Curator Kalendarii

  • Officium XXII


    Arbeitszimmer des Curator Kalendarii T. Decimus Verus


    Verus betrat sein neues Büro mit einer gelassenen Beschwingtheit. Er setze sich schwungvoll an den neuen Schreibtisch, der wohl das einzige Stück war, das ihm gestellt wurde, neben dem Stuhl, und ließ seinen Blick durch den geräumigen Raum kreisen. Er war doch recht recht groß und bot genug Prunk und Eleganz, wie es für Amtsstuben der Verwaltung üblich war. - Sprich' garkeine. Der Raum war zwar groß aber bot sonst nicht viel. Verus müsste noch viel in eine brauchsame Einrichtung investieren müssen.


    Die Schreiber befanden sich nebenan, so konnte er jeder Zeit einen zu sich bitten, um etwas aufzusetzen oder Anweisungen auszugeben. Das hier war nun das Zentrum von Verus' Wirken.

  • Nachdem Tiberius von Verus' Beförderung zum Curator Kalendarii gehört hatte, entschied er sich dazu seinen Vater in dessen Arbeitszimmer aufzusuchen. Sicherlich gab es eine Menge zu klären und zu besprechen, waren die beiden in den letzten Monaten doch immer nur sehr kurzfristig oder bei gästereichen Ereignissen zum Reden gekommen. Crassus klopfte an der Porta des Officiums und wartete ab.

  • Verus packte einige Schriftrollen zur Seite, die er sich gerade angeschaut hatte. Ein römischer Beamter hatte immer etwas zu tun, sofern er denn wollte.


    "Herein," rief er freudig freundlich. Mal sehen was die Bürger für Anliegen hätten, so dachte Verus.

  • Crassus trat ein und war direkt etwas überrascht von dem wirklich elegant ausgestatteten Officium. Anscheinend hatte sein Vater es doch noch zu etwas gebracht.


    "Salve, Vater", grüßte Tiberius den Curator zunächst etwas neutral, ehe sich sein Gesicht aufhellte und von einem kleinen Lächeln geziert wurde.

  • Verus erhob sich und ging auf seinen Sohn zu. "Sohn!" Er umarmte ihn mit seinen festen militärisch gestählten Armen. "Wie geht es dir? Was treibt dich zu mir," schoss er gleich los und deutete neben sich auf den Stuhl. "Wie lange wirst du bleiben?"

  • Tiberius erwiderte die Umarmung seines Vaters. Auch wenn noch viele Differenzen zwischen ihm und Verus existierte, fühlte sich der Decimus bei seinem Vater geborgen. Zum ersten Mal wieder, seit langem.


    "Ich kann mich nicht beklagen...Ich habe gehört dass du zum Curator Kalendarii befördert wurdest und wollte es mir natürlich nicht entgehen lassen, dir persönlich zu gratulieren, zumal ich derzeit bei meinem Patron, Senator Purgitius Macer, als Scriba personals angestellt bin und somit länger in Rom bin."

  • "Purgitius Macer?" Verus fuhr ein Schreck durch die Glieder. Er musste sich setzen. Macer hatte er vor langer Zeit in einer Jugendsünde einmal schlimm geprellt und sein Sohn schien den selben Fehler zu machen oder sich zumindest diesem launischen Geist von Macer zu unterwerfen. Ein Räuspern entfloch Verus' Lippen.


    "Ich danke dir für deine Glückwünsche, Sohn aber dieser Posten bringt mehr Arbeit als Ansehen mit sich." Er deutete auf die Aktenberge auf seinem Tisch. "Das Finanzwesen ist launisch." Er beeilte sich so schnell, wie möglich, vom Thema Macer wegzukommen, da ihn dieses Thema doch seelisch anstrengte. Verus vergaß nicht so einfach.


    "Du bleibst also länger? Das ist schön."

  • "Du kennst ihn?"


    Natürlich war Tiberius nicht entgangen, dass Verus' Tonfall keineswegs normal war. Einen Haken hatte dessen auffällige Reaktion sicher.


    "Das kann ich gut nachvollziehen. Dennoch, während meiner Amtsperioden in Mantua habe ich gelernt, dass ein Mann ohne Arbeit keine Ziele hat und ein Mann ohne Ziele nicht stolz sein kann."


    Vielleicht etwas zu weise Worte für Tiberius' junges Alter, doch sprach er dabei aus Erfahrung.


    "Ja, mein Ziel ist der Cursus Honorum und ich werde Rom nicht verlassen ehe ich die erste Stufe absolviert habe."


    Man konnte hören, dass der junge Decimus fest entschlossen war seine Worte wahr werden zu lassen.

  • "Ja, ich kenne ihn," antwortete Verus mürrisch.


    "Wir arbeiten, um zu leben und leben nicht, um zu arbeiten, mein Sohn." Ja, Verus war ganz Philosoph und kam des Öfteren mit solchen Floskeln daher.


    "Uhhh...", entfloch es Verus. "Das ist ein sehr heißes Pflaster und, wenn du mich fragen willst sehr viel Arbeit. Mein Sohn, ein Senator..."


    Sein Sohn hatte eindeutig mehr Ehrgeiz als er selbst. War er wirklich sein Sohn? Naja gut, das war nun egal. Er hatte ihn anerkannt und damit war er sein Sohn.

  • "Woher kennst du ihn denn?", wollte Tiberius nun genauer wissen. Verus verhielt sich mit seiner mürrischen Art auch nicht gerade unauffällig.


