Operation Hippodingens

  • "Na gut, dann mach ich das halt alleine, wenn dich der Pieckser abgeschreckt hat." Mit einem breiten Grinsen holte er weit aus und warf die Angel weit raus auf den breiten Strom.
    "Ich bin ja echt mal gespannt, was es hier so für Fische gibt. Also so einen schönen Aal würde ich mir schon gefallen lassen. Am Besten fängt man die ja, wenn man einen Pferde-oder Kuhkopf im Wasser anbindet. Die fressen sich dann richtig rein und man kann sie dann am nächsten Tag einfach abpflücken."


    Die Methode war zwar kein richtiges Angeln und sie war auch nur möglich, wenn gerade ein Pferd oder eine Kuh gestorben war, denn sie dafür zu schlachten wäre Schwachsinn gewesen, aber sie funktionierte.


    "Und du hast echt noch nie geangelt? Hat es in Hispanien keine Bäche, Flüsse oder Seen gehabt? Ach ja, gibt es hier auch die Hippodingens?"

  • Das mit den Aalen klang ekelig und daher irgendwie seltsam faszinierend. Allerdings konnten sie dafür ja wohl schlecht Helios schlachten. Und Axilla hätte auch gar nicht gewusst, ob es hier überhaupt Aale gab.
    “Doch, natürlich gibt es in Hispania Flüsse und Seen, und Tarraco liegt ja auch am Meer. Aber dort fischen sie eher mit Netzen und nicht mit der Angel.
    Aber ich hab noch nie geangelt. Wenn ich mal Zeit für mich gebraucht hab, bin ich eher in den Wald gegangen. Bäume liegen mir mehr als Flüsse. Und ich mag Fisch nicht so. Vater… hat gesagt, man soll nur das jagen, was man essen will. Und ich hab lieber daheim dann gegessen.“

    Axilla plapperte fröhlich vor sich hin und erzählte, während sie sich einfach am Ufer niederließ. Die Schulter war schon wieder ganz vergessen. Fast so wie die Frage nach dem Hippodingens, so dass es eine kleine Redepause gab, ehe Axilla sich noch mal leicht streckte und über den Fluss schaute.
    “Also, ich seh keines. Ich glaube aber, die gibt es auch im Fluss. Aber die würden wir dann schon sehen, wenn die hier wären, die sind ja sehr groß.“
    Das wär doch mal ein tolles Geburtstagserlebnis!

  • Eigentlich hatte Ragin gar keine lust ein Hippodingens zu sehen. So wie Axilla das beschrieben hatte wollte es ragin gar nicht sehen. Er hatte ja schon von ihm geträumt und das war schrecklich gewesen. Unsicher schaute er sich um, sah aber nichts, auch nicht hinter sich, außer Amala und Helios. Ach sie würden schon Glück haben und nichts würde passieren. Außerdem konnten sie sicher beide schnell rennen...


    "Na wenn wir einen Fisch fangen, dann müssen wir ihn auch essen, das ist klar. So macht man das einfach." Ragin aß eigentlich ganz gerne Fisch. Zumal er früher er nie die Wahl gehabt hatte, was er essen mochte. Seine Mutter hatte ihn und seinen Bruder gerade so ernähren können und zwei gefangene Fische waren schon ein Festessen gewesen. Richtig jagen waren sie fast nie gewesen.

    "Aber dein Vater muss sehr weise gewesen sein, denn da hat er ganz recht: Was man jagt, dass soll man auch essen. Oder es zumindest dann an Leute verkaufen, die es essen. Ich kann mich an nichts von meinem vater erinnern, außer das was ich aus erzählungen von meiner Mutter und unserem Villicus weis."

