Leone geleitete den Besucher zur exedra des Hauses, von der man in den Garten schauen konnte, da sie zum Freien hin halb geöffnet war. Das ägyptische Flair dieses Raumes fand man nicht nur in exotischen Statuetten, sondern auch in der Wandgestaltung wieder, sowie in zahlreichen Kleinigkeiten, für die die Damen des Hauses verantwortlich zeichneten. Er trug einem Sklaven auf, dem Besucher einen Becher Wein zu bringen, dann nahm er seinen Platz an der Tür wieder ein.
exedra | MAC et TDC
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In der exedra des Hauses angekommen, wartete Tiberius nun auf den Senator. Die exotische Einrichtung und Dekoration des Raumes blieb ihm dabei natürlich nicht verborgen. Eine Frage geisterte dem Decimus aber noch immer durch den Kopf: Was meinte der Sklave mit 'Der Senator ist nicht in bester Verfassung'?
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Ich saß in einem hochlehnigen Sessel mit rotem Polster, als Leone den Besucher hineinführte. Der Name Decimus sagte mir natürlich etwas - er erinnerte mich an Meridius. Doch woher nur kannte ich diesen Decimus? Mein Gedächtnis schien nicht mehr das beste zu sein. Ich musste mich also überraschen lassen und schlechtestenfalls einfach nachfragen.
"Salve, Decimus", sagte ich, für meinen Geschmack zu matt, und blieb sitzen. Das mochte mein Besucher vielleicht als unhöflich erachten, weswegen ich hinterherschob: "Bitte sieh es mir nach, wenn ich nicht aufstehe, aber ich fühle mich dieser Tage nicht besonders. Was kann ich denn für dich tun?" Sein Gesicht kam mir schon bekannt vor, doch woher ich es kannte, wollte mir partout nicht in den Sinn kommen.
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"Salve, Senator Corvinus", grüßte ich den Aurelier.
"Dann freut es mich umso mehr, dass du dir etwas Zeit für mich nimmst." Lange würde sich das Gespräch sicher nicht ziehen.
"Wenn du dich erinnern kannst, stand ich vor einigen Monaten schon einmal in deinem Officium, als ich mich für das Rennen des Cultus Deorum zum Equus October meldete. Nun stehe ich hier, um um deine Unterstützung zu beten. Ich habe vor bei den nächsten Wahlen des Cursus Honorum als Vigintivir zu kandidieren", führte Crassus kurz und knapp aus.
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Ohne zuvor gefragt zu haben, bekam ich sogleich eine Antwort, was bedeutete, dass ich nicht preisgeben musste, mich nicht erinnert zu haben. Und jetzt, da der Decimus es ausgesprochen hatte, konnte ich sein Gesicht auch wieder zuordnen. "Ja, ich erinnere mich. Und auch daran, dass du nicht allzu schlecht abgeschlossen hast. Du möchtest dich zur Wahl stellen?" fragte ich nach, denn Decimus Crassus hatte bisher eigentlich kaum Reden von sich gemacht oder wenn doch, dann war es nicht bis an meine Ohren gedrungen. "Ich muss gestehen, dass ich eigentlich nicht viel über dich weiß, Decimus... Welches Vigintivirat würde dir denn zusagen?" wollte ich wissen und hoffte dadurch natürlich, ein wenig mehr über den jungen Mann vor mir zu erfahren.
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"Deshalb bin ich hier, Senator Corvinus. Da mein Verwandter und Unterstützer, Senator Decimus Livianus, mir geraten hat, mich auch bei patrizischen Senatoren vorzustellen, kam ich auf dich zurück weil du bisher meine einzige Verbindung zu eben solchen warst."
Dass er nicht viel von Patriziern hielt, musste er in diesem Zusammenhang ja nicht erwähnen. Vielleicht war Corvinus ja ein besonderer.
"Ich würde während eines möglichen Vigintivirats gerne die Tresviri capitales unterstützen, da mich die Rechtssprechung in Zusammenhang mit Straffällen und die enge Bindung an den Praetor interessiert."
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“Ah“, machte ich nachdenklich und fragte mich, warum der junge Mann sich nicht zunächst einen höheren Bekanntheitsgrad verschaffte. Der Name des seltsamen, verschollenen Legaten war zwar durchaus eine Referenz, doch eben nur für den Namen des jungen Decimus und nicht für seine Taten. Auf meine andere, indirekte Frage war er indes gar nicht erst eingegangen, was ich sehr wohl bemerkte. Dennoch, ich hörte mir zunächst an, was er weiters zu sagen hatte, und erst dann fragte ich ihn: “Und weshalb sollte ich dich unterstützen, Decimus? Abgesehen von deiner Verwandtschaft mit Decimus Meridius und dem ‚bekanntesten Legaten Roms’?“ Auf die Antwort war ich nun gespannt. “Kennst du denn einen der Männer, die sich in diesem Jahr der Wahl zum praetor stellen?“ war meine zweite Frage.
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Tiberius hätte nicht gedacht, dass sich Aurelius Corvinus als der am schwersten zu überzeugende Senator herausstellen würde - zumindest nicht als der, der die schwierigsten Fragen stellte.
