Die Sklavenjäger unterwegs - Der Jäger IIa

  • Hunting is going on,

    we are a part of the wilderness.

    Hunting is going on,

    only the fast will survive.

    Hunting is going on,

    we are a part of the wilderness.

    Hunting is going on,

    only the fast will survive.

    [size=7]Korpiklaani - Hunting Song[/size]


    Ausgerüstet mit allem was sie benötigten ließen sie den Moloch hinter sich um unter freiem Himmel zu tun was ihnen befohlen worden war. Das galt zumindest für die Gruppe Sklaven, die Catubodus anführte. Er hingegen wurde für seine Arbeit bezahlt und das nicht schlecht. Die Gruppe kräftiger Kerle, nicht zu vergessen die geschmeidige gladiatrix ritt auf ebenso gut gebauten Pferden gen Norden, denn ihre heißeste Spur führte nach Ravenna. Auch wenn Catu der zurückgelassenen Botschaft nicht traute, so war es doch ihre beste Spur. Er würde einige Tage die Frau in ihrer Gruppe scharf beobachten, schließlich hatte noch etwas mit ihr vor. Allerdings nicht das was wohl sonst jeder in der Gruppe mit ihr vor hatte, das aber nur zu versuchen sich keiner traute.
    Zunächst ritten sie bis Rom außer Riechweite war. Hier zügelte Catu, der die Führung übernommen hatte sein Pferd, wandte selbiges zu seiner Gruppe, die ebenfalls gestoppt hatte und sprach seine Reisebegleiter an:


    "So Kameraden. Sollte eine von euch Nasen auf die glorreiche Idee kommen es jenen die wir jagen gleich zu tun so kann er sich sicher sein, dass ich ihn schneller zu seinen Göttern schicke, als er den Gedanken zu ende denken kann. Oder ich schleife ihn zu den Flaviern. Denen fällt dann gewiss was unangenehmes ein.
    Ansonsten gilt: Ich bin hier der Anführer. Befehle befolgen könnt ihr ja wohl. Was ich sage wird gemacht, dann gibt's keine Probleme. Soweit klar?"


    Misstrauisch sah er sich um. Leider hatte Asellus keine guten Reiter in seiner Truppe, sonst hätte er nach Möglichkeit auf die Sklaven verzichtet. Aber so hatte er kaum eine Wahl gehabt. Zu seiner Überraschung war in keinem der Gesichter jener schuldbewusste Zug zu erkennen, den er erwartet hatte und alle blickten ihn offen an und manche nickte ihm gar zu. Dann gelangte sein Blick zum Gesicht der dunklen Kämpferin.

  • Als die Häuser der Stadt hinter mir lagen atmete ich befreit auf denn es war seit Wochen das erste Mal dass ich nicht nur die Villa, sondern auch die Stadt verlassen durfte. Die Aufregung dieser Jagd und die Abwechslung von dem normalen Alltag in dem Haus der Flavier war natürlich ein weiterer Bonus für diese kleine Sklavenhetzjagd. Solidarisch zu den Sklaven fühlte ich mich nicht, denn ich kannte sie nicht und irgendwie erschien mir ihre Fluchtdurchführung reichlich mangelhaft organisiert zu sein. Die Ehefrau entführen, Spuren zu ihrem Reiseziel hinterlassen und ähnliche Schnitzer erwürgten alle Triebe von sklavischer Kollegialität die in mir erwachen könnte. Ich atmete die frische Luft vor den Stadtmauern tief ein und streckte meinen Arm aus als wir an einigen Bäumen vorbei ritten, denn einer von ihnen war ein Feigenbaum. Ich riss eine lila-blaue Feige von den trockenen Zweigen herunter und drehte sie zwischen meinen Fingern. Natürlich ahnte ich nicht dass schon bei Cicero der Baum erwähnt wurde, denn ich konnte nicht lesen. Und wozu auch?? Aber von dem Baum auf dem Forum Romanum wusste ich natürlich, denn er stellte das Schicksal von Rom dar. Ich drückte die Feige zwischen meinen Fingern und warf sie gleich in einen hohen Bogen in das Gras am Wegesrand denn die Frucht war schon hart und ausgedörrt von dem Winter.


    Unter meinen Schenkeln spürte ich die Bewegungen des Pferdes und ich roch immer noch intensiv den Geruch nach dem Tier. Ich war zwar pragmatisch für die Reise gekleidet und trug eine braune und schlichte Tunika, aber ich war auch gerüstet. Eine Lederrüstung zierte meinen Oberkörper die mein Herr für mich anfertigen ließ. Bevor er aufbrach hatte ich sie noch von seinem Speichellecker erhalten der mich mit einem glasig-kalten und abfälligen Ausdruck ansah. Ich selbst hätte eine andere und noch praktischere Rüstung gewählt aber als Sklavin eines Patriziers konnte ich wohl nicht in einer alten und speckigen Lederrüstung herum laufen. Dunkelbraun und mit einigen Nieten beschlagen war der Ledertorso und meine Oberarme waren weiterhin frei, denn ich brauchte die Bewegungsfreiheit und meine Schnelligkeit war schon immer mein größter Vorteil im Kampf. Seitdem wir die Stadttore hinter uns gelassen hatten durften wir auch unsere Waffen aus den Decken hervor holen, um wenigstens dem Anstand in der Stadt genüge getan zu haben. Ich hatte einen Speer und mein Kurzschwert samt einem kleinen Schild bei mir, wobei ich den Speer in einer Hand hielt, die Waffe unter dem Sattel und über der Satteldecke verstaute und den Schild dort fest band.