  • Irgendwie hoffte Axilla, sie würden jetzt keinen Fisch fangen. Zum einen, weil sie gerade auch keinen Hunger hatte – mal wieder – und zum anderen, weil sie sich zum Geburtstag was schöneres als das vorstellen konnte. Außerdem wollte sie sich nach dem Kaninchenvorfall bei den Parentalia lieber nicht mehr als Köchin versuchen, das könnte doch peinlicher als das übliche werden.
    Als Rufus von ihrem Vater und seinem Vater sprach, wurde Axilla wieder etwas stiller. Sie verschränkte ihre Arme über den Knien und legte den Kopf oben drauf. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, sich nicht mehr an ihn zu erinnern. Dabei lief ihr ein wahrer Schauder über den Rücken. Das wäre das schrecklichste, was sie sich auch nur erdenken könnte, ihn nie gekannt und erlebt zu haben. Egal, wie sehr sie ihn jetzt vermisste, das wäre noch schlimmer gewesen.
    “Ja, er war sehr weise. Und gerecht und stark und freundlich und so selbstsicher, dass man einfach wusste, alles wird gut…“
    Axilla starrte einfach auf den Flusslauf vor sich hin. “Und wenn er lächelte, dann war einfach alles in Ordnung, egal wie schlecht man sich eben noch gefühlt hat.“ Ja, sein Lächeln vermisste sie besonders.
    Sie atmete einmal tief durch und leise seufzend wieder aus. Sie fühlte sich traurig, wollte es aber gar nicht sein. Und sie wollte Rufus davon auch eigentlich gar nicht erzählen. Sie hatte noch nie jemandem so wirklich von ihrem Vater erzählt. Es fragte sie auch nie jemand nach ihm, so dass es auch keine Notwendigkeit dazu gab.
    Sie schüttelte die wirren Gedanken kurz mit einem Kopfschütteln ab und versuchte, sich wieder abzulenken. Sie wollte nicht traurig sein.
    “Und in Germania gibt es viele Flüsse und Seen, an denen man angeln kann?“ fragte sie also und war sich nichtmal sicher, ob sie das nicht schonmal gefragt hatte. Sie wollte nur auf ein anderes Thema kommen.

  • Dieses Mal ging er auf ihren Themawechsel ein, auch weil er nicht riskieren wollte, dass sie ihn begann auszufragen. Er hatte das Lächeln seines Vatern nie gesehen, oder konnte sich nur nicht daran erinnern. Sicher hatte er seinen kleinen Sohn damals oft angelächelt...


    "Ja, es gibt vor allem viele Bäche und kleine und größere Tümpel und Seen. Bei uns regnet es ja viel viel öfter als im Süden und irgendwo muss das Wasser ja auch hin. Aber am Meer habe ich noch nie geangelt. Da habe ich nur die Fische gefüttert, ohne Chance einen von ihnen zu bekommen" antwortete er ein wenig zerknirscht. Nein, das Meer war nicht sein Freund, ganz gewiss nicht.


    "Warst du im Wald dann auch jagen, oder bist du nur auf Bäume geklettert? Und war das nicht gefährlich für dich, oder gibt es in Hispania nicht so viele Bären, Wildschweine und Wölfe?"
    Er war ja auch oft im Wald gewesen, aber es war immer gefährlich gewesen und ein ums andere Mal hatte er sehr schnell klettern müssen. Zum Glück war er noch keinen Bär im Wald begegenet, zumindest nicht alleine. Das sollte man dann doch den Jägern überlassen.

  • Axilla musste lächeln, als Rufus vom Meer erzählte. Sie hatte auch die meiste Zeit auf Deck verbracht, mit dem Kopf auf der windabgewandten Seite der Reling. Trotzdem war es für sie kein Grund, deswegen allzu zerknirscht zu sein. Es wurde ja sehr vielen Leuten bei Schiffsreisen schlecht. Sie musste da nicht ausführlich drüber berichten, aber so schrecklich war es nun nicht.
    “Nein, ich hab nicht gejagt. Als ich klein war hat mit Vater gezeigt, wie man Schlingen legt, um Kaninchen zu fangen, aber was richtig großes? Nein, wer hätte das denn essen sollen?“
    Axilla lehnte sich bequem zurück und stützte sich mit den Händen nach hinten ab. Hier am Ufer war es irgendwie kühl, obwohl sie eigentlich in der Sonne waren. Lediglich das nahe Schilf spendete ein wenig Schatten.
    “Und natürlich gibt es in Hispania auch Wölfe, und Luchse und Wildkatzen. Bären hab ich keine gesehen, aber die gibt es wohl auch in den Wäldern. Und wilde, schwarze Schweine gibt es auch, sogar ganz viele. Aber so gefährlich ist das nicht. Die Wölfe hauen sowieso immer ab, sobald man auch nur in die Nähe kommt, und solange man die Wildkatzen in Ruhe lässt, lassen die einen auch in Ruhe. Bloß bei den Schweinen muss man aufpassen, aber die sind ja sehr laut, und ich kann richtig schnell und gut klettern.“
    Mit den Tieren im Wald hatte Axilla noch nie ein Problem gehabt. Da wusste sie beinahe instinktiv, wie sie reagieren musste, um in Ruhe gelassen zu werden. Tiere waren da einfacher als Menschen. Menschen hatten Erwartungen, Tiere nur Bedürfnisse. Ein Bedürfnis zu befriedigen war weitaus einfacher als eine Erwartung.

