Eine Insula, bewohnt unter Anderen von Catubodus, Bridhe und Diarmuid

  • Wenn man einen Ort verließ, an dem man für eine bestimmte Zeit gelebt hatte, wurde einem wieder bewusst, was sich im Laufe der Zeit alles angesammelt hatte. Darunter waren Dinge, die man nie wieder mehr brauchen würde und die man deshalb sofort wegwarf. Andere Dinge wiederum verpacke man sorgsam, denn sie würden auch weiterhin gute Dienste tun, an dem neuen Ort, zu dem es einem zog. Und dann gab es da noch die Erinnerungsstücke, die eigentlich in den meisten Fällen nutzlos waren, die man aber dennoch nicht hergab, denn sie waren Relikte aus früheren Zeiten, damit man sich daran zurück erinnern konnte…


    Außer einigen Kleidern, die zum größten Teil noch aus meiner Zeit bei den Flaviern stammten, besaß ich nicht viel, was ich in die neue Wohnung mitnehmen konnte. Meine Kleiderkiste, die in meiner Kammer in der Taberna stand, war schnell geleert. Ganz unten auf dem Boden fand ich etwas, was ich schon lange nicht mehr in Händen gehalten hatte. Es war ein kleines hölzernes Kästchen, auf dem in großen Lettern BRIDHE stand. Natürlich wusste ich, was sich darin befand. Es war mein erstes Schreibetui, das mir Aquilius vor langer Zeit geschenkt hatte und mir damit die Möglichkeit eröffnete, Lesen und Schreiben zu lernen. Ich konnte mich noch ganz genau an den Abend erinnern an dem er es mir gab, so als wäre es erst gestern gewesen. Sorgsam legte ich es zu meinen Kleidern. Eines Tages wollte ich es meinem Sohn geben, wenn er so weit war, um Lesen und Schreiben zu lernen.


    Mit Diarmuids Sachen verhielt es sich etwas anders. Er hatte Unmengen an Sachen. Zum Teil waren das selbstgebaute Spielzeuge, die er von Catu bekommen hatte aber auch viele Dinge, die er gefunden hatte. Seine Sammelleidenschaft war riesengroß. Das machte alles etwas komplizierter, denn ich wollte nicht einfach über ihn hinweg bestimmen und alles wegwerfen, was ich nicht als wichtig erachtete.


    Nach einigen Tagen war es dann so weit. Ich verließ die Taberna und zog mit meinem Sohn und Catubodus in die neue Wohnung ein. Unser Hab und Gut passte auf eine Schubkarre, die wir vor uns her schoben, bis wir die Insula erreichten. Es war genau so, wie Catu es beschrieben hatte. Unten war die Bäckerei und darüber waren mehrere Stockwerke. In einem dieser Stockwerke waren unsere Zimmer. Ich konnte es kaum erwarten, sie endlich zu betreten. Staunend blieb ich vor dem großen Haus stehen und sah hinauf.


    Das ist es also!

  • "Das ist es."


    Natürlich hatte es etwas gedauert,bis der Umzug von Statten gehen konnte, doch schließlich war es so weit. Nur zu gern schob Catu den Schubkarren, der die Habe von Bridhe und Diarmuid beinhaltete. Seinen eigenen Kram hatte er schon früher in das kleinere der Zimmer verbracht. Er war nach alter Gewohnheit jederzeit nahezu gänzlich reisefertig. Eine Eigenart, die er nun auch abzulegen gedachte.
    Zwar war es keine Villa, doch die Insula, die er sich genauestens angesehen hatte, würde nicht heute und morgen in sich zusammen fallen. Ein Umstand, der in Rom nicht außer Acht gelassen werden durfte. Also konnte Catubodus zu Recht einigermaßen stolz darauf sein, was er für eine Heimstatt geschaffen hatte. Er genoss einen Moment lang seinen Ruhm ehe er fragte: "Erst abladen, oder? Die Backstube rennt ja nicht davon."


