Ewiger Nachtmahr

  • Leise wehten die Blätter im Dunkeln, wie Spielsteine des Bösen und Guten. Die Bäume knisterten geheimnisvoll. Kein Mensch war mehr unterwegs. Es war still. Man hörte nur die Bewegung der Luft und eben das Rauschen der süßen Blätter. Die Straße glänzte im faden Mondlicht silbrig. Einige seltsame Gestallten flimmerten durch die Nacht und waren auch schon wieder verschwunden.


    Verus irrte verlassen durch die Straßen. Er schien etwas zu suchen. Hatte er sich verirrt? Nein, er ging zielgerichtet auf eine Bank unter einem alten Baum zu. Die Bank war in einen stillen Nebel gehüllt. Einige Blätter fielen zu Boden.


    Verus erreichte die Bank und brach vor dieser zusammen. Er sackte fast leblos auf die Knie. Sein Blick richtete sich zu den Sternen. Sein Trauma, sein Leben und seine Fehler trieben ihn durch die Nacht. Sein Leben verwandelte sich in einen undurchdringlichen Dschungel aus Heuchelei und Einsamkeit. Er war nur noch ein Zerrbild, viel mehr ein Spiegel seiner selbst. Einige Tränen drückten sich aus seinen Augen und rollten sanft über seine Wangen. Was suchte er? Wahrscheinlich den Tod. Kein Römer würde nachts vor die Tür gehen. Nur Selbstmörder und Wahnsinnige taten dies. Doch wollte sich Verus umbringen? Nein, dafür steckte noch zu viel Leben in ihm. Er hoffte viel mehr darauf, dass sein Leben durch einen Fremden beendet werden würde. So hockte er nun da und starrte in den schwarzen seelenlosen Himmel mit den hellen Punkten.


    Er hatte nur noch seine Befehle, seine Pflicht und seinen Stand, sonst nichts. Er war nicht mehr als ein Name und ein Posten. Traurigkeit überflutete ihn. Seine militärische Ausbildung versagte. Mühsam stützte er sich auf und erhob sich grob. Verus wankte zur Bank und ließ sich auf diese fallen. Er wollte hier schlafen, fern ab seines geschützten Hauses, fern ab der Sicherheit, fern ab der Agonie. Auch wenn es unsicher war, verspürte er hier in der warmen Nacht Zuflucht. Die Sterne würden seine Decke sein. So lag er nun da, mit dem Blick zu den Sternen!


    Seine Gedanken kreisten wirr. Schuldgefühle für sein Versagen, seine Pein und seine Traurigkeit vermischten sich zu einem Gefühl der Leblosigkeit. Kam dahinten ein Dieb, der ihn vielleicht endlich töten würde? Nein, der Mann ging vorbei oder war es doch nur ein Schatten? Überall hier waren dunkle Schatten, seiner Vergangenheit, seiner Zukunft und seiner Gegenwart.


    Verus schloss die Augen, um sich der Nacht hinzugeben und deren Unsicherheit. Hier und jetzt lebte er für einen kurzen Moment intensiv aber leblos.

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    Lysandra und Diocles


    Lysandra und Diocles hatten die Nacht mit Dienstleistungen verbracht. Sie waren auf einem Symposion gewesen, einem Gastmahl. Es war von einem Kaufmann für seine Geschäftspartner veranstaltet worden und Diocles hatte zur musikalischen Begleitung des Abends beigetragen. Lysandra statt dessen war zu Beginn des Abends als Tänzerin, im späteren Verlauf als Freudendame zum Einsatz gekommen. Als die meisten Gäste zu betrunken für Lustspiele waren oder vor Müdigkeit heimkehrten, waren auch die beiden Dienstleister ordentlich entlohnt und entlassen worden und waren nun auf dem Heimweg.
    Fröhlich plaudernd gingen sie zügigen Schrittes nach Haus. "Einen ordentlichen Lohn hat dieser Erucius Fundulus uns da gezahlt," staunte Lysandra.
    "Na kein Wunder, so gut wie du ihn verwöhnt hast," erwiderte Diocles nur belustigt und spielte ein paar Klänge auf seiner Lyra. Lysandra lachte auf. "Na, besonders viel ging bei dem am Ende ohnehin nicht mehr. So betrunken wie der war. Außerdem hat er einen kleinen Schw..." Weiter kam sie nicht, denn Diocles war in der Zwischenzeit anderweitig abgelenkt worden und stupste sie leicht an. Er hatte einen Mann entdeckt, der in geringer Entfernung auf einer Bank hing. Der Typ sah nicht mehr besonders fähig aus überhaupt auf den Beinen zu bleiben und so ging Diocles langsam grinsend auf diesen zu.
    "Meinst du er wacht auf, wenn ich ihm den Geldbeutel aus dem...Nachthemd?!...aus dem Nachthemd ziehe?" fragte Diocles vorsichtig. "Ich glaube eher nicht. Wo hat er's denn, sein liebes Geld?" Lysandra beugte sich neugierig über den scheinbar Schlafenden.