    Mit jedem Meter den wir hinter uns brachten hob sich meine Laune und meine Freude auf die Jagd nach den Sklaven. Ich hoffte natürlich dass sie es uns nicht ganz so einfach machen würden und es mich amüsierte. Immer mal wieder spähte ich auf den Rücken des Kelten dessen Namen ich nur am Rande aufgeschnappt hatte. Ein Söldner anscheinend aber dennoch wusste ich sonst rein gar nichts über ihn und ob er für die Arbeit taugte, aber die Flavier hatten sich bestimmt etwas dabei gedacht. Ich zog an den Zügeln meines Pferdes und brachte es zum stehen, wobei ich den Worten lauschte. Ich schnaubte amüsiert denn die Aussicht auf eine Flucht und das das ganze Leben lang war nicht sonderlich berauschend. Nein ich wollte nicht fliehen!! Ich würde mir das Geld ansparen und meine Freiheit erkaufen um hoch erhobenen Hauptes davon gehen zu dürfen und vielleicht in meine Heimat zurück. Die Augen unseres erkorenen Anführers hatten etwas von Stahl als sie sich auf mich richteten und ich konnte wenig in ihm deuten. Trotzdem lächelte ich und zuckte mit meinen Schultern. »Ich will bestimmt nicht fliehen. Das endet nur am Kreuz.« Ich hatte es zwei Mal in der Gladiatorenschule in Ägypten erlebt als ich noch jung war und nachdem mich mein Vater dort hin verkauft hatte. Damals war ich noch keine Gladiatorin und arbeitete als einer der ganz niedrigen Sklavinnen dort. Aber ich hatte nie vergessen wie qualvoll der Tod am Kreuz war und ich würde lieber den schnellen Tod durch ein Schwert wählen als das langsame Siechen in der glühenden Hitze.

  • "Schön, dass wir alle meiner Meinung sind." kommentierte Catubodus die allgemeine Zustimmung. Ein letztes Mal rückte er den Proviantbeutel hinter sich und die Waffen vor sich zurecht. Neben dem obligatorischen Reflexbogen und dem Dolch hatte er sich mit einer eisenbeschlagene Keule bewaffnet. Es ging ja darum die Sklaven einzufangen und nicht sie zu töten. Er brachte seinen Gaul zurück auf Kurs und die Gruppe folgte ihm in flottem Trab.
    Meile um Meile Zog die Landschaft an ihnen vorüber. Da die Straße zwischen dem nördlichen und mittleren Apennin verlief würden sie die gesamte Reise über nur mit Hügel und kaum mit Bergen in Berührung kommen. Felder in der Brache wechselten sich mit kleinen Wäldchen ab. Insgesamt waren nur wenige Leute auf der Straße unterwegs und auch wenn sie sich bei vielen Entgegenkommenden erkundigten, so war sich Catu noch immer nicht absolut sicher, auf der richtigen Fährte zu sein. Denn niemand hatte augenscheinlich von einer Gruppe, wie sie sie wiederholt beschrieben zu berichten. Das hatte Catu allerdings auch nicht erwartet. Eher schon abseits des Weges würde man sie möglicherweise gesehen haben, aber sich dort zu erkundigen kostete Zeit und noch wollte er nicht das Kommando vorübergehend abgeben.


    Der Tag neigte sich dem Ende zu und sie waren gezwungen unter freiem Himmel zu nächtigen. Allzu schnell kam die Nacht und sie hätten die Wegstrecke von etwa zwei Stunden verloren, wären sie in der letzten Herberge abgestiegen. Außerdem war ein Lager unter freiem Himmel weit kostengünstiger. Ein kleiner Buchenhain bot ihnen ausreichenden Windschutz und ein kleiner Bach stellte gar frisches Trinkwasser bereit.
    Es dauerte nicht lange bis ein Lager errichtet und ein Feuer entzündet war, auch wenn es Catu noch zu langsam vonstatten ging. Im letzten Licht des Tages aßen sie bald darauf ihren Brei und anschließen begaben sich die meisten von ihnen zur Nachtruhe.
    Catu hatte sich einige Bucheckern als Süßholzersatz gesammelt und hockte nun in seiner abgewetzten Lederrüstung auf einem Holzbalken und starrte in die Flammen des kleinen Feuerchens. Er hatte sich und die gladiatrix zur ersten Wache eingeteilt, denn er wollte wissen ob er ihr das Kommando würde anvertrauen können, wenn er auf Erkundung die Straße verließ. Unvermittelt sprach er sie an:


    "Warum bist du nicht bei denen dabei? Du kannst reiten und kämpfen. Warum änderst du nicht dein Los?"

  • Ich war mir nicht wirklich sicher wer von den Sklaven nicht einfach log. Vielleicht beneideten einige von den Sklaven auch die Flüchtlinge und wünschten sich, sie hätten die Initiative übernommen. Aber wer mochte es schon gejagt zu werden? Dies schreckte dann doch genug von den Männern ab wie ich zumindest glaubte. Schon ritten wir in einem strengen Tempo weiter die Straße entlang und in die Richtung wo wir die Sklaven vermuteten. Die ersten Stunden genoss ich einfach nur den Ritt auf dem Pferd das nicht zu der lahmen Sorte gehörte. Die Landschaft war mir ein bisschen zu grün und an manchen Stellen dann doch zu morastig aber alles in allem hatten wir Glück und mussten nicht durch strömenden Regen reiten. Die Menschen vergaß ich sofort nachdem wir sie befragten aber ein Mann blieb mir in Erinnerung haften. Es war ein kleiner Bauersmann. So klein gewachsen wie viele Menschen in dieser Gegend und dann vom Alter noch gekrümmt wie eine Krüppelkiefer vom Wind in den Bergen. Sein Gesicht war schrumpelig, seine Haut von der Sonne stark gebräunt und seine Augen funkelten listig. Er erinnerte mich an die Geschichten die mir Jesper aus seiner Heimat erzählte. Die Zwerge die von hässlicher und kleiner Gestalt sein sollten. Und dieser Mann schien ein Zwerg zu sein der sich nach Italien verirrte.


    Die Entscheidung im freien zu kampieren störte mich überhaupt nicht und es gefiel mir sogar. Die Mücken waren noch nicht aus ihrem Schlaf gekrochen und auch die anderen Krabbeltiere dieses Landes scheuten sich noch vor der Jahreszeit. Ich schwang mich von meinem Pferd und band es an eine Buche fest, deren Stamm etwas dicker aussah und somit das Pferd daran hindern würde zu fliehen wie es die anderen Sklaven taten. Sorgfältig kümmerte ich mich um das Tier. Ich nahm den Sattel vom Rücken, wischte das Fell mit einem Lappen und etwas trockenem Gras sauber und gab ihm etwas Hafer das wir mit uns führten. Mit zwei Eimern bewaffnet holte ich von dem klaren frischen Wasser und gab es auch noch zwei anderen Pferden mit zu trinken. All das tat ich bevor ich mich um meine eigenen Dinge kümmerte aber die Tiere gingen eben vor.


