Am Puls der Geschichte - Theorie und Praxis

  • Einige Tage nach dem wundervollen Fest in der Casa Germanica zu Ehren des Fons hatte Serrana ausnahmsweise einmal nichts im Tempel zu tun und und die Gelegenheit genutzt, um ein paar Stunden auf dem Forum zu verbringen und das geschäftliche Treiben dort zu geniessen.


    Die junge Iunia schlenderte zum Tempel der Concordia und setzte sich dort auf eine der Treppenstufen. Mittlerweile war es spürbar Herbst geworden, und auch wenn die Sonne noch einiges an Kraft besaß, fühlte sich der Steinboden doch schon um einiges kühler an.
    Kurzentschlossen schickte Serrana ihre Sklavin Adula wieder heim, um etwas Wärmendes zum unterlegen zu holen und zog dann die Schriftrolle hervor, die sie sich aus der iunischen Bibliotheca mitgebracht hatte. Es handelte sich um eine Abschrift über den Bürgerkrieg zwischen Cäsar und Pompeius aus der Feder des Asinius Pollio, der schon von jeher zu ihren bevorzugten Autoren gehört hatte, da er sich mit einer Epoche befasste, in der auch Serranas Vorfahren noch eine entscheidende Rolle in der römischen Geschichte gespielt hatten. Sie hatte schnell herausgefunden, dass das Lesen an diesem Ort ungleich spannender war als daheim in der verstaubten und einsamen Bibliotheca, denn all die berühmten Männer, die in diesem Werk beschrieben wurden, hatten sich vor vielen Jahren auch auf diesem Forum aufgehalten. Hier hatten sie miteinander geredet und Pläne oder auch Intrigen geschmiedet und das Schicksal dieser Stadt entscheidend beeinflusst. Serrana schloss die Augen und versuchte, den einzelnen Namen passende Gesichter und Stimmen zu geben, als sie plötzlich durch ein misstönendes Schnalzen aus ihren Tagträumen gerissen wurde.


    Ganz in ihrer Nähe standen zwei Männer, die mit ihrem ungepflegten Äusseren und der einfachen Kleidung leider so gar nicht zu ihren Vorstellungen von edlen Senatoren und Feldherren passten und unterhielten sich lautstark in einer Sprache, die Serrana nicht verstand. Der kleinere der beiden hatte sie scheinbar schon eine Weile beobachtet und bedachte sie mit einem anzüglichen Grinsen, das ein ziemlich lückenhaftes Gebiss offenbahrte. Als er ihren Blick auffing, machte er eine obszöne Geste, die derartig eindeutig war, das sogar die unbedarfte Iunia sie sofort verstand. Mit hochrotem Kopf rollte sie ihre Schriftrolle wieder zusammen und stand auf um sich einen anderen und ungestörten Platz zu suchen. Sie hatte sich kaum erhoben, als drei weitere Männer auf die anderen beiden zutraten und diese sofort in ein Gespräch verwickelten. Ganz offensichtlich ging es dabei um nichts Angenehmes, denn auch wenn Serrana nach wie vor nichts verstand, konnte sie doch aus der zunehmenden Lautstärke und dem aggressiven Tonfall heraushören, dass die Stimmung zwischen den Männern immer ungemütlicher wurde. Mittlerweile wurden auch andere Passanten durch die immer lauter werdenden Streitereien angelockt und sammelten sich in sicherer Entfernung, um den weiteren Fortgang der Ereignisse zu beobachten. Serrana, die sich nach wie vor in unmittelbarer Nähe der Männer befand, presste ihre Schriftrolle wie zum Schutz eng an sich und wünschte sich, sie hätte Adula nicht fortgeschickt. Was hätte sie darum gegeben, jetzt in der ruhigen Bibliotheca daheim zu sitzen...
    Die beiden gegnerischen Gruppen waren mittlerweile dazu übergegangen sich gegenseitig anzurempeln und laut zu beschimpfen, und Serrana schrie erschrocken auf, als der Kleine mit den schlechten Zähnen plötzlich einen versteckten Dolch hervorzog und auf einen seiner Gegner losging.


