Der Anfang eines weiten Weges

  • Überall im Hause rannten geschäftige Sklaven hin und her, hektisch wurden Dinge verstaut oder Möbelstücke auf Karren verladen. Geredet wurde nicht viel, nach und nach leerte sich unter hektischem Treiben, manchmal auch gestresstem Seufzen jeder Winkel des artorianischen Heimes in der Legio II. Mal hier, mal da kreuzte Reatinus´ Weg immer ein Sklave, der vollbepackt Habseligkeiten mit sich herumtrug und sich insgeheim wünschte, der Artorier wäre hier geblieben, wäre seinem Posten als Praefect weiter nachgekommen. Das Schauspiel, welches sich im Domus Praefecti Castrorum abgespielte, war nicht schwierig zu erklären: Sie zogen um und räumten das Haus für den iulischen Nachfolger in Reatinus´ ehemaligem Amt.
    Reatinus lief mit einer Tabula in dem Haus herum und hakte alle persönlichen Möbelstücke ab, welche er mit sich nehmen wollte. Ohne Zweifel war er einer der am meisten gestressten Bewohner des Hauses, denn seine Augen mussten überall sein. Und dies schaffte der Artorier nicht immer und auch an alles denken konnte er nicht. Beschäftigt und seine Umwelt nur so sehr beachtend, wie er nur musste, machte er auf seiner Tabula unter jedem Punkt ein Häckchen, welchen er erledigt wissen wollte.

  • Umzüge waren etwas furchtbares. Bashir lernte das gerade. Und er lernte Alexandros noch mehr schätzen, als er ihn wegen seiner Freundlichkeit ohnehin schon schätzte. Der Mann war ein wahres Organisationstalent. Und er schien niemals die Geduld zu verlieren. Einfach bewundernswert.


    Gerade hatte Bashir eine schwere Kiste verladen, als er den Herrn mit seiner Tabula da stehen sah. Der sah auch schon ziemlich gestreßt aus. Was kein Wunder war. Dabei hatten sie inzwischen fast alles geschafft. "Herrr? Möchtest Du etwas trrinken? Ich kann schnell etwas holen." Er sah keinen Becher in der Nähe und bekam ein schlechtes Gewissen, denn die ganze Zeit hatte er sich keine Gedanken um das Wohlergehen seines Herrn gemacht, sondern nur darum, wieviele Kisten, Säcke und Möbelstücke wohl noch verladen werden mußten.

  • "Nein, das wird nicht nötig sein. Danke", lehnte Reatinus lächelnd das Angebot des Parthers ab, welcher sich als sehr fleißig entpuppte und seine Leidensgenossen mit tatenkräftiger Hilfe unterstützte. Auch Alexandros´ Talent, Übersicht selbst in den schwierigen Situationen zu behalten und diese zu meistern, zeigte sich von Neuem. Er konnte zwar den natürlich gegebenen Stress und das Darunter und Darüber des Umzuges nicht gänzlich bannen, aber zumindest linderte der Grieche mit seinem Geschick das Los aller. Auch das von Reatinus, denn er konnte seinen eigenen Stress bewältigen, wohl in dem Wissen, dass der Maiordomus alles unter Kontrolle hätte.


    "Oh, da fällt mir noch was ein", wollte Reatinus den Parther erinnern, "Vergiss nicht, vor der Abreise..."
    Reatinus wurde von einem schallenden, klirrenden Lärm in den Gängen des Hauses unterbrochen und traute einen Moment lang empört seinen Sinnen nicht. In seinem Stress ließ er die Tabula sofort im Boden versinken und trabte in Richtung des Geschehens, um zu sehen, welcher Unfall schrecklichen Ausmaßes sich wohl ereignet haben könnte. Während er in eiligen Schritten auf dem Gang abbog, hörte man ihn leise, unverständliche Laute murmeln, welche ihm die Götter sicherlich übel nahmen. Am Tatort des Geschehens wartete eine betäubte Síne, welche ihr Missgeschick selbst nicht wahr haben wollte - und die Scherben eines der wertvollsten Stücke von Reatinus. Eine Tonvase, die Jahrzehnte überdauert hat fand nun ihren Tod und wanderte über den Tonvasenstyx! Reatinus raufte sich die Haare, rieb sich das Gesicht, seufzte laut und lang... und änderte daran nichts.


