich sein konnte, wovon er aber nicht ausging.

  • Ich hatte den Bücherladen der Duccia Flamma aufgesucht, um mich nach Texten über die Chirurgie um zusehen. Vielleicht hatten sie hier sogar die ein oder andere Zeichnung, vom inneren des Körpers, welche ich für mein Studium benutzen konnte. Vor mir waren noch Kunden, interessiert betrachtete ich das Angebot während der Wartezeit. Ich war zum ersten mal in dem Laden. Es war auch noch nicht sicher ob mein Angespartes für das ein oder andere Buch oder Zeichnungen reichen würde. Aus versehen stieß ich gegen eine Frau, „Entschuldigung“ meinte ich und betrachtete sie. Sie hatte mir den Rücken zugewandt und ich hatte sie nur einen Augenblick lang von der Seite gesehen. Ich glaubte sie erkannt zu haben, aber nein das konnte nicht sein, das hier nach Aufmachung und Kleidung war eine Germanin. Jetzt wandte sie den Kopf zur anderen Seite, verunsichert starrte ich sie zunächst an. Doch, da gab es keinen Zweifel sie musste es sein.Runa?!“

  • Runa stand nun schon eine ganze Weile hier und suchte etwas. Sie wollte ihrem Mann etwas schenken, dass ihm zeigte, dass sie ihn tritz allem immer noch von ganzem Herzen liebte. Auch wenn sie sich voneinander entfernt hatten, ja quasi in verschiedenen Welten lebten, so gab es doch da immer noch etwas was sie einte. Etwas was ganz tief in ihnen beiden war. Sie hatten darum kämpfen müssen. Ihr viel eine Schriftrolle mit der Aufschrift in die Hand. Sie rollte sie auseinander und lass kurz darin.

    Ich will dir treulich dienen;
    Ist karg auch meine Zehr,
    Mein Adel unbedeutend
    Und meine Tasche leer. Fürsprach ist mir Apollo
    Und Eros, der holde Fant,
    Und Bacchos und die Musen
    Und - meine ehrliche Hand. *


    Sorgsam rollte sie die Schrift wieder zusammen und wollte sie gerade für Curio erwerben, als sie angerempelt wurde. Auf die Entschuldigung hin murmelte sie ein. „Ist schon gut,." Als plötzlich ihr Name fiel.
    Nun drehte sie sich zu der ihr bekannten Stimme um. Ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Kaeso. Ich freue mich dich mal wieder zu sehen.“ Ihre letzte Begegnung war ja nicht gerade erfreulich gewesen. Aber Runa war auch derart geschockt von seinem Auftritt gewesen.. Nun ja, sie war damals noch impulsiv, inzwischen hatte sie gelernt, dass sie genauer hinsehen musste. Sie hatte auch verstanden, das Kaeso etwas folgte. Ob es nun die Große Mutter oder doch nur Phyrne war wusste Runa dabei nicht. Wenn es ihn aber glücklich machte... „Wie geht es dir?“ fragte sie den jungen Mann schließlich.




    [SIZE=7]* aus Amores von Publius Ovidius Naso. [/SIZE]

  • „Ja, ich mich auch“, zögernd, verwundert kam es von mir. Zögernd weil mir die Begegnung im Frühling sofort wieder in den Sinn kam. Verwundert wegen ihrer Aufmachung, deshalb kam auch gleich von mir, „Warst du auf Reisen oder willst du verreisen, zu germanischen Verwandten?“ Sie noch immer musternd, denn irgend etwas war anders, nicht nur ihr aussehen, was aber nur, fragte ich mich, ehe mir bewusst wurde wie ich sie anstarrte. „Entschuldige bitte, danke mir geht es gut.“ Versuchte ich mich zu sammeln. „Ich hoffe deinem Mann und deinem Sohn geht es auch gut?“ Das Runa inzwischen eine Tochter hatte wusste ich ja nicht.
    Wieder bemusterte ich sie, es musste etwas geschehen sein. „Es ist wirklich schade, dass wir uns aus den Augen verloren haben“, kam es nachdenklich von mir. Zu gerne hatte ich mich mit ihr unterhalten, während sie mir das Schreiben und Lesen beigebracht hatte. Wie konnte es nur soweit kommen? Gerne hätte ich mich mit ihr über all die unausgesprochene Dinge unterhalten, bezweifelte jedoch ihre Bereitschaft dazu. „Nun ja, ist ist aber sehr schön dich einmal getroffen zu haben“, kam von mir, denn ich spürte wie ich plötzlich unsicher wurde.