    Irgendwann später prasselte dann das Feuer und die Dunkelheit hatte sich ausgebreitet. Ich hatte mich auf die Pferdedecke gesetzt und und die Lederrüstung etwas gelockert aber nicht ganz ausgezogen. Ich sah gebannt in die Flammen und lauschte dem Knistern des brennenden Holzes. Meine Hände suchten in der Satteltasche nach meinem Beutel in dem ich mir etwas Brot und Schinken gepackt hatte. Ich holte beides hervor und zückte meinen Dolch. Die Frage von unserem Anführer dieser Jagd überraschte mich und ich schwieg dadurch etwas länger. Das Licht streifte mein Gesicht als ich es anhob und ihn ansah. »Warum sollte ich fliehen?? Ich könnte es bedeutend schlechter haben so wie meine Schwestern. Ich habe ein Dach über meinem Kopf, ich kann das tun was mir am nächsten liegt und ich muss mich weder in einem Lupanar noch als Waschmagd verkaufen. Und irgendwann werde ich genug Sesterzen zusammen haben um mir meine Freiheit zu kaufen! Was erwartet da schon diese Sklaven?? Wenn sie Glück haben werden sie nur ihr Leben lang gejagt oder glauben immer auf der Flucht sein zu müssen!! Wenn sie Pech haben dann landen sie am Kreuz was wohl sehr wahrscheinlich ist. Ich bin nicht so dumm so eine aussichtslose Sache zu beginnen!!« Ich hoffte dass ich in Zukunft noch weiter sparen konnte denn mit den lukrativen Gladiatorenkämpfen war es jetzt vorbei. Ich schnitt mit dem Dolch in das Brot und teilte mir einen Brocken davon ab. »Und was ist mit dir? Du kommst doch auch nicht von hier!! Warum bietest du den Römern deine Dienste an?«

  • Es war für Catu nicht verwunderlich, das es etwas dauerte bis sie antwortete. Derlei Fragen wurden einem schließlich nicht jeden Tag gestellt. Als ihm die Pause dann doch etwas zu lang wurde blickte er auf, als gerade der Feuerschein über Penthesileas Antlitz huschte. Für den Bruchteil eines Augenblicks sah sie fast gespenstisch aus, doch er lies sich von Schattenspielen schon lange nicht mehr ins Bockshorn treiben.
    Es klang nicht schlecht was er da zu hören bekam. Man hätte es Bequemlichkeit oder Angst vor einem Dasein als Beute nennen können. Aber Catu verstand er es. In ihrer aktuellen Stellung musste sie vermutlich keine Töpfe schrubben, von Arbeit auf dem Feld oder als lupa ganz zu schweigen. Bei solch einem verhältnismäßig unbeschwerten Leben würde er es sich vermutlich auch mehr als ein Mal überlegen ob er das für eine ungewisse Freiheit aufgab oder nicht. Allerdings war ihm auch nicht so wichtig was sie sagte, sondern vielmehr wie sie es tat. Doch er konnte keinen Hauch Unredlichkeit in ihrer Stimme wahrnehmen. Zufrieden grunzte er, bevor er ihre Frage vernahm. Warum er für die Römer arbeitete? Warum sollte er auch nicht? Weil er keiner von ihnen war und eigentlich frei. Frei auch als Jäger abseits der Zivilisation zu leben, frei Bauer zu werden? Sicher, er hätte in seiner Heimat bleiben, oder vielmehr zurückkehren können, doch seine Wurzeln waren verdorrt und von Sturzbächen an Blut hinfort getrieben worden. Er hatte seine Heimat nie wiedergesehen. Die wehmütigen Gedanken die in ihm aufstiegen trugen das ihre dazu bei, dass er ihr ohne groß nachzudenken mehr erzählte als den meisten anderen:
    "Ich bin Galater und mein Volk ist schon seit einiger Zeit vor meiner Geburt Teil es römischen Reiches. Alle meine Angehörigen liegen dort in der Erde und es gibt nichts was mich dorthin zurückzieht. Was soll ich sonst tun, wenn nicht für die Römer zu arbeiten? Ich lebe schon mein ganzes Leben im Imperium und wenn auch noch mein Großvater als Söldner gegen die Römer kämpfte so gibt es für uns keine Unabhängigkeit mehr. Würden die drei Stämme das römische Joch abschütteln ständen sofort die Parther vor unseren Ländern und die sind nicht besser. Dort liegt meine Vergangenheit begraben und eine Zukunft habe ich dort nicht. Nicht zu vergessen verdient man als Söldner besser als wenn man sein Brot als Jäger oder Bauer verdienen muss."
    Das war nunmal der ausschlaggebende Grund. In den letzten zehn Jahren hatte er durchaus einiges ausprobiert und wenn er auch am liebsten auf der Pirsch war, so brachte sie einfach zu wenig ein und war zu sehr vom Glück abhängig. Gut, das Glück musste ihm auch bei ihrem aktuellen Auftrag gewogen sein aber möglicherweise brauchte er auch immer noch den speziellen Nervenkitzel der eine andere Dimension hatte als der Kampf gegen ein wildes Tier, das doch einigermaßen berechenbar war.

  • Das Feuer raunte seine Geschichten von brennendem Holz, die Zweige des Waldes wisperten über den Wind der Nacht und die Nachttiere krochen wie kleine Spuckdämonen aus ihren Löchern. Ich blickte in das orange Licht des Feuers und es ließ die Dunkelheit um uns herum noch dunkler wirken. Einige Brotkrumen fielen auf die Decke und ein Stück von dem geräucherten Fleisch wanderte in meinen Mund. Während ich bedächtig auf dem Fleisch herum kaute sah ich von der Seite auf den Anführer unserer kleinen Unternehmung. Ein Galater war er also? Ich konnte damit nicht viel verbinden und entsann mich nur an einen älteren Gladiator der in der gleichen Schule arbeitete und uns in den ersten Jahren unterrichtete bis er schließlich an der Schwindsucht übel krepierte. Er hatte einen Abend mal von seiner Heimat erzählt und es sollte wohl irgendwo dort liegen wo auch Troja einst erbaut wurde. Oder war es ein gutes Stück Östlich davon? Ich erinnerte mich nicht genau und nur noch lebhaft an den melancholischen Ausdruck auf dem Gesicht des Gladiator. Und der Söldner erinnerte mich an den alten Mann. Natürlich war er jünger und mitten in der Blüte seines Lebens und Manneskraft aber doch war da das Mitschwingen von Fernweh was ich meinte zu hören.