  • "Ich bin mal auf eine Wildsau mit ihren Frischlingen gestoßen. Ich habe einen Specht auf seinem Baum beobachtet und bin weiter gelaufen und auf einmal stand ich vor ihr. Ich habe dann ganz schnell den Specht besucht, was dem auch nicht so gefallen hat. Also war ich dann alleine auf dem Baum und es dauerte eine ganze Weile, bis das Borstenvieh endlich weg war und ich wieder runter konnte. Seitdem bin ich der festen Überzeugung, dass die nach den Bären die gefährlichsten Tiere im Wald sind. Aber das was du über die Wölfe sagst, stimmt leider nur im Sommer. Wenn im Winter der Schnee liegt und sie Hunger haben, können die ganz schön gefährlich sein."


    Zu den Caniden hatte er eine sehr ambivalentes Verhältnis. Zum einen war er im Wappen seiner Familie und das machte ihn stolz. Und auf der anderen Seite verfolgte ihn der Fenrir in seinen Albträumen und machte ihm eine furchtbare Angst. Dazu kam noch seine besondere Gabe im Umgang mit Hunden, die ja auch eigentlich so eine Art Wolf waren...


    Seine Angel zuckte leicht, offenbar begann schon ein Fisch an seiner Angel zu knabbern.
    "Schau, ich glaube da knabbert schon einer. Wenn es gleich einen richtigen Ruck macht, und der Korken abtaucht, dann hat einer angebissen" flüsterte er Axilla zu.

  • Axilla sah zu Rufus hoch bei seiner Bemerkung über Wölfe und lächelte nur. Er glaubte doch wohl nicht an die Geschichten von Wölfen, die Menschen fraßen? Da machte man einmal laut Krach und jeder Wolf nahm reißaus vor einem Menschen. Dumm waren die Tiere ja auch nicht. Sie wusste zwar nichts über Germania und die Wölfe dort, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass Meister Isegrimm dort soviel angriffslustiger sein sollte als in Hispania. Aber da sie es ja auch nicht genau wusste, wollte sie da nicht belehrend wirken. Wenn man von etwas keine Ahnung hatte, war es besser, den Mund zu halten.


    Plötzlich flüsterte Rufus und sie sah gebannt auf das zuckende Stückchen Kork. Neugierig wartete sich, ob das Ding unter Wasser verschwand. Es tanzte und hüpfte auf den sanften Wellen des kleinen Nilarms, an dem Alexandria lag, aber ging einfach nicht unter. Es tanzte einfach nur und bewegte sich, aber es passierte nichts.
    “Bist du sicher, dass das so funktioniert?“ fragte sie schließlich skeptisch. Angeln war ja furchtbar langweilig. Da passierte ja gar nichts, auch nicht, wenn man still war.

  • "Ja ganz sicher" flüsterte er zurück. "Die Viecher sind ganz schön misstrauisch, oder sie sehen bei der schlammigen Brühe hier einfach nichts und müssen erst testen, ob es was zum Fressen ist. Schau wie er immer wieder abtaucht, als würde jemand dran ziehen."


    Und tatsächlich begann der korken immer wieder abzutauchen, bis es einen Ruck tat. In diesem Moment zog auch Ragin an der Rute um den Harken im Maul des Fischs zu versenken. Es musste ein großer Fisch sein, den er zog heftig so dass ihm beinahe die Angelrute entglitten wäre.


    "Bei den Göttern, das muss aber ein ordentlicher Brocken sein! Axilla, helf mir, der zieht wie ein geschuppter Ochse! Aber den holen wir da raus, ich will sehen wie er aussieht!"