    "H... Herr... es... es tut mir leid! Es war ein V-V-V-Versehen", versuchte sich die stotternde, verängstigte Sklavin aus Britannien zu rechtfertigen. "Diese Vase hat Jahre überdauert, vielleicht hat die mal einem Etrusker gehört!" So schimpfte Reatinus und nahm anschließend tief Luft. Etwas Anderes als Gnade walten lassen konnte er ja nun auch nicht!
    "Nun gut, dann räum wenigstens die Scherben weg."

  • "In Ordnung, Herr", sagte Bashir und wollte schon wieder losgehen, um das nächste zu holen, das eingepackt werden sollte, da setzte Raetinus dazu an, ihm noch etwas aufzutragen. Bashir wandte sich ihm wieder zu, als die Ausführungen seines Herrn von einem lauten Scheppern unterbrochen wurden. Gemeinsam mit ihm ging er der Ursache des Lärms nach. Eine wertvollle Vase war zerbrochen und Bashir betrachtete die unglückliche Sklavin mit einem mitleidigem Blick. Tun konnte er nicht viel. Außer, die Scherben gleich ein wenig zusammenschieben. Er fürchtete schon, nun zum erstenmal Zeuge einer Züchtigung in diesem Haus zu werden. Doch sie blieb aus. Überrascht schaute der Parther zwischen seinem Herrn und der verängstigten Sklavin, die wohl das gleiche fürchtete, hin und her. Und erleichtert.

  • Das Schicksal schlug gerade bei Reatinus zu, wenn er es am Wenigsten gebrauchen konnte, stellte der Artorier seufzend fest und rieb sich verspannt das Gesicht. Einige wenige Schaulustige waren dem ehemaligen Praefecten gefolgt, um das Spektakel mitzuverfolgen. Immerhin war es eine Seltenheit, dass der Hausherr etwas lauter wurde. Wärend die Britin mit sichtlicher Empörung über ihr Missgeschick anfing, die Hunderte von kleinen Scherben aufzuräumen, wandte sich Reatinus wieder an Bashir. Dieser fing an, Síne mit dem Aufräumen zu unterstützen.


    "Vergiss nicht, vor der Abreise Hektor zu satteln. Du hattest schon immer ein Händchen für mein Pferd", sprach Reatinus und zog wieder in der schweigenden Stille davon, seine Wachstafel zu suchen.

  • "Ah, da ist sie ja", murmelte Reatinus nach Auffinden der Tabula vor sich her und wischte mit der Hand einmal über ihre Fläche. Nachdem die leicht, sich auf ihr befindliche Staubschicht sich in der leichten Brise des Windes verzog, besah der Artorier die Tafel. Sie war eher eine Kritzelei, doch sie war auch in Eile verfasst. Und vielleicht war es ja vorteilhaft, dass Reatinus der Einzige war, der diese Schrift lesen konnte. Reinschrift wäre doch langweilig gewesen. Das konnte ja jeder lesen!
    "Hmmm... schon recht weit. Hoffentlich kann ich den ganzen Mist bald vergessen", machte sich Reatinus Hoffnungen. Wenn es den Punkt "zerbrochenes, teures Dekorationsstück" gegeben hätte, würde Reatinus diesen nun auch getrost abhaken können, dachte er sich immer noch verärgert über das Unglück von vorhin. Er freute sich schon auf die Reise, sie würde sicherlich ungleich angenehmer verlaufen. Gegen den ganzen Trubel würden es vielleicht sogar die kalten Alpen noch gut mit ihnen zu meinen.


    Reatinus trabte weiter unerschöpflich durch das Haus. Es war nun schon kahl und wenig lebendig. Das extreme Gegenteil vom Anblick der Inneneinrichtung von vor drei Stunden. Im Atrium blieb Reatinus kurz stehen. Hier hatte er so manchen Feierabend nach einem schwierigen, intensiven Arbeitstag ausgespannt. Einen kurzen Moment lang blieb er stehen und stieß die Erinnerungen, die aufkeimten, hinfort.
    "Ich kann nicht stehen bleiben", hatte Reatinus gesagt, "Ich muss weiter, solange ich kann". Er hätte Ambitionen, hatte er gesagt. Doch er bereute es jetzt irgendwie doch schon seit einer geraumen Zeit, die Legio II zu verlassen.
    Aber für Sentamentalitäten hatte der in (gelinde gesagt) Beschäftigung geratene Artorier nun wirklich nicht. So lief er weiter und inspizierte jeden Raum. Bis jetzt war ein jeder leer, nur die wirklich großen Möbelstücke nahm er natürlich nicht mit. Eher die persönlichen Habseligkeiten, welche von Baldram, dem germanischen Hühnen und Ianitor des Hauses mit strengen Augen während der Reise unabwegig überwacht werden würden.