    Die Wunde an meiner Schulter begann zu jucken denn der Kampf war erst wenige Wochen her. Ich rieb oberhalb der Wunde an dem Stoff meiner Tunika und schob dabei die Lederrüstung zur Seite die ich vorne gelockert hatte für das Rasten. Ich grinste in mich hinein denn wenn ich eines Tages meine Freiheit bekam würde ich bestimmt nicht das Hausmütterchen werden und am Webrahmen enden. Nein ganz bestimmt nicht!! Eher würde ich meine Erfahrung ähnlich nutzen. »Das ist natürlich ein Argument!!« Mein Messer schnitt durch den Schinken und teilte ein weiteres Stück Fleisch ab. Die wirklich unbekannte Variabel in diesem Fluchtmelodram war der Söldner. Auch wenn er die Schranktüren zu seinem Leben kurz geöffnet hatte und ihr einen Blick erlaubte war ich mir nicht sicher was davon Berechnung und was Ehrlichkeit war. Solchen Männern wie Catubodus war alles zu zu trauen. »Dann gibt es nichts in deiner Heimat was dich lockt. Aber wie steht es hier in Rom? Oder bist du einer der Männer aus der Sorte einsamer Wolf?« Meine Zähne blitzten zwischen meinen Lippen her vor als ich leicht spöttisch lächelte.

  • Ein Klumpen Harz oder dergleichen zersprang im Feuer und zu den immer wieder aufsteigenden Funken gesellte sich eine kleine Fontäne roter Glutpunkte, die einer nach dem anderen verschwand. Sie verschwanden wie die Leben die Catubodus beendet hatte, verloren sich im Diesseits im Nichts und ob sie in der Anderswelt Aufnahme finden würden war ungewiss. Außer ihrem Feuer war sonst nirgends ein Licht zu sehen. Selbst ohne geblendete Augen war es eine stockfinstere Nacht. Doch Catu war ein Freund der Dunkelheit und im Gegensatz zu vielen anderen ängstigte sie ihn nicht. Nein, ihn ängstigte nur eines. Das ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte. 8) Er hatte die Geschichten von einem herabstürzenden und unter dem Firmament explodierenden Stern gehört. Oft hatte ihn sein Großvater vor der Gefahr, die von verärgerten Göttern ausging gewarnt. Nicht umsonst hatte er den Göttern das auf dieser Reise zu vergießende Blut seinen Göttern versprochen. Nur wenn er seine Reise unter den Schutz der Götter stellte konnte er Aussicht auf Erfolg haben.
    Kritisch blickte er seine Reisebegleiterin an. Fragte sie ihn etwa nach seinem Liebesleben? Das ging sie doch überhaupt nichts an. Zumal sie nicht unrecht hatte, denn zu seinem Herzen hatte kaum eine Frau einen dauerhaften Zugang gefunden. Sein Gesicht verschloss sich zusehends, aber da er keine Unhöflichkeit argwöhnte, sondern reine Neugierde unterstellte antwortete er versöhnlich: "Vermutlich bin ich das. Doch im Allgemeinen sehe ich mich eher als ein Rabe. Aber was muss ich über dich wissen? Du warst gladiatrix?"

  • En-áíbón so würde es meine Mutter wohl ausdrücken was man alles in der Nacht erfahren konnte. Die Nacht verriet viel über ein Land denn welche Tiere zu hören waren und wie der Wind und die Bäume klangen wenn man die Augen schloss und jedes Licht vertrieb sprachen ihre ganz eigenen Geschichten. Auch in Ägypten war es nicht anders gewesen. Ich schloss die Augen und lauschte auf die Geräusche und sie klangen so ganz anders als rund um Arsinoë wo ich mein Kindheit verbrachte. Auch die Gerüche waren fremdartig obwohl ich doch schon so lange in Rom lebte und Italien gewöhnt war aber die Stadt war immer etwas anderes als das grüne und liebliche Land außerhalb. Es raschelte in den Ästen der Bäume und sicherlich beherrschte die Jagd den Wald um uns. Eine Eule die eine Maus schlug nachdem sie sich aus ihrem Bau im Erdreich heraus wagte und Fledermäuse die meisterlich fliegend nach ihrer Beute in der Dunkelheit suchten.


    Ich öffnete die Augen als ich die Antwort von Catubodus hörte und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Die Antwort gefiel mir denn sie war nicht so abgedroschen zu dem was man sonst bei solchen Fragen zu hören bekam. Ich sah zu ihm hinüber und betrachtete ihn mit etwas mehr Interesse. »Ein Rabe??« Ich lachte leise über die Antwort. Ich hatte mal gehört dass die Römer den Raben und auch die Krähe genauso für ihre Vogelorakel nutzen aber ich hatte mich nie übermässig mit dem Glauben der Römer beschäftigt. »Über mich gibt es nicht viel zu berichten. Ich bin eine Sklavin seitdem ich dreizehn bin, seit meinem fünfzehnten Lebensjahr wurde ich zur Gladiatrix ausgebildet und seit vier Jahren bin ich in Rom und habe meine Zeit in der Schule Ludus Magnus rum gebracht.« Somit hatte ich die Eckdaten meines Lebens verraten auch wenn ich viele Nuancen, Details und Schattierungen verschwieg. »Hast du schon einen Plan wie du die Sklaven einfangen möchtest?«