"Ich selbst diente Rom bisher als Magistratus und Duumvir in Mantua. Politisch war ich schon immer interessiert und da mich mein Stand demnächst dazu befähigen könnte würde ich gerne im Cursus Honorum einsteigen, um genau diese Interessen vertreten zu können. Mein Patron Purgitius Macer hat schon länger vor als Prätor zu kandidieren, ich kann derzeit allerdings nicht garantieren, dass er die Prätur schon beim nächsten Wahlgang ins Auge gefasst hat."
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Mantua? Soso. Ich hob eine Braue und betrachtete meinen Besucher ein wenig intensiver. "Ich war auch einmal Magistrat von Mantua. Das ist aber schon recht lange her", bemerkte ich und dachte unweigerlich an die Zeit zurück, als das für Patrizier noch eine einigermaßen legitime Angelegenheit gewesen war. Damals hatte der Familiensitz noch in Mantua gelegen, meine Schwester und meine Eltern waren noch am Leben gewesen und mir selbst warder Weg in den Senat vorgekommen wie eine Reise zum Mond. Ich blinzelte und fand mich in der Gegenwart wieder. "Purgitius Macer ist dein Patron? Und er zieht in Erwägung, zum praetor zu kandidieren? Das ist interessant." Ich selbst musste das Fiasko meines Ädilats auch noch wettmachen, indem ich einen zweiten Anlauf wagte. Doch was konnte man schon großtun, wenn einem eine Krankheit in die Quere kam?
"Also sollte ich dich unterstützen, weil du Magistrat in Mantua warst und politisches Interesse hast", fasste ich ein wenig enttäuscht zusammen. Das traf wohl auf alle Kandidaten zu, denn wenn sie nicht politisch interessiert waren, würden sie auch nicht kandidieren. Fragend hob ich eine Braue.
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"Du solltest mich unterstützen, weil ich jung, pflichtbewusst und engagiert bin",entgegnete Tiberius selbstbewusst, auch wenn er sich fragte, ob Senator Corvinus von jedem Kandidaten solch vielseitige Bewerbungsgründe erwartete. Immerhin kandidierte der Decimus für das Einstiegsamt des Cursus Honorum, das vielen Senatorensöhnen nur aufgrund ihres Namens und ohne jegliche vorhergehende Karriere gesichert war.
"Wie sollte ich beweisen, ehrenwerter Senator, dass ich etwas leisten kann, wenn du mir nicht die Chance gibst etwas zu leisten."
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Ein wenig zweifelnd betrachtete ich den jungen Decimus, der von mir erwartete, dass ich ihn bei seiner Kandidatur mit meiner Stimme unterstützte und vielleicht einige Kollegen dabei mitriss. Jung und pflichtbewusst und engagiert waren die meisten der Jungspunde, die in die Politik wollten. Da bildete er keine Ausnahme. Und wie viele andere hatte er zuvor nicht von sich reden gemacht, zumindest nicht insofern, dass es bis nach Rom drang. Seine rhetorische Frage ließ ein Schmunzeln auf meinen Lippen entstehen, ganz unrecht hatte er schließlich nicht mit dem, was er sagte. Ich schwieg eine Weile nachdenklich und beschloss dann, noch einmal in eine andere Richtung zu forschen. "Wer, sagtest du doch gleich, ist dein Vater?"
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Etwas verwundert ob der wiederholten Frage des Senators versuchte Tiberius sich nichts anmerken zu lassen und weiterhin zielstrebig zu antworten.
"Titus Decimus Verus, Senator."
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Ich hob die Brauen. Diese Frage hatte ich bisher schließlich nicht gestellt - ich hätte es allerdings tun sollen. Decimus Verus also. Meine Miene wurde ernst. Ich konnte nichts anderes tun, als diesen jungen Mann zu unterstützen. "Decimus Verus. Ich schulde deinem Vater viel. Er hat meine Frau aus den Händen der Piraten befreit", sagte ich mehr zu mir als zu dem jungen Decimer. Ihn sah ich danach an. "Hättest du das gleich gesagt, wäre dir mein Verhör erspart geblieben", meinte ich leicht lächelnd. "Du hast meine Unterstützung, junger Decimus."
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Tiberius lächelte. Er hätte nicht gedacht, dass der Name seines Vater auf manchen Senator auch noch eine positive Auswirkung haben konnte.
"Oh? Wirklich? Das freut mich."
Von den Piraten hatte Verus gar nichts erzählt. Naja, wann hätte er es auch tun sollen, immerhin standen sich Tiberius und Titus derzeit eher nicht so nahe.
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Ich nickte; was blieb mir auch anderes übrig, als dem Jungen den Verdienst des Vaters anzurechnen? Es gehörte sich so, und zudem hatte ich seinerzeit kaum etwas für Decimus Verus tun können. So entstand ein Moment des Schweigens zwischen uns. Mit meiner Zustimmung war scheinbar auch schon alles geklärt. Um mich vergewissern, fragte ich dennoch nach. "Wäre das dann alles, Decimus?"
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