[Ex Mogontiaco] Ein kleiner See



  • Je mehr man sich vom Hauptort der Civitas Mogontiacum entfernte, desto wilder wurde die Umgebung. Nicht einmal fünfzehn Reitminuten entfernt schnitten nurnoch vereinzelt Bauernhöfe in die bewaldete und vermoorte Gegend, auch der römische Einfluss machte sich immer weniger bemerkbar: Villae Rustica wurden von Langhäusern abgelöst, und je mehr man sich entfernte, desto schlechter wurden auch die Straßen.


    Knapp zehn Minuten auf der Via Bingia in Richtung Norden und fünf auf alten Trampelpfaden westlich in den Wald hinein tat sich eine große Lichtung auf, in deren Mitte sich ein Bach in einen kleinen See ergab bevor er in Richtung Rhenus weiterfloss. Der Höhenunterschied der Gegend ergab einen kleinen Wasserfall, und die Abgeschiedenheit machte den See zu einem beliebten Versammlungsort für Tiere aller Art. Aber auch Menschen suchten die Stille des Ortes dann und wann auf, so sie denn wussten wie er zu finden war.

  • Er hatte etwas Proviant eingepackt, Brot, Käse, abgehangenes Fleisch, Trockenfrüchte. Er hatte sich einen Tag freigenommen. Er hatte sich adäquat bewehrt für einen Tag in der Wildnis außerhalb des Stadtgebiets. Und er hatte seine Frau mitgebracht.


    Ohne ihr natürlich zu sagen, wohin es ging. Versteht sich ja quasi von selbst.


    Lando hatte mitbekommen, dass Elfleda nicht schwimmen konnte, und das wollte er heute ändern. Allerdings nicht am Rhenus, da war die Gefahr zu groß, dass sie ihm einfach absoff. Aber er hatte sich des kleinen Sees in den Wäldern entsonnen, und sie einfach mit hierher gebracht. Und so brachen sie noch in der Morgensonne aus dem Unterholz, steuerten die Pferde über die Wiese, die sich in der Sonnenkehre zwischen den Bäumen breit gemacht hatte, und banden ihre Pferde an.


    "So, da sind wir.", eröffnete Lando seiner Frau das offensichtliche, und lächelte sie verschmitzt an.

  • Eines hatte Elfleda in ihrer jungen Ehe schon gelernt: Lando war kein Mann großer Worte. Wenn man etwas von sienen Plänen wissen wollte, musste man sie ihm regelrecht herauskitzeln, und selbst das gestaltete sich schwer, wenn man nicht wusste, dass er etwas plante.
    So war es auch heute gewesen, als er meinte, sie wollten ausreiten. Natürlich sagte er nicht wohin und weshalb, sondern taperte wie selbstverständlich schon zum Reittierstall, während Elfleda noch überlegte, ob reiten während der Schwangerschaft denn so eine gute Idee war. Nun, solange sie nicht wie wild durch die Gegend trabten, sollte es eigentlich gehen. In ihrer Familie verloren die Frauen die Kinder eigentlich nie frühzeitig. Bei der Geburt starben einige, oder in den ersten zwei Jahren, aber vorzeitige Abgänge gab es eigentlich eher selten. Und auch Elfleda fühlte sich eigentlich ganz kräftig und wollte sich diese Chance nicht entgehen lassen.


    Und so waren sie ausgeritten. Elfleda hatte zum Glück ein friedliches Reittier, denn auch wenn sie reiten konnte, wilde Galoppsprünge waren nicht so ganz ihre Welt. Da war ihr ein ruhiges Pferd viel lieber als ein feuriger Draufgänger, den sie kaum bremsen konnte.


    Und schließlich waren sie an einem schönen Fleckchen Erde angekommen, an einem See. Hätte Elfleda auch nur geahnt, was Lando vorhatte, hätte sie jetzt schon versucht, zu protestieren. Aber sie ahnte nichts böses und besah sich stattdessen einfach das Stückchen Land um sie herum.
    “Es ist wirklich wunderschön hier. Ich hab schon fast vergessen, wie der Wald riecht.“ Und sie nahm einen tiefen Atemzug, wie um es zu unterstreichen. Hier fühlte sie sich hundertmal wohler als in der Stadt.

  • "Richtig, ist es.", statuierte Lando grinsend, zog sich Hemd und Hose an, und zwinkerte ihr noch einmal kurz zu, bevor er das seichte Ufer hinunter in den See rannte und mit einem gekonnten Sprung im Ringe werfenden Wasser des Sees verschwand.


    Als er wieder auftauchte, spuckte er vergnüglich einen Strahl Wasser aus, zog sich die nassen Haare aus dem Gesicht und grinste sie breit an, während er gespielt ungeduldig tat: "Ich warte, Fräulein!"