  • Obwohl es noch nicht allzu weit herunter gebrannt war legte Catu ein wenig Holz nach um das Feuer in seiner Größe zu stabilisieren. Beim Hinsetzen griff er beiläufig in die schütteren Halme, die der Boden bedeckten. Er zerrieb was er ergriffen hatte zwischen den Fingern und roch dann daran. Der Geruch nach Gras war deutlich erkennbar, wenn auch wegen der Jahreszeit ein wenig verändert. Die Halme waren so gut wie komplett vertrocknet und nur die Wurzel war wohl noch am Leben. Ähnlich war es bei den Buchen, die sie umgaben. Ihr rotes Laub bedeckte wie ein herrschaftlicher Teppich den größten Teil des Bodens um sie herum und Catu fühlte sich wie ein König. Sein Reich umfasste alles was vom Feuerschein erhellt wurde. Hier war er Herr und Meister und mehr brauchte er nicht.
    "Da gibt es nichts zu lachen. Meine Göttin wird von Raben begleitet, die die Toten vom Schlachtfeld in die Anderswelt geleiten und ich verschaffe ihnen Arbeit." Catu war nicht wirklich verärgert und auch sein Ego hatte nicht gelitten, aber da es ihm auch um seinen Glauben ging wollte er seine Aussage im richtigen Licht gesehen und verstanden wissen. Bedächtig nickte er zum Wesentlichsten des Lebens seiner Begleiterin. "Ein Falke also, gefangen wie ein Jagdfalke bei den Thrakern oder im Osten. Hoffentlich bist du genauso treu."
    Wie er die Sklaven einfangen wollte. Nunja jedes Detail kannte er noch nicht,aber hatte schon einen groben Plan. Es würde aber auch darauf ankommen wo sie sie erreichten. "Erstmal müssen wir sie einholen. Dann muss ich sie zunächst beobachten, wenn Zeit dazu bleibt. Am liebsten würde ich sie in der Nacht überrumpeln und einen nach dem anderen schnappen. Am besten ohne jeweils die anderen zu wecken. So könnten wir unsere Zahlenmäßige Überlegenheit gut ausspielen. Es kann natürlich auch sein, dass wir improvisieren müssen." Des Aussicht behagte ihm nicht sonderlich. Schließlich wusste ernicht wie gut die Sklaven waren obwohl "seine" als auch die Flüchtigen. Zu viele unsichere Variablen. Doch not etwas anderes brannte ihm unter den Nägeln: "Du wirst morgen unseren Trupp anführen. Ich werde mich seitlich in die Büsche schlagen und mich abseits der Wege nach unserer Beute erkundigen. Hätten sie die Straße genommen wären sie erstens dumm und zweitens hätten wir bereits von ihnen gehört. Vermutlich werde ich gegen Abend wieder zu euch stoßen." Er brauchte einfach Gewissheit ob die Botschaft nicht doch eine Finte gewesen war. ER jagte schließlich lieber Menschen als Phantome.

  • Ich sah Catubodus schweigend an. Anscheinend war ich ihm mit meinem Lachen auf den Schlips getreten, obwohl es doch ganz anders gemeint war. Aber ich hatte nicht das Bedürfnis das auf zu klären. Mehr interessierte es mich, was er über die Göttin zu sagen hatte. Raben begleiteten sie? Aber ich wunderte mich nicht fand es mehr faszinierend denn von meiner Heimat war ich es gewöhnt dass die Tiere in der Welt der Götter eine grosse Bedeutung hatten. Manche der ägyptischen Götter waren Zwitterwesen zwischen Tieren und Menschen. Sie trugen Falkenköpfe, wurden von Tieren begleitet und manche Tiere waren Götter. Ich lächelte sanft und schwieg zu seinem empörten Widerspruch. »Wie heisst deine Göttin?« Ich richtete meine Augen wieder auf den gelben Schein des Lagerfeuers. Mit einem Falken war ich noch nie verglichen worden. Aber war es so falsch? Ein Falke wurde für die Jagd aus geschickt. Seine Bänder wurden gelöst und er konnte frei fliegen. Er hätte die Chance nutzen können, um sich immer weiter in den blauen Himmel zu erheben und dann zu verschwinden. Doch er kehrte brav mit der Beute zu seinem Herrn zurück. Ich hatte das vor einigen Tagen sogar in der Villa gesehen und ahnte damals noch nicht, dass der Sklave der sich um den Vogel kümmerte kurz danach abhauen würde. »Da hast du vielleicht nicht unrecht.« Ich wäre lieber mit einer wilden Katze oder einer Löwin verglichen worden. Doch welcher Löwe war noch einer dem die Krallen gestutzt wurden?


    Ich war froh dass wir das Thema wechselten und wieder zu dem professionellen Teil unserer Unternehmung kamen. Das war der Sklavenjäger erläuterte klang eigentlich nicht nur gut sondern auch als einen guten Plan. Obwohl ich nicht wusste wie die anderen Sklaven darauf reagieren würden wenn sie hörten dass sie auf mein Wort hören mussten. Aber ich würde den Sklaven schon klar machen dass sie dabei nichts zu entscheiden hatten und freute mich insgeheim darüber dass Catubodus mir das zu zu trauen schien. Dann gehörte er nicht zu der Sorte Mann der Frauen aus Gewohnheit unterschätzte. Das war jedoch auch etwas was ich in meinem Kopf behalten würde schließlich wusste man nie ob wir nicht irgenwann auf verschiedenen Seiten stehen würden. »Gut!« Einer der Sklaven begann lautstark unter seinen Decken zu schnarchen. Ein Geräusch an dem ich mich nicht störte ich war solch eine Kulisse von der Gladiatorenschule gewöhnt. »Willst du die Vigilen einschalten wenn wir Ravenna erreichen und sie vorher noch nicht gesichtet haben?«

  • "Catubodua." Die Antwort fiel einsilbig aus, auch wenn Catu nicht eingeschnappt war. Immerhin bekundete sie mit ihrer Nachfrage Interesse. Ob dieses auch ehrlicher Natur war spielte dabei keine Rolle. Beiläufig kratzte er sich mit einem Fingernagel einen Bucheckernrest aus den Zähnen und schnippte ihn ins Feuer. Er hätte wohl sorgsamer die Schale entfernen sollen. Da sie Wache hielten würde es noch dauern, bis er sich auf seinem Lager lang machen würde, also kramte er ein Stückchen Süßholzwurzel hervor. Die musste man wenigstens nicht schälen.
    "Die Vigilen? Kommt darauf an. Nachdem wir sie gefunden haben werde ich entscheiden, ob es notwendig ist. Sollten sich die Nachforschungen als besonders schwierig erweisen, dann hole ich sie auch schon da hinzu. Ansonsten höchstens zur Ergreifung." Catubodus hielt keine besonders großen Stücke auf diese Milizen. Seiner Erfahrung nach machten die zu viel Lärm und mann kannte sie in ihrer Heimatstadt zu gut. Sie hinzuzuziehen konnte ein erhöhtes Risiko bedeuten, dass man die Flüchtigen aufschreckte und das wollte er auf jeden Fall vermeiden. Bei der Ergreifung selbst konnten einige Männer mehr allerdings nicht verkehrt sein.