    Aber ganz so schnell würde das sicher nicht gehen, schließlich würde der Fisch das nicht freiwillig mit sich machen lassen, und dieser hier schien viel Kraft zu haben. Hoffentlich würde das Holz nicht brechen, oder die Leine reißen.

  • Und plötzlich hatte wohl doch ein Fisch angebissen. Und gleich ein so großer, dass Rufus ihn nicht allein aus dem Wasser bekam. Im Grunde wär es Axilla lieber gewesen, er hätte keinen gefangne. So, wie sie vorhin gesprochen hatten, würde er ihn sicher noch mit ihr essen wollen. Und sie mochte doch wirklich keinen Fisch! Zumindest nicht heute an ihrem Geburtstag.
    Trotzdem stand sie auf und schaute, sie sie Rufus am besten helfen konnte. Das war gar nicht so einfach, denn er zog ja auch schon mit beiden Händen an der Rute. Sie packte also so gut es ging mit an die Rute und versuchte, zu ziehen. Allerdings gab es da ein paar sterische Gründe, die das ganze doch recht schwierig machten. Es war einfach nicht soviel Platz da, als dass da zwei Leute vernünftig an der dünnen Rute ziehen konnten. Dennoch tat Axilla ihr bestes, um Rufus da zu helfen.

  • Sie kämpften noch einige Augenblicke mit dem Fisch, als dieser langsam anfing zu ermüden und immer weniger zerrte. Offenbar waren seine Kräfte erschöpft, also konnten sie nun beginnen den fisch an Land zu ziehen.

    "Also ich werde jetzt die Rute loslassen und die Leine einholen. Du musst dann weiter gut festhalten, falls der Fisch doch nochmal versucht abzuhauen. In Ordnung?"


    Ragin wartete gar nicht auf eine Antwort sondern ging direkt ans Ufer des Flusses und begann die Leine einzuholen. die Schnur war lange, und so ging das nicht ganz so schnell, zumal der Fisch sich doch noch ein wenig wehrte. Doch dann hatte er ihn fast bei sich und er sah schon dass es sich um einen großen Fisch handelte den er nicht kannte.


    "Axilla schau nur der ist ja riesig! Da kann eine ganze Familie dran essen!"


    Da das Ufer vor ihm steil abfiel, begann er nun sein Opfer hoch zu ziehen. der wog sicher so viel wie ein Huhn! Kaum war der fisch dann sichtbar, machte er einen Schritt auf die Seite, damit Axilla ihn und seinen Fang bestaunen konnte.


    Doch in diesem Moment brach das Wasser unter ihm auf und ein furchtbares ungeheuer wie aus seinen schlimmsten Albträumen schoss in die Höhe und ein riesiger schuppengepanzerter Kiefer schnappte nach dem Fisch und zerbiss ganz einfach die Leine. Beinahe hätte er auch Ragins Hand erwischt. Der junge Duccier machte einen Satz und rannte erstmal einige Meter weg vom Ufer, bis er sich wieder ein wenig besann und stehen blieb. Er konnte ja Axilla nicht einfach bei diesem Monster lassen. Aber der Schreck war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, denn er war leichenblass und seine Knie zitterten...wenn auch nur ein wenig.