    Sim-Off:

    Vielleicht wird ja noch der eine oder andere durch den Tumult angelockt ;)

  • Rom, Zentrum der Macht. Zentrum des Imperiums, dem zu dienen und das zu schützen der junge Iulier sich verschrieben hatte. Immer wenn er für ein paar Tage hier weilte (gerade war es wegen des Armilustriums) genoß er es durch die Straßen zu schlendern, das Forum zu betreten, die Luft der großen Stadt (denn Misenum war alles, aber keine Stadt) zu atmen. Das erhabene der ehrwürdigen...


    In diese hehren Gedanken versunken sah der in seiner Classis-Tunika gekleidete Soldat auf Freigang nur einige Schritte von ihm entfernt wie mehrere Personen in eine leicht gewalttätige Streiterei verwickelt waren. Das brenzlige war, dass Labeo meinte auch einen Dolch zu sehen. Abgesehen von dem Frevel eine Waffe im Pomerium zu ziehen (was wahrscheinlich an der Tagesordnung war), konnten sich aus solchen kleinen Streitereien größere ergeben. Zwei, drei Blicke genügten dem Iulier um zu sehen, dass gerade keine Urbaner in der Nähe waren.


    Labeo entschied, dass er das Risiko eingehen würde, mächtig verprügelt zu werden, wenn er sich jetzt dem ganzen nähern würde. Aber manchmal reichte das Auftreten eines Soldaten aus, um die Situation zu beruhigen. Außerdem, wenn einer eingriff, kamen für gewöhnlich andere dazu - und es war nun nicht gerade ein menschenleerer Platz am Stadtrand, sondern das Forum Romanum.


    Also ging er mit festem Schritt zu dem Tumult, andere Passanten blieben in einiger Entfernung stehen, er ging aber - zuerst einen Bogen machend um die Gruppe herum - zum Concordiatempel, und wartete dort einen Moment. Was ihn dort überraschte, war die junge - durchaus hübsche - Frau mit einer Schriftrolle, die sich dort aufhielt, eindeutig zu nah an dieser Rauferei. Er ging auf sie zu: "Entschuldige Du solltest möglichst, ein wenig Abstand nehmen, das wird hier gleich recht --- grob., sagte er freundlich, aber bestimmt.

  • Vom lautstarken Lärm angezogen, trat wenige Momente später eine Gruppe von Männern durch die hohen Tore des Concordiatempels. Man musste nicht lange hinsehen um an den links geschulterten Rutenbündel zu erkennen, dass es Liktoren waren, die wohl wenig Verständnis für diese frevelhafte Störung aufbrachten und sofort mit strengem Blick nach dem Grund dieses Tumults Ausschau hielten.


    Mit etwas Abstand folgte ihnen schließlich Livianus, der gekleidet in der Toga Praetextra der Prätoren neugierig nach vorne drängte. Er wollte Concordia gerade ein Opfer darbringen, als er durch den Straßenlärm nach draußen gezogen wurde. Seine erhöhte Position ermöglichte eine gute Übersicht über den Platz und ließ ihm nach einem kurzen schweifenden Blick durch die Runde die Situation erkennen, die sich hier vor dem Tempel abspielte. Seine zehn Liktoren, die sich mittlerweile in zwei Reihen vor dem Eingang des Tempels aufgebaut hatten, fixierten mit ihren Blicken zwar die aneinander geratene Gruppen, machten aber keine Anstalten ohne die Anweisung des Prätors einzugreifen.


    Livianus trat vor seine Liktoren und stieg einige Stufen herab. Zugleich gab er ihnen ein Handzeichen zu warten und auf dieser Position zu bleiben. Eine öffentliche Konfrontation hier auf dem vollen Forum Romanum barg zu viel Gefahr, dass Unschuldige in Mitleidenschaft gezogen wurden. Es musste daher anders gehen. Soweit es ihm möglich war, musterte er die Gesichter der Unruhestifter, bis er gefunden hatte, wonach er suchte - ein bekanntes Gesicht. Er stieg zwei weitere Stufen herab und fixierte einen kleinen untersetzten Mann, der sich ziemlich in der Mitte der Streithähne aufhielt und mit ziemlicher Sicherheit der Rädelsführer dieser Gruppe war. Nun erkannte der Senator auch das Messer. Die Gruppen selbst waren bisher viel zu sehr beschäftigt gewesen, um die Anwesenheit des Prätors oder seiner Liktoren wahrzunehmen. Verärgert erhob Livianus seine über den Platz donnernde Stimme.


