cubiculum | Flavia Celerina

  • Philemon, so hieß der Junge, der den vollbepackten Sklaven in den bunten Gewändern und dem komischen Kopftuch auf dem kopf, in die neuen Räume der der frischgebackenen Gemahlin des Hausherrn führte.
    "So, hier kannst du den Kram abladen", sagte er schließlich mit seiner piepsigen Stimme und verschwand gleich wieder. Er brannte darauf, Leones Geschichte zu Ende zu hören.


    Der Raum war noch nicht eingerichtet. Die verpackten Besitztümer der neuen domina standen noch gänzlich unberührt in der Ecke herum und warteten nur darauf, bis man sie endlich befreite und sie an den Ort ihrer Bestimmung stellten.
    Der Raum hatte zweifelsohne eine besondere Ausstrahlung. Wenn er erst einmal eingerichtet war, so war der das perfekte Domizil für eine patrizische Dame.
    Die Wände waren in einem warmen Rotton gehalten und mit einigen Ornamenten verziert. Den Boden schmückte ein Mosaik mit einer Szene der griechischen Mythologie.

  • Phraates war dem Kleinen von der Porta her bis zum Zimmer seiner Herrin hier bei den Aureliern gefolgt. Er prägte sich, so gut wie es ging, alles ein, woran er vorbeiging. Statuen, Sträucher in Töpfen, Reliefs an den Wänden, Flure, Türen, Abbiegungen, alles. Schlussendlich standen die beiden im Zimmer der Flavierin. „Uff.“, machte Phraates, als er seinen Krempel geräuschvoll ablud. Dem großen Ahura Mazda sei Dank verstreute sich nicht sein ganzer Seich im Raum der Patrizierin, sondern blieb gerade stehen – das hätte zu seinem Glück noch gefehlt, dass er beginnen musste, herumzuklauben und zu sortieren. „Danke!“, rief Phraates noch dem Knaben hinterher und blickte sich dann um. Noch gar nichts war eingerichtet. Nun gut, er würde nicht der sein, der dies tun würde.
    Er blickte sich schnell um – niemand war da – dann verließ er das Cubiculum klammheimlich, um sich unter die Sklavenschaft der Aurelier zu mischen.

  • Charis hörte es rumpeln und krachen. Das mussten die Möbel der Herrin sein, dachte sie sich. Schnell eilte sie zum cubiculum der Flavia, das eher noch einer Baustelle glich. Derjenige, der die Sachen hereingebracht hatte, wollte sich auch gleich wieder aus dem Staub machen. Charis sah nur noch, wie er um die Ecke verschwand. Aber geistesgegenwärtig, wie sie nun mal war, rief sie ihn sofort zurück.
    "He, du! Bleib sofort stehen! Meinst du etwa, damit ist alles getan? Lädst das Zeug hier ab und verduftest gleich wieder??? So geht´s aber nicht!!! Komm sofort zurück! Aber dalli!!! Sonst lernst du mich kennen, mein Freund!"
    Hätte Charis nur geahnt, daß es Phraates war, den sie in diesem Ton zurück pfiff…

  • Ahhh, Verschwindibus. Es gab kein besseres gefühl, als sich erfolgreich zu drücken und dann in Ruhe... verdammte Kacke! Wer war das, die mit der Stimme? Er fuhr krampfhaft herum, im selben Moment, als er Chais‘ Stimme erkannte. Er trat ein paar Schritte auf sie zu, vorwurfsvoll sie anschauen. „Was habe ich falsch gemachen... gemacht?“, fragte er sie. „Charis! Wieso redest mit mir du so?“ Er war eher traurig als erbost, war doch Anfälligkeit für Wut eine Eigenschaft, die der junge Parther nur in Extremfällen besaß.
    Er trat zu ihr hin und legte seine rechte Hand auf ihre linke Schulter. „Sag mir, sollen wir nicht einmal eines Pause machen? Hier ist sonst niemand.“, meinte er in einem etwas versöhnlicheren Tonfall. Sein Latein hatte sich wirklich verbessert in seiner Zeit hier. Er war ja auch schon lange bei den Flaviern gewesen, und war gewillt, bei den Aureliern weiter sein Latein zu verbessern. Er schmunzelte Charis wieder an, er konnte ihr nicht böse sein.


