Reiterausbildung Titus Decimus Vestinus

  • Es kam mir vor wie drei Jahre, seitdem ich den campus das letzte Mal betreten hatte. Doch es waren nur drei Monate gewesen, drei lange Monate im valetudinarium, in denen ich jeden Tag gezählt hatte. Und das alles nur, weil ich in der Therme ausgerutscht war. Der medicus hatte zwar gesagt, dass ich froh sein konnte, mir nicht das Genick gebrochen zu haben, aber das war für mich keine Entschuldigung. Schließlich lebte ich noch und so hatte ich auch Gelegenheit genug, mich selbst und meine Lage zu bedauern.


    Ich wusste, dass die anderen mit jedem Tag weiter vorankamen. Sicher waren meine Kameraden inzwischen fertig ausgebildete equi und nur ich trat noch auf der Stelle. Aber es hätte schlimmer kommen können. Eine Woche bevor ich aus diesem stinkenden Lazarett entlassen wurde, teilte man mir mit, dass eine neue Reitergruppe inzwischen an der Stelle angelangt war, an der ich meine Ausbildung hatte beenden müssen und so fügte ich mich in die neuen Reihen und führte fort, was ich nicht zu Ende hatte bringen können.


    Der Tag war schon etwas fortgeschritten und mein Hinterteil schmerzte vom stundenlangen Sitzen. Doch Müdigkeit war noch nicht gefragt, deshalb biss ich die Zähne zusammen und befolgte akribisch jeden Befehl des erfahrenen decurio.
    Mit Konzentration ritt ich meinem Kameraden entgegen und versuchte, sein Schild mit meinem Schwert zu treffen. Mit der flachen Seite, wie befohlen. Es tat gut, diese Bewegung, denn es war kalt draußen. Kälter als sonst, wie mir schien, aber wahrscheinlich lag es nur daran, dass ich in den Wochen, die ich im Warmen lag, verweichlicht war und mich erst einmal wieder an echte Temperaturen außerhalb meiner behaglichen vier Wände gewöhnen musste.
    Wir sprachen kein Wort während dieser Übung, denn sie erforderte äußerste Konzentration. Ich wollte mein Gegenüber fordern, ohne ihn vom Pferd zu stoßen oder ihn anderweitig verletzen und natürlich wollte ich auch den Tieren der Legion kein Leid zufügen.

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    Decurio Manius Papinius Soranus
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    "Ja, genau so! Achtet drauf, dass ihr selbst sitzen bleibt. Ein Verhältnis eins zu eins ist nichts wert.
    Im Normalfall sind wir in der Unterzahl!"
    Der Decurio hatte am Vorabend erfahren, dass ein Soldat aus seiner letzten Übungsgruppe nach einem Unfall nun in dieser hier war. Selbstverständlich behielt er diesen besonders im Auge. Etwas schlaff, fand er, wirkte der Decimer. Aber das würde er ihm schon wieder ausbügeln.


    Nachdem er die Übung für beendet erklärt hatte und alle wieder in einer Reihe dastanden, gab der Centurio die weiteren Befehle. "Knechte haben die Strohsäcke nun auf den Pfählen platziert. Ihr werde im Galopp vorbeireiten und sie mit dem Schwert herunter holen. Ich wünsche mehrere Durchgänge und ich möchte, daß jeder von euch jeden der Säcke herunterholt! Und vergeßt eure Schilde nicht bei der Übung! Pergite!" Die armen Knechte bekamen nun reichlich zu tun, mußten sie doch immer und immer wieder die Säcke auf den Pfählen platzieren.





  • In den nächsten Minuten glich der campus einem Marktplatz, auf dem unzählige Individuen beständig hin und her wuselten. Es waren die Knechte, die Unruhe in die sonst beschaulichen und geordneten Reihen der legionarii brachten, denn jedes Mal, wenn einer der Soldaten einen der Säcke vom Pfahl geholt hatte, musst der Knecht sich schleunigst daran machen, diesen wieder zu befestigen, damit der Ablauf reibungslos funktionieren konnte.