    "Bularchus!"


    Fast erschrocken nahmen die Männer den Prätor nun endlich wahr und blickten in seine Richtung. Allen voran der kleine Untersetzte, der seinen Namen über den Platz donnern hörte und nun mit einem strengen und mahnenden Blick bedacht wurde.


    "Haben sich die Zeiten denn so geändert, dass sich eure Banden nun offene Schlachten mitten auf dem Forum Romanum liefern?"


    Es war nicht zu übersehen, dass der kleine Untersetzte, der eigentlich Bularchus hieß, sofort wieder sein Messer versteckte als er Livianus erkannte und herausfordernd in seine Richtung sah.


    "Praefectus Decimus…… ähm… ich meinte natürlich Praetor Decimus. Welch Überraschung euch wieder zu sehen. Es ist mir eine Freude."


    Verärgert unterbrach Livianus den Mann. Er hatte keine Lust auf seine falschen Schmeicheleien, die er sich bereits vor vielen Jahren während seiner Dienstzeit als Praefectus Urbi zur genüge anhören musste.


    "Du erkennst mich also noch. Das ist gut. Auch ich habe mir dein Gesicht gemerkt und du solltest wissen, nur weil ich nicht mehr der Stadtpräfekt Roms bin, heißt es nicht, dass eure Banden hier treiben können was sie wollen. Das Forum Romanum Bularchus, dass sollte selbst so kleinen Gaunern wie dir etwas Heiliges sein."


    Während Livianus schließlich auch die letzten Stufen des Tempels hinab stieg, machte sich einer der jüngeren Männer um Bularchus zeitgleich bereit, um auf den Senator loszustürzen. Bularchus, der dies sofort erkannte, gebot ihm mit einer raschen Handgeste Einhalt. Junge Hitzköpfe waren nicht gefragt, bei diesem unerwarteten Aufeinandertreffen zweier alten Bekannten.

  • Sie stand immer noch wie angewurzelt auf ihrer Treppenstufe und starrte gebannt auf das Messer in der Hand des Angreifers, als sie plötzlich eine Stimme hörte, die sie aus ihrer Erstarrung riss. Im ersten Moment befürchtete sie, einem weiteren Mitglied der beiden streitenden Gruppen begegnet zu sein, aber ein Blick auf den hochgewachsenen jungen Mann genügte Serrana um sicher zu sein, dass er ganz offensichtlich nichts mit den lärmenden Rüpeln zu tun hatte.
    Auf seine Warnung hin nickte sie ihm dankbar zu und stieg dann in Ermangelung anderer Möglichkeiten rückwärts einige Treppenstufen in Richtung Tempel hinauf. Die Streiterei direkt vor der untersten Stufe nahm mittlerweile fast den gesamten Raum vor der Treppe ein und sie hatte keinerlei Verlangen, sich allzu nah an dem bedrohlichen Getümmel vorbei zu bewegen.
    Von ihrem neuen leicht erhöhten Platz aus sah Serrana besorgt, dass der junge Mann an Ort und Stelle stehen geblieben war. Er würde sich doch wohl nicht allein dieser Gefahr aussetzen? Gegen all diese wilden Gesellen hatte er mit Sicherheit nicht den Hauch einer Chance...