    "Ich scheu mich nicht vor Arbeit...ein Senator?"


    Die philosophische Floskel seines Vaters ließ der junge Decimus einfach mal so stehen, schließen hatte er nicht vor seinen Vater auf irgendeine Weise zu widersprechen, zumindest nicht in diesem Zusammenhang.

  • "Das ist eine leidige Geschichte, die ich ungerne erzählen möchte," murrte Verus und schaute zu seinen Akten. "Ich habe eine lange Karriere hinter mir, Sohn. Ich habe vieles gesehen, vieles erlebt und vieles falsch gemacht. Auch dir wird es eines Tages so ergehen. Ich war Aquarius, übereifrig, wie einst du. In meinem Eifer verprellte ich Purgitius. Ich wollte zu schnell, zu viel für mich. Wir zerstritten uns."


    Endlich, es war gesagt. Die Wahrheit war aus dem Tresor geholt worden.


    "Jetzt... - Bitte, ein anderes Thema."


    Verus wollte schnellstmöglich weg von den Gedanken an Purgitius.
    "Du willst also kein Senator werden?" Verus lächelte leicht. "Wer den Cursus beschreitet, will Senator werden, mein Sohn."

  • Tiberius nahm Verus' Worte zur Kenntnis, ging aber dann auch nicht mehr weiter auf dieses Thema ein, schließlich gab sein Vater offen zu, dass es ihm unangenehm war darüber zu reden.


    "Ich will vorerst in den Cursus Honorum um auch in der staatlichen Politik Fuß zu fassen. Was dann kommt, wissen nur die Götter."


    Tiberius pausierte kurz.


    "Kann ich auf dich zählen? Ich meine, wirst du mich unterstützen?"

  • Verus nickte.


    "Ich verstehe. Da hast du dir ja viel vorgenommen."


    Er schenkte sich ein wenig Wein in den Tonbecher ein. "Möchtest du auch etwas Wein?"


    "Natürlich. An Geld soll es dir nicht mangeln, wenn du das meinst," scherzte er. "Inwiefern kann ich dich unterstützen?"

  • "Gerne."


    Tiberius ließ sich Wein einschenken.


    "Nun, ich werde in den nächsten Wochen wohl einflussreiche Kontakte sammeln müssen. Durch meinen Patron werde ich bald vielleicht Kontakt mit dem Praefectus Urbi Kontakt knüpfen können, der in Rom ja eine große Nummer sein soll. Ansonsten weiß ich nicht, inwieweit du Bekanntschaften zu Senatoren pflegst."

  • "Ich habe doch einige Kontakte zu Senatoren, mein Sohn. Diese sind aber rein freundschaftlicher Natur und ich neige nicht dazu, sie für Politik einzuspannen. Freundschaft zerbricht an Politik, mein Sohn."


    Er trank einen Schluck.
    "Ich habe aber eine Idee, wie du ein größeres Spektrum an Kontakten pflegen kannst. Sprich' doch mit unserem Verwandten Livianus. Er ist Praetor und ein angesehener Senator. Er hilft gerne Familienmitgliedern," sprach Verus und fuhr sich dabei nachdenklich durch den Bart.


    "Es ist aber, wie gesagt, ein hartes Pflaster voller Intrigen und Betrug. Ich weiß nicht, ob du das wirklich willst. Deine Idealvorstellungen kannst du eigentlich vergessen. Es geht dort nur um Macht und Einfluss. Ein trauriges Zerrbild seiner früheren Aufgabe."

  • Livianus, der aus Parthien zurückgekehrt ist? Nun, vielleicht wäre es angebracht, wenn du mich mit ihm in Verbindung bringen könntest. Du weißt, dass ich die Familie noch nicht zu gut kenne."


    Willig wie Tiberius war, ließ sich der junge Decimus von der vorangegangenen Bemerkung seines Vaters natürlich nicht aufhalten.


    "Intrigen und Betrug sind überall zu finden. Wenn es nur noch Leute gibt, die davor scheuen, damit konfrontiert zu werden, wer soll dann den Staat lenken?"

  • "Das Volk?" Verus lächelte. "Ein wenig mehr Ehrlichkeit und Vertrauen würde unserer Politik gut tun. Ich hoffe du wirst nicht korrupt oder intrigant."


    Verus sortierte einige Akten in die Schubfächer hinter ihm.


    "Ich kann dich gerne mit ihm in Verbindung bringen. Ich denke, dass er dir wirklich helfen kann. Ich bin ja nur ein kleiner Beamter. Er hingegen ist Senator und Praetor."

  • "Immerhin hast du den Schritt zurück ins Beamtenwesen geschafft und noch dazu als Curator Kalendarii."


    Die Frage mit der Korruption ließ Tiberius offen. Zum einen wusste sein Vater sicher, dass sein Sohn nicht der Typ dafür war, zum anderen befand es Tiberius für unwichtig weiter auf dieses noch weit entfernte Thema einzugehen.


    "Wann könntest du mich ihm denn vorstellen?"

  • "Ich war als Soldat auch Diener des Staates, mein Sohn," stellte er antwortend in den Raum. "Ich führe immer noch Kriege, zwar nur gegen Papyri und Zahlen aber ich führe sie für den Kaiser und unsere Bürger."


    "Sobald, wie möglich. Er verweilt gerade in Rom und wird wahrscheinlich auch länger bleiben."

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!