    Jemand, der der Anführer der Schar von Männern zu sein schien, schrie von Zeit zu Zeit Anweisungen über die Köpfe der ihm augenscheinlich Untergebenen hinweg. "He, du da! Mach mal ein bisschen schneller." "Richtig aufhängen habe ich gesagt." "Du, beweg dich, wenn du nicht willst, dass sie dir den Kopf gleich mit runterholen!"


    Ich ließ mich davon nicht beeindrucken und folgte akribisch meinem Ablauf. Dabei legte ich, wie in der Übung zuvor, äußerste Sorgfalt und Konzentration an den Tag und außerdem achtete ich darauf, mich ordentlich auf dem Pferd zu halten. Mit Freude konnte ich nach einiger Zeit feststellen, dass es mir von Minute zu Minute besser gelang und ich wieder sicherer wurde. Dennoch konnte ich mich nicht des Gedankens erwehren, dass mich jemand mit Adleraugen beobachtete.

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    Decurio Manius Papinius Soranus
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    "Ja, weiter so!", feuerte der Decurio die Männer an, die nach und nach nun die Strohsäcke von den Pfählen beförderten.
    "Die Deckung nicht vergessen! Auch auf die Nebenleute achten! Ja, das sieht schon besser aus! Parmae höher! Und nun kommt wieder hierher!"


    Der Offizier wartete, bis die Männer wieder Aufstellung genommen hatten. "Teilt euch wieder in zwei Gruppen wie vorhin. Die eine Gruppe nimmt auf der anderen Seite des Platzes Aufstellung! Auf mein Zeichen werdet ihr aufeinander losreiten und mit dem Schwert auf den Schild des anderen schlagen! Und nur auf den Schild! Achtet auf eure Verteidigung! Bleibt auf dem Pferden und denkt daran, daß sie auf das angewiesen sind, was ihr ihnen an Zeichen gebt! Pergite!"*




    Sim-Off:

    *Bitte dran denken, ihr habt Übungsschwerter aus Holz

  • Nachdem die Übung beendet war, hatten wir binnen kürzester Zeit wieder Aufstellung aufgenommen und bekamen neue Befehle.


    Erneut teilten wir uns in zwei Gruppen und ritten in entgegengesetzten Richtungen davon. Ich überblickte die Gruppe der mir fremden Gesichter und versuchte, den Kameraden ausfindig zu machen, mit dem ich schon zu Beginn des Tages geübt hatte, doch diesmal war er an der anderen Seite der Reihe und wir würden uns wohl nicht begegnen. Es sei denn, das Pferd ging mit ihm durch.


    Ich hob mein Holzschwert und drehte es kurz in meiner Hand, um es von allen Seiten zu betrachten und es mir noch vertrauter zu machen. Irgendwie ein Tick, denn ich auch immer mit dem Löffel vollführte, wenn ich Suppe aß.


    Dann ritten wir los und ich konzentrierte mich. Ich war etwa in der Mitte der Reihe und legte eine moderate Geschwindigkeit an den Tag. Überhaupt teilten sich die Reihen momentan in drei Lager. Die Schnellen, die auf Befehl sofort lospreschten und mit Eifer auf ihren "Gegner" zuritten, die langsamen, die mit dem Pferd noch etwas Probleme hatten und deshalb langsamer ritten, um die Kontrolle zu behalten und den Ablauf nicht zu behindern und dann solche wie mich, die in normaler Geschwindigkeit ritten, sich auf das Tier konzentrierten und den Fokus auf den Gegner lenkten, sobald er schon fast in Reichweite war. Ich hob mein Schwert, als ich mein Gegenüber sah und hieb mit mittlerer Stärke zu, fest genug, damit er etwas spürte und kraftlos genug, um ihn nicht zu verletzen, denn letztendlich war er doch mein Kamerad und das hier nur eine Übung.
    Hier und da konnte ich Ächzen hören, denn manche gaben beim Schlag oder der Abwehr einen Laut von sich. So wie die Ringer, damals, beim Turnier in Mantua.