    *grmbls* Edit: Signatur entfernt. Die beiden sind Peregrini.
    Edit 2: Verflucht, der Junge heißt doch Diocles, nicht Diomedes. *schreibselt*

  • Verus riss die Augen auf. Seine Dämonen hatten sich in diesen beiden manifestiert. Ein dunkler Schleier zog durch sein Gesicht. "Bei den Göttern," rief er. Hektisch rollte er von der Bank. "Wer seid ihr? Bekämpft mich nicht! Ich bekämpfe euch! Ihr habt keine Macht über mich!"


    Mühsam stand er auf und wankte an den Baum hinter sich. Einige Blätter fielen zu Boden. "Bleibt weg von mir! Ihr Schatten!" Seine Augen waren sehr weit aufgerissen und ihm stand die Panik im Gesicht. Sein Herz raste merwürdig. Seine Lunge füllte und leerte sich abwechselnd.


    "Ich werde die Verantwortung nicht übernehmen", rief er den Schatten entgegen. Langsam wurde ihm klar, dass der Albtraum vorbei war und er es mit echten Menschen zu tun hatte, die ihn wahrscheinlich ausrauben wollten. Er sank erschöpft am Baum zusammen. "Ich hatte meine Befehle", murmelte er.


    Momentan vermischten sich vor ihm Realität mit Traum. Er musste erst wieder zu Sinnen kommen.

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    Lysandra und Diocles


    "Waaah!" Lysandra schreckte zurück, als der Mann die Augen aufriss und von der Bank wirbelte. Diocles trat ebenfalls zurück und hielt sich bereit zu reagieren. Doch die Gestalt schwankte nur konfus plappernd zum Baum herüber und quasselte vor sich hin.
    "Der ist von bösen Geistern besessen!" kreischte die Lupa aufgeregt und wich zurück auf der Suche nach einer Verteidigungsmöglichkeit. Diocles schüttelte nur seufzend den Kopf und erklärte: "Schwachsinn. Der Kerl hat vermutlich nur den Verstand verloren." Er fand auch schneller als seine Begleitung eine Waffe, nämlich einen Ast, den er mit einiger Mühe vom Baum abbrach, dessen Äste ihm bis zum Kopf herunterhingen. Diocles entfernte halbwegs ordentlich Blattwerk und Ästchen und erhielt so einen beinah zwei Finger dicken Stock. "Oi..." machte Lysandra nur und grinste. Diocles schaute sich kurz um, sah niemanden auf der Straße, holte aus und hieb seinem Opfer kräftig auf den Schädel. Der Schlag saß einigermaßen, reichte aber womöglich nicht um Bewusstlosigkeit hervorzurufen. Diocles holte noch einmal aus...


    Edit: S.o. Namen editiert.

  • Verus erwachte nun völlig. Im Grunde hatte er dem Fremden zu danken für diesen erfrischenden Schlag. Er erhob sich und als gestandener Soldat war Verus bereit zum Kampf. Mit seiner starken Hand fing er den Schlag ab. Mit einem kurz Ruck, riss er dem Fremden den Stock aus der Hand. Kurz fasste er sich an den Kopf. "Aua!"


    "Ich darf doch wohl bitten," sagte Verus. "Was sind das für Sitten? Einem träumenden Mann eines über den Schädel ziehen zu wollen."


    Er warf den Stock weit in die schattenhafte Dunkelheit. Der Stock fiel mit einem leichten Klackern zu Boden. Verus fröstelte es etwas. Wie war er hier an diesen düsteren Ort gelangt? Schlafwandelte er wieder? Dies war anzunehmen. Dieses Trauma war wirklich furchtbar.