  • Lando zog sich aus und rannte dann zum Wasser. Es spritzte nach allen Seiten, als er hineinsprang und erstmal untergetaucht war. Elfleda grinste ihm hinterher und lachte, als er auftauchte und erstmal Wasser in einem gekonnten Strahl ausspuckte. Als er sie dann aber aufforderte, ebenfalls ins Wasser zu kommen, verschluckte sie sich beinahe an ihrem Lachen.
    “Wie jetzt? Ist das nicht zu tief?“ Er wusste ja, dass sie nicht schwimmen konnte, und im ersten Moment stand Elfleda total auf dem schlauch und kam nicht darauf, dass es gerade deswegen ja sein sollte. Erst nach einigen Sekunden dämmerte ihr, was hier geplant war, und sie versuchte, abzuwinken.
    “Sollten wir damit nicht vielleicht lieber noch ein wenig warten?“

  • "Zu tief?", lachte Lando, schwang sich in eine aufrechte Position und stand bis zur Brust im Wasser, "Ist dir das hier zu tief? Frau, du bist klein, aber nicht SO klein. Also komm schon her... es ist nicht einmal kalt."


    Er stelle sich breitbeinig ins Wasser, und ging immer mehr in die Knie, bis er irgendwann im Wasser versank. Dabei spie er spielerisch Luftblasen aus, die an der Oberfläche langsam zerplatzten. Langsam kam er wieder hervor, die Haare hingen ihm ins Gesicht, und unter seine Nase deutete sich ein breites Grinsen an: "Wieso warten? Worauf denn? Darauf, dass du auf dem See laufen kannst? Oder gar der Filius? Das dauert noch Monate, Frau. Also, zack zack... das war keine Bitte."

  • Natürlich war es ihr nicht zu tief, aber darum ging es letztendlich ja auch gar nicht. Sie ahnte, was Lando vorhatte, und sie wollte nicht hier und heute ersaufen (auch wenn sie sehr wohl wusste, dass er das wohl nicht zulassen würde, soviel traute sie ihrem Mann ja schon). Also packte sie nur den Blick bei seinen Worten aus und rührte sich keinen Fingerbreit in Richtung des Wassers.
    “Ach, keine Bitte? Und was machst du, wenn ich nicht komme? Mich schnappen und ins Wasser werfen?“
    Gerademal einen Herzschlag, nachdem die Worte ihre Lippen verlassen hatte, wechselte der Blick zu einem unausgesprochenen Wehe!, als sie sich bewusst wurde, dass sie ihm genau das zutrauen würde.

  • Bei diesen Worten musste Lando nachdenken. Und sah auch danach aus... er griff sich in den Bart und verdrehte die Augen, ganz der Denker der er nicht war. In der nächsten Sekunde machte er einen Satz, und rannte aus dem Wasser, schwerfällig und gebremst, aber immernoch mit eindeutigem Ziel: Elfleda.


    Diese bekam natürlich einen satten Vorsprung, allerdings hatte Lando keine Mühe sie nach kurzer Zeit und einem gespielten Versteckspiel um mehrere Bäume einzufangen, über die Schulter zu werfen und in Richtung See zu marschieren.


    "Ich hab dich gewarnt. Überleg es dir, mit oder ohne Klamotten. Dass steht allerdings fest."

  • Nach einer doch recht kurzen Jagd hatte Lando sie schon, und auch wenn sie schrie – oder quietschte, wenn man die Höhe der Stimmlage betrachtete – er trug sie unaufhaltsam zum Wasser.
    “Das würdest du doch nicht machen?“ fragte sie beinahe bettelnd und sah ihm treuherzig wie ein Hund in die Augen – auch wenn das nicht gerade einfach war, wie er sie so über der Schulter trug. Eigentlich sah sie ihm mehr in die Augenwinkel, und auch nur, wenn sie sich wie eine Natter in sich selbst verdrehte. Aber selbst das reichte, um ihm anzusehen, dass er es doch tun würde.
    Sie zappelte und strampelte noch ein wenig, natürlich nicht so, wie sie es getan hätte, wenn sie sich wirklich hätte wehren wollen. Aber es nützte nichts, er hielt sie, als wöge sie nichts, und ihr blieb nicht viel, außer sich entweder wirklich zu wehren, was sie aber nicht wollte, oder zu resignieren.


    “Ja gut, dann lass mich runter.“ Es klang wenig begeistert. Elfleda hätte auch gut und gerne darauf verzichten können, jetzt wie ein Hund paddelnd zu versuchen, sich über Wasser zu halten. Sie konnte nicht schwimmen, bisher war das nie ein Problem gewesen. Männer aber auch!
    “Aber wehe dir, ich ertrinke! Dann kehre ich als Wiedergänger zurück, ich schwöre es dir.“ Das war jetzt doch ein Scherz, zu erkennen an ihrem Gesichtsausdruck, wenn auch nicht ganz spaßig. Elfleda hatte durchaus einen Respekt vor dem Wasser und war sich der Gefahr, zu ersaufen, wahrscheinlich zu gut bewusst.

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