    Sim-Off:

    Ich habe mir selber nun Farbe verliehen. Ist besser so, glaube ich. ;)

  • Charis forscher Einwand hatte Früchte getragen. Der Tunichtgut, der sich ihrer Ansicht nach vor der Arbeit drücken und sich einen schönen Tag machen wollte, war stehen geblieben und trat soeben hinter der Ecke hervor.
    Diese jammervolle Stimme, dieser herzergreifende Hundeblick, das wallende parthische Gewand, der komisch anmutende Turban und auch die Person, die darin stak, all das lies Charis in Erstaunen versetzen. Ihre Kinnlade klappte nach unten und blieb dort auch noch eine ganze Weile. Diese Begegnung hatte ihr total die Sprache verschlagen.
    "Phraates??? Du!!!???", kam endlich aus ihrem Mund. "Äh, ich hatte ja keine Ahnung! Ich dachte…" Charis spürte Phraates Hand auf ihrer Schulter und hätte sie sich nicht gut im Griff gehabt, dann wäre sie wahrscheinlich spätestens jetzt dahin geschmolzen.
    "Aber…" versuchte sie dagegenzuhalten. "Aber die Herrin… Sie wird wütend sein… wenn ihr Zimmer…. so schnell fertig wird…" Erst jetzt schmolz Charis dahin, nachdem sie in die unendlich tiefen Augen des Parthers blickte, in denen sie regelmäßig eintauchen und versinken konnte. Sie trat noch ein, zwei Schritte näher an Phraates heran, so daß es für ihn ein leichtes war, sie mit seinen Armen einzufangen und zu umschließen.

  • „Ja, ich.“, antwortete der junge Parther mit samtiger Stimme und blickte sie warm an. Seine Augen begannen leicht zu glühen, als sie auf ihn zukam... wie zwei Glühkäferchen, die am lauen Abend am Strand von Ostia gegenseitig um ihre Gunst warben.
    „Wir sind ganz allein...“, flüsterte er, breitete seine Arme aus und legte jene um sie. Sein Mund suchte den ihren und verpasste ihr einen Kuss, weder zu kurz noch zu lange. Er lächelte, als er von ihr abließ. „Das Licht in deine Augen, Charis... es ist wie die heilige Feuer von Adur Farnbag.“ Gern erinnerte er sich an damals zurück, als er mit seinem Vater den sakrosankten Tempel des Feuers besuchte. „Wie der Abendstern. Und deine Haare... wie...“ Pferdeäpfel? Nein, das wäre wohl nicht so angebracht. „Blätte im Herbst.“, fiel ihm noch etwas ein.
    Seine Hände glitten auf ihrem Rücken ein wenig herunter, zu der Gürtung ihres Kleides. Wie machte man das blöde Ding bloß auf? (Eine Frage von eminenter Wichtigkeit für Männer durch die Jahrtausende hinweg.) Gleichzeitig schlielte er unauffällig zu einer Matraze, die im noch nicht eingerichteten Cubiculum am Boden lag, hin. Hm, die könnte man doch mal ausprobieren.