    Mit einem schnellen Griff packte er sich den Fremden. Seine schwere Faust zerquetschte fast die weiche Schulter des Fremden. "Merke dir eines, Fremder. Die Welt ist kein Paradies für Diebe, Halunken und Gauner."


    Er drückte immer mehr zu. Verus wusste, wie man einem Mann schmerzen zu fügte. Schließlich hatte er als Offizier gelernt, zu foltern. Sein tobender Schattenblick wanderte zu seiner Begleiterin. "Warum gibst du dich mit so einem Subjekt ab?" An Verus Akzent erkannte man, dass er zu höheren Kreisen gehörte und kein Vulgärlatein sprach.

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    Lysandra und Diocles


    Diocles fuhr entsetzt zurück, konnte dem Griff des Schwachsinnigen jedoch nicht entwischen. "Verflucht, lass mich los du arrgh, das tut doch weh!" Er sank in die Knie und heulte vor Schmerzen auf, denn der junge Grieche war ein ziemliches Weichei und hatte nie Disziplin und Härte gelernt.
    Lysandra stattdessen hatte den Mut auf den Kerl loszugehen. Sie überhörte seine selbstgerechte Frage und stürmte nach vorn, mit Fingernägeln bewaffnet. Wie eine Furie kam sie über den Fremden und warf sich auf ihn, beißend, kratzend, kreischend, hauend und tretend.
    "Lass ihn los du elender Halunke!" kreischte sie wie wild und schlang sich wütend fuchtelnd um seinen Arm.

  • Verus war völlig überrumpelt. Er ließ von diesem Gauner ab und wankte zurück. Er war bei Weitem damit beschäftigt, sich diese Furie vom Hals zu halten. Diese Fingernägel taten doch weh.


    Der Arm wurde sonderlich schwer, da nun mehr diese Frau an ihm hing.


    "Lass' ab von mir!" Mit einem kräftigen Schlag auf den Kopf der Frau befreite er sich. Es war zwar nicht die feine Art aber sie erfüllte ihren Zweck.


    "Seid ihr wahnsinnig?" Verus wandte sich zum Gehen. "Ich werde nun gehen. Verfolgt mich nicht und ich werde euch nicht verfolgen. Wir beenden diese stupide Situation," sagte Verus selbstgerecht und fühlte sich immer noch den beiden überlegen, auch wenn sein Schädel brummte und sein Arm einige Schrammen abbekommen hatte. Doch als Soldat konnte man einige Wunden verkraften. Er ging rücktwärts aus der Situation. Der Albtraum war vorbei, gut zwar nicht völlig. Es war Nacht, kalt und zwei Wahnsinnige befanden sich vor ihm aber sonst war alles in bester Ordnung.

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    Lysandra und Diocles


    Ein Glück, Lysandra hatte den Verrückten abwehren können. Diocles taumelte von ihm fort und brachte sich in sichere Entfernung zu seinem einstmaligen Opfer. Seine Begleiterin wollte stattdessen noch weiter auf ihn einprügeln. "Der Wahnsinnige bist doch du! Komm her, ich reiß dir die Kehle raus du Hund!" Doch Diocles schaffte es, die wütende Frau zurückzuhalten und mit sich mitzuziehen. "Schnell, wir verschwinden hier!" Aufgewühlt und erschrocken hetzten die beiden Gestalten also von dannen. Den Fremden ließen sie mitten auf dem Platz stehen und verschwanden so in der Dunkelheit der Nacht über Umwege in den Gassen des Aventin, auf dem Rückweg zu ihrer heruntergekommenen Insula.

  • Verus wandte sich um, um eilig davon zu rennen. Diese Geschichte war nun für ihn abgeschlossen. Seine Gedanken kreisten panisch, um die momentane Flucht in die Casa und die Wiederfindung seiner selbst. Er war vor einigen Momenten seinen Dämonen begegnet, in Manifestation dieser beiden Gestalten. Sie legten ihm offen, was mit ihm geschehen war. Diese Nacht war eine Befreiung für ihn.


    Hektisch regten sich seine Beine durch die Nacht Richtung Zuhause. Es war überstanden.

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