    Anschließend führte er seine neue Familie in das 2.Obergeschoss, wo er günstig an zwei nebeneinander liegende Zimmer, die zudem durch eine gemeinsame Tür verbunden waren, gekommen war. Da er sich nicht so sicher war wie weit seine Beziehung mit Bridhe gediehen war überließ er es ihr sich entweder mit ihm gemeinsam in einem Zimmer einzuquartieren oder zunächst mit Diarmuid gemeinsam ein Zimmer zu bewohnen. Um sie in keinster Weise zu beeinflussen hatte er seinen großen Reisebeutel in den Flur gestellt. Es war also ganz ihre Wahl, die er allerdings genau beobachten würde.

  • Meine Freude war unbeschreiblich und man sah es mir auch an. Dies war etwas, worauf man stolz sein konnte. Auch wenn ich es nicht allein geschafft hatte, eine eigene Wohnung und ein eigenes Geschäft zu erlangen. Manchmal musste man sich einfach nach Unterstützung umsehen. Das Schöne daran war, dass ich bei Catu nicht das Gefühl hatte, mich wieder in eine weitere Abhängigkeit zu begeben.


    Erst abladen!


    Jetzt konnte mich wirklich nichts mehr halten. Ich wollte endlich mein neues Heim von innen sehen und später dann gab es noch genügend Zeit, um sich die Backstube anzuschauen.
    So nahm ich mein Bündel mit Habseligkeiten in die eine Hand, in meiner Anderen hielt ich das kleine Händchen meines Sohnes und folgte Catubodus hinauf. Auch ich stellte meine Sachen vorerst im Flur ab und betrat erst den einen und dann den anderen Raum. Beide Zimmer waren für meine Verhältnisse sehr geräumig und gefielen mir auf Anhieb. Aber es fiel mir nicht schwer, mich für einen der Räume zu entscheiden.


    Die Räume sind beide schön! Aber ich würde sagen, der hier ist für Diarmuid. Hier hat er auch genug Platz zum spielen. Und dieser da… ist für uns?


    Ich sah Catu fragend an und ein Anflug von Lächeln verbarg sich in meinem Blick. Aus irgendeinem Grund zweifelte ich auf einmal, denn ich war mir auf einmal nicht mehr sicher, ob er diesen Schritt überhaupt machen wollte. Er hatte mir zwar seine Liebe gestanden, mir war aber auch bewusst, wie freiheitsliebend er war.

  • Zufrieden betrachtete Catubodus sein Werk. Er hatte Bridhe anscheinend glücklich gemacht und Diarmuid sah aus, als würde er jeden Augenblick sein neues Reich durch wildes Herumtoben in Besitz nehmen. Ein Lächeln stahl sich auf Catus Gesicht, das erst wieder verschwand, als die junge Keltin ihre kleine Besichtigung beendet hatte.
    In die sich in ihm anstauende Spannung platzte die dicke Lentidia hinein, die gerade aus dem ihr verbliebenen Zimmer auftauchte. Eine beiläufige Geste, des in er Tür stehenden Galaters reichte aus, um ihr klar zu machen, dass sie noch nicht erwünscht war und so erstarrte sie wie eine Säule, gleich Lots Frau, von der sie ebenso wenig wie Catu wusste. Dieser wiederum hatte seinen Blick, der ein fragender sein mochte, so man ihm das ansah, fest auf die junge Frau gerichtet, die da unweit im Raum stand, die Römerin mit ihren nett gemeinten Einzugsgeschenken nicht sehen konnte und eine Entscheidung zu treffen hatte.
    Diese traf sie etwas zögernd und Catu, der sich selbst für verschlossen hielt, musste darüber leicht schmunzeln, ehe sich auf seinem Gesicht ein breites, vielleicht leicht anzügliches Grinsen manifestierte, das aus dem Fundus der Mimik seines etwas dreisteren alter ego Callianax stammte. Die anzügliche Note entschwand allerdings umgehend wieder, denn auch wenn es Bridhe etwas schwer zu fallen schien, sich in eindeutiger Weise zum Ablauf der Dinge zu äußern, so nahm er doch an, dass sie die eben getroffene Entscheidung willentlich so gefällt hatte und er dachte nicht daran, ihren Entschluss durch einen falschen Ausdruck ins Wanken zu bringen, zumal er in ihrem Gesicht auf etwas stieß, das er für einen Anflug des Zweifels hielt. Schlagartig wurde er ernst: "Bist du dir sicher?", fragte er mit weit weniger sicherem Ton als üblich, mittlerweile seinen Sack in der Hand, von dem er nun nicht genau wusste, wohin dieser in Kürze gestellt werden würde. Irgendwie kam er sich gerade recht seltsam vor, wie ein Kind dem man schönes Spielzeug gezeigt hatte und das man nun im Unklaren ließ, ob eine Chance bestand, dieses jemals zu erlangen.

