Änderung des Instanzenzugs

  • “Ich bin der Ansicht, dass der Consul Tiberius Dursus die Frage durchaus beantwortet hat. Wenn ein Praetor selbst befangen ist, dann kann er nicht nur nicht selbst dem Gericht angehören, er kann auch keines einsetzen. Dann muss der Prozess eben warten, bis ein neuer Praetor gewählt wurde, der dann hoffentlich nicht befangen ist. Oder der Imperator Caesar Augustus zieht die Sache an sich, wenn er findet, dass sie nicht so lange warten kann.
    Befindet der Praetor aber, er selbst sei nicht befangen, dann bleibt den Prozessbeteiligten, wie Consul Tiberius gesagt hat, der Weg zu einem Volkstribun, zu einem Consul oder zum Imperator Caesar Augustus. Volkstribune und Consuln können ihr Veto einlegen und damit den Prozess verhindern.
    Richtig, sie können selbst kein Gericht einsetzen. Wenn sie also ihr Veto einlegen, dann muss der Prozess ebenfalls bis zur nächsten Amtsperiode ruhen. Aber alle Beteiligten müssen ihre Entscheidungen immer gut überlegen. Denn jeder kann nach Ablauf der Amtszeit für seine Taten selbst vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden und zweifellos wäre es eine strafbare Handlung, einen Prozess nur aus taktischen Gründen zu verschleppen.“

  • "Eben dies war mein Gedankengang. Der Kaiser kann im Notfall, wenn er einen Prozess für nicht aufschiebbar hält, diesen noch immer an sich ziehen."


    fügte Durus an und blickte in die Runde, ob sein Vorschlag damit ausreichend diskutiert war.

  • Für die Idee, den Prozess notfalls einfach warten zu lassen, konnte sich Macer nicht sonderlich erwärmen, aber er sah ein, dass er hier offenbar keine Mehrheit für seine Bedenken erwirken konnte. Der Verweis auf die Interventionsmöglichkeiten anderer Magistrate erschien ihm allerdings nach längerem Nachdenken doch gar nicht so falsch, so dass er auf dem zweiten Teil seines Einwandes ebenfalls nicht mehr beharrte und somit schweigend auf seinem Platz sitzen blieb, als der Consul in die Runde blickte.

  • Eine ganze Weile wartete der Consul, ob es noch weitere Einwände gab. Dann jedoch beschloss er, langsam zur Abstimmung zu kommen, da offenbar sowieso kaum mehr Redebedarf bestand.


    "Ehe wir abstimmen, möchte ich meinen Antrag noch einmal zusammenfassen. So dann keine Einwände mehr bestehen, werden wir darüber abstimmen:"


    Ersatz der §§ 2, 3, 4, 19


    durch
    § 2 Iudicium Privatum
    (1) Dem Iudicium Privatum sitzt ein vom zuständigen Praetor eingesetzter Iudex vor, wozu auch ein amtierender Praetor zugelassen ist.
    (2) Den Iudex bestimmt der Praetor Urbanus bei Fällen zwischen Römischen Bürgern, bei solchen mit Beteiligung von Peregrini ist der Praetor Peregrinus berechtigt, einen Iudex einzusetzen.


    § 3 Iudicium Publicum
    (1) Dem Iudicium Publicum sitzen drei vom zuständigen Praetor bestimmte Iudices vor, wozu auch die amtierenden Praetoren zugelassen sind.
    (2) Die Verhandlungen führt ein vom zuständigen Praetor bestimmter Iudex Prior, wozu auch ein amtierender Praetor zugelassen ist.
    (3) Die Iudices und den Iudex Prior bestimmt der Praetor Urbanus bei Fällen zwischen Römischen Bürgern, bei solchen mit Beteiligung von Peregrini ist der Praetor Peregrinus hierzu berechtigt.
    (4) Zur Urteilsfindung erfolgt eine Abstimmung unter den Iudices, bei der die Mehrheit gewinnt. Eine Enthaltung ist nicht möglich.


