Tablinium | MTD et Flavius Piso

  • Der Ianitor führte den Flavier direkt ins Tablinium des Hauses, wobei er ziemlich verträumt wirkte und sich auffällig oft umsah - dass der Grund hierfür eine Sklavin war, der er zu begegnen hoffte, konnte Piso ja nicht wissen!


    Als sie ankamen, schob er den Vorhang beiseite und machte den Blick frei für Tiberius Durus, der an seinem Schreibtisch saß, flankiert von Claudius Lepidus, seinem neuen Schatten, sowie Lukios, seinem Sekretär.


    "Flavius, du möchtest ein Arvalbruder werden? Der gute Stesichoros hat mir bereits eine Nachricht hinterlassen. Aber gut, dass du noch einmal persönlich vorbeikommst. Sage mir: Warum möchtest du dieses Amt bekleiden?"


    stieg der Tiberier sofort ins Thema ein.

  • Der Sklave war schon merkwürdig. Das unvergleichliche Charisma, der überwältigende Charme, und das blendende Aussehen des Piso mussten den Sklaven wohl in einen Glückstaumel versetzt haben, dachte sich der junge Flavier schmunzelnd. Jaja, so spielt es halt im Leben. Es ist hart, unwiderstehlich zu sein.
    Er folgte dem Sklaven bereitwillig durch die Gänge, bis sie an einem Vorhang ankamen. Jener wurde beiseite gerissen, und dahinter offenbarte sich der Anblick von drei Herren. Auf der einen Seite saß ein Männchen, das auch nicht Griechischer hätte wirken können, wenn es „Grieche“ mit Neonlichtern auf der Stirn draufgehabt hätte. Auf der anderen Seite saß ein Glatzkopf, den Piso nicht einordnen konnte. Was bewegte wohl einen jungen Menschen, sich die Haare so abzusäbeln, statt sie wachsen zu lassen, damit sie so schön aussahen wie die von... sagen wir, Piso?
    Und in der Mitte saß der, der offenkundig die Autorität hatte. Er stellte sich nicht vor, als er Piso ansprach. Wozu auch? Es war klar, dass jener Mann hier Tiberius Durus war.
    Piso stand also vor dem Tribunat der Männer, war ihm ja kein Stuhl zugewiesen worden. Ein kurzes unkomfortables Gefühl kroch ihm durch die Wirbelsäule, doch jenes schüttelte er ab.
    Stattdessen setzte er ein gewinnendes Lächeln (oder zumindest etwas, das es für ein solches hielt) auf. „Salvete, die Herren!“, meinte er. Er nickte allen dreien freundlich zu. „Dass du Fragen hättest, habe ich erwartet, darum bin ich ja gekommen.“ Und außerdem, weil ich deinen Sklaven nicht weiter traue, als ich ihn werfen könnte, fügte er in Gedanken an. „Zudem, um dich kennen zu lernen, Tiberius Durus. Ich habe viel Gutes von dir gehört, und zwar von meinem Verwandten Lucius Flavius Furianus.“ Namedropping kam immer gut. So ließ er die Wirkung des Namens erst einmal einsacken, bevor er fortfuhr. „Eben dieser war es, der mir den freundschaftlichen Ratschlag gegeben hatte, zu dir zu kommen, und bei den Arvalbrüdern um Aufnahme zu ersuchen. Zu Recht! Ich muss gestehen, ich habe mich in der Vergangenheit nicht viel um die Götter gekümmert. Ich habe meine Beziehungen zu ihnen schleifen lassen. Doch dies möchte ich beenden. Ich will ein Mensch werden, der sich vor den Göttern verantworten kann. Wie könnte ich dies besser erreichen als durch unentgeltliche Teilnahme an einem Kult der Götter, vor allem bei den Arvalbrüdern?“ Zudem wusste Piso, der eine politische Laufbahn in Aussicht hatte, nur zu gut, dass die Wählerschaft einen Politiker, der keine religiöse Funktion bekleidete, des Öfteren als halben Skandal betrachtete. Dies wollte er vermeiden.

  • Er hatte die Beziehung zu den Göttern schleifen lassen? Und das gab er auch noch öffentlich zu, während er sich um ein Priesteramt bewarb? Hätte er nicht den Namen Furianus' erwähnt, hätte Durus ihn vermutlich sofort in hohem Bogen herausgeworfen! Doch er war es Furianus schuldig, dessen Familienmitglieder etwas zu unterstützen, wenn er gleiches für seine Familie wünschte. Und außerdem war ja immerhin Wahlkampf!