  • Charis hatte nur noch Augen für Phraates. Ihr stetiges Verantwortungsgefühl, welchres sie bisher eigentlich noch nie im Stich gelassen hatte, war irgendwo auf der Strecke geblieben. Das mußte wirklich Liebe sein. Und die Liebe ließ sie vollkommen sorglos werden, denn unter normalen Umständen hätte sie es nie zugelassen, daß nicht zuerst die Arbeit getan wurde oder daß sie hier im noch jungfräulichen cubiculum ihrer Herrin mit dem Sklaven ihrer Herren so nah auf Tuchfühlung ging.
    "Ja, das sind wir," raunte sie in sein Ohr zurück. Ob sie das tatsächlich waren, sollte sich noch zeigen. Im Augenblick jedenfalls war es wie in jener Nacht im Hof der villa Flavia. Phraates und Charis standen engumschlungen und lebten den Augenblick der Zweisamkeit.
    Oh, wie lieblich klangen seine Worte. So hatte noch niemand mit ihr gesprochen. Das tat nur Phraates. Charis fühlte sich als etwas ganz besonderes. Sie spürte seine Hände langsam über ihren Rücken gleiten, bis sie ihren Gürtel erreicht hatten. Etwas unbeholfen begannen sie daran herumzuzerren. "Der Gürtel wird vorne geöffnet." flüsterte sie ihm leise zu und grinste dabei. Männer! Sie lernten es nie. Noch Jahrhunderte, nein Jahrtausende später würden sie sich noch mit dem gleichen Problem konfrontiert sehen.
    Gleichzeitig begannen ihre Finger sich ihren Weg unter das Gewand ihres Liebsten zu wandern. Es schien, als sei dabei das weibliches Geschick weitaus erfolgreicher.

  • Auch Phraates fühlte sich auf angenehme Art und Weise an die Nacht im Hof erinnert. Hoffentlich würde auch dieses mal nicht wieder alles schief gehen! Konnte er glatt noch haben. Er hatte schon seit ein paar Tagen kein unglückliches Ereignis mehr gehabt.
    Er nickte nur sanft und entgegnete Charis‘ Blick. Das war es. Das war es. Trotz Sklavenschaft Freude. Trotz Unterdrückung Liebe. Trotz der Ferne der Heimat ein Stück Heimatlichkeit. Phraates wurde innerlich warm, sehr warm. Heiß direktgehend, als er fühlte, wie sich die Hand der Charis durch sein Gewand bahnte, die parthische Tracht aufband. Er selber schob sich sein Gewand mit der Linken von der Schulter und stand nun da in Hemd und Hosen, während er sich daran machte, mit der Rechten den Gürtel -vorne - irgendwie aufzukriegen.
    Mit einer Hand schaffte er es nicht, und mit der zweiten, als jene frei war, schien es auch nicht recht zu funktionieren. Er begann verzweifelt herumzuzerren. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißtropfen, als er seine ganze Kraft, Konzentration und Kreativität dazu benötigte, herauszufinden, wie man das blöde Ding bloß aufbekam. Um von der peinlichen Situation abzulenken, ließ er vom Gürtel ab, umarmte die schöne Makedonierin abermals und küsste sie wieder.
    Seine Hände rutschten dann, wie zufällig, wieder nach unten, wo sie den Gürtel fanden. Er begann wieder herumzuhantieren. Selbst wenn Charis ihm versuchen würde zu helfen, das würde er sich nicht bieten lassen! Es war nun Ehrensache, das verdammte Ding irgendwie aufzuhebeln! Ein echter Mann ließ sich da nicht dreinreden. Er presste seine Zähne zusammen, versuchend, irgendwie die Contenance zu bewahren und nicht schreiend aufzujammern. Doch die Mühe zahlte sich dieses Mal aus. Der (vielleicht ein wenig malträtierte) Gürtel fiel nach unten mit ein wenig von der Gürtelschnalle verursachtem Geklirre, und stolz blickte Phraates seine neu gefundene Liebe an. Elender Patentverschluss! In die Unterwelt des Ahriman, von wo du sicherlich herstammst, dorthin sollst du nun zurückweichen!, dachte er sich und widerstand der dringenden Versuchung, dem idiotischen Teil einen Stoß mit dem rechten Fuß zu versetzen. Ein wenig Erwartung lag in seinem Blick, den er Charis gab.
    Zieh dir das Kleid aus... aber schön langsam... :P

