Es geschah eines schönen Tages, dass niemand Geringerer als der ehrenwerte A. Flavius Piso, in Gedanken versunken, weitab aller Realität, über die Märkte Roms einherging. Waren es noble Ideen, denen der Patrizier in seinen Gedankengängen nachging? Wohl kaum. Innerlich war er gerade dran, sich vollends fertig zu machen. Ein Bösewicht in seinem Hirn sprang auf und ab, ihm ständig zurufend: Du bist Schuld! Du bist Schuld! Die Märkte, die ihm früher so viel Freude und Spaß bereitet hatten, wie fade und langweilig waren sie dieser Tage! Fast könnte man meinen, der Flavier wollte sich selber herunter ziehen, indem er genau diesen Ort auswählte als Ziel seines bisher ziellosen Herumschlenderns in Rom.
Denn dies hier war die Gasse in den Märkten, die er mit Serrana entlang gegangen war. Und vor ihm nun erschloss sich ihm der kleine Platz, wo der Parther mit dem frechen Grinsen seinen Elefanten zum Reiten angeboten hatte. Er konnte sich nicht einmal mehr richtig an den Ritt erinnern. Er wusste nur noch – es war schön gewesen. Das Bild von der schönen Tochter des Decimus Verus ging ihm nicht aus dem Sinn. Er wollte es gar nicht aus seinem gedächtnis verdrängen, im Gegenteil. Er baute darüber auf. Verklärte die Decimerin zu seinem Idol, zur Perfektion erhob er sie. Niemals würde es einer anderen Frau gelingen, so zu sein wie sie! Niemals würde er wieder eine Frau lieben, glaubte er, als er über den Platz schlich.
Auf den Boden schaute er unwillkürlich. Er suchte nach Holzsplitter vom Podest, auf welchem der Parther gestanden war. Er suchte nach Elefantendung. Doch nichts war mehr da, der Mann war vor Ewigkeiten schon abgezogen.
So wie Decima Serrana. Ihr Vater hatte sich die Schuld daran gegeben, dass sie gegangen war, spurlos, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Doch das war nicht die Wahrheit. Er war es gewesen, redete sich piso ein. Er war es gewesen, der sie dazu getrieben hatte zu gehen. Mit seiner aufdringlichen Art! Mit seinen Aufforderungen! Wieso hatte er sich nicht zurückhalten können? Wieso musste er sie in den Wahnsinn treiben?
Dies war der Grund gewesen, warum sie geflüchtet war. Er war der Grund, und niemand sonst.
Piso atmete tief ein und schritt weiter. Flüchtig blickte er eine leichte Dame neben sich an, die eigentlich ziemlich schwer war. Nein, so war Serrana nicht gewesen, dachte er, als er an ihr vorbei ging. Sie war perfekt gewesen...
Er blieb stehen und seufzte. Gerade wollte er weiter gehen und seinen traurigen Gedanken weiter nachhängen. Da merkte er etwas an seinem Ellenbogen. Es war ein unangenehmes, ja, fast schon schmerzhaftes Zwicken. Er fuhr herum und blickte in das grinsende Gesicht der unansehnlichen Prostituierten von eben.
„Na, Süßer? Du schaust traurig aus. Willst du dich ein bisschen amüsieren?“ Piso blickte die Frau streng an. „Nein, danke.“ Das unmoralische Ding lachte. Sie wusste, dass Patrizier gut zahlten. Jene konnte man gut übers Ohr hauen. „Komm schon.“ Piso schüttelte den Kopf, und seinen Körper selber schüttelte es, als sie begann, ihn mit ihren Armen zu umschlingen. „Mir ist wirklich nicht danach.“, meinte Piso scharf. Wie sollte er jemals wieder mit einer anderen Frau das Bett teilen? Das kam nicht in die Tüte!
Und das Flittchen merkte das ebenfalls, denn als ihre rechte Hand noch seinen Hals umkoste, griff ihre linke Hand geschickt nach seinen rechts hängenden Geldbeutel. Sie hoffte wohl, Piso würde das, abgelenkt wie er war, nicht merken.
Doch sie hatte sich getäuscht. Piso jaulte auf, als ob sie ihm in die Weichteile gekickt hätte, und umgriff seinen Beutel mit beiden Händen! Er hatte einiges an Geld da drinnen, das würde er sich nicht von einer Prostituierten, Schrägstrich, Diebin klauen lassen. Er riss sich unter Aufwendung all seiner Kräfte weg, drehte sich um, und rannte, was das Zeug hielt, direkt in irgendjemandes Arme.
Er keuchte entsetzt. Das musste die Diebin sein! Jetzt war er geliefert! „Lass mich los, du mieses, verdammtes Stück, du willst mich doch umbringen, du billiges Flittchen du, du Drecksweib, du elend... OOOOOHHHHHHH, gnädigste Aurelia, welch Freude!“ Er rang sich ein verlegenes Grinsen ab, als er sah, in wen er da wirklich hineingerannt war.
Reserviert
EDIT: Farbe...