    Dennoch kam er um eine Mahnung nicht herum. So hob er den Zeigefinger und erklärte


    "Die Arvales Fratres dienen lediglich der Dea Dia, das Verhältnis zu den übrigen Göttern musst du schon selbst pflegen. Und das rate ich dir, denn wer es sich mit den Göttern verscherzt, dem wird auch das übrige Leben nicht gelingen!"


    Nachdem er dies gesagt hatte, wartete er einen Augenblick, um der Mahnung den nötigen Nachdruck zu verleihen. Erst dann sagte er


    "Aber ich werde den Arvales deine Bewerbung vortragen! Du weißt sicher, dass sie selbst darüber entscheiden, wen sie kooptieren und wen nicht. Ich würde dir empfehlen, dir bis dahin ein paar Worte zurecht zu legen. Verdienste eignen sich immer ganz gut!"

  • Immer ehrlich sein, war eine der Maxime, die er noch von seiner Mutter wusste, kurz vor ihrem mysteriösen Verschwinden. Der Schuss war allerdings nach hinten losgegangen, und er schien den Tiberier ehrlich erbost zu haben. Innerlich knickte er zusammen. Seine Selbstbewusstsein sackte zusammen wie eine komplett überhitzte Mehlspeise, und ihm blieb nichts anderes übrig, als schuldbewusst zu nicken. Hätte er doch nur das eine oder andere Opfer dahergeschwindelt! Aber dann hätte ihn eh ein Blitz von oben getroffen, und ihm hätte, als flammende Brühe am Boden, eine Mitgliedschaft bei den Arvalbrüdern auch nichts mehr genutzt.
    „Dies habe ich ja auch eingesehen! Meine Gespräche mit Furianus haben mich zu dieser Einsicht geführt.“, machte er mit einer reuevollen Stimme. „Ich werde mich um eine bessere Bildung in religiösen Sachen bemühen! Ich werde den Göttern opfern! Darunter auch Dea Dia.“, versprach er eindringlich.
    Seine zusammengesackten Schultern renkte er wieder ein, denn allzu lange wollte er nicht als Waschlappen erscheinen. Er verlegte sich also darauf, aufmerksam zuzuhören, was Durus zu sagen hatte.
    „Vielen Dank.“, meinte er schlussendlich. „Gut, ich werde etwas vorbereiten.“ Er nickte, seine Augen waren voller Dank. Wenn die Arvales in ablehnen würden, wäre das sehr blöd für ihn. Piso verbiss sich ein Schaudern, das ihm abermals über den Rücken kriechen wollte.

  • "Das ist gut. Wenn du dies gelobst, dann vertraue ich darauf und werde dich auch unterstützen."


    fügte er an - zwar ernst, aber doch, um die Niedergeschlagenheit, die er bei den Flavier spürte, etwas abzuschwächen. Ansonsten glaubte er aber nicht, dass er noch etwas sagen musste.


    "Hast du noch weitere Anliegen?"

  • Piso nickte eifrig, als ob er in einem Wettbewerb für schnelle Kopfbewegungen wäre. „Ich muss dir danken. Du kannst auf mich zählen.“, versicherte er, konnte aber den Gedanken nicht verdrängen, dass er dies nur machte, um sich die Freundschaft mit Furianus nicht zu vergällen. Was waren doch Verwandte wert hie und da, dachte er sich, während sich seine Magenregion entkrampfte. Ein wenig reuevoll – mühevoll einstudierte Blicke waren immer viel wert - blickte er noch immer daher, als er den Kopf langsam schüttelte. „Das war eigentlich alles...“ - fürs Erste zumindest.
    „Dann will ich dir deine Zeit nicht ungebührlich stehlen. Vale, und danke nochmals.“, meinte er, den Kopf leicht, vage, senkend, bevor er abdampfte. In die Richtung, von der er glaubte, dass er mit diesem Stechiphoros, oder wie der auch immer hieß, gekommen war.

  • Gerade als Piso das Atrium halb durchquert hatte, huschte eine junge, hübsche Sklavin mit gesenktem Haupt hinter dem Vorhang des Tablinium hervor. Was sie dort gemacht haben mochte. Was auch immer sie dort gemacht haben mochte - Tiberius Durus wirkte äußerst entspannt und zufrieden (obwohl ihm einige Schweißperlen auf der Stirn standen), als der Flavier in den Raum geführt wurde. Lukios, der Sekretär, saß in einer Ecke und schien seinem Herrn verschwörerisch zuzuzwinkern, sicher hatte er jedoch ein seltsames Grinsen auf den Lippen.