  • Es war an einem unscheinbaren Tag, wie jeder Andere, als ein Sklave vorbei kam, der sich bis zu Catubodus durch fragte, ihm einen Brief übergab, einige Dokumente * und eine sehr schwere Kiste, gefüllt mit aurei. Er wartete ab, bis Catubodus alles persönlich entgegen genommen hatte, ehe er wieder verschwand.




    Salve Catubodus,


    mir ist zu Ohren gedrungen, daß Du scheinbar ein engeres Verhältnis mit der Mutter meines Neffen pflegst. Ich will hoffen, daß Du Dich gut um die Beiden kümmern wirst. Ich will Dir nicht verhehlen, daß ich Dich genau im Augen behalten werde und solltest Du Bridhe ein Leid antun, dann Gnade Dir die Götter, denn dann wird Dich der volle Zorn von mir und den Flaviern treffen. Solltest Du jedoch Bridhe glücklich machen, so ist Dir natürlich mein Dank gewiß. Und ich möchte, daß Du dafür sorgst, daß dem Jungen jede Tür offen steht und er eine gute Zukunft hat.


    Dafür werde ich Dir einiges an weltlichen Gütern zu kommen laßen, was der Sklave, den ich Dir mitschicken werde, Dir in Form dieser beiligenden Dokumente vermachen wird. Es ist auch Grundbesitz dabei, den Du für den Jungen verwalten wirst. Jegliche Beiträge solange er noch ein Kind ist, wirst Du für Dich, Bridhe und sein Wohl nutzen können. Wenn der Junge eines Tages so weit ist, um in die Politik oder in das Leben eines Ritters streben zu können, möchte ich, daß Du den Besitz an ihn weiter gibst.


    Aus dem Jungen kann ein großer und ehrenhafter Römer werden, sorge dafür, daß das paßiert, ansonsten weißt Du ja, wie ungnädig die Flavier werden können. Auch die aurei, die ich Dir schicke, dienen dem Zweck, für Deine zukünftige Familie zu sorgen.

    Vale
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    *Übergabe für Grundstück, Waren, Betrieb.

  • Ja, das bin ich, antworte ich und versucht ihm das Gefühl zu geben, es so zu meinen, wie ich es sagte. Auch diesmal würde ich mich den Gegebenheiten anpassen und lernen, eine gute Gefährtin zu sein. In all den Jahren hatte ich meine Lektionen gut gelernt und sie mehr als verinnerlicht, meine wahren Wünsche hinten anzustellen und sie auf gar keinen Fall zu äußern. Damit war ich gut gefahren und so würde es auch in Zukunft weitergehen.
    Um zu bestätigen, was ich ihm antwortete, umarmte ich ihn. Ich fühlte so etwas, wie Liebe in mir. Sie war da. Doch es war anders, als früher. Catubodus war nicht Severus und dieser Liebe fehlte es noch ein wenig an Leidenschaft. Doch dies kam vielleicht noch, hoffte ich.
    Noch ein Kuss und ich begann meine Habseligkeiten auszupacken, um uns ein neues Heim zu schaffen.