  • Männer und Technik, dachte Charis scherzhaft und seufzte unmerklich. Oder sollte es doch besser heißen: Phraates und Technik? Die Makedonierin ließ sich nichts anmerken, als er fortwährend an dem Gürtel herumhantierte und das gute Stück partout nicht aufgehen wollte. Doch Beharrlichkeit wurde auch diesmal belohnt. Mit einem Klirren fiel der Gürtel zu Boden und Charis´Kleid hang nun an ihrem Körper herunter. Jetzt wäre es sehr einfach gewesen, auch noch den Rest ihrer Kleidung zu beseitigen, denn das besagte Herzstück, der Gürtel, der die schwierigste Herausforderung dargestellt hatte, war nun weg.
    Wie sich langsam herauskristallisieren sollte, hatten die beiden Sklaven eine unterschiedliche Auffassung davon, wie es denn nun weitergehen sollte. Während Phraates wohl darauf wartete, daß sie nun den Rest erledigte, wartete Charis darauf, daß er die nun tun wollte. Lediglich den Hosen und dem Hemd des Parthers galt nun ihr Interesse. Charis hatte mit Hosen wenig bis gar keine Erfahrung gehabt, da die Herrn, die sie in ihrem Leben schon entkleidet hatte, alle Wert auf Tuniken und Togen gelegt hatten und derartige Beinkleider eher als barbarisch angesehen hatten. Doch sie war offen für Neues und so wagte sie sich daran, die Hose des Parthers zu öffnen, was sich, unglücklicherweise als gar nicht so einfach entpuppte. Lange versuchte sie es mit Geduld. Doch dann verlor sie den Faden derselben und begann daran herum zu zerren. Erst vorsichtig, damit sie nichts kaputt machte, doch dann wurde ihr Zerren immer energischer, bis schließlich ein Geräusch zu hören war. Das von zerreißendem Stoff. Ein kleiner derber Fluch lag auf ihrer Zunge, der allerdings unausgesprochen blieb. Selbstverständlich war ihr dies peinlich gewesen, doch schnell wurde es ihr gleichgültig, denn nun, da der Stoff der Hose an einer Stelle gerissen war, ließ sich diese wunderbar einfach entkleiden, was den beiden Sklaven das angestrebte Ziel um ein Vielfaches näher brachte.

  • Phraates war durchaus nicht so technisch unbegabt, aber dies bezog sich, wie bei so vielen Männern, nicht auf Frauenkleidung. Es war ein geradezu triumphaler Erfolg gewesen, den Gürtel aufzubringen, doch Phraates war ein wenig erstaunt, dass sie das Kleid nicht auszog. Sollte nicht sie das tun? Oder war er so hoffnungslos bei Frauen? Vermutlich traf jenes zu.
    Während er vielleicht einen Moment etwas ratlos aussah, machte sich Charis daran, seine Hose auszuziehen. Zumindest versuchte sie es. Von Erfolg gekrönt war dieses Unterfangen zunächst nicht, offenbar war Charis Männer in Hosen nicht gewohnt. Phraates hingegen würde lieber ohne irgendetwas unterm Gewand herumrennen, als so ein fürchterliches Kleidungsstück zu tragen. Ein Mädchenröckchen, das zeigte doch, wie schlimm es um die Römer bestellt war. Er war schon irgendwie froh, dass Celerina, so wenig er sie ob der Verachtung, mit der sie ihn strafte, schätzte, ihm dies nicht aufzwang.
    Die Hose von einer Dame aufgemacht zu bekommen hatte doch immer etwas Gutes an sich, dachte er gerade, als er ein Ratsch hörte. Er blickte nach unten. Charis hatte es tatsächlich, irgendwie, geschafft, seine Hose hin zu machen. Komisch, dass ihm immer Kleidungsstücke verlustigt gingen. Er hatte sich schon dran gewöhnt, und zusätzlich war ihm durch die Erregung eigentlich so ziemlich alles nun wurscht.
    Nun, mit entblössten Unterkörper, machte er sich daran, Charis‘ Kleid auszuziehen. Nun, dies stellte eine besondere Herausforderung dar. Ganz sanft hob er ihre Arme an, packte den Stoff irgendwo und hob ihn hoch. Er verbuddelte natürlich jegliche Gebügeltheit, welche dem Kleid vorher zu eigen gewesen sein könnte, aber es war nun mal halt so.
    Bis über die Brüste verlief alles glatt, doch war es ziemlich schwer, den Ausschnitt über ihren Kopf zu bringen. Er verwendete die Denkpause dazu, mit seinem rechten Bein aus seiner ruinierten Hose heraus zu steigen.
    „Ähm... hochheben?“, fragte er in Bezug auf ihre Arme in Ermangelung eines sichtbaren Gesichtes den Stoff, der sich vor demselben akkumuliert hatte. Sie musste die Arme höher heben, dann würde er es sicherlich schaffen!