  • Ich konnte nicht mit Sicherheit sagen ob ich den Namen kannte denn die Kelten hatten für ihre Götter alle so seltsame Namen die ich meist sofort wieder vergass. Ich schwieg und versuchte mich zu erinnern doch auch nach einigen Sekunden kam nichts in mir hervor. Ich zuckte mit den Schultern und aß das letzte Stück von meinem Brot und von dem Fleisch. Ich griff nach dem Schlauch mit verdünnten Wein den ich schon während der Reise immer wieder benutzt habe um den Durst zu löschen. Es war nicht mehr viel in der gegerbten Schweinsblase doch es reichte auch jetzt den salzigen Geschmack von meiner Zunge zu vertreiben.


    Scheinbar wollte Catubodus keinen müden Sesterzen von seiner Belohung riskieren in dem er Hilfe von den Vigilen an nahm. Mir war es jedoch eigentlich egal!! Die Uniformträger machten meistens sowieso nur Ärger und brachten selten einen wirklichen Nutzen. »Gut!!« Jetzt konnten sie kaum große Pläne machen denn sie wussten ja noch nicht einmal ob die Sklaven wirklich in Richtung Ravenna geflohen waren. Nur alle Zeichen sprachen dafür. Ich verfiel in brütendes Schweigen und sah in das Feuer.

  • Da er den Wissensdurst seiner Reisebegleitung scheinbar hinlänglich befriedigt hatte, widmete auch Catu seine Aufmerksamkeit dem Flackern der Flammen während er den gelegentlichen Geräuschen der Nacht lauschte. In diesem geistesabwesenden Zustand verging die übrige Zeit ihrer Wache wie im Fluge. Nachdem er Penthesilea gedeutet hatte sich zur Ruhe zu begeben und ein letztes Mal Holz nachgelegt hatte, weckte er die nächste Nachtwache und wickelte sich für die Nacht in seinen dicken Umhang.


    Er schien kaum eingeschlafen zu sein, als er durch ein unsanftes Rütteln schon wieder geweckt wurde. Nichts desto Trotz war er ausreichend erholt um den Gewaltritt, den er sich für heute vorgenommen hatte in Angriff nehmen zu können. Es bedurfte nicht vieler Worte und bald schon hatten sie nach einem kalten Mahl beim kärglichen Licht des frühen Morgens das Lager abgebrochen und saßen wieder hoch zu Pferde. Dies war der Augenblick für Catu um das Vorgehen für den heutigen Tag darzulegen.


    "Penthesilea wird euch für heute anführen. Ihr folgt der Straße nach Ravenna. Ich werde versuchen auf den abseitigen Pferden die Spur aufzunehmen. Haltet dennoch weiter Augen und Ohren offen. Ich werde gegen Abend wieder zu euch stoßen."
    Sollte die gladiatrix noch einige Worte an die anderen richten, so war das ihre Sache und für Catu nicht von Interesse. Eine leichte Aufforderung mit den Fersen und sein Pferd fiel mit einem Carrière schlagartig in seine schnellste Gangart. Nach wenigen Metern schon bremste Catu dessen ungestümen Lauf ab um seine Kräfte nicht zu früh zu verausgaben.
    Nicht weit von ihrem Lagerplatz entfernt führte ein schmaler Karrenweg zu einem kleinen Hof. Diesem Pfad folgte Catu in der Hoffnung hier auf eine Spur zu stoßen, die wärmer war als die, der sie folgten.


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    "Geh Wasser holen. de de de dede" missmutig äffte Silana ihre Herrin nach. Sie wusste das Glück nicht zu schätzen, dass sie als freie Magd auf diesem ziemlich kleinen Hof arbeiten konnte. Gegenüber den großen Latifundien konnten sie auf dem Markt kaum bestehen und so betrieben sie hier hauptsächlich Selbstversorgung. Da Geld knapp war sah der Hof auch entsprechend aus. Wie jeden Winter so stand auch dieses Jahr zu befürchten, dass das Dach dem Winterregen nicht standhalten könnte. Von dem unwahrscheinlichen Fall einer plötzlich auftretenden Schneelast ganz zu schweigen. Doch diese Probleme interessierten die junge Silana nur in so weit wie sie dann Fässer, Töpfe und andere Häfen unter die schadhaften Stellen platzieren musste. In letzteer Zeit war es glücklicherweise nicht dazu gekommen, aber jederAuftreg den sie erhielt rief bei ihr Widerwillen hervor. Besonders wenn es wie an diesem frühen Abend nach draußen ging um Wasser für die Zubereitung der cena am lokalen Brunnen zu holen. In ihrem Missmut gefangen bemerkte sie den Mann am Brunnen erst als sie kurz vor ihm stand und erschrak zunächst ehe sie zu ihrer patzigen Art zurückfand.
    "Wer bist du und was willst du hier?!"