    Reatinus war fertig, das Packen aller Sachen fand nun endlich ein Ende. Auf einmal dominierte eine Totenstille und ruhig warteten alle Sklaven vor dem Domus. Reatinus sah einmal zurück, wehleidig und wurde sich bewusst, dass neue Zeiten anbrachen und die alten verstrichen. Er war auch ein wenig neugierig auf Mantua. Es lag in seiner Heimatprovinz. Beachtlich war die Ladung des ehemaligen Praefecten, die Ochsen waren beinahe zu bemitleiden für ihre Arbeit, den Karren bis nach Mantua mit sich zu ziehen. Sie hatten Proviant und die richtige Kleidung für eine Wanderung über die Alpen. Genauestens hatte Reatinus auch die Route einstudiert.
    "Bashir", rief Reatinus und blickte sich suchend um, "Mein Pferd! Ist es reisefertig und gesattelt?!"

  • Crispus hatte von der Versetzung seines Freundes gehört und da er wusste, wie aufwändig die Vorbereitungen für eine solche waren, kam er selbst ins Castellum, um sich noch einmal zu verabschieden. Er wusste nicht genau, wann der Artorier gehen wollte, doch der Zufall wollte es, dass er gerade noch rechtzeitig erschien. Bereits von weitem erkannte er, dass Reatinus wohl schon aufsteigen wollte und beeilte sich, rascher näher zu kommen.


    "Reatinus, warte!"


    rief er bereits vor Ferne und als er näher kam, fiel er seinem Freund japsend in die Arme. Seit seiner Entlassung hatte sein Leibesumfang stetig zugenommen und inzwischen bereitete ihm sogar ein solch kurzer Spurt gewisse Schwierigkeiten - er sollte unbedingt ein wenig aktiver werden!


    "Den Göttern sei Dank *keuch* - du bist noch da!"


    begrüßte er ihn.

  • Es war wie ein Wunder, daß sie es tatsächlich geschafft hatten. Aber alles war gepackt und sicher verstaut. Bashir hatte zum Schluß das Pferd aus den Ställen geholt. Mit Bedauern hatte er bemerkt, daß er sich nun doch nicht mehr hatte verabschieden können von seinem neuen Freund. Doch eine Nachricht würde er ihm doch noch zukommen lassen, er hatte sie bereits fertig geschrieben in seinem Beutel stecken. Es würde schon eine Gelegenheit geben, sie abzugeben.


    Hektor schien zu spüren, daß es nicht nur ein Ausritt war, der ihm bevorstand. Als Raetinus nun nach ihm fragte, meldete sich Bashir natürlich sofort. "Ja, err ist berreit, Herrr." Schnell zog er noch den Sattelgurt an, den er bis jetzt locker gelassen hatte. Nach den ersten paar Hundert Metern würde er nochmal nachgurten müssen.


    Als sein Herr sich anschickte, aufzusteigen, faltete Bashir seine Hände ineinander und hielt sie ihm in passender Höhe hin, um ihm dabei behilflich zu sein.



  • Als ein erschöpfter Crispus nun ankam und vor ihnen stand, war Reatinus schon auf seinem Pferd, wurde von Bashir hinauf geholfen. Erstaunt blickte Reatinus den Petronier an und konnte noch nicht so recht realisieren, dass Crispus sich extra wegen ihm hier einfand und sogar einen schweren Marathonlauf hinlegte, nur um sich von ihm zu verabschieden. Reatinus schätzte es, wenn ein Freund ihn nicht vergaß. Denn es war wahre Freundschaft.


    "Crispus, Crispus!" Lachend stieg Reatinus mit einem theatralischen Sprung von Hektor und ließ sich in die Arme nehmen. "Doch nicht so hastig, mein Freund", Reatinus schnürte seine Wasserflasche ab, um sie zu öffnen und sie dem etwas verausgabten Petronier zu reichen, "Hier, nimm einen Schluck! Eigentlich wollte ich dich aufsuchen, oder meinst du, ich wäre ohne Abschied fortgegangen?"