    "Salve, Flavius! Wie schön, dass du noch einmal vorbeikommst!"


    begrüßte der Hausherr seinen Gast überschwänglich, griff dann jedoch nach einem Handtuch und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn.

  • Ah, welch ästhetischer Anblick lief da vorbei. Piso konnte es sich nicht verkneifen, diesem Wunderwerk der Natur nachzusehen. Die hätte er auch gerne. Sie schien auf jeden Fall williger als seine durchwegs schräge Sklavenschaft.
    Der weitere Anblick von diesem hübschen Mädchen blieb ihm jedoch verschlossen. Vielmehr offenbarte sich ihm, sobald er das Tablinium betreten hatte, Tiberius Durus. Sein Anblick war nicht ganz so äthetisch wie der des Mädchens, dafür aber ungleich nützlicher.
    Die Begrüßung schien einmal nicht schlecht zu verlaufen. Ganz und gar nicht. Durus schien richtiggehend erfreut, ihn wieder zu sehen.
    „Salve, Consul Electus.“, machte Piso anständig. „Es freut mich sehr, dich zu sehen. Ich gratuliere dir herzlich zu deinem Wahlerfolg!“ Endlich war wieder ein Patrizier Senator, und das war auch gut so. Wer, wenn nicht Durus, konnte den Plebejern Widerstand leisten?
    Aber der Tiberier konnte es sich sicherlich denken, dass Piso nicht wegen der Wahl hier war. „Senator, ich bin hier, um dir zu sagen, dass ich das getan habe, was ich versprochen habe. Ich habe mich gebildet, habe mein Wissen aufgefrischt, was Religion anbelangt. Auch habe ich Opfer dargebracht, keine unbedeutsame Menge von Opfern.“ Nicht auf dem Niveau von Pontifices, aber das musste ja nicht unbedingt sein. „Geopfert habe ich der göttlichen Trias, meinen verehrten Ahnen, und nicht zuletzt Dea Dia. Ein schöner Hain ist es, fürwahr.“ Wenn auch weit weg, dachte sich Piso, seiner schmerzenden Füße eingedenk. „Was ich fragen wollte, war, ob du vielleicht, seit ich hier gewesen war, etwas von den Arvalbrüdern bezüglich meiner Aufnahme gehört hast?“

  • Durus musste noch einmal kurz daran denken, was er getan hatte, ehe Stesichoros hereingeplatzt war (was ihn sehr gestört hatte), dann jedoch hörte er Piso zu. Die Glückwünsche nahm er mit einem wohlwollenden Nicken auf. Dann jedoch kam er ins Grübeln: Natürlich hatte er Quintus nun schon vermehrt geschrieben, doch niemals war eine Antwort gekommen. Und Piso hatte tatsächlich schon vor einer ganzen Zeit geschrieben...was sollte er nur tun?


    Er dachte daran, dass er bald Consul sein würde und dann die Verantwortung für den Staat trug - auch für das Verhältnis der Götter zu den Menschen. Es war nicht tragbar, dass die Arvales keine Zusammenkünfte mehr hatten, dass der Magister sich nicht mehr meldete! Bei aller Loyalität zur Familie - er war geradezu dazu verpflichtet etwas zu tun, damit die Familie ihr Gesicht nicht verlor!


    "Sehr gut, sehr gut. In Kürze wird eine Contio der Arvales Fratres abgehalten und wir werden deinen Fall dort besprechen. Ich möchte, dass du dort erscheinst und dein Anliegen vorträgst. Aber da du ja mit Flavius Furianus verwandt bist und dieser und ich zur Zeit die wichtigsten Stimmen sind, bin ich zuversichtlich, dass deine Wahl gelingen wird."


    Er gab Lukios einen Wink, der daraufhin den Termin mitteilte.