  • Und plötzlich stand Axilla alleine mit der Angel da, während Rufus nach vorne ging und an der Leine selber zog. Sie versuchte, ihm irgendwie zu helfen, in dem sie mitzog, aber irgendwie glaubte sie eher nicht daran, dass das wirklich etwas bewirkte. Und dann hatte er offenbar den Fisch aus dem Wasser, denn er hielt ihn etwas seitlich. Das Ding war groß, bestimmt so lang wie Rufus’ Unterarm, und zappelte wie irre hin und her. Axilla zwang sich zu einem anerkennenden Lächeln, denn irgendwie hatte sie gehofft, dass das Ding wenigsten klein war. Jetzt würde sie es wirklich essen müssen!
    Doch dann gefror ihr Lächeln. Plötzlich schoss etwas riesiges aus dem Wasser, das sie im ersten Augenblick gar nicht richtig erkennen konnte und schnappte sich den Fisch. Mit einer wilden Bewegung riss es ihn von der Schnur, an der er baumelte, während Rufus schon einen rettenden Satz zur Seite machte und weiterlief.
    In diesem Moment schaltete bei Axilla etwas um. Sie dachte nicht darüber nach, was sie machte, es war, als würde ihr Körper ganz allein reagieren, und sie brüllte das Krokodil an und warf mit der Rute danach. Die Echse zischte in ihre Richtung, und Axilla brüllte noch mal und wedelte dabei mit den Armen, als wolle sie angreifen. Zwischen ihr und dem Krokodil war einiges an Sicherheitsabstand, so dass keiner wirklich zu dem anderen gleich hätte können. Der Echse war das komische Menschlein wohl suspekt und sie trollte sich zufrieden mit der errungenen Beute wieder schwerfällig ins Wasser.
    Erst jetzt kam Axilla wieder dazu, sich umzusehen, und bemerkte Rufus, der hinter ihr war. Er war wohl vor dem Vieh weggelaufen. Kluge Entscheidung. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, es verjagen zu wollen? Sie erinnerte sich an ihren Vater. Wenn du Angst hast, gibt es drei Möglichkeiten, wie die meisten Menschen reagieren. Die einen laufen davon, die anderen erstarren und werden ganz blass, und die dritten werden wütend. Als Soldat, darf dir keins der der Sachen passieren.
    Bedrückt senkte sie kurz den Kopf. Sie hätte sich gewünscht, sie hätte seinen Rat beherzigen können. Unsicher kaute sie auf der Unterlippe, bis Rufus näher heran war.
    “Ist dir auch nichts passiert?“ fragte sie voller Sorge. Krokodile waren gefährlich, das hätte auch nach ihm und nicht nach dem Fisch schnappen können.

  • Sein Herz klopfte ihm bis zur Brust. Das geschuppte Ungeheuer war sicher so lang wie drei Männer gewesen. Es hatte ausgesehen wie eine riesige Eidechse die im Wasser lebt. So etwas hatte er noch nie gesehen und eines wusste er: Hier würde er nicht mehr angeln und wenn die Fische aus Gold wären! Seine Hände zitternden leicht und so steckte er sie in die Taschen seiner Tunika. Schlimm genug, dass er weggerannt war und Axilla das Vieh angegbrüllt hatte und dabei von der bellenden Amala flankiert worden war. Andererseits waren die beiden ja auch nicht direkt angegriffen worden...


    "Wa...wawawa...war das ein Hippodingens? Hast du gesehen wie riesig das war? Das hätte mich mit einem Happs verschlinken können! Wer angelt an einem Ort an dem es solche Ungeheuer gibt?!"


    Die Frage war rhetorisch, was ihm gleich danach selbst auffiel. Die Antwort war im nettesten Fall wohl: "unwissende Germanen".


    "Aber danke mir geht es gut!" Trotzdem schaute er sicherheitshalber nach ob er noch alle Finger hatte. 1,2,3,4,5,6,7,8,9,10-puh, alle noch da!


    "Gibt es hier noch mehr davon?" Prüfend schaute er sich um, sah aber kein weiteres. Allerdings hatte er das erste ja auch erst gesehen, als sein Arm halb in dessen maul verschwunden war. Helios hatte die Attacke auch mitbekommen und war auf sicheren Abstand gegangen...sie würden also ein ganzes Stück laufen müssen...

  • Rufus war noch ganz durcheinander, aber Axilla konnte das sehr gut verstehen. Jetzt, wo die Wut nachließ, war ihr auch auf einmal ganz flatterig zumute, und sie drehte sich einmal um die eigene Achse, um selber zu schauen, ob noch ein weiterer Angriff bevorstand.
    “Nein, das war ein Krokodil. Ich hab schonmal eins gesehen, aber von weiter weg und das war auch nicht so groß und ist nur rumgelegen. Aber das hier war ja richtig hungrig!“
    Ganz offenbar mochten Krokodile lieber Fisch als sie. Sie schaute noch mal auf das Wasser, aber da war nichts. Und so langsam machte sich ein neues Gefühl in ihr breit. Ein kribbeln, das ihren ganzen Körper durchzog, als wolle er prüfen, ob alles lebendige noch funktionierte. Es war wie kleine Funken auf der Haut, kitzelnd und elektrisierend. Und es brachte Axilla dazu, erst zu grinsen, dann unterdrückt zu lachen. Sie lebte noch! Und Rufus auch! Und sie hatten ein Krokodil gesehen!
    “Wenn wir das erzählen, das glaubt uns kein Mensch.“ Noch immer giggelte sie fröhlich vor sich hin.