    Es waren nur wenige Augenblicke vergangen, als sie zum zweiten Mal der Klang einer männlichen Stimme zusammenfahren ließ, diesmal allerdings in ihrem Rücken. Serrana fuhr erschrocken zusammen, wandte sich um und sah zuerst die Liktoren, die vor dem Eingang zum Tempel in Position gegangen waren und dann den Praetor Livianus, der allein und mit festem Schritt die Treppe hinunter- und auf die Streithähne zuging. Da er den Zahnlosen beim Namen nannte, kannte er ihn ganz offensichtlich, wobei sich die junge Iunia unwillkürlich fragte, was ein römischer Senator mit einem derartig unangenehmen Menschen zu tun haben könnte. Bei den Worten "Banden" und "Schlachten" musste sie automatisch an die legendären Bandenkriege denken, die sich vor vielen, vielen Jahren die verfeindeten Gruppen um Annius Milo und Clodius Pulcher in den Straßen Roms geliefert hatten, wobei der Milo ihrer Phantasie deutlich mehr Zähne besessen hatte und auch ansonsten um einiges ansehnlicher gewesen war.


    Kaum zu glauben, dass sie hier noch vor wenigen Minuten allein und friedlich lesend in der Sonne gesessen hatte, denn die Situation war nach wie vor ausgesprochen bedrohlich, auch wenn Serrana für die Anwesenheit der Liktoren in ihrem Rücken ausgesprochen dankbar war. Gebannt und nach wie vor sehr verängstigt beobachtete sie, wie sich die Situation am Fuße der Treppe weiterentwickeln würde.

  • Der Blick des kleinen Untersetzten schweifte kurz auf seine Gegner und dann zu den Liktoren, die immer noch regungslos vor den Toren des Tempels standen und auf ein Zeichen den Magistraten warteten. Anscheinend wog der kleine Gauner ab, ob es klug war die verfeindete Bande hier zu stellen und damit das Einschreiten der Liktoren und damit auch möglicherweise seine Verhaftung zu riskieren, oder sich lieber aus den Staub zu machen und auf die nächste Gelegenheit zu warten, die mit ziemlicher Sicherheit nicht lange auf sich warten lassen würde. Schließlich sah er wieder zu Livianus, der Bularchus immer noch mit einem ernsten Blick bedachte und auf eine schnelle Lösung drängte.


    "Also?"


    Während Livianus seine Augen unbewusst zusammen kniff und dadurch noch bedrohlicher wirkte, wandte sich Bularchus von der gegnerischen Gruppe ab. Das Einschreiten des Prätors hatte also anscheinend geholfen schlimmeres zu verhindern und Livianus atmete innerlich auf. Es kam immer wieder vor, dass verfeindete Banden aufeinander trafen und sich richtige Straßenschlachten lieferten, doch fand dies meistens in der Subura oder Randbezirken Roms statt. Hier direkt auf dem Forum Romanum, war es schon mehr als eine Seltenheit, eine solche Auseinandersetzung mitzubekommen. Die gegnerische Gruppe begann als erstes sich möglichst rasch zurückzuziehen und aus dem Staub zu machen. Sie fürchteten vermutlich keine günstigere Gelegenheit mehr zu bekommen als diese.


    Anstatt ebenso durch eine der Hintergassen zu verschwinden, kam jedoch Bularchus plötzlich auf den Prätor zu. Die Liktoren im Hintergrund waren sofort alarmiert und stiegen ebenfalls, ohne erst auf Anweisung des Prätors zu warten, einige Stufen des Tempels herab um näher bei Livianus zu sein, der immer noch gehobenen Hauptes wie eine Statue und ohne jegliches Anzeichen von Angst auf seinen Platz stand und dem Gauner entgegenblickte.

  • Natürlich war Labeo froh, als der Prätor erschien, auch dass dieser die Raufbolde erkannte und es so wenigstens zunächst so schien, als ob die Situation sich entspannte. Die Liktoren würden ihr übriges tun. Er war sich bewusst gewesen, dass selbst ein beherztes Eingreifen seinerseits nicht vielmehr hätte ausrichten können, als der jungen Frau die nötigen Sekunden zu geben, um sich zu retten. Diese einstweilige Situationsaufhellung quittierte der Iulier auch mit einem leichten, aber hörbaren Aufatmen.