  • Runa lächelte freundlich. Die Frage von Kaeos brauchte einen Moment um bei ihr anzukommen. Runa schüttelte den Kopf. „Nein eigentlich ist das jetzt meine übliche Kleidung.“ Ja sie trug ausschließlich dieses Kleidung. So wollte sie bewusst abheben. Wollte bewusst zeigen was sie war. Sie stand zu dem und wollte sich nicht hinter römischer Kleidung verstecken.
    „Ja Curio und Leif sind wohlauf, auch die kleine Sveid entwickelt sich prächtig.“ Anwortete Runa auf die Frage nach ihrer Familie. Eigentlich war es traurig, dass Kaeso diese Fragen stellen musst. Er hatte doch irgendwie auch zu ihnen gehört, nur hatte er irgendwann einen Weg weg von ihnen eingenschlagen. Runa hatte ihrem Mann natürlich Vorhaltungen gemacht, dass er nicht auf Kaeso eingewirkt hatte. Aber inzwischen hatte sie eingesehen, dass jeder seine Erfahrungen im Leben selbst machen musste, so auch dieser junge Mann der hier nun vor ihr stand.
    Runa musterte den jungen Mann offen mit ihren tief blauen Augen, die nun auf ihm ruhten und in ihm lasen. Als nun Worte des Abschiedes formulierte, war es Runa die leicht den Kopf schüttelte. Ja sie hatte gelernt genauer hinzusehen. Und so hatte sie natürlich bemerkt, das Kaeso wohl eigentlich etwas anderes wollte. „Ja es ist schade, aber nichts ist für die Ewigkeit. Wenn du etwas Zeit hast, dann können wir gern noch etwas zusammen trinken? Ich möchte nur schnell die Schriftrolle bezahlen, dann habe ich Zeit für dich. Natürlich nur, wenn du keine anderen Verpflichtungen hast.“ Runa sprach wie immer ruhig und in einem angenehmen leisen Ton. Vor ein paar Monaten hätte sie Kaeso wohl eher gepackt und ihm gezwungen mit ihr zu reden. Nun aber überließ sie es ihm und wartete geduldig ob er auf ihr Angebot einging. Würde er es nicht, so würde sie ihn ziehen lassen. Ja Runa hatte sich verändert, was wohl auch Kaeso erkennen konnte. Ihre Augen wirken jung und doch gleichzeitig alt und wissend. Man konnte fast meinen, dass man in die Augen einer jungen und einer alten Frau sah.

  • Ah, so kleidet sich Runa jetzt. Wieso eigentlich? Ich hatte den Eindruck sie hätte beide Welten, Römer und Germanen gut verbinden können. Schon antwortete Runa und ich nickte nur, so eine Tochter hatte sie auch. Keinen Gedanken konnte ich verfolgen, dabei hätte ich so vieles gerne gewusst. Deshalb traf mich der Anfang zur nächsten Antwort, 'Ja es ist schade, aber nichts ist für die Ewigkeit', besonders hart. Natürlich nicht, doch es wäre gut wenn es auf normalem Wege endete und nicht gewaltsam unterbrochen würde.
    Um so unerwartet kam für mich ihre Frage. Ich spürte förmlich wie sich gleich alles in mir änderte, Haltung Gestik, Mimik. Hatte ich jetzt endlich Gelegenheit mit ihr zu sprechen, denn damals hatte ich nie die Gelegenheit mich von ihr zu verabschieden. „Selbstverständlich habe ich dafür Zeit“ und ob ich die hatte, selbst wenn mein zu spät kommen eine Tracht Prügel zur Folge hätte. Aufmerksam schaute ich ihr hinterher, während sie zu dem Händler ging, wobei ich mich fragte, was ist so anders an ihr? Was hat sie so verändert? Es war als ob zwei Menschen in ihr lebten, eine alte und eine neue Runa. Noch wusste ich nicht wie ich damit umgehen sollte.
    Ich spürte aber wie glücklich es mich machte mit ihr zu sprechen, „komm lass dich von mir führen“, strahlte ich sie an.

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