  • Die Lobhudeleien Pisos wurden gnädig aufgefasst, doch Durus befasste sich gar nicht allzu lange damit, bevor er sich dem eigentlichen heutigen Geschäft zuwandte. Nun würde doch endlich wieder eine Contio statt finden. Wieso erst jetzt, wusste er nicht (er hatte ja – noch – keine Ahnung von den inneren Problemen der Arvalbrüder), aber er war froh, eine Anhörung zu bekommen. Er nickte dankbar. „Danke...“, meinte er, weiter kam er nicht, denn der Sklave teilte ihm ein Datum mit. Er nahm es zur Kenntnis und notierte es sich innerlich in seinem Gehirn.
    „Ich danke dir viele Male für deine Unterstützung.“, meinte Piso. „Ich werde da sein, und ich werde dich nicht enttäuschen.“Er konnte es sich nicht verkneifen, zu denken, dass ihn der Pontifex durchaus schnell abwimmeln nun wollte, hatte ihn doch Piso, wie es schien, bei etwas Wichtigem... unterbrochen.

  • "Nimm meine Unterstützung als Geschenk unserer Freundschaft an."


    meinte Durus, der nun allerdings eigentlich alle Zeit der Welt hatte (denn er war mit seinen wichtigen 'Geschäften' bereits fertig). Daher ging er vielmehr davon aus, dass der junge Flavius es etwas eilig hatte.


    "Hast du noch weitere Anliegen, die du mit mir besprechen möchtest?"

  • Piso lächelte, ein wenig Ungläubigkeit schien durch sein Lächeln. Hatte der Consul Electus ihn gerade als Freund bezeichnet? Offenbar. Wodurch hatte er das bloß verdient, dachte sich der Flavier in einem Anfall von Minderwertigkeitsgefühl. Er rang sich ein Lächeln ab. „Ich schätze dein Geschenk über alle Maßen, und hoffe, ich kann mich in Zukunft revanchieren.“, antwortete er, glücklich.
    Als der Tiberier ihn fragte, ob er noch etwas wollte, dachte Piso kurz nach und schüttelte dann den Kopf. „Ich denke nicht, ich fühle mich jetzt schon schlecht, weil ich soviel von deiner kostbaren Zeit in Anspruch genommen habe.“, fiel ihm als Antwort ein. Wenn ihm später etwas einfiele, was er bräuchte, könnte er sicherlich wieder zu ihm. Ein Consul hatte seine Türe dem Volke offen zu halten.

  • Durus erhob sich und ging ein paar Schritte auf Piso zu. Der Bursche arbeitete in der kaiserlichen Kanzlei, hatte also sicher gute Kontakte - eine solche Revanche konnte ihm möglicherweise durchaus nutzen!


    "Eines Tages, vielleicht auch nie, werde ich dich möglicherweise um einen Gefallen bitten. Bis dahin nimm es als Geschenk, du musst dich nicht in meiner Schuld fühlen!"


    meinte Durus knapp, obwohl er natürlich das Gegenteil meinte und diese Worte nur dazu dienten, dies noch einmal zu betonen. Doch Piso war ein Flavius und die Flavier gehörten sicher zu den Geschlechtern, die wussten, dass das Prinzip 'do ut des' nicht nur in der Beziehung zu den Göttern angewandt wurde!

  • Als der Tiberier sich erhob und auf Piso zuschritt, musste jener den Reflex unterdrücken, nicht ein paar Schritte zurückzuweichen.
    „Danke...“, entgegnete er – abermals! – als Entgegnung auf Durus‘ Worte. Er musste sich selber eingestehen, ganz hundertprozentig wohl war ihm nicht. Was, wenn der Senator eines Tages in sein trautes Heim platzen würde und dem armen Flavier irgendeinen absolut lächerlichen und unerfüllbaren Wunsch abverlangen würde?
    Piso war nicht dumm, und wusste, dass es in der Politik vor allem darum ging, Steine im Brett zu haben. Immerhin schätzte wohl der Tiberier ihn als zukunftsträchtig genug ein, um sich die Mühe zu machen, in ihn zu investieren.
    Zwar lächelte Piso breit und artig, jedoch konnte er eine gewisse Unsicherheit nicht abschütteln. Ach was, meinte er dann zu sich selber. Es handelt sich hierbei ja um keinen Unbekannten. Dieser Mann ist Furianus‘ bester Freund im Senat, und sicher wäre er das nicht, hätte er einen dubiosen Charakter.
    Dieser eine Gedanke verdrängte sein kurzes Gefühl, etwas bei dieser Angelegenheit etwas verschachert zu haben, etwas, was noch in der Zukunft lag.
    „Gemäß dem Falle, du kämest auf mich irgendwann zurück, wäre es mir eine Ehre, dir weiter zu helfen.“
    Bona dea, er klang schon wie eines der Kanzleischreiben, die er tagtäglich aufzusetzen pflegte.

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