  • Krokodil, Krokodil...ja das hatte er doch schon einmal gehört, aber sich nichts darunter vorstellen können. Aber nun wusste er was ein Krokodil war und er würde es nie wieder vergessen, da war er sich sicher.


    Aber nun begann sich langsam der Schreck zu legen und da begann dann schon das Abenteuer. Was würde das eine Geschichte geben: Ragins Kampf mit dem Krokodil im Land der geschminkten Zwerge!


    "Au ja, das gibt eine tolle Geschichte, die werden daheim Augen machen wenn ich ihnen das erzähle! Aber das hat mir einen ganz schönen Schreck eingejagt. Und wie das hungrig war! Ich glaube ja es wollte mich fressen. Bei den Nornen, da habe ich aber Glück gehabt! Das war ja so groß wie drei Männer!" Die Größe des Krokodils hatte es ihm angetan. "Und dieses riesige Maul mit den vielen Zähnen! Hat ein Hippodingens auch sowas? Ist das noch gefährlicher und größer als ein Krokodil?"


    Wo sie das jetzt schon überlebt hatten, sollte man vielleicht doch mal schauen, ob man nicht doch noch ein Hippodingens fand...allerdings ohne dabei dem Nil zu nahe zu kommen. Diese Krokodile waren sicher so gefährlich wie ein Bär und dessen Höhle kam man ja auch nicht zu nahe.

  • “Nein, die schauen ganz anders aus! Die sehen aus, wie… wie… wie… also, ganz anders. Die sind viel größer, und dicker. Ein bisschen wie sehr dicke, nackte Pferde mit kurzem Hals. Aber die haben auch ein ganz riesiges Maul, und da ganz lange Zähne drin. So wie Wildschweinhauer, aber viel länger.“
    Ein Flusspferd zu beschreiben war wirklich nicht einfach. Vor allem, da Axilla selber erst einmal eines gesehen hatte und da nicht so nahe randurfte, wie sie gerne gewollt hätte.
    “Und die sind auch sehr gefährlich. Ich hab einmal eins gesehen, und durfte deshalb nicht näher rangehen. Aber ich weiß nicht, welches gefährlicher ist.“
    Ob es da wohl eine Abstufung gab? So eine Art Liste, auf der alle Tiere nach Gefährlichkeit aufgelistet waren? Vielleicht gab es sowas ja im Museion, da könnte man mal nachforschen. Wenn es so eine Schrift auf der Welt gab, dann ganz bestimmt im Museion. Die hatten zu allem Schriftstücke.
    Aber erst einmal mussten sie überhaupt da hinkommen.
    “Also, ich muss sagen, Helios kann ganz schön schnell laufen, wenn er sich erschreckt. Meinst du, er ist irgendwo stehengeblieben, oder müssen wir bis zur Stadt zurücklaufen?“
    Viele Pferde blieben erst wieder im heimischen Stall stehen, wenn sie sich vor etwas wirklich erschreckt hatten.

  • Ein dickes nacktes Pferd mit einem Maul voller Wildschweinhauer? Das klang wie eine Chimäre aus Sleipnir und Gullinbursti! Nein, diesem Wesen wollte er ganz sicher nicht begegnen obwohl es interessant wäre zu sehen, ob diese Monster acht Beine haben... Wie man von so einem Ungeheuer auch nur reden konnte, war ihm schleierhaft.


    "Da ist ganz sicher das andere gefährlicher. Da scheint ein Krokodil nicht heran zu reichen. Aber ich glaube beides ist gefährlich genug um sagen zu können, dass ich im Nil niemals schwimmen werde!"


    Normalerweise dürfte man dann ja auch nicht im Meer schwimmen, denn auch dort gab es ja mehr als genug gefährliche Kreaturen, aber das war auch viel viel größer.