  • Ein Bote des frischgebackenen Praefectus Castrorum Iulius Drusus erreichte abgehetzt den sich kurz vor der Abreise befindlichen ehemaligen Praefectus Castrorum. "Praefectus!", keuchte der Legionär, obwohl der Artorier ja eigentlich gar kein Praefekt mehr war. "Iulius Drusus schickt mich. Er hat mir einen Brief und ein Geschenk für seinen Verwandten Iulius Licinus mitgegeben, den du dem Iulius Licinus abgeben sollst."


    Heftig atmend reichte er dem Artorier den Brief und das Geschenk.



    An
    Marcus Iulius Licinus
    Castra Legionis Primae
    Mantua
    Provincia Italia


    Tiberius Iulius Drusus Marco Iulio Licino salutem dicit.


    Lang ist's her, dass wir uns das letzte Mal geschrieben haben, nicht wahr werter Onkel? Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das wohl eher meine Schuld ist, als die deinige. Die letzten Wochen, es werden wohl gar Monate gewesen habe ich bei schwerer Krankheit im Valetudinarium verbracht, aber nun geht es mir wieder gut. Inzwischen, das heißt erst vor wenigen Tagen wurde ich gar vom Centurio zum Praefectus Castrorum befördert! So recht kann ich das immer noch nicht glauben, ich bin jetzt Mitglied des Stabes! Überhaupt tut sich hier in Germanien zur Zeit einiges. Mit meiner Beförderung einher ist ein Kommandowechsel an der Spitze der Legion, sowie der Provinz gegangen. Marcus Vinicius Lucianus, mein Patron ist von seinem Bruder Marcus Vinicius Hungaricus abgelöst worden. Sonst ist hier allerdings ziemlich ruhig.


    Aber nun zu dir. Wie geht es dir, lieber Onkel? Was tut sich so, bei der ersten Legion des Reiches? Apropos, derjenige, der dir diesen Brief übergibt, war früher mein Optio, später mein Centurio und zu guter letzt Praefectus Castrorum der Zweiten, und nun wird er seinen Dienst bei euch als Tribun versehen. Ein guter Mann, kann ich nur sagen. Du wirst bestimmt das eine oder andere mal mit ihm zu tun haben!


    Mögen die Götter dich schützen,


    Tiberius Iulius Drusus



    "Ach ja", sprach der Legionär. "Iulius Drusus lässt mich auch noch ein Geschenk für dich überbringen, Praefectus!"


    Woraufhin er dem Artorier eine kunstvoll gefertigte Glaskaraffe reichte.


    Sim-Off:

    Das Geschenk lasse ich dir noch per WiSim zukommen. ;)




  • Der Abschiedbesuch für den ehemaligen Praefectus nahm erstaunliche Ausmaße an, so dass sogar Boten des neuen Lagerkommandanten auftauchten. Mit diesem hier hatte Reatinus allerdings gerechnet, als sich Reatinus ihm zuwandte. Das Erinnerungen heraufweckende "Praefectus" des Mannes überhörte Reatinus - zumindest tat er so. "Ach ja". Reatinus besann sich und staunte anschließend über das Geschenk, das der Iulier geschickt hatte.


    "Lasse dem neuen Praefecten meine besten Wünsche ausrichten. Und danke für sein Präsent, ich werde mich dafür erkenntlich zeigen."

  • Bashir staunte nicht schlecht, was hier noch so alles los war. Er nahm die wertvolle Glaskaraffe seinem Herrn ab und sorgte dafür, daß sie sorgfältig eingewickelt und sicher verstaut wurde. Hoffentlich überstand sie die weite Reise unbeschadet, es wäre wirklich schade um das kostbare Stück. Nach wenigen Minuten war wieder alles aufbruchbereit und der Sklave gab dies seinem Herrn durch eine unauffällige Geste zu verstehen. Sie konnten jederzeit los, sobald die Verabschiedungen vorbei waren.

  • Die Geste des Parthers, war sie doch unaufällig, war für den Artorier kaum zu übersehen. Reatinus war kein Freund von langen, tränenreichen Abschieden. Nein, er mochte es lieber kurz und schmerzlos. Es war Zeit, fand der Artorier, zu gehen und der zweiten Heimat den Rücken zu kehren, um zur ersten Heimat, Italien, aufzubrechen. Reatinus sah einmal wehmütig zurück zur ehemaligen Bleibe und umarmte Crispus noch einmal zum Abschied. So trennten sich die Wege zweier ehemaliger Soldatenkameraden für eine Weile.
    "Crispus, meine Zeit ist gekommen. Ich werde dir schreiben, wenn ich angekommen bin. Mögen die Götter über dich wachen. Und pass auch auf deine Nichte auf - sie ist eine wunderbare Frau."