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    Decurio Manius Papinius Soranus
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    "Verdammt noch mal, was war das denn? Bei wem habt ihr eure Grundausbildung gemacht?! Oder seit ihr alle Patriziersöhnchen, die sich darum gedrückt haben?!", brüllte der Decurio die Auszubildenden an.
    "Was habt ihr da gelernt, wie ein römischer Soldat kämpft? Richtig! Immer in Formation!
    Und warum tut ihr das verdammt nochmal nicht?!
    Ab sofort will ich weder vorpreschen noch zurückbleiben sehen, sonst war es das für euch! Ist das klar?!"


    Der Decurio wartete die Antwort der probati ab und donnerte dann weiter:
    "Also von vorn! Aufstellung nehmen und Angreifen! Vorwärts, na wird's bald!"




  • Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    "Verdammt noch mal, was war das denn? Bei wem habt ihr eure Grundausbildung gemacht?! Oder seit ihr alle Patriziersöhnchen, die sich darum gedrückt haben?!"


    Ich ja, hörte ich einen neben mir zu seinem Kameraden flüstern, der daraufhin schelmisch grinste.
    Den beiden schien die Rüge ja nichts auszumachen, aber ich hatte schon während meiner Grudnausbildung gemerkt, dass die Legion für einige nur wie ein lustiges Kriegsspiel wirken musste. Meist für die, die ohne Probleme wieder nach Hause konnten und vom Geld ihrer reichen Eltern leben konnten. Einen hatte ich sogar kennengelernt, der nur darauf wartete, dass sein alter Herr das zeitliche segte. Wenige Wochen später war er auch weg.


    Die meisten jedoch wirkten beschämt oder betroffen und ritten in Ausgangsposition zurück, um es noch einmal zu versuchen. Ich hielt mein Tempo und kam damit gut aus, denn nun passten sich auch die ganz schnellen und die ganz langsamen der Mitte an. Ein paar Zentimeter Unterschied gab es trotzdem noch, denn hier und da setzte einer in einem unachtsamen Moment die Hufe seines Pferdes einen halben Schritt zu weit nach vorn.

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    Decurio Manius Papinius Soranus
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    "Das sah doch schon viel besser aus.", fauchte der decurio und ließ die Übung noch ein paar Mal wiederholen. Als die Männer sich einige Male gegenseitig angegriffen hatten, hieß er sie ein weiteres Mal stoppen und die vorherige Übung wurde wieder aufgenommen. "Und nun werdet ihr noch einmal mit den Schwertern die Strohsäcke auf den Pfählen bearbeiten. Ihr solltet nun soweit sein, sie zuverlässig zu treffen! Und vergeßt euren Schild nicht! Immer die Verteidigung aufrecht erhalten!"





  • Anscheinend schienen wir den Decurio dieses Mal zufrieden gestellt zu haben. Zumindest gab es keine Tadel mehr und so lief der Rest der Übung relativ ruhig ab.


    Wenig später standen wir erneut den uns vertrauten Pfählen gegenüber und wieder rannten die Knechte von rechts nach links und waren damit beschäftigt, die abgefallen Strohsäcke flink zu befestigen.


    Ich hielt mein Holzschwert fest in der Hand und den Schild erhoben. Damals, als ich meine Ausbildung zum euqes begann, bekam ich noch Muskelkater von den ungewohnten Haltungen. Ich war nicht gewöhnt, Schild und Schwert zu halten, während ich auf einem Pferd saß, doch mit der Zeit hatte sich eine Routine eingestellt, die mir diese Prozedur erleichterte. Zufrieden stellte ich fest, dass sich auch nach längerer Krankheit nicht wirklich etwas zum Schlechteren gewendet hatte und dass ich mich schon nach einigen Stunden wieder daran gewöhnt hatte. Vermutlich war es auch eine Sache der Technik. Die alte Topform jedoch hatte ich noch nicht wieder erlangt und wahrscheinlich würde mich das auch noch einige Woche kosten.


    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass ein Kamerad sein Schild verloren hatte und einem anderen blieb das Holzschwert im Strohsack stecken. Arme Typen, dachte ich, vermutlich würden sie Ärger bekommen. Ein Scheppern in meiner Nähe verriet mir, dass auch mein Nebenmann wohl noch Probleme mit dem Schild hatte.