    § 4 Iudicia Extraordinaria
    (1) Die Coercitio Extraordinaria des Kaisers wird entsprechend den Bestimmungen des Kaisers durchgeführt. Iudex ist ein oder mehrere vom Imperator Caesar Augustus eingesetzte Iudices, gegebenenfalls auch der Imperator Caesar Augustus selbst.
    (2) Wird der Senat als Gericht angerufen, sitzen ihm die Consuln oder in deren Vertretung die Praetoren vor. Die Urteilsfindung erfolgt durch die Consuln, ihre Ratifizierung durch Abstimmung des Plenums.


    § 19 Sachliche Zuständigkeit
    (1) Bei Verhandlungen über Verbrechen und Schwerverbrechen ist das Iudicium Publicum sachlich zuständig.
    (2) Bei allen anderen Delikten ist das Iudicium Privatum sachlich zuständig.
    (3) Bei Delikten von besonderem öffentlichen Interesse ist der Kaiser berechtigt, die Verhandlung kraft seiner Coercitio Extraordinaria an sich zu ziehen.


    "Ich darf noch anmerken, dass wir die Frage der Richter, sowie die der Einteilungen von Straftaten separat diskutieren werden, sobald über diesen Antrag entschieden ist."

  • Lucius Aelius Quarto bat um das Wort.


    “Im Zuge dieser Reform der Subpars Prima möchte ich anregen, auch den § 1 des Codex Iuridicialis in den Änderungskatalog mit aufzunehmen.
    Zwei Vorschläge habe ich dazu, die sich beide auf den Absatz (1) beziehen:


    Vorschlag I: Der Begriff „Provincia Italia“ sollte gestrichen werden. Er ist irreführend und jeder vernünftige Mensch weiß ohnehin wo Rom liegt.


    Vorschlag II: Wenn eine zu verhandelnde Straftat außerhalb Italias begangen wurde, oder wenn zwei Prozessgegner außerhalb Italias wohnen, dann sollte ein zuständiger praetor auch einen Gerichsstand in ihrer Heimatprovinz festlegen dürfen, zumal sie, also die praetoren, nach dieser Reform nicht mehr zwingend selbst den Vorsitz übernehmen müssen. Dann könnten minderschwere Fälle auch direkt vor Ort verhandelt werden.
    So würde dann auch die Provinzbevölkerung bisweilen die Schönheit des römischen Rechtswesens erfahren, ohne eine weite Reisen auf sich nehmen zu müssen.“


    Er machte eine kurze Pause.


    “Der von consul Tiberius Durus vorgestellte Entwurf findet darüber hinaus inhaltlich weitestgehend meine Zustimmung.


    Allerdings würde ich einige anders lautende Formulierungen begrüßen.
    Meine Änderungsvorschläge dazu lauten wiefolgt:


    § 2
    (1): Dem Iudicium Privatum sitzt der zuständigen Praetor vor, oder ein von ihm eingesetzter Iudex.
    (2) Bei Streitfällen zwischen Römischen Bürgern ist der Praetor Urbanus sachlich zuständig, bei solchen mit Beteiligung von Peregrini ist der Praetor Peregrinus sachlich zuständig.


    § 3 Iudicium Publicum
    (1) Dem Iudicium Publicum sitzen der zuständige Praetor und zwei von ihm eingesetzte Iudices vor, oder drei von ihm eingesetzte Iudices.
    (2) Die Verhandlungen führt der zuständige Praetor oder ein von ihm bestimmter Iudex als Iudex Prior.
    (3) Bei Strafsachen mit ausschließlicher Beteiligung Römischer Bürger ist der Praetor Urbanus sachlich zuständig, bei solchen mit Beteiligung von Peregrini ist der Praetor Peregrinus sachlich zuständig.
    (4) Das Urteil wird von allen Iudices in Einvernehmen gefasst, erstellt und vom Iudex Prior verkündet. Sollte diese Einvernehmlichkeit nicht herstellbar sein, so entscheidet die einfache Mehrheit. Eine Enthaltung ist nicht möglich.


    Zu dem vorgeschlagenen § 4 muss ich fragen: Was genau ist darunter zu verstehen: 'Die Coercitio Extraordinaria des Kaisers wird entsprechend den Bestimmungen des Kaisers durchgeführt'? Welche Bestimmungen sind da gemeint?“



    /edit: Kleinen Rechtschreibfehler beseitigt.