    Reatinus ließ sich dieses Mal nicht von einem Sklaven auf sein Pferd helfen. Immerhin war er noch fit genug, dass er es noch selbst mit einem schwungvollen Satz hinauf schaffte. Hektor schnaubte tatenfreudig, als wüsste er, dass ein längeres Abenteuer bevorstünde. Mit einer Handgeste befahl er dem Zug, sich in Bewegung zu setzen und nickte Crispus ein letztes Mal zu.

  • Dieses mal war Bashir nicht schnell genug. Sein Herr saß bereits im Sattel, bevor er den halben Weg zu ihm geschafft hatte. Er mußte wirklich schneller werden! Aber zumindest ging es nun endlich los. So sehr er es bedauerte, Mogontiacum zu verlassen, so sehr haßte er es auch, aufbruchbereit dazustehen und nicht loszukommen. Aber nun waren sie in Bewegung. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt heißt es. Und den hatten sie nun getan...

  • Zitat

    Original von Servius Artorius Reatinus
    Die Geste des Parthers, war sie doch unaufällig, war für den Artorier kaum zu übersehen. Reatinus war kein Freund von langen, tränenreichen Abschieden. Nein, er mochte es lieber kurz und schmerzlos. Es war Zeit, fand der Artorier, zu gehen und der zweiten Heimat den Rücken zu kehren, um zur ersten Heimat, Italien, aufzubrechen. Reatinus sah einmal wehmütig zurück zur ehemaligen Bleibe und umarmte Crispus noch einmal zum Abschied. So trennten sich die Wege zweier ehemaliger Soldatenkameraden für eine Weile.
    "Crispus, meine Zeit ist gekommen. Ich werde dir schreiben, wenn ich angekommen bin. Mögen die Götter über dich wachen. Und pass auch auf deine Nichte auf - sie ist eine wunderbare Frau."


    Reatinus ließ sich dieses Mal nicht von einem Sklaven auf sein Pferd helfen. Immerhin war er noch fit genug, dass er es noch selbst mit einem schwungvollen Satz hinauf schaffte. Hektor schnaubte tatenfreudig, als wüsste er, dass ein längeres Abenteuer bevorstünde. Mit einer Handgeste befahl er dem Zug, sich in Bewegung zu setzen und nickte Crispus ein letztes Mal zu.


    Crispus nahm sich den Trinkbeutel und daraus einen tiefen Schluck. Es war Wasser, was gut zu Reatinus passte, denn er war niemals ein großer Trinker gewesen. Aber dafür war er umso zielstrebiger, wie man nun feststellte. Ehe er weitere Unterhaltungen beginnen konnte, erschien ein Bote und überreichte einen Brief und ein Geschenk - vielleicht hätte er auch ein Geschenk mitbringen sollen?


    Dann jedoch war es auch schon so weit: Der Artorier verabschiedete sich mit einem kurzen Satz, ohne große Umarmungen, lange Reden oder sonstige Sentimentalitäten. Diese ergriffen jedoch plötzlich den alten Petronier, denn Reatinus war eigentlich sein einziger echter Freund gewesen. Natürlich kannte er hier einen Geschäftspartner, dort einen Veteranen - aber im Grunde war sein ehemaliger Optio stets sein einziger wahrer Vertrauter geblieben!


    "Ich schreibe dir auch!"


    Die letzte Bemerkung ließ ihn aber doch stutzen. Seine Nichte? Er hatte nicht einmal bemerkt, dass Reatinus sie kannte! Woher auch? Und überhaupt, wo war diese Frau wunderbar? Sie war eigensinnig und stur! Aber offensichtlich mochte Reatinus sie...vielleicht sollte er Crispina einmal darüber befragen...


    Zum Abschied hob Crispus die Hand und winkte dem sich in Bewegung setzenden Zug hinterher, bis sein ehemaliger Optio, der nun gar ehemaliger Praefectus war, kaum mehr zu sehen war. Erst danach machte er sich langsam auf den Heimweg.

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