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    Decurio Manius Papinius Soranus
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    Wie ein Adler stieß der decurio auf alle Männer hernieder udn rief sie zur Ordnung. Als altgedienter Offizier erkannte er jedoch, dass die Fehler nicht auf unfähigkeit fußten, sondern auf Ermüdung durch den intensiven Umgang mit ungewohneten Waffen. Daher beschloss er, den Männern eine Pause zu gönnen und eine Theorieeinheit anzuschließen. "Consistite! In anciem venite!" Er wartete, bis die Männer eine Linie gebildet hatten, was wieder einigermaßen zufriedenstellend funktionierte. Die Abstände waren gleichmäßig, die Pferde standen still und geduldig da.


    "Wer von euch kann mir etwas über die Fernwaffen der Reiterei erzählen? Worin unterscheiden sie sich voneinander und von den Fernwaffen der Infanterie? Und welche davon ist die Hauptfernwaffe der Legionsreiterei?"




  • Anscheinend hatte der decurio seine eigenen Schlüsse aus den in regelmäßigen Abständen zu Boden fallenden Ausrüstungsgegenständen gezogen. Jedenfalls befahl er uns, die Übungen einzustellen und uns in einer Reihe aufzustellen. Ich verstand nicht recht, warum er die Übung beendete, denn obwohl ich selbst langsam müde wurde, übertrug ich dieses eigene unbewusste Gefühl nicht unmittelbar auf meine Kameraden, sondern glaubte nach wie vor, dass die Fehler auf mangelnde Konzentration zurückzuführen waren.
    Kaum standen wir, stellte er uns eine Frage, auf die wir alle zunächst mit Schweigen antworteten. Dann jedoch kamen hier und da einige Anmerkungen, aber kaum in ganzen Sätzen. Schleuder und Wurfspeer waren da zu vernehmen. Ein anderer tippte auf den Bogen als Hauptwaffe der Reiterei. Ich selbst sagte nichts, denn auch ich wusste nicht viel mehr, vielleicht sogar weniger.

  • Sim-Off:

    Hä? Ich hatte das doch schon beantwortet?!


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    Decurio Manius Papinius Soranus
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    "Keiner?!"
    rief der decurio ehrlich entsetzt.
    "Ihr wollt der Reiterei beitreten, haltet es aber nicht für nötig euch zuvor über ihre Bewaffnung zu informieren?! Ich muss sagen, ich bin beeindruckt! So viel unverfrorenheit ist mir noch nicht untergekommen!"
    Tief atmete der decurio durch, bevor er einen lauten Seufzer hören ließ.
    "Fangen wir also ganz von vorne an:
    Die Hauptfernkampfwaffe der equites ist das iaculum, der leichte Wufspeer.
    Desweiteren Pfeil und Bogen sowie die hasta, die Lanze bei der sich die Experten streiten, ob sie wirklich eine Fernkampfwaffe ist. Letztere beiden sind jedoch hauptsächlich Waffen der Ala, das heißt wir üben in erster Linie mit den iacula."

    Zur weiteren erklärung ließ der decurio sein Pferd seitlich drehen und zeigte nun in die Richtung, die eben noch hinter ihm gewesen ist.
    "Ihr seht dort hinten die Strohsäcke auf den Pfählen, sowie zwei weiße Linien. An der ersten Linie nehmt ihr ein iaculum aus dem Köcher, an der zweiten werft ihr auf euer Ziel. Dabei unbedingt die Linie halten und keinesfall werfen, wenn jemand vor euch steht, verstanden?!


    Anschließend kommt ihr hierher zurück."


    Der decurio ritt zur Seite, dann gab er das Kommando:
    "Erste Reihe! Los!" und kaum hatte sich die erste Reihe eingereit schallte es:
    "Die Nächsten! Los!" und so ging es fort


    Sim-Off:

    Geh von drei bis fünf iacula aus, die ihr dabei habt, die genaue Zahl überlass ich dir, ich hab nix genaues gefunden 8)

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