    Dann verfolgte er das weitere Geschehen. Dieser Gauner, der vom Prätor Bularchus genannt wurde, schien sich nicht einschüchtern zu lassen, während die offensichtlich mit ihm verfeindete Bande sich zurückzog. Das veränderte die Situation auf der Tempeltruppe allerdings nur unwesentlich, vor allem waren Labeos Handlungsmöglichkeiten nicht wirklich verändert, er konnte warten - oder warten.


    Die junge Frau war ein paar Schritte weiter hoch gegangen, Labeo stand weiterhin an der selben Stelle, die Frau quasi beschützend; der wahre Schutz waren natürlich die Liktoren und der Prätor, seine Position würde nur verhindern können, dass sich einer dieser barbarischen Gauner der Frau bemächtigen könnte.


    Er hätte gerne etwas beruhigendes gesagt oder getan, aber es war die Sache des Prätors zu handeln - oder auch nicht zu handeln.

  • Der junge Mann war zwischen ihr und den Männern vor der Treppe stehengeblieben und schien ebenso wie sie selbst abzuwarten, wie sich die Situation weiter entwickeln würde.


    Als die ersten Bandenmitglieder begannen, sich langsam vom Schauplatz des Geschehens zu entfernen, atmete Serrana erleichtert auf. Ihre Erleichterung währte allerdings nur kurz, denn Bularchus selbst machte keinerlei Anstalten sich zu entfernen und ging stattdessen plötzlich auf den Prätor zu, der sich nach wie vor nicht bewegte. Hatte Livianus denn nicht gesehen, dass dieser Gauner ein Messer hatte und er selbst in Gefahr war?


    Den Liktoren hinter ihr schien etwas ähnliches durch den Kopf zu gehen, denn jetzt kamen auch sie die Treppe herunter, wobei es der verängstigten Iunia so erschien, als würden sie sich im Vergleich zu Bularchus viel zu langsam bewegen.


    Erschreckt schlug sie die Hand vor den Mund und ging automatisch selbst die Treppe wieder ein paar Stufen hinunter.

  • Die junge Frau, die bis vor kurzem noch hinter ihm gestanden hatte - was Labeo als sinnvoll erachtet hatte - ging ein paar Schritte nach unten, gerade so weit, dass sie wieder vor ihm stand - was Labeo nicht sinnvoll fand, da sie schließlich nun, falls der Gauner mit Namen Bularchus den Prätor angriff und die Liktoren ihre Aufgabe taten und den Prätor verteidigten, einer möglichen Attacke eines anderen Bandenmitgliedes ungeschützt ausgesetzt war. Gleichzeitig musste es ja auch einen Grund haben, warum sie jetzt vorgegangen war, so dass es durchaus auch als unhöflich hätte aufgefasst werden können, wenn er sich - schützend - einfach wieder vor sie gestellt hätte. Außerdem wäre er den Gaunern dann auch unweigerlich zu nahe gekommen, was wiederum als Provokation hätte aufgefasst werden können.


    So machte sich Labeo eindeutig zu viele Gedanken, entschied dann aber doch sich wenigstens neben sie zu stellen. Also ging er die zwei Schritte weiter runter, die ihm fehlten damit er neben der jungen, wahrscheinlich verängstigten Frau stand."Keine Angst die Liktoren, werden den Prätor schon zu schützen wissen. Und der Prätor kann sich sicherlich gegen so ein Messer verteidigen. Und auch Dir wird nichts passieren.", flüsterte er ihr zu.

  • Livianus hielt die Luft an, als Bularchus schließlich nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war. Ihre Blicke verloren sich keinen Moment und eine ungewöhnliche Art der Spannung lag in der Luft. Man hatte das Gefühl zwei Raubtiere zu beobachten, die um ein Revier stritten und genau so fühlte sich auch der Decimer in diesem Moment. Ein alternder Löwe, der einen weitaus Jüngeren in die Schranken wies. Die Liktoren waren zu allen bereit, hielten sich aber immer noch zurück. Livianus war ein erfahrener Soldat, der sich durchaus zu verteidigen wusste, oder fähig war, seinen Männern rechtzeitig ein Zeichen zu geben, wenn ein Eingriff erforderlich schien. Doch der Decimer bewegte sich nicht und so änderte Bularchus, der nur noch einen Schritt entfernt war, seine Richtung. Ganz knapp ging er an Livianus vorbei und sah ihm bedrohlich an. Es war als Zeichen zu verstehen, dass er ebenso wie der frühere Präfekt keine Angst hatte und auch als Warnung, das Livianus sich nicht all zu sehr in dessen Angelegenheiten einmischen sollte.