  • Nein, er war ihr nicht böse deswegen. Selbstredend würde sie später wieder dafür Sorge tragen und das kleine Malheur ungeschehen machen. Denn Charis war durchaus handarbeitlich begabt, zu wissen, wie man mit Nadel und Faden umging. Doch vorerst lenkte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Liebsten, der endlich zu verstehen begann, was sie mit dem öffnen, oder besser gesagt, dem zerstören seiner Hose beabsichtigt hatte. Er machte sich daran, ihre Tunika überzustreifen. Mit einem verliebten Lächeln auf den Lippen beobachtete sie jeden seiner Handgriffe und ließ alles mit sich geschehen, was er zu tun beabsichtigte. Je länger er sich dabei Zeit ließ umso prickelnder empfand sie ihr Beisammensein. Ihr Verlangen wurde mit jedem Herzschlag größer.
    Nun hatte er es schon fast geschafft. Ihre Tunika stellte sich dabei als besondere Herausforderung dar. Charis fragte sich, wie es wohl mit den Frauen in Parthien bestellt war. Trugen diese vielleicht „einfacher“ zu öffnende Kleider oder war es einfach Phraates Aufregung, die ihm auch diesmal wieder einen Streich spielen wollte. Mittlerweiler war ihr die Sicht über das Geschehen versperrt, denn er hatte einige Arbeit damit, die Tunika über ihren Kopf zu ziehen. Vielmehr war es ihre Nase, die im Weg war, doch das konnte der Parther unmöglich wissen.
    Plötzlich hielt er inne. In Ermangelung der Sicht, konnte sich Charis dies nicht erklären, noch weniger hätte sie ahnen können, was gedankentechnisch in ihm vorging um das Problem zu beheben. Als seine Anweisung kam, begann sie erst einmal zu stutzen. Oder war es vielmehr eine Bitte? Hochheben? Ihn? Sie war eine Frau, zwar mit einiger Muskelkraft ausgestattet, die allerdings wohl kaum ausreichend war, um ihn hochzuheben, mal ganz davon abgesehen, daß ihre Arme gar nicht frei waren.
    "Ähm, das geht nicht!", gestand sie ihm. Eine bedrückende Pause entstand.
    "Meine Arme! Und … du bist zu schwer!", fügte sie schließlich an, um sich zu erklären. Sie sann kurz nach, wie sie sich beide aus dieser Misere befreien konnten und wurde schließlich selbst aktiv.
    "Moment, ich habe es gleich!" Sie führte ihre Hände, so gut es ging, zum Stoff der Tunika und zog daran. Es war diffiziler, als sie geglaubt hatte, denn Phraates hatte bereits gute Vorarbeit geleistet und den Stoff ziemlich weit nach oben befördert. Es bedurfte einer großen Kraftanstrengung, sich aus dieser Lage wieder zu befreien. Doch schließlich gelang es ihr, die Tunika gänzlich über den Kopf zu ziehen. Das Kleidungsstück landete sehr unorthodox auf dem Boden, wo es vorerst liegen blieb und nicht weiter beachtet wurde. Nun begegnete sie ihrem Liebsten mit einem triumphalen Lächeln, den nun waren, so durfte man doch hoffen, alle lästigen Hürden beseitigt.