  • Das Licht hatte mich wachgemacht. Wie jeden Morgen liege ich noch solange im Bett, bis Mama kommt. Auch wenn sie viel früher aufstehen muss, als ich und um diese Zeit schon am arbeiten ist, nimmt sie sich Zeit, um mit mir zu spielen. Manchmal raufen wir uns im Bett und machen eine Kissenschlacht, bei der ich meistens gewinne. Das ist schön, wenn Mama da ist. Nämlich sonst hat sie nicht viel Zeit für mich.
    Heute Morgen liege ich schon eine ganze Weile wach und warte und warte und warte. Aber sie kommt nicht.
    "Maaamaaa!", rufe ich laut. Aber nichts passiert. Niemand kommt. Die Tür öffnet sich nicht. Alles ist ruhig, nur die Geräusche von den Leuten über uns und unter uns sind zu hören. Ich rufe noch lauter. Aber niemand kommt. Langsam werde ich ungeduldig. Sie hat mich doch nicht vergessen?
    Irgendwann reicht es mir. Ich springe aus meinem Bett, ziehe mir meine Tunika von gestern über und stampfe wütend hinunter in die Bäckerei. Das ist das erste Mal, dass Mama mich vergessen hat!
    "Mama, du hast mich vergessen!" rufe ich ganz vorwurfsvoll in den Laden. Die Leute schauen mich schon so komisch an. "Mama? Hörst du? Du hast mich vergessen!" Niemand antwortet, denn Mama ist gar nicht da.
    Langsam kriege ich es mit der Angst zu tun und renne zu Catu in die Backstube. "Catu, wo ist Mama?"

  • Er war beileibe kein Langschläfer, doch oft war Bridhe schon einige Zeit auf den Beinen, wenn er sich vom Lager erhob und er wachte nicht selten Regel alleine dort auf. Das war noch nicht ungewöhnlich. Als er dann jedoch in der Backstube nur den Knecht vorfand, der glücklicherweise heute früher gekommen war, den Ofen angefeuert und mit dem Backen der ersten Brote begonnen hatte wunderte er sich schon. Wenn sie Besorgungen machte, dann nicht zu dieser Zeit und selbst wenn hätte sie ihm das wohl mitgeteilt. Der Knecht konnte ihm auch nichts über ihren Verbleib sagen und da die Arbeit nun schon einmal begonnen war sprang er direkt für sie ein. Doch die Arbeit lenkte ihn nur unzureichend von den Sorgen ab, die er sich zu machen begann.
    Irgendwann wurde es hell und die ersten Kunden kamen bis der Strom wieder ein wenig nachlies. Diese Gelegenheit nutzte Bridhe in der Regel um hinauf zu Diarmuid zu gehen und sich um ihn zu kümmern. Catu wurde im angeschlossenen Gewürzhandel gebraucht und konnte sie nicht vertreten, so dass Caius, wie er ihn nannte wenn sie nicht unter sich waren selbst herunter kam gerade als Catu wieder in der Backstube war. Ihn beschäftigte dieselbe Frage, die er sich auch schon wiederholt gestellt hatte. Was konnte er ihm sagen? Er wusste es doch auch nicht. Aber er wollte das Kind auch nicht beunruhigen. "Sie ist wohl unterwegs."
    Er hätte gerne eine weniger lapidare Antwort gegeben, doch welche, welche?