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    Belustigt hatte Catubodus die junge Frau beobachtet seit sie aus dem Haus trat. Ohne zu fragen hatte er einfach den Brunnen genutzt um den Durst seines Pferdes zu stillen. ER war sich nicht sicher gewesen um der heruntergekommene Hof überhaupt noch bewirtschaftet wurde. Vom Erscheinen des Mädels war aber weit weniger überrascht als sie von seinem. "Ich bin ein Reisender und tränke mein Pferd." gab er ihr mit freundlichem Blick bereitwillig Auskunft.
    Aus der plötzlichen leichten Rotfärbung ihrer Wangen schloss Catu, dass ihr ihre Unhöflichkeit peinlich war und nutzte die Gelegenheit sich zu erkundigen. "Ist hier in letzter Zeit was ungewöhnliches passiert?" In der Tat hatte er mit seiner Vermutung wohl richtig gelegen. Die Informationen sprudelten geradezu aus ihr heraus: "Es ist noch gar nicht lange her, da habe ich eine Gruppe Reisender gesehen und das weit weg von der Straße. Es war ein ziemlicher Zufall, ich war nämlich..." Sie blubberte von gelegentlichen Nachfragen Catus unterbrochen noch einige Zeit weiter, konnte sich aber nicht erinnern wann genau das statt gefunden hatte. Die Beschreibung der Gruppe die er ihr entlocken konnte deckte sich allerdings auffallend gut mit der Beschreibung der "Reisegruppe", die er verfolgte. Das gute Pferd aus der Equaria Flavia hatte nicht nur einen geringeren Wasserbedarf als erwartet es hatte sich auch sichtlich erholt während Catu Informationen einholte. Wie es aussah würde das Pferd sehr viel später als er selbst ermüden, wie lange die Reise auch noch dauern mochte. Dieses Tier war so sehr zum Pferd bestimmt wie sein Schicksal ihn zum Mörder gemacht hatte. Als eine ungeduldige Matrone Silana ins Haus rief schwang er sich in den Sattel und donnerte bald schon querfeldein durch die Landschaft. Er ließ das Tier seine Bewegungsfreude frei ausspielen, doch als es zu dunkeln begann hatte er die Straße wieder erreicht. Mit dem letzten Licht hatte er einen Lagerplatz ausgemacht und kaum hatte er sich entschieden hier auf seine Gruppe zu warten trabte diese auch schon über die Hügelkuppe heran. Trotz seines etwas längeren Weges war er schneller gewesen. Es hatte sich eben ein gutes Tier ausgesucht. Penthesilea und den Sklaven war kein Vorwurf zu machen, denn sie konnten kaum getrödelt haben.

  • Weich war der Gang meines Pferdes als ich mit dem Flavierzuchtier die Strasse hoch ritt und immer näher an Ravenna heran das das mutmaßliche Ziel der Sklaven für ihre Flucht war. Ich genoss immer noch die Reise durch die Wälder und entlang der großen Plantagen an denen die Bäume aufgereiht waren die in wenigen Wochen schon blühen und in wenigen Monaten die ersten Früchte tragen würden. Wie viel härter war doch hier das Leben eines Sklaven der zwar genauso wie wir mit dem Hahnenschrei aufstand aber dafür erst weit nach dem Untergang der Sonne sich müde und von der Arbeit geplagt auf sein dürftiges Strohlager oder auf den harten und kargen Boden werfen durfte. Ich ritt weiter vor den anderen Sklaven und konnte ihre mürrischen Gesichter in meinem Rücken spüren. Keiner von den Männern war begesteitert davon dass ich heute die Rolle des Führenden besass und das von Catubodus anvertraut bekam. Denn ich war weniger lang in der Villa als jeder der Männer und ganz besonders war ich eine Frau!! Zwei Tatsachen die den Männern bei meiner heutigen Rolle gar nicht gefielen. Aber ich kümmerte mich wenig um ihre Unzufriedenheit und es war mir auch egal was sich jeder still und stumm bei sich dachte so lange sie das taten was auch notwendig war.


    Ein alter und von Moos über wachsener Stein tauchte am Wegrand auf. Ich zügelte mein Pferd und lenkte es in die Richtung. Mit der Fußspitze kratzte ich das grüne Zeug vom grauen und herunter gekommenen Stein. Meine Lippen formten die Zahl der Meilen, die noch vor uns lagen bis wir die Hafenstadt an der Ostküste von Italien erreichen würden. Eine Axt ertönte irgendwo in unserer Nähe und ich sah auf. Ein Mann mit weißen Haaren und einem Gesicht das schon viele Sommer erlebt hatte und von tausend Falten durchzogen war zerteilte mit seiner Axt einen altersschwachen Baum. Wahrscheinlich um Feuerholz aus ihm zu machen. Ich nickte einem der bulligen Sklaven zu der auch irgendwo aus dem Norden her kam. »Geh und frag nach den Sklaven!!«
    »Mach das doch selbst!!« Da war es schon!! Natürlich konnten die Sklaven es nicht hin nehmen dass ich ihnen etwas auftrug und ich seufzte still in mich hinein. Ich schwang meinen Körper vom Pferd herunter und landete mit meinen weichen und vorzüglich neuen Stiefeln auf dem harten Boden. Gleichmütig lief ich um mein Pferd herum und scheinbar in Richtung des alten Manns. Doch als ich an dem Pferd des aufsässigen Sklavens vorbei kam, packte ich blitzschnell seinen Fuß, verdrehte ihn für ihn schmerzhaft und gab ihm einen kräftigen Stoss der ihn von dem Tier herunter warf. Der Kerl grunzte überrascht auf und landete unsanft auf der anderen Seite. Gerade als er sich aufrappelte war ich schon über ihm und gab ihm einen wuchtigen Tritt in die Nieren die ihn vor Schmerz zusammen krümmen ließ. »Ich habe hier und heute das sagen und wenn du nicht am Kreuz enden möchtest oder deine Gedärme um meinen Dolch gewickelte sehen willst dann solltest du besser auf mich hören!! «
    Er keuchte etwas. Was er sagte hatte ich jedoch nicht verstehen können. »Was hast du gesagt??«
    »Ist... ... ist schon gut ... ...«