  • So bestrebt er, bei aller Vorsicht, war, das Kleid über ihr Gesicht zu bringen, so misslang dies und dazu missverstand ihn Charis noch komplett. „Nicht ich!“, korrigierte sich Phraates, von Sekunde zu Sekunde aufgeregter werdend. „Deine Arme!“ Aber Charis hatte sich des Problemes schon angenommen. Der arme Phraates hatte ihr Gewand schon ziemlich verwurschtelt, und zwar so geradezu genial, dass es Charis ein paar Sekunden abnötigte, den Fetzen über ihr Gesicht zu ziehen. Er war, sollte man anmerken, nicht allzu verschieden von der weiblichen Tracht der Parther – im Gegenteil war jene noch um einiges schwieriger aufzubekommen, wenn auch die Funktionsweise der Grürtel logischer war. Phraates war einfach durch seine Erregung komplett von seinem Hirn mittlerweile abgeschnitten. Seine grauen Zellen waren auf Betriebsurlaub geschickt worden.
    Doch nun war es endlich soweit. Wohlverdientermaßen. Die Tunika segelte zu Boden. Fiel, besser gesagt. Die Falten würden sicherlich ganz schlimm sein. Gut, dass er nicht bügeln musste, dachte Phraates sich frohen Mutes, und band sein Hemd, nach der parthischen Art und Weise getragen, mit einer raschen Handbewegung auf, bevor Charis ihm auch noch dieses zerstören konnte. Das Hemd wurde in einer raschen Handbewegung nach hinten geworfen und somit aus der Gefahrenzone gebracht.
    Der entblösste Phraates taxierte nun die splitternackte Charis vor ihm, schnell, mit einem Augenblick. Und was er sah, gefiel ihm. Es gefiel ihm sehr.
    Er trat einen Schritt nach vorne und umarmte Charis liebevoll, aber doch stark. Er wollte sie nie wieder loslassen. Ganz sanft drückte er sie nach hinten, zur Wand hin. Er war mittlerweile schon so ungeduldig, dass er der Matratze gar keine Beachtung mehr schenkte.
    Wo er dann, stehend, in sie eindrang.


    Und nun soll ein für alle Mal dir diese kurze Richtschnur gegeben sein:
    Liebe, egal, was immer du tust.
    Wenn du friedvoll lebst, erhalte diesen Frieden durch Liebe.
    Wenn du schreist, schreie durch Liebe.
    Wenn du etwas richtig stellst, stelle es durch Liebe richtig.
    Wenn du verschonst, verschone durch Liebe.
    Lass die Wurzel der Liebe in dir drinnen sein.
    Denn aus dieser Wurzel kann nichts außer das Gute entspringen.


    Augustinus von Hippo
    In epistulam Ioannis ad Parthos


    Phraates war glücklich, richtig wunschlos glücklich. Endlich, seit der langen Zeit in Sklavenschaft, wieder.

  • Nicht nur Phraates, auch Charis war glücklich. Um es zu präzisieren, sie war über beide Ohren verliebt und alle ihre Sinne waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Ein derartiges Erlebnis war ihr in ihrem bisherigen Leben versagt geblieben. Erst jetzt, hatte sie erkannt, was Liebe tatsächlich bedeutete. Ja, sie liebte und nichts und niemand hätte sie in diesem Moment der Vollkommenheit davon abbringen können.
    Dicht an dicht waren ihre beiden Körper gedrängt. Zu eins verschmolzen, auf daß sie niemals mehr getrennt würden. Die Schwierigkeiten die es mit beider Kleidung gegeben hatte, war längst zur Nichtigkeit erklärt worden. Alles was nun noch zählte, war ihre Einigkeit. Niemand konnte sie nun noch trennen und hätte man sie auch räumlich getrennt, so wären sie doch stets durch das Band der Liebe verbunden gewesen.
    "Geh nicht weg, Liebster! Bleibe bei mir, so wie ich bei dir bleiben mag!" flüsterte sie ihm sanft ins Ohr und küsste ihn.