  • Dass Mama mich heute Morgen vergessen hat, bringt mich ganz durcheinander. Das hat sie doch noch nie gemacht! Ich weiß ja, sie hat immer viel zu tun und dass sie deshalb manchmal müde ist. Aber wie kann sie mich nur vergessen?
    Wenn es aber stimmt, was Catu sagt, dann schlägt meine Besorgnis in Wut um! Die Möglichkeit, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte oder dass etwas schlimmes geschehen ist, lasse ich außen vor.
    "Unterwegs? Aber... Um diese Zeit? Und was ist mit mir? Wieso vergisst sie mich einfach!!!" Ich kann es einfach nicht glauben! So wütend war ich schon lange nicht mehr. Ich bin so wütend, dass mir die Tränen in die Augen geschossen kommen. Vor lauter Wut stampfe ich auf und will mich umdrehen und gehen. Das einzige, was ich jetzt noch tun kann ist warten. Auf Mama. Und wehe, wenn sie dann kommt! Dann kann sie was erleben!

  • Nachdem Catu nichts mehr dazu zu sagen hat, dampfe ich, immer noch sauer wieder ab. Erst sitze ich oben in unserer Wohnung und warte. Auf Mama. Auf Catu. Auf irgend sonst jemand, der sich um mich kümmert. Aber niemand kommt. Notgedrungen mache ich mir selbst mein Frühstück, ziehe mich an und, weil es ja sowieso keinen interessiert, gehe ich einfach raus. Als Lucius mein Freund mich anquatscht, weil er mit mir spielen will, lasse ich in einfach abblitzen. "Ich kann jetzt nicht. Muss meine Mutter suchen gehen!"
    "Echt?", staunt Lucius. "Darf ich mit geh´n. Ich meine, soll ich dir helfen?" Für Lucius hört sich das vielleicht nach einem großen Abenteuer an. Aber ich bin immer noch sauer. Nein, eigentlich habe ich Angst, meine Mutter könnte nie wieder zurück kommen.
    "Von mir aus. Dann komm!"

  • Die junge Frau eilte sofort die Treppen hinauf, nachdem sie alle Bedenken beiseite geräumt hatte. Hinauf zu ihrem Sohn und zu Catubodus. Besonders ihren Jungen wollte sie wieder in die Arme schließen und ihn trösten, daß er auch nur einen Tag hatte ohne sie auskommen müssen. Ihre Freude darauf war unendlich groß gewesen. Erst auf dem Nachhauseweg war ihr richtig bewusst geworden, wie sehr sie ihn vermisste. Und Catubodus, ihn vermisste sie auch. Vielleicht würde sie ihm sogar anvertrauen, was sie getan hatte. Und dann würde sie ihm von ihren Sehnsüchten berichten, die sie schon so lange quälten.
    "Diarmuid! Catu! Seid ihr da?", rief sie, nachdem sie die Tür zu ihrer Wohnung aufgestoßen hatte. In der Wohnung allerdings war alles ruhig. Niemand war da. Nur ein wenig schmutziges Geschirr stand in der Küche herum und wartete darauf, gereinigt zu werden. Bridhe sah in den Zimmern nach, um sicher zu gehen, dass wirklich niemand da war.
    Ein wenig enttäuscht, kehrte sie in die Küche zurück und setzt sich vorerst auf einen Stuhl und wartete. Bestimmt waren sie los gezogen, um sie zu suchen. Bestimmt! Da half nur noch warten.
    Einfach nur so dazusitzen und zu warten, war doch sehr schwer. Um sich die Zeit etwas zu verkürzen, kümmerte sie sich um das Geschirr und bereitete dann etwas zu essen vor. Sie würden schon kommen. Bald. Ganz sicher!

  • Der Mut hat mich verlassen, als ich mit Lucius kurz vor Sonnenuntergang wieder in unsere Straße zurück komme. Wir haben Mama nicht gefunden.
    "Kopf hoch, deine Mutter wird schon wieder kommen!" sagt er mir noch zum Abschied, bevor wir uns trennen und er nach Hause geht.


