An einem Feiertag des Apollons, genaugenommen am 21. Tag des Mesori, wenige Tage nach dem Besuch des alten Sosimos, stand Nikolaos' großer Tag an.
In der Nacht davor hatte er wenig geschlafen. Im Traum hatte er beim Opfer alles falsch gemacht, war ausgelacht worden. In seiner Amtszeit, die ebenfalls Trauminhalt war, war das Chaos im Mouseion ausgebrochen. Zwischen den Büchern wurden wilde Reigen getanzt, nicht das weihevolle Räuspern der Gelehrten, sondern Lustschreie waren zu hören. Gärtner und Schreiber stahlen Tiere aus dem heiligen Hain und Bücher aus der Bibliothek, schlugen schließlich Steine aus den Mosaiken der Fußböden, um sie zum Markt zu tragen. Alle Schüler waren immer betrunken und lungerten in allen Gängen herum. Die Gelehrten selbst waren oft die schlimmsten Säufer. Schließlich drangen römische Soldaten in das Heiligtum ein - nur um sich den Gelagen anzuschließen. In die kostbaren Wandgemälde wurde an vielen Stellen der Gebäude Reklameschriften für das Porneion des Harpokrates, die Würfelstube des Kallimachos aus Korinth und für vielerlei Dinge eingeritzt. Endlich schritten die Männer der Isispriesterschaft ein: Nikolaos wurde in Ketten gelegt und weggebracht.
Aufgrund des Schlafmangels war er am Morgen fast ruhig. Doch bald kehrte die Unruhe zuirück. Nikolaos nestelte selbst noch kurz vorher an seinen weißen Gewändern herum. Er fauchte Sklaven an und scheuchte sie umher. Der Raum, der ihm zur Vorbereitung zur Verfügung stand, wimmelte von Menschen. Nikolaos Lieblingsschüler brachten stark verdünnten Wein und Obst, Brot und Käse. Zuhause hatte er keinen Bissen herunterbekommen.
Endlich war er bereit. Er trat in die Exedra hinaus, um seine Kollegen zu begrüßen. Von hier aus würde eine kleine Prozession zum Heiligum beginnen. Selbstverständlich auf Nikolaos' eigene Kosten (und auch von ihm selbst ausgewählt) war ein weißer Stier herbeigeschafft und ausstaffiert worden. Um seinen Kopf trug er eine Binde. Sein Leib war mit Bändern und Blumengirlanden geschmückt. Das Tier war mit Opium betäubt worden. Diener und Opferhelfer warteten mit Körben voller Blumen und Räucherwerk, mit Kannen voll Wein. Nikolaos rückte den Priesterkranz auf seinem Kopf ein letztes Mal zurecht.