  • Durch Phraates‘ Gedanken zogen die Schlieren, welche in einer Explosion kumulierten – einem Erlebnis, das ihm ein erregtes Jauchzen entlockte. Genau so war es, wie er es sich vorgestellt hatte. Niemals hätte ihm das sonst jemand bieten können. Er und Charis, sie waren füreinander bestimmt. Es gab keinerlei Zweifel daran. Wie hatte noch einmal seine Verlobte in Parthien geheißen? Er hatte ihren Namen vergessen.
    Er lächelte sie an, als die Klarheit des Denkens wieder zu ihm zurückkam. „Nein.“, erwiderte er auf ihre verzweifelt klingende Bitte. „Ich bleibe bei dich.“ Wenn es früher Zweifel gegeben hatte, dann waren diese nun beseitigt. Er würde bei Charis bleiben – käme, was wolle. Ja, er war bereit, ihr seine Freiheit zu opfern. Er würde sich nach ihr richten.
    Früher hatte er nie die Leute verstanden, die für ihre Emotionen ihre Zukunft auf den Mülleimer warfen. Am Hof des parthischen Großkönigs, in den hohen Rängen des Militärs, in den Provinzverwaltungen, gab es immer wieder Leute, die ihre Karriere für die Freuden des Lebens opferten. Balladen wurden über sie beschrieben. Und erst jetzt bemerkte Phraates, was sie antrieb. Und er verstand es.
    „Ich werde dir nie verlassen.“, beteuerte er abermals. „Niemals. Weil ich dich liebe."

  • Kurz nachdem der Brief, der ein flavischer Sklave gebracht hatte, entgegengenommen worden war, war er bereits an Charis, die Leibsklavin der Flavia Celerina weitergeleitet worden. Diese wiederum, brachte ihn ohne zu zögern ihrer Herrin.
    Wie des Öfteren in letzter Zeit, hatte sich die Flavia in den Nachmittagsstunden in ihr cubiculum zurückgezogen. Dort hatte sie sich zur Ruhe gebettet. Doch sie schlief nicht. Deshalb konnte die Makedonierin auch gefahrlos den Raum betreten, ohne dafür wüste Beschimpfungen oder gar Strafandrohungen auf nehmen zu müssen.
    "Herrin, Ein Brief für dich! Er ist von einem deiner Verwandten, Herrin. Flavius Piso."
    Charis übergab den Brief der Flavia, deren Augenbrauen bei der Erwähnung dieses Namens etwas in die Höhe gegangen waren.

  • Es war wohl kein Geheimnis, was ich von Piso hielt, auch wenn er einer meiner Verwandten war. Vielleicht aber auch gerade deshalb. Dennoch wußte ich aber um seine Bemühungen, Priscas Herz und Hand zu gewinnen und mir war auch nicht Marcus Standpunkt zu diesem Thema entgangen. Im Grunde hatte ich schon geahnt, was in diesem Brief stand, noch bevor ich ihn schließlich öffnete.
    Der Inhalt jedoch überstieg meine Erwartungen. Das roch sehr stark nach einem Komplott. Einem Komplott gegen Marcus. Seltsam, Aulus Flavius Piso wurde mir mit einem mal richtig sympathisch. Langsam bogen sich meine Mundwinkel nach oben.
    "Charis, wir haben einen Brief zu schreiben!" Die Sklavin holte mein Schreibzeug und einen Papyrusbogen herbei. Sofort ließ ich mich an meinem Schreibtisch nieder und schrieb rasch einige Zeilen an meinen Onkel, der in der Tat jünger als ich selbst war.
    Als der Brief geschrieben war, gab ich ihn Charis. Sie würde ihn zu seinen Bestimmungsort bringen.

  • Was, wenn wir plötzlich aus unserem Traum erwachen und feststellen müssen, daß nichts so ist, wie wir es uns vorgestellt hatten? Was, wenn wir glauben, es gäbe kein Fortkommen mehr? Wenn wir uns gefangen fühlen im Hier und Jetzt, wie die Mücke, die vom Bernstein eingeschlossen wurde. Wenn die Zeit zäh wird und schwer ist, wie Blei. Wenn wir wie Kinder sind, die das "Morgen" noch nicht kennen. Wie wirken dann Worte, wie das Leben geht weiter? Wir fragen uns, wie sollte es, wenn doch alles um uns herum in Schutt und Asche liegt. Wie sollte es, also?


