• Es war ein ziemlich angenehmer Morgen. Vom Meer her wehte eine leichte Brise und die Palmwedel raschelten sachte im Wind. Allerdings merkte man diesseits der Palmenwipfel rein gar nichts davon, was den Morgen dann doch ziemlich schwül und drückend machte. Nichtsdestotrotz hatte Caius Katander genötigt, mit ihm über den Markt zu ziehen und einzukaufen. Wenn er Ägypten bald verlassen würde, bräuchte er entsprechende Geschenke. Egal, ob er in Germanien dann noch einmal einkaufen gehen würde oder nicht.


    Vorbei an Catulus & Albius (kurz C & A), Dolcus und Gabbanus, einigen fehl am Platz wirkenden Ziegenhändlern und dem gallischen Frauenladen Douglasius, flanierten Herr uns Sklave die Märkte entlang. Katander zog ein langes Gesicht.
    »Nu guck doch nicht immer so. Du darfst deinem Herzilein ja auch was schenken«, sagte Caius zu Katander.
    »Zehn Sesterzen, in Ordnung?« Katander warf ihm einen grollenden Blick zu und schwieg. Seine Griesgrämigkeit mochte daran liegen, dass er bereits bepackt war wie ein hellenisches Maultier.
    »Du musst halt auch mal schauen, Katander!« echauffierte sich Caius gerade und deutete mit links hierhin, mit rechts dorthin.
    »Hier gibt es so viele Stände. Da wird auch für Elena was dabei sein. Nen neuer Kochlöffel oder sowas.«


    Katander hätte ja gern geschaut, wenn er denn die Hände frei gehabt hätte. So aber... Er warf einen leicht sehnsüchtigen Blick zu einem Schmuckstand, der viel zu teuer war für seine zehn Sesterzen, und schoss dann einen vernichtenden Blick Richtung Caius ab. Sein Herr hatte es ihm nicht erzählt, aber er wusste, dass irgend etwas bei den Iuniern vorgefallen sein musste. Etwas Wichtiges. Und Caius konnte ihm nichts vormachen, immerhin aren sie zusammen aufgewachsen! Caius bemerkte den Blick und sah weg. Das tat er die letzten beiden Tage ständig. Er hatte etwas zu verbergen, und es hatte mit den Iuniern zu tun. Und sicherlich auch mit Seiana. so sehr konnte man eine Frau gar nicht lieben, dass man ihr halb Ägypten kaufte. Denn beinahe alles, was Caius trug, war für Seiana.

  • »Na komm schon. Ich brauche noch etwas für Quarto. Und für den kleinen Lucius. Der wahrscheinlich gar nicht mehr so klein ist«, bemerkte Caius trocken und steuerte auf einen Pfeifenhändler zu.
    »Haha, Opium! Meinst du, das könnte Quarto gefallen? Eine neue Opiumpfeife? Hat er überhaupt eine?« Grübelnd kratzte er sich am Kopf.
    »Wozu sollte er unbedingt eine Opiumpfeife brauchen?« wandte Katander mürrisch ein, und Caius blieb unschlüssig stehen.
    »Hm. Weiß nicht? Damit er nicht immer so ernst dreinschaut?« Er seufzte und zuckte mit den Schultern.
    »Das ist fast so schwierig wie damals der Einkauf für Callidus! Was schenkt man denn einem erfolgreichen Politiker der schon alles hat?« Caius schüttelte frustriert den Kopf.
    »Und wenn du nach etwas anderem schaust? Nichts Materielles, meine ich. Alexandria hat eine große Bibliothek. Mach doch eine interessante Abschrift von irgendwas, das in Rom nur schwer zu haben ist.« Katander schaffte es, trotz der Päckchen und Pakete mit den Schultern zu zucken, aber Caius sah nicht gerade begeistert aus.
    »Hm. Ach, nee...« Katander rollte mit den Augen, hielt aber die Klappe.
    »Und solche Lammfellsandalen?« fragte Caius seinen Sklaven lustlos.
    »Wenn du meinst, Herr«, echote katander gelangweilt, woraufhin nun Caius mit den Augen kullerte.
    »Boooh, nu sei mal nicht so eingeschnappt! Bist ja schlimmer als eine Frau«, meckerte Caius.
    »Sicher nicht schlimmer als Seiana, wenn sie rauskriegt, was du angestellt hast«
    , murmelte Katander kaum hörbar. Caius hatte es trotzdem verstanden und sah Katander nun alarmiert an.