    Ich bleibe noch kurz vor unserem Haus stehen und denke nach. Mir widerstrebt es, da hineinzugehen, nur um feststellen zu müssen, dass sie nicht da ist. Aber dann erkenne ich einen Lichtschein an unserem Fenster. Ein kurzer Hoffnungsschimmer keimt auf. "Mama!", sage ich leise und nähere mich schon dem Eingang. Aber dann schwindet meine Hoffnung wieder genauso schnell, wie sie gekommen ist. Das wird nur Catubodus sein, denke ich mir und gehe zögerlich ins Haus, die Treppen hoch, bis ich irgendwann vor unserer Tür stehe. Ich trete ein, ohne etwas zu sagen. Nein, ich bin nicht wütend auf Catu, weil er nicht mit mir gegangen ist. Ich bin nur traurig, furchtbar traurig.
    In der Küche brennt eine Lampe. Mein Magen meldet sich zurück und signalisiert mir, ich habe Hunger!


    Ich glaube kaum meinen Augen, als ich die Küche betrete. Da sitzt Mama am Tisch! Und sie hat etwas für mich gekocht! Nanu, sie sieht irgendwie so komisch aus. So... abwesend, als wäre sie gar nicht da.
    "Mama!", rufe ich. "Du bist wieder da!"
    Endlich schaut sie auf. Der Ausdruck in ihrem Gesicht ist so leer. Freut sie sich denn gar nicht?
    "Mama, was ist los? Bist du krank?"
    Ich würde alles dafür tun, damit Mama wieder gesund wird!

  • Diarmuids Stimme. Sie war ganz klar und deutlich. Diesmal war es keine Sinnestäuschung. Bridhe sah auf. Vor ihr zeichneten sich die Konturen ihres Sohnes ab. Das war ihr Sohn!
    "Duirmuid, mein lieber Junge!" Ihre Stimme klang müde. Sie war es auch. Langsam richtete sie sich auf, strich ihrem Sohn über das lockige Haar und schlürfte mit schweren Schritten zur Herdstelle, um ein wenig von dem Eintopf, der sich im Kessel befand, in eine Schale zu geben.
    "Hier, du bist sicher hungrig." Sie stellte ihm die Schale an seinen Platz und versuchte ihm zuzulächeln. Der Junge setzte sich an den Tisch.
    "Wo warst du Mama?" , fragte er, bevor er zu essen begann.
    Bridhes Lächeln wirkte plötzlich wie eingefroren. Sie konnte ihrem Sohn unmöglich die Wahrheit sagen. "Ich hatte zu tun. Bitte frag nicht!"
    Wie hätte sie glauben können, Diarmuid würde sich mit solchen Antworten zufrieden geben. Natürlich wollte er mehr wissen. So vieles wollte er sie fragen. Doch sie schüttelte nur den Kopf. "Nein Diarmuid! Ein anderes Mal. Nicht heute!"


    ~~~***~~~



    Einige Tage später



    Bridhe hatte sich erholt. Sie hatte diesen einen Tag mit keinem weiteren Wort erwähnt.
    Leider war Catu nicht wieder zurückgekehrt und hatte auch keine Nachricht über seinen Verbleib hinterlassen. Die junge Frau hatte lange gegrübelt, was sie tun sollte.Letztendlich hatte sie einen Entschluss getroffen. Auch Serapios Standpauke hatte sie nicht unbeeindruckt gelassen. Sie war es sogar, die ihren Entschluss beeinflusst hatte.
    Sie war immer noch im Besitz des schönen roten Umhangs des Centurios. Zwischenzeitlich hatte sie ihn gewaschen und geglättet. Nun lag er ordentlich zusammengefaltet auf dem Tisch.
    "Diarmuid, wir haben einiges zu erledigen. Du kommst doch bestimmt mit mir mit?"
    Der Junge folgte seiner Mutter. Keinewegs wollte er sie alleine gehen lassen. Die Angst, er könne sie wieder verlieren, saß einfach noch zu tief.
    So verließen Mutter und Sohn die Mietskaserne.

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