    Nur der Schein einer kleinen Lampe versuchte sein Bestes zu geben, um das Zimmer zu erhellen. Daß er damit letztlich scheitern würde, war vorauszusehen. Dennoch, alles was sich nahe heran an die Flamme wagte, erntete das meiste Licht. Gleichzeitig stieg die Gefahr, sich zu verbrennen. Oft schon waren die, die sich zu nahe an die Flamme heran gewagt hatten, dieser erbarmungslos zum Opfer gefallen. Dies war eben die Natur der Dinge.
    Ein gebranntes Kind jedoch, hatte die Möglichkeit, aus dieser Erfahrung zu lernen. Die Chancen standen gering, daß es noch einmal das Feuer suchen würde. Oder würde sein Forscherdrang es erst recht nun dazu anspornen, sich der Gefahr zu stellen?


    Die ganze Zeit über hatte ich in meinen Handspiegel geblickt. Im Schein der Lampe erschien mein Gesicht finster. Dunkle Schatten zeichneten sich darauf ab. Bei genauerem Hinsehen, mochte man erste Fältchen entdecken. Wenig schmeichelhaft für eine Frau! Auch die Ausrede, dies seien doch nur Lachfalten, war nicht haltbar. Dies waren keine Lachfalten!
    Mit ein wenig Bleiweiß, ein wenig Rouge hätte man sie verbergen können, so wie man so vieles unter seiner Maske verbarg. Doch wer konnte schon den Mut aufbringen, sich von dieser Maske zu befreien, die im Laufe des Lebens so vertraut geworden war, weil sie einen Zufluchtsort bot, einen Platz an dem man sich vor dem Leben verstecken konnte? Wer hatte schon den Mut zur Ehrlichkeit? Ehrlichkeit, nun sie beruhte auf dem Ehrgefühl, sich der Wahrheit verpflichtet zu fühlen. Doch wer bestimmte, was wahr oder falsch war?
    So sehr ich mich auch danach sehnte, es fühlte sich so unendlich schwer an, sich diese Maske einfach vom Gesicht zu reißen. Sie hatte dort schon zu lange gesessen, so daß sie bereits schon verwachsen war.

  • Nur in sehr seltenen Momenten hatte ich es gewagt, die Maske für eine Weile wenigstens von meinem Gesicht zu nehmen. Dann war ich es, die für kurze Zeit zum Vorschein kam. Meinem Geliebten war es vergönnt gewesen, mich so kennenzulernen. So und nur so hatte ich seine Liebe gewinnen können. Die Wahrheit war es, die dies möglich gemacht hatte. Und nun?
    Nun war er so unglaublich weit weg, fern von mir, damit ich ihn in Sicherheit wiegen konnte. Doch war er das auch? Die Ungewißheit drängte mich langsam in den Wahnsinn.


    Ich hatte ihm gesagt, nein, ich hatte ihn gebeten, sich von Rom fern zu halten. In den Abaner Bergen sollte er Schutz finden. Dieser Ort, der seit je her den geflohenen Sklaven Schutz bot. Dort sollte er ausharren, auf mich warten, hoffen, daß ich irgendwann ihm und nur noch ihm gehören konnte.
    Im Grunde wußte er genauso gut wie ich, daß es diesen Tag wohl niemals geben konnte, doch er hatte es mir versprochen, mir zuliebe war er dorthin gegangen und fristete jetzt dort sein Dasein als scheinbar entflohener Sklave.


    Oh, wie sehr ich ihn doch vermisste! Jeder Atemzug ohne ihn war eine Tortur! Wie sehr ich mich nach seinen Umarmungen sehnte! Seine zärtlichen Hände auf meiner Haut - ich mußte zu ihm - unbedingt!


    Die bevorstehenden Nemoralia konnten dafür der ideale Vorwand sein, endlich auszubrechen, wenigstens für eine kurze Zeit! Als einfach gewandete Frau aus dem Volk würde ich kaum auffallen unter den vielen, die zum Tempel der Diana wanderten. Meinen Sklaven würde ich den freien Tag gönnen, während ich, nachdem ich zu Diana gepilgert war, endlich meinen cervus erwarten würde. Hernach würde ich wieder zurückfinden in mein tristes Dasein.


    Von nun an drehten sich meine Gedanken nur noch um die Umsetzung meines Plans. Mein Orheus, ich komme zu dir und du wirst mich finden.

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