  • »Wie hab ich denn das zu verstehen?« fragte er, plötzlich hellwach, und taxierte Katander, der ungerührt zurück starrte.
    »Du hast mich schon verstanden«, sagte er ruhig.
    »Glaubst du, ich bin blind? Wir kennen uns jetzt seit dreißig Jahren oder so. An dir nagt doch was, seitdem wir bei den Iuniern waren. Und du kaufst doch nicht umsonst diesen ganzen Plunder.« Katander runzelte verärgert die Stirn und hätte am liebsten seine Arme von den Paketen und Tüten befreit. Doch er raschelte nur ärgerlich damit und sah Caius vorwurfsvoll an. Caius schwieg. Er sah weg.
    »Das geht dich nichts an«, sagte er gepresst.
    »Aha, na fein. Bitte, geht es mich nichts an. Du musst ja wissen, was du machst. Der Herr Aelius hat sich ja auch noch nie geirrt oder wo hinein manövriert, wo er nicht mehr rauskam!« Katander sah nun ebenfalls weg und hielt den Mund. Caius ließ eine Frau vorbei, die einen abgeschnittenen Gänsehals trug, und fühlte sich unbehaglich. Wenn Katander ihm schon ansah, dass etwas nicht stimmte, dann konnte er vor Seiana erst recht nicht verbergen, was er getan hatte. Das war zumindest erst sen Plan gewesen, aber eigentlich hatte er ihn schon vorher verworfen. Er konnte sie nicht heiraten und anlügen. Das hatte sie nicht verdient. Schweigend setzte er sich wieder in Bewegung. Katander zockelte mit etwas Abstand hinter ihm her.

  • Es vergingen geschlagene zwanzig Minuten. Sie waren inzwischen fünfundzwanzig Stände weiter und hatten neben einem Rückenschrubber und einer Dose für Milchzähne auch einen quietschgelben Schleier, eine Kette aus Krokodilszähnen und eine Tüte getrocknete Datteln gekauft. Katander wunderte sich schon lange nicht mehr. Er begriff allerdings langsam, dass diese Kaufwut für Caius wichtig war. Womöglich kompensierte er damit etwas, das Katander nicht einmal erahnen konnte.


    »Caius. Caius, warte mal eben.« Er war eben doch ein netter Bursche. Und er konnte seinen Herrn ja nicht sich selbst überlassen. Also versuchte er es anders. Caius ging noch ein paar Schritte, dann blieb er stehen und drehte sich zu Katander um, scheinbar genervt.
    »Was.«
    »Warum sagst du mir nicht, was passiert ist? Vielleicht kann ich helfen? Was ist denn nur los mit dir?« Katander war nun ernsthaft besorgt und zeigte das auch.
    »Weil ich weiß, dass du zu Elena rennst. Und die rennt dann damit zu Seiana«, erwiderte Caius kurz und bündig, zog eine Grimasse und wollte weitergehen, doch Katander brachte es trotz seiner Lasten irgendwie fertig, ihn am Arm zu fassen und festzuhalten. Dass dabei die Milchzahndose verloren ging, merkte keiner von beiden, auch später nicht.
    »Hast du jemanden umgebracht?« wollte Katander ganz ernsthaft wissen. Caius machte ein Gesicht, als hätte man ihn geschlagen, dann runzelte er missbilligend die Stirn und schüttelte den Kopf.
    »Blödsinn«, murrte er. Katander wirkte erleichtert.
    »Dann warst du mit ihr in der Kiste«, stellte er sachlich fest. Und diesmal sagte Caius nichts.

  • Dann wurde er sauer.
    »Na und?« blaffte er Katander an. Der sah sich dadurch bestätigt und verdrehte die Augen.
    »Ja wie, na und? Du weißt doch, wie Seiana ist! Kein Rumgepoppe vor der Hochzeit und so, dann wird sich das ganz sicherlich nicht toll finden!« Schon holte er Luft, um weiterzumachen, da unterbrach Caius ihn nüchtern.
    »Das wird sie gar nicht erfahren.« Und das nahm Katander den Wind aus den Segeln, so dass ihm erstmal nur Luft entwich statt einer Schimpftirade. Dann...
    »Wie jetzt?«
    »Naja, ich sag es ihr nicht. Und du auch nicht«, fügte er mit scharfem Blick hinzu. Katander glotzte.
    »Gut. Ich tippe trotzdem darauf, dass sie gewinnt«, entgegnete Katander dann patzig, und da war es Caius, der glotzte.
    »Wie, gewinnt?«
    »Naja, also mal ehrlich, du bist ein hundsmieserabler Schauspieler. Ich tippe darauf, dass Seiana gewinnt, wenn ihr euch dann deswegen prügelt.« Katander schlenderte gemütlich neben Caius her, als er das sagte.

  • Caius schwieg. Was sollte er auch groß dazu sagen? Grummelnd stapfte er von dannen. Katander lief grinsend hinterher. Das würde ein Spaß werden, dem kläglichen Vertuschungsversuch seines Herrn zuzuschauen...


    Es dauerte nicht mehr lang, da hatte Caius die Lust verloren und der Kaufrausch war vorüber. Katander ahnte schon jetzt, dass längstens nicht alles einen Platz in einer Kiste nach Rom finden würde. Auf einem Schiff war schließlich auch nur beschränkt Platz. Katander dachte an die Heimreise. Es würde wohl stürmisch sein zu dieser Jahreszeit auf dem Meer. Ihm machte das nichts aus, Caius schon. Nun, man würde sehen. Das Kapitel Ägypten hatte sich also erst einmal ausgelesen. Doch es war sicher, dass es an anderer Stelle weitergehen würde (zumindest für Katander (und den Schreiber dahinter!)).


    :]

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