    Verächtlich wollte ich mich zu dem alten Mann umdrehen um die Informationen zu bekommen doch plötzlich packte der Sklave meinen Unterschenkel und riss mich selbst brutal zu Boden. Ich schlug mit dem Rücken auf und spürte einige spitze Steine über meine Haut fahren was sofort zu brennen begann. Der andere Sklave hatte mich jetzt eindeutig überrumpelt und war schon über mir um mir mit der Faust anscheinend ins Gesicht schlagen zu wollen. Schnell drehte ich meinen Kopf zur seite und doch spürte ich wie die Faust mich noch an der Schläfe traf und der Eisenring den er an seiner rechten Hand trug mir dort die Haut auf schürfte. Noch ehe er noch mal ausholen konnte musste ich sein massives Gewicht von mir herunter bekommen. Ich zog mein Bein an und vollführte das was ich in vielen Jahren in der Gladiatorenschule gelernt hatte um mich aus so einer Situation zu bringen. Mir nicht zu schade auch gegen seine empfindlichste Stelle mit dem Bein zu treten, eine schnelle Bewegung zu machen und mit Schwung mich herum zu rollen schaffte ich es den Sklaven von mir herunter zu stossen. Da Schnelligkeit schon immer meine beste Waffe war nutzte ich diese und zog genaus schnell meinen Dolch als sich der Sklave noch auf rappeln wollte. Schon sah er sich der Spitze meines Dolches gegen über, die vor seinen Augen tanzte. »Ich stech dich ab wenn du dich jetzt bewegst!!« Wenn mein Dolch durch sein Auge drang dann war der Mann so gut wie tot und ich glaubte dass er das auch wusste. Erstarrt sah er auf die Metallspitze die keinen Zentimeter vor ihm schwebte. »Willst du noch eine Runde oder sparen wir uns das??«
    »Nein... ... ist gut!!«
    Unwillig kam das über seine Lippen und ich sah ihn genau und prüfend an, aber schließlich ließ ich ab von ihm ohne ihn jedoch dieses Mal aus den Augen zu verlieren. Erst als er sich erhob und auf sein Pferd zu ging, um sich in den Sattel zu erheben sah ich wieder zu dem alten Mann. Doch der war weg!! Mist aber auch!


    »Wir reiten weiter!!« Was blieb uns auch anderes übrig? Also schwang ich mich auch wieder auf mein Pferd und trabte los. Die Sklaven folgten mir zwar immer noch unwillig und mürrisch aber sie taten zumindest jetzt nichts mehr. Meine Schläfe pochte jedoch schmerzhaft und ich wischte mit etwas Blut von der Schürfwunde weg. Wenn wir in Rom waren würde das wohl noch weiteren Ärger geben und ich würde mich in der Villa vor den Männern in acht nehmen müssen. So näherten wir uns auch dem vereinbarten Treffpunkt mit Catubodus.

  • Begeistert beobachtete Catubodus das Muskelspiel seines Pferdes während er es abrieb. Es war nicht ganz klar gewesen, ob er das Tier geliehen bekommen hatte oder gar behalten durfte, wenn dieser Auftrag erledigt war. Wenn nicht würde er diesen treuen Gefährten kaufen, auch wenn er nicht wusste wie er ihn in Rom ausreichend bewegen sollte. Über den Rücken des Pferdes beobachtete er wie seine Begleiter herankamen. Als sie abstiegen und Penthesilea an ihm vorbei kam sah er ihre Wunde am Kopf. Sogleich ging er darauf ein. Er wollte zu diesem frühen Zeitpunkt keinen Ausfall seiner wichtigsten Stütze riskieren.
    "Probleme?" Er sparte es sich die angebrachten Spekulationen. Wenn sie sich sein Vertrauen erhalten wollte würde sie ihm erzählen warum ihre Rübe blutverkrustet war.

  • Da war er schon und ich erkannte etwas abseits den Sklavenjäger. Ob er etwas mehr erfahren konnte als wir? Ich lenkte mein Pferd in seine Richtung und schwang mich geschmeidig vom Sattel. Anscheinend hatte der Mann ein gutes Auge für Details und hatte die Schürfwunde bei mir gesehen. Ich zuckte jedoch lediglich mit der Schulter. »Nein... …. nur ein bisschen Kräftemessen unter den Sklaven... …. wie immer halt.« Ob er das Ringen um Macht und die ganz eigene Hierarchie unter den Sklaven kannte darüber machte ich mir keine Gedanken. Womöglich hatte er jedoch eine undeutliche Vorstellung davon und würde meine Worte so hin nehmen wie ich sie aussprach. Ich führte das Pferd zu einem Baum, band es dort fest und suchte nach dem Hafersack um es dem Tier um die Schnauze zu hängen ehe ich anfing mich um das Tier und anschließend um die Lagervorbereitungen zu kümmern. Ob ich vorhin den richtigen Nerv bei Catubodus getroffen hatte war mir eigentlich gleichgültig denn ich war nicht darauf aus irgendjemanden Vertrauen zu gewinnen der letztendlich für mein Leben nicht von Bedeutung war. Die Flavier entschieden über mein zukünftiges Leben und sie würden sich ihre Meinung aufgrund ganz anderer Dinge bilden und nicht weil mich ein Sklavenjäger empfahl oder nicht. Doch eigentlich machte ich mir darüber gar keine Sorgen. Ich überlegte viel mehr was noch vor uns lag und wie wir die Sklaven vorfinden würden. Die Nacht brach herein... … und es würde nicht mehr lange dauern bis wir auf die Sklaven trafen.


    TBC: O dulce nomen libertatis! Pars Roma et Italia! - Das höhnische Lachen der Parzen

  • Catubodus nickte nur beiläufig als er ihre Erklärung vernahm. Er hätte sich zwar mehr Aufschluss über das Vorgefallene erhofft, aber wenn es gewesen war wie sie sagte und darauf deutete auch das Verhalten der Übrigen hin, so hatte sie sich wohl behauptet. Damit war Catubodus zufrieden. Solange klar war, dass sie die Nummer Zwei dieses Unternehmens war, hatte er keine Probleme. Wenn sie gewollt hätte, dass er sich einmischte, so hätte sie das wohl durchblicken lassen, augenscheinlich hielt sie es aber nicht für nötig. Nunja, sie musste es wissen.
    Allerdings konnte er sich beim Nachtmahl nicht dazu durchringen keine Vermutungen darüber anzustellen, welcher der custodes sie wohl herausgefordert hatte. Irgendwann stellte er seine Beobachtungen dann ein und teilte den anderen seine jüngsten Erkenntnisse mit. Sie besprachen die wenigen Details des weiteren Vorgehens die es abzuklären galt, teilten die Wachen ein und so nahm die weitere Verfolgung bis kurz vor Ravenna ihren unspektakulären Lauf.

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