    Schließlich verschwand Bularchus mit seinen Männern in einer Seitengasse und Livianus atmete erleichtert auf. Auch wenn er einiges aufs Spiel gesetzt hatte, so war er durchaus mit sich zufrieden und musste sich eingestehen, dass ihm diese Art des Nervenkitzels irgendwie gefehlt hatte. Als Soldat war man es gewohnt dem Tod ins Auge zu sehen und heute war Livianus wieder einmal mehr Soldat als Politiker gewesen.


    Erst jetzt, als der Senator sich wieder in Richtung Tempel wandte und seine Liktoren zu sich deutete bemerkte er die Anwesenheit einer ihm durchaus bekannten jungen Dame, die in Begleitung war. Ein aufgesetztes Lächeln sollte die durchaus gefährliche Situation herabspielen.


    "Iunia Serrana. Verzeih die Unannehmlichkeiten. Ich hoffe dir geht es gut?"

  • Serrana schrak im ersten Moment zusammen, als der junge Mann neben sie trat und beruhigend auf sie einredete. Kurz kam ihr zu Bewusstsein, wie albern und kindisch ihr Benehmen wirken musste. Was konnte sie denn schon tun? Diesen widerlichen Bularchus mit ihrer Schriftrolle bedrohen?
    Sie war dem jungen Mann sehr dankbar, dass er neben ihr stehenblieb, auf diese Weise fühlte sie sich nicht mehr ganz so allein und hilflos, während sie dem stummen Machtkampf vor der Treppe zusah.


    Als sich Bularchus ganz knapp am Prätor vorbeischob, hielt sie automatisch den Atem an, aber dann war dieser schreckliche Moment vorbei und der Bandenchef verschwand ohne besondere Eile mit dem Rest seiner Gefolgschaft aus ihrem Blickfeld.
    Serrana merkte, wie ihr vor Erleichterung ganz schlecht wurde und atmete spürbar aus. Eine historische Schriftrolle auf dem Forum zu lesen, war eine Sache, aber das hier war doch etwas ganz anderes gewesen...


    Als Livianus sich schließlich an sie wandte, wunderte sie sich darüber, wie ruhig und entspannt dieser wirkte. Hatte er denn etwa gar keine Angst gehabt? Da wurde er um ein Haar erstochen und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten?


    "Von deiner Seite aus gibt es da wohl kaum etwas zu entschuldigen, schließlich hast uns alle vor Schlimmerem bewahrt." sagte sie dann aufrichtig. "Und mir geht es gut, vielen Dank." jetzt konnte sie immerhin schon wieder lächeln.


    Sie wandte sich zu dem jungen Mann, dessen Namen sie immer noch nicht kannte und der sich gleich zu Beginn des Streits schützend neben sie gestellt hatte. Ob sie ihn wohl einfach fragen konnte, wie er hieß? Schließlich war die Situation ja schon etwas besonderes und nicht mit einem gesellschaftlichen Smalltalk auf einer Feier zu vergleichen.

  • Die Dame, die - wie Labeo vom decimischen Prätor gehört hatte, nachdem die Situation sich plötzlich (wie aus dem nichts) aufgelöst hatte (also in selbiges nichts zurückkehrte) - hieß also Iunia Serrana und war dem Prätor bekannt, dies war nicht weiter schwer zu schließen, da er sie mit Namen angesprochen hatte.