    "Ich hoffe mal er ist wirklich nicht zu weit gelaufen. Aber ich glaubs nicht. Normal beruhigt er sich ziemlich schnell wieder, wenn er sich erschreckt hat. Aber ein Stück werden wir auf jeden Fall gehen müssen. Am Besten folgen wir einfach seinen Spuren, dann finden wir Helios sicher schnell wieder. Können wir?"


    Eigentlich hatte Ragin es nicht wirklich eilig, er wollte nur weg von diesem Fluss, der so von Ungeheuern zu wimmeln schien.


    "Ich hoffe nur wir kommen deswegen nicht zu spät zur Cena" fügte er noch ein wenig zerknirscht hinzu. Schließlich hatte er das Axilla versprochen.

  • “Na, ich weiß nicht. Wusstest du, dass die Ägypter glauben, dass sie von einem Krokodil gefressen werden, wenn sie tot sind und im Leben böse waren?“
    Axilla hatte schon hunderte Geschichten hier mittlerweile aufgeschnappt, auch wenn sie sie allesamt fröhlich vermischte und verwechselte und manchmal nichtmal wusste, wo sie die Geschichte nun herhatte. “Dann müssen die das ja schon für sehr gefährlich halten. Aber die halten auch Katzen für Götter, von daher darf man das vielleicht auch nicht so ernst nehmen.“
    Axilla zuckte leichthin mit den Schultern und setzte sich mit Rufus in Bewegung, um Helios’ Spur zu folgen. Viele Ägypter kannte sie nicht. Eigentlich war Cleonymus der einzige, den sie von einem längeren Gespräch und nicht nur vom Markt her kannte, wenn man es genau nahm. Und der hatte noch nie zu einem Hund oder einer Katze gebetet. Zumindest nicht, wenn sie dabei war. Allerdings glaubte Axilla auch nicht, dass die ägyptischen Götter mehr machten als die römischen, von daher war es ihr im Grunde auch egal. Sie selbst betete und opferte ja auch nur zu sehr ausgewählten Anlässen, wie den Parentalia oder wie heute an ihrem Geburtstag. Als ihre Mutter krank wurde, hatte sie oft geopfert, und nichts war passiert. Warum also sollte sie dann nun den Göttern mehr opfern, wenn sie ja doch nicht halfen, wenn man mal wirklich etwas brauchte?


    Sie gingen nebeneinander her, der Spur des Pferdes folgend. Langsam wurde es wieder wärmer, und überall wuchs schon wieder der erste Weizen und kam grün durch den noch feuchten Schlamm der Überschwemmung hindurch. So sah das Land richtig fruchtbar aus, und doch vermisste Axilla die Blumen, die um diese Zeit in Hispania geblüht hatten.


    “Das mit der Cena wird schon. Zur Not wird Leander sich schon eine Ausrede für mich einfallen lassen. Er ist wirklich sehr treu und aufopfernd.“
    Sie mochte ihren Sklaven wirklich gern. Als sie ihre Worte aber hörte, fiel ihr wieder ein, dass es eigentlich unangebracht war, einen solchen so zu loben. Als Sklave hatte er ja schließlich treu, gehorsam und aufopfernd zu sein. Kurz sah sie deshalb fast erschrocken zu Rufus hinüber. “Ähm, ich meine, er ist wirklich ein vertrauenswürdiger Sklave.“
    Das klang jetzt vielleicht nicht viel besser, aber ein ganz klein wenig. Vielleicht sollte sie lieber das Thema wechseln.
    “Wie ist eigentlich der Frühling in Germania so? Blühen dann viele Blumen? Oder geht das gar nicht wegen dem vielen Wald?“
    Auf dunklem Waldboden, der im Schatten lag, blühte ja doch eher selten etwas. Und Axillas Vorstellung von Germania war eigentlich die eines einzigen, riesigen, großen, grünen Waldes. Wenn nicht grade mannshoher Schnee lag, versteht sich.

