Kandidatur zum Cursus Honorum [10/09] – Tiberius Aurelius Avianus

  • Wieder einmal standen die Wahlen zum Cursus Honorum an und wieder einmal war der Senat zusammengekommen, um sich die Bewerbungsreden der Kandidaten anzuhören und die Männer zu befragen, die eines der öffentlichen Wahlämter anstrebten.




    Gnaeus Afranius Dexter [NSC], einer der beiden (noch) amtierenden Consuln, rief die Kandidaten auf und bat sie, sich zu ihrer Kandidatur zu äußern und die Fragen der Senatoren zu beantworten.


    Einer davon war Tiberius Aurelius Avianus, der als Quaestor kandidierte.

  • Obwohl er liebend gern das Gegenteil gewollt hätte, konnte Avianus die letzte Nacht kaum ein Auge zudrücken und lag somit wach auf seiner Pritsche und dachte wohl, was an dem heutigen Tag passieren würde. Es war ein großer und denkwürdiger Tag, an dem Avianus zum zweiten Mal vor hochrangigem Publikum stehen würde, um mit der ganzen Kraft seiner sprachmotorischen Fähigkeiten und Kreativität beim Reden ein Vorankommen in seiner politischen Laufbahn zu bezwecken. Es fühlte sich nur bedingt toll an, hier zu stehen. Toll vielleicht, weil man Möglichkeiten hatte, seine Träume durch einen kleinen Aufstieg in der Karriereleiter zu verwirklichen. Weniger toll, weil es die Senatoren waren, die über die Erfüllung seiner Träume entschieden, was die Möglichkeit beinhaltete, dass sie sich negativ entschieden. Solche Gedanken verwarf der junge Aurelier jedoch schnell, da er doch wusste, dass eine gehörige Portion Selbstsicherheit der Schlüssel zu einer erfolgreichen Vorstellungsrede sein konnten. Und er hatte es doch trotz allem beim ersten Mal, seiner Kandidatur als Vigintivir, bemerkt, dass er sich selbst beinahe vergaß, wenn er eine Rede hielt.


    Obwohl er sehr wenig Schlaf abbekommen hatte, merkte man Avianus nichts an. Denn was ihm an Schlaf fehlte, um die eigene Energie wieder aufzufrischen, glich die Nervosität und penetrante Aufregung wieder aus, mit welchen er diese heiligen Hallen, die Hallen von mitunter bedeutensten Männern römischer Politik, betrat. Er sah sich im Gehen kurz um - die Halle war prall gefüllt mit älteren und weniger älteren Herren, welche den jungen Aurelier schon erwartet hatten. Schnell fühlte er die Blicke unterschwellig, erdrückend auf ihm lasten.
    Doch unerschütterlich schrat Avianus weiter. Ein Schritt nach dem anderen, eine halbe, gefühlte Ewigkeit. Und er kam vor dem Redepult an, welches für jene gedacht war, die hier im Mittelpunkt standen. Er war stark, er war bereit - er war richtig. Denn hier gehörte Avianus hin, hier sollte er stehen und das wusste er sehr genau. Und er war stark und seiner großen Aufgabe gewachsen!


    "Väter Roms", rief er, um seine zweite Senatsrede zu eröffnen, "Sicherlich werden mich Viele von Euch aufgrund meiner vorausgegangenen Laufbahn schon kennen, sich ein Bild davon gemacht haben, ob ich fähig und gewillt bin, unserem Imperium in einfachen, sowie auch in harten Zeiten zu dienen. Nicht auf dem Schlachtfeld, nicht auf dem Exerzierplatz, nicht außerhalb des Reiches, sondern in nicht weniger, als in unserer wertvollen und wichtigen Politik, im Cursus Honorum, unter anderen Politikern, die genau so wie ich gewillt sind, dem Imperium zu dienen! Ich möchte die Gelegenheit erhalten, viel leisten zu dürfen - ich verlange jedoch nichts dafür, denn Rom zu dienen ist mein Lohn und dieser ersetzt nicht die größte Menge an Macht und Reichtum, die sich ein gewöhnlicher Mensch vorstellen kann!"
    Eine kurze Redepause trat ein, während Avianus schluckte und sich Kehle und Lippen befeuchtete. Er vergaß sich schon wieder in seiner Rede, genau wie beim ersten Mal...
    "Ich habe Rom schon einmal gedient, sogar mehrmals über gleich drei Amtszeiten hinweg! In der Ersten, als Decemvir Litibus Iucandis, habe ich Rom und seinem Volke gedient, indem ich Leuten ihr Erbe übertrug, welches ihnen rechtmäßig zustand und bis heute noch zusteht! Meine letzten zwei Amtszeiten verbrachte ich als senatorischer Tribun der Legio II Germanica Fidelis Constans in Mogontiacum!
    Und seid euch versichert, werte Senatoren, dass ich diese mir gestellten Aufgaben gewissenhaft durchgeführt habe und keine Mühen in ihrer Bewältigung gescheut habe, egal wie unangenehm es war, egal wie weit mein Weg führte, egal, wie viel Zeit mich das gekostet hat! Ich habe es getan! Und ich will es erneut tun, doch dieses Mal möchte ich voranschreiten und meinen Teil zum Imperium als Quaestor beitragen. Mehr brauche ich nicht, als eure Erlaubnis, diese Pflicht an mich zu nehmen, so wie es das Erbe meiner Vor- und Vorvorfahren ist! Und ich würde euch, Senatoren, nie enttäuschen und Schande über mich und meinen Stammbaum bringen!"


