Geminus Weg führte ihn vom Forum Romanum weg, an der Curia Iulia vorbei über das Forum Traiani hinweg zum Mercatus Traiani. Ein ganz besonderes Vergnügen brachte ihn hierher. er hatte Zahnweh, nicht viel, aber genug um sich ärztlichen Beistand zu holen. Oder besser, um dazu zu zwingen dies zu tun. Auf dem Land war die Ärztedichte gering und es waren noch bedeutend größere Scharlatane als in der Hauptstadt. Sein Maiordomus hatte ihm einen gehobenen Mediziner empfohlen. Sein Name war Aretaeus. Der Senator mochte Ärzte nicht besonders. Was hatte Cato der Ältere doch noch über diesen Berufsstand gesagt? Ärzte seien Verschwörer, die sich der Auslöschung des römischen Volkes verschrieben hätten.
Geminus wich einer alten Matrone aus, die einen ihrer Jungen am Ohrläppchen über den Platz schleifte.
Aber Cato hatte seinem Sohn auch empfohlen, um dessen Widerstandskraft zu steigern, stets im Urin eines Mannes zu baden, der sich von nichts anderem als Kohl ernähre. Das relativierte dessen erste Ansicht doch wieder deutlich.
es dauerte nicht lange, bis der Senator die Zimmer des Arztes fand. Stöhnen und Wimmern waren ein wirklich gutes Lokalisationsmittel. Im ersten Zimmer saßen zwei Sklaven, ein junger schmächtiger und ein bulliger Hohlkopf. Nummer eins kassierte und Nummer zwei war für die Retour deren da, die herkamen und hofften mit Mitleid, statt mit klingender Münze zahlen zu dürfen. Ich machte nur mit einem davon direkte Bekanntschaft. Er notierte sich auch mein Leiden. Das Zimmer dahinter war nun angefüllt mit den Besuchern des Medicus. Eine wirklich interessante Truppe. Eine Frau und fünf kleine Kinder, die sich beim Balgen wegen des Wartens sicher dreimal mehr Verletzungen zufügen würden, als sie beim Herkommen eigentlich hatten. Drei uralte Greise starrten mich an, gut, ich war auch nicht mehr der jüngste, aber sie hatte sicher Scipio Africanus persönlich gekannt. Sie waren von der Sorte, die Unmengen Zeit hatten und jeden Tag hier saßen. Wahrscheinlich wollte ihre Familie sie loswerden und nicht daheim haben oder hofften darauf, dass eine der Medizintränke hier dem Elend ein Ende bereiten würden. Sie taten, was alle Kerle dieser Sorte tun, sie reden unentwegt über ihre Krankheiten, solche die sie haben, die andere hatten und von denen sie gehört haben. Und wie schrecklich Ärzte sind, nach ihrer Erfahrung um auch den letzten Patienten völlig zu verängstigen. Allein die Tatsache, dass es diesen gestalten erlaubt wurde hier zu hocken, zeigte schon überdeutlich, dass der werte Arzt sein Zimmer nie verließ, denn sonst hätte er die geschäftsschädigenden Altlasten längst entfernen lassen.
"... und bei Wundstarrkrampf erst! Der Medicus hat gesagt, dass sind Fälle, wo es in der Tat verzeihlich ist, zu den Göttern zu beten, dass sie dem Menschen das Leben nehmen. Der anwesende Arzt kann den Patienten nicht retten, kann seine Schmerzen nicht lindern, kann noch nicht mal seine Glieder strecken, ohne sie zu brechen oder zu zerschneiden!"
Einschätzung stimmte. Ich setzte mich neben den einzig weiteren Gast. Seine Tunika war sauer, sah aber trotzdem aus, als sei sie schon mit Augustus bei Actium unterwegs gewesen. gehobener Arzt, einen Ritterring hatte er zumindest. Ich erwähnte niemandem Gegenüber, dass ich Senator war. So käme ich zwar sofort dran, aber zum einen würde mich mein Geldbeutel auf dem Rückweg sicher nicht mehr behindern und zum anderen hatte ich keinen Sklaven dabei, der die entsprechend teuren Cremes, Salben und Tränke, garantiert aus Aegyptus, dann heimtrug.
Nach zwanzig Minuten hatte ich zwei Erkenntnisse gewonnen. Zum einen, dass meine Angaben beim Eingangsburschen den Arzt sicher niemals erreichen würden. Und, dass es ein Fehler gewesen war sich hier hin zu setzen.