  • Irgendwie erinnerte ihn der Gedanke an ein Seelenfressendes Krokodil sofort an den Nidhöggr. irgendwie hatte das Wasserungeheuer schon ausgesehen wie man sich einen Drachen so vorstellte. Ob diese Krokodile Wasserdrachen waren? Ganz sicher...und dieser hatte vielleicht seine Seele fressen wollen! Eiskalt lief es ragin den Rücken herunter. War er wirklich so schlimm gewesen? Was hatte er nur falsch gemacht, dass dieses Ungeheuer seine Seele fressen wollte? Aber die Norne hatten ihn offenbar gerettet oder etwas anderes mit ihm vor. Sicher hatte er nur etwas in den Augen der Götter der Ägypter falsch gemacht und das war ja nicht wirklich schlimm. Aber jetzt hatte er noch einen Grund hier nicht mehr ins Wasser zu gehen.


    "Also unser Custos Corporis glaubt auch an die Katzen. Ich finde das ganz lustig aber ich kann mir das nicht vorstellen. Gut, unsere Götter haben auch tierische Gehilfen aber das man gleich die Tiere anbetet ist doch schon etwas komisch. Niemand käme ja auch die Idee Sleipnir und Gullinbursti anzubeten" antwortete er fröhlich.


    "Also im Frühling gibt es schon viele Blumen, zumindest auf den Weiden und Wiesen. Ich mag ja den Frühling, wenn das Leben wieder richtig beginnt und alle fröhlich sind. Selbst die Tiere scheinen dann glücklicher zu sein als sonst. Die Wildschweine haben dann Frischlinge, auch wenn man da dann vorsichtig sein muss, dann sind die Säue sehr aggressiv. Aber da muss ich dann einfach in den Wald und sehen wie das Leben nach dem langen Schnee zurückkehrt. Hier bekommt man ja gar nichts mit vom Frühling, außer dass es so heiß wird."


    Eigentlich musste schon Frühling sein, aber davon merkte er noch gar nichts.

  • Vor allem käme wohl niemand auf die Idee, diese… wasauchimmer anzubeten, wenn man nichtmal wusste, was das sein sollte. Axilla überlegte, ob Rufus es ihr vielleicht schonmal erzählt hatte, aber wenn ja, hatte sie sich die Namen nicht gemerkt. Er war ja auch mit einer ganzen Ecke Namen dahergekommen, von denen sie nie etwas gehört hatte, und Axilla hatte schon immer ein Talent dafür, alles zu verwechseln. Sie war ja schon froh, dass sie sich gemerkt hatte, dass Rufus eigentlich Ragin hieß und sie ihn so nennen sollte.
    “Ja, hier freuen sich alle fast mehr auf den Winter, wenn es soviel regnet. Der Frühling bringt nur viel Schlamm mit dem Fluss. Das ist wohl irgendwie für die Felder wichtig oder so, auf jeden Fall freuen sich dann alle. Und das ist jetzt vor ein paar Wochen passiert, und es regnet jetzt immer seltener, bis es ganz aufhört. Aber wirklich blühen sehen hab ich hier nichts. Da vermiss ich schon Hispania, wenn dann auf den Feldern und Wiesen die ganzen Wiesen geblüht haben, und die ganzen Bäume erst! Vor allem die Olivenbäume haben immer schön und weiß geblüht, allerdings immer erst nach meinem Geburtstag…“
    Axilla wurde ein klein wenig wehmütig und blickte kurz zu Boden. Mit dem Arm schlenkerte sie leicht verträumt beim Gehen dabei, was sie weit weniger erwachsen aussehen ließ, als sie es eigentlich gerne hätte. Sie vermisste ihre Heimat, aber mehr noch vermisste sie das, was Heimat für sie bedeutet hatte. Sie fühlte sich noch immer so verloren hier in Ägypten und wusste nicht so recht, wo ihr Platz war.
    Ein Grummeln schreckte sie aus ihren Gedanken und sie sah fragend zu Rufus. Hatte sein Magen geknurrt?
    “Warst du das?“ fragte sie etwas verwirrt, als es ein erneutes Grummeln auch schon gab, diesmal lauter, und das helle Licht plötzlich trüber wurde, als die Wolken, die nur ganz diffus am Himmel gestanden hatten, sich mehr und mehr und vor allem verdammt schnell zusammenzuziehen begannen. Axilla hatte das ungute Gefühl, nicht trocken nach Hause zu kommen.
    “Ähm, ich glaube, wir sollten Helios schnell einholen, oder uns einen Unterstand suchen.“
    Denn wenn es in Ägypten mal regnete, dann aber so richtig.

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