    Der junge Aurelier trat, nachdem diese Worte verhallt und in die Senatoren eingewirkt haben, zurück und verneigte sich leicht - eine dankende Geste für das Gehör der Senatoren.

  • Der ehemalige Tribun und jetzige Wahlkandidat Aurelius Avianus war einer jener Klienten von Macer, mit denen er in letzter Zeit viel zu wenig Kontakt gepflegt hatte. Die Entfernung zwischen Rom und Mogontiacum konnte dafür nicht als Entschuldigung herhalten und dass Macer ein sehr fauler Briefeschreiber war, war auch keine Ausrede. Jedenfalls hatte es sein Klient geschafft, ihn mit dieser Kandidatur gehörig zu überraschen, als Macer vor der Sitzung erfahren hatte, wer alles seine Rede halten würde. Dass sein Klient offenbar erst so kurzfristig in Rom eingetroffen war, dass es nicht vorher bei Macer vorstellig werden konnte, machte es zwar nicht besser, aber die Gründe würde er wohl noch erfahren, nahm er an. Daher meldete er sich positiv zu Wort, wie er es als seine Pflicht als Patron erachtete.


    "Kollegen, ich unterstütze diese Kandidatur meines Klienten Aurelius Avianus, der Rom bisher tatsächlich immer treu gedient hat. Seine Amtszeit als Decemvir ist sicher noch jedem in guter Erinnerung", unterstellte Macer, der selber mangels gutem Gedächtnis nur wenig Erinnerungen aufbringen konnte. "Auch von seinem Dienst in Germania ist mir nichts negatives zu Ohren gekommen und die Tatsache, dass er eine Verlängerung seines Tribunat erbeten hat und gewährt bekam, spricht gleichermaßen für sein Pflichtgefühl und die Zufriedenheit seiner Vorgesetzten", führte er weiter aus.

  • Nach seiner Rede war Durus ein wenig entspannter und konnte die übrigen Kandidaturen verfolgen. Aurelius Avianus hatte er seiner Erinnerung nach bereits getroffen, doch wusste er den Anlass nicht mehr. Seine Rede war jedoch gut: Sie strotzte vor Pflichtgefühl und Ehre! Traditionellere Senatoren wie ihm würden sie sicherlich überzeugen und die Empfehlung durch Macer tat ihr übriges.

  • Der Patron Purgitius Macer, selber für das Amt des Prätors kandidierend, war der Erste, der sich positiv für den Aurelier aussprach und seine Leistungen als Vigintivir und Qualitäten besonders hervorhob. Mehr konnte Avianus in diesem Moment nicht tun, als sich mit einem Nicken zu bedanken und die übrigen Senatoren miteinander murmelnd ihre Entscheidungen finden zu lassen. Der junge Aurelier machte sich jedoch sorgfältig seine geistigen Notizen, um Leuten bei einer Gelegenheit zu helfen, die ihm geholfen hatten. Und da er nicht das schlechteste Gedächtnis hatte, würde er seinen Patronen ohnehin als Ersten erwägen!


    Dann folgte eine geschätzte Halbe Minute, bis der Senator Germanicus eine Frage an den Aurelier in die Halle warf. Sie zu beantworten, war leicht - natürlich hatte man sich Gedanken über den genauen Einsatz im Amte gemacht, aber Avianus wollte nicht zu allererst mit Wünschen um sich werfen, sondern sich selbst präsentieren.
    Als er den Senator in der Menge ausmachte, kam es wie aus der Pistole geschossen:


    "Für das Amt des Quaestor Consulum, Senator Germanicus!"


    Eine kurze Antwort auf eine Frage, die ebenso kurz war - jemanden, der um den heißen Brei herumredete, ohne auf eigentliche Tatsachen einzugehen, brauchte im Senat ohnehin niemand.

  • Nicht nur der Verwandtschaft wegen hätte ich mich für Avianus eingesetzt - trotz seines Alters hatte er eine große Einsatzbereitschaft ebenso gezeigt wie er sein Pflichtgefühl unter Beweis gestellt hatte. Das hätte bei jedem anderen Mann zum Anlass genommen, ihn zu wählen, und so war es bei meinem Neffen kein Wunder, dass ich ihn wählen würde.


    Dass er zum quaestor consulum kadidierte, unterstützte ich ebenfalls, denn mit Durus und Vitorius gemeinsam würde er vermutlich ein gutes Gespann abgeben. So nickte ich ihm aufmunternd zu, als sein Blick den meinen streifte, und schwieg sonstig.

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