Das Ziel vor Augen

  • Sie war schrecklich erschöpft, denn die Reise hatte ihr mehr abverlangt als sie je geglaubt hätte. Aber sie war an ihrem Ziel, oder besser gesagt sie war fast an ihrem Ziel aber unheimlich nahe. Sie konnte es immer noch nicht wirklich glauben, dass sie es bis hier her geschafft hatte. Den ganzen langen, weiten Weg aus Germanien bis hier her. Wie lange sie nun unterwegs gewesen war wusste sie nicht, denn schon früh hatte sie aufgegeben die Tage zu zählen.
    Crispina bedankte sich bei dem Mann der sie mitgenommen hatte und gab ihm den letzten Rest ihres Geldes. Irgendwie musste sie sich doch erkenntlich zeigen und irgendwann würde sie auch Leif noch einen großen Dank zukommen lassen, denn ohne ihn wäre das alles nicht möglich gewesen.


    Crispina kletterte vom Wagen hinunter und besah sich die neue Umgebung, denn hier war sie zuvor in ihrem Leben noch nie gewesen. Trotzdem spürte sie dieses Heimatgefühl, denn es war nicht zu vergleichen mit Germanien. Das Land hatte sie von Anfang an gehasst und mit diesen Gedanken kamen auch jene die mit Lucius und ihrem Onkel zusammen hingen. Wie es Lucius wohl ging und wie er es aufgefasst hatte, dass sie einfach gegangen war ohne sich von ihm zu verabschieden? Es machte sie traurig, aber wenn alles geregelt war wollte sie einen Brief schicken. Ihr Onkel war ihr dabei vollkommen egal, aber nicht der kleine Lucius.


    Doch nun galt es erst einmal den Weg zu finden der sie zu Reatinus bringen würde. Sie musste die Legionis I finden, irgendwie. Es würde ihr nichts anderes über bleiben als sich durchzufragen und zu hoffen, dass man sie mitnehmen würde. Ihr Aussehen würde ihr dabei sicherlich weniger helfen, denn sie wirkte auf den ersten Blick mittlerweile doch ziemlich abgerissen. Irgendwo musste sie etwas Wasser finden um wenigstens ihr schmutziges Gesicht zu waschen. Doch so kurz vor ihrem Ziel würde sie sich davon nicht unterbekommen lassen. Wenn Reatinus sie erst einmal sah würde er sie schon wiedererkennen. Es blieb nur zu hoffen, dass er sie nach all der Zeit des Schweigens nicht vergessen hatte, aber sie hatte nie eine Möglichkeit gehabt ihm zu schreiben, nicht nachdem ihr Onkel sie so lange eingesperrt hatte.


    Langsam begann sie die Stadt zu durchstreifen und war froh, dass sie anscheinend zwischen den Menschen nicht weiter aufzufallen schien, sie mochte sich gar nicht ausmalen was geschah wenn man sie vielleicht für eine entlaufene Sklavin hielt. Niemals hätte sie das Gegenteil beweisen können, aber das waren Gedanken an diese wollte sie nicht denken. Alles würde gut werden, alles würde gut werden.
    Als sie an einen Brunnen kam tauchte sie ihre Hände in das Wasser und versuchte notdürftig ihr Gesicht zu säubern. Sie schaute schlimm aus, das konnte sie über das Spiegelbild im Wasser sehen. Es erschreckte wie geschafft sie wirklich ausschaute, aber daran konnte sie jetzt nichts mehr ändern, denn sie hatte auch die letzte Sesterze aufgebraucht.


    Ein wenig zog sich ihr Magen und ihr Herz zusammen, denn sie hatte nun doch etwas Angst, dass sie nicht erwünscht war, oder nicht zu ihm kam, oder etwas anderes geschah was nicht geschehen durfte. Crispina trank etwas von dem Wasser aus ihren Händen und straffte sich dann wieder um die schlimmen Gedanken endgültig aus ihrem Kopf zu vertreiben. Sie musste einfach zusehen zum Castellum zu kommen, irgendwie. Zwar fühlte sie sich schwach und kaputt und ihr tat alles weh, aber das letzte bisschen würde sie auch noch auf sich nehmen, also machte sie sich langsam auf den Weg.

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