    Lächelnd und ruhig war der Prätor zu Labeo und der Iunierin herangetreten. Zu ruhig für Labeos Geschmack. Aus seiner eigenen Erfahrung mit Gefahrensituation wusste er: so ruhig war auch der abgebrühteste Soldat nicht - es wäre auch nicht gut. Die Aufmerksamkeit ist dann - so schien es dem jungen Iulier - am besten, wenn der Atem leicht schneller ist als normal, nicht zu schnell natürlich, aber trotzdem: etwas Aufregung tut gut, die Sinne sind schärfer, man ist ganz da. Wahrscheinlich, dachte sich Labeo, während sich seine Anspannung langsam löste, war der erfahrene Prätor (der ja auch mal Soldat war) einfach sehr schnell im Umschalten, oder spielte die Ruhe, um der Iunierin die letzten Reste der Angst zu nehmen, was ja nicht schlecht wäre, sondern nur edel und angemessen.


    Nach der Antwort an den Prätor, dass es ihr gut gehe, drehte sich die Iunierin leicht in seine Richtung, als wollte sie etwas sagen oder andeuten. Labeo nahm dies wahr, sprach aber zuerst zum Prätor, wobei er sich, als er auf die Iunierin zu sprechen kam, ihr ebenso leicht zuwandte, wie sie zuvor ihm, so dass die drei Personen nun alle miteinander reden konnten, ohne unhöflich zu sein.


    "Auch ich habe zu danken, ehrenwerter Prätor! Als ich vor einigen Minuten sah, dass die Situation eskalierte, habe ich mich hier auf die Treppe bewegt, um Iunia Serrana - die kennenzulernen mir eine Freude ist - im Falle eines Falles durch mein Eingreifen wenigstens die Möglichkeit zu geben in den Tempel zurück zu flüchten, während ich mich in den zweifelsfrei hoffnungslosen Kampf mit den Kerlen stürze. Dass es nicht zu solch unschönen Szenen kommen musste, dafür danke ich Dir natürlich. " Er setzte ab, nur um gleich noch etwas nachzuschieben: "Beinahe hätte ich vergessen mich vorzustellen: Gnaeus Iulius Labeo, Optio der Classis Misenensis."


    Das Leben in der Classis machte ihn manchmal fast vergessen, dass er sich ja auch gewählt und höflich ausdrücken konnte. Dieser Moment erinnerte ihn wieder daran.

  • Es war zwar auch vorher schon offensichtlich gewesen, dass der junge Mann sie durch seine Anwesenheit vor den Bandenmitgliedern hatte schützen wollen, aber das Gefühlt der Dankbarkeit in Serrana vertiefte sich noch, als er es nun im Gespräch mit ihr und dem Praetor auch offen aussprach.


    "Es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen, Gnaeus Iulius Labeo." sagte sie dann lächelnd an den jungen Iulier gewandt. "Und ich bin dir für deine schnelle Unterstützung sehr dankbar, auch wenn ich sehr froh darüber bin, dass du dich nicht weiter in Gefahr bringen musstest."


    Serrana spürte, wie die Anspannung der letzten Minuten in ihr allmählich etwas nachließ und seufzte erleichtert auf.

  • "Das versteht sich doch von selbst.", sagte er und lächelte. Auch ihm war die Erleichterung anzumerken, weil ja schließlich nicht auszudenken war, was alles hätte passieren können. Knochenbrüche und ähnliches waren dabei noch der angenehmste Teil. "Wann haben wir denn schon einmal die Möglichkeit unsere Tugendhaftigkeit an einem solchen Ort zu beweisen. Es kann schließlich für einen Römer kaum etwas ehrenvolleres geben, als für die Rettung einer jungen Römerin auf dem Forum Romanum sein Leben zu lassen.", sagte er zwinkernd, um zu zeigen, dass er es nicht ganz so ernst meinte.

  • Nickend stimmte Livianus dem Optio zu. Das Lächeln verschwand jedoch nur wenige Augenblicke später wieder aus seinem Gesicht. Dieser öffentliche Angriff hatte den Senator nachdenklich gemacht.


    "Dieses Pack weiß einfach nicht wann es genug ist."


    sagte er mehr zu sich selbst, als zu den restlichen Anwesenden.


    Sim-Off:

    Sorry ;)

  • Serrana lächelte, als sie Labeos Zwinkern sah, dennoch schüttelte sie vehement den Kopf. "Dann bin ich jetzt umso glücklicher, dass die Geschichte glimpflich ausgegangen ist. Die Vorstellung, dass jemand zu Schaden oder sogar zu Tode hätte kommen können, weil ich mir den falschen Platz zum lesen ausgesucht habe, ist wirklich ziemlich schrecklich."


    Für einen Moment lang blickte sie in Richtung der Gasse, in welcher der unangenehme Bularchus verschwunden war, dann wandte sie sich Livianus zu und fragte neugierig:


    "Woher kennst du diesen Mann eigentlich?"

  • "Ich hatte während meiner Amtszeit als Praefectus Urbi das eine oder andere Mal mit ihm und seiner Bande zu tun und wie auch der heutige Ausgang dieser Situation zeigt, hat man mit Worten oft mehr Erfolg als mit Taten. Wäre es zu einem offenen Kampf gekommen, hätte es auf allen Seiten Opfer gegeben. Als guter Kommandeur muss man wissen wann es Zeit zu Kämpfen ist und wann man Alternativen versuchen sollte."


    Mit einem breiten Lächeln im Gesicht nickte er den Anwesenden zu, als wollte er seine Worte nocheinmal selbst bestätigen.

  • "Da gebe ich Dir natürlich recht, Prätor. Vor allem, wenn wir bedenken, dass wir auf dem Forum sind, hätte eine gewaltsame Auseinandersetzung, wohl auch andere Folgen gehabt, als nur eventuelle Opfer hier, jetzt und heute.". Nicht auszudenken, wenn das lichtscheue Gesindel, dass die Subura und andere Teile Roms so ausschauen lässt, dass eine offene Feldschlacht gerade zu verlockend erscheint, sich erdreisten würde, hier auf dem Forum, den Prätor anzugreifen, das könnte sehr ungute Signalwirkungen haben.


    Labeo schaute sich um. Die Situation schien nachhaltig beruhigt zu sein. Auch aus den Ecken in denen das Gesindel verschwunden war, deutete nichts auf einen erneuten Zwischenfall hin.

  • Serranas Blick ging zwischen den beiden Männern hin und her und bei den Worten "gewaltsame Auseinandersetzung" und "Opfer" fröstelte es sie trotz der noch warmen Herbstsonne und sie zog ihre Palla unwillkürlich ein wenig enger um sich.
    Wie behütet und friedlich ihr eigenes Leben trotz des einen oder anderen Schicksalschlages im Vergleich zu dem der beiden Soldaten in ihrer Gesellschaft doch vermutlich verlaufen war...


    "Ich bin wirklich sehr froh, dass ihr beiden noch dazu gekommen seid." sagte sie mit einem dankbaren Lächeln, dem man den gerade überstandenen Schrecken jedoch noch deutlich ansah. "Wobei ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, dass die Männer mir etwas getan hätten. Dafür bin ich doch viel zu unwichtig und für solche Leute wohl auch kaum eine Gefahr." Bei Labeo, dem Optio und vor allem Livianus, dem noch amtierenden Praetor Urbanus, sah die Sache da schon anders aus, zumal Bularchos diesen ja bereits kannte.


    "Kann es denn nicht sein, dass sich dieser Mensch jetzt rächen will, weil du ihn in seine Schranken gewiesen hast?" fragte sie Livianus mit neu aufkommender Unruhe.

  • Natürlich konnte es sein, dass Bularchos etwas derart unüberlegtes plante, doch hielt der Decimer es für mehr als unwahrscheinlich und dementsprechend ruhig konnte er der jungen Iunia auch antworten.


    "Ich denke nicht. Diese Männer sind zwar Kriminelle, aber dennoch haben viele von ihnen Respekt vor Traditionen und ein gewisses Ehrgefühl. Einen Senator Roms anzugreifen würden sie kaum wagen. Du kannst also unbesorgt sein. Wie du richtig festgestellt hast waren sie jetzt auch nicht darauf aus die Allgemeinheit mit in ihre Streitigkeiten zu ziehen."

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