  • Aufmerksam hatte Ursus die Diskussion verfolgt und nahm sich nun die Zeit, die endgültige Vorlage gründlich zu durchdenken. Immerhin war die Sachlage alles andere als leicht. Wer wußte schon, wie sich die Änderungen in der Praxis machen würden? Welche Schwächen die Praxis noch offenbaren würde, lag in diesem Moment im Dunkeln. Vielleicht lag es an seiner Unerfahrenheit, daß er keine Einwände vorzubringen hatte. Doch im Moment fiel ihm tatsächlich nichts auf.


    Anders Aelius Quarto, der noch einiges anzumerken und zu fragen hatte. Hier zeigte sich dessen weit größere Erfahrung. Gespannt richtete Ursus seine Aufmerksamkeit wieder auf Durus, der vermutlich derjenige sein würde, der darauf reagierte. Vielleicht auch Purgitius Macer? Gerade er als Praetor war sicher besonders interessiert an diesem Thema.

  • Natürlich erhielt der zweimalige Consular Aelius das Wort, sobald er sich meldete. Was er dann jedoch verkündete, erstaunte den Tiberier ein wenig: Es waren ganz neue Punkte, die er da einbrachte - und das jetzt, zum Ende der Debatte hin! Doch sein Ansehen und seine Autorität verlangten, dass man auf sie Rücksicht nahm. Also setzte er zu einer Antwort an:


    "Ich stimme deinem Antrag zu, Aelius. Jedoch würde ich fast so weit gehen, den ersten Paragraphen gänzlich zu streichen - wozu ist er nötig? Jeder weiß, wo die Praetoren sitzen und dass die Codices natürlich für alle Menschen gilt, gegen die man ihn durchsetzen kann!"


    Dies mochte ein kleiner Schritt auf dem Weg zu einem entbürokratisierten Staatswesen sein, doch immerhin war es einer. Die übrigen Vorschläge waren wiederum Kleinigkeiten in der Formulierung, die Durus langsam ein wenig ermüdeten.


    "Auch hier möchte ich meine Formulierung verteidigen: Wie Du Dich sicher erinnerst, habe ich bereits meine Gründe für die Wortwahl bei der Einsetzung von Iudices geäußert. Zudem halte ich die Formulierung 'ist der Praetor sachlich zuständig' für ein wenig schwammig, weshalb ich auch hier meine Formulierung bevorzugen würde, da sie präzise die Aufgaben des Praetors bestimmt.


    Dennoch kann ich der Umformulierung von Absatz 4 einiges abgewinnen, weshalb ich meinen Antrag dahingehend abändern möchte, dass deine Formulierung verwendet wird."


    Zuerst hatte Durus überlegt, ob er die Einvernehmlichkeit nicht irgendwie streichen konnte, doch wurde ihm rasch klar, dass er auf die schnelle keine knappe und passende Formulierung finden würde - also Quartos Vorschlag, der eigentlich ganz gut klang.


    "Schließlich bin ich der Meinung, dass es nicht Aufgabe des Senats ist, der außerordentlichen Rechtsprechung des Kaisers einen formellen Rahmen aufzudrücken. Der göttliche Augustus betraute etwa in den einen Fällen den Praefectus Urbi allein mit den Prozessen, der göttliche Iulianus hingegen zumeist Gremien aus Senatoren und ihm selbst, teilweise auch den Praefectus Praetorio. Daher denke ich, dass man die äußere Form in diesem Falle flexibel halten sollte."


    Tatsächlich widerstrebte es dem Tiberier natürlich, dass der Kaiser in dieser Angelegenheit Narrenfreiheit erhielt. Doch andererseits fürchtete er sehr, dass der Kaiser...oder vielmehr dieser Salinator sein Gesetz kippten. Also hatte er dieses Zugeständnis eingebaut und verteidigte es nun auch.

  • Macer wog den vorgestellten Entwurf und die Änderungen gegeneinander ab und melde sich dann ebenfalls zu Wort. "Ich halte die von Aelius Quarto vorgeschlagenen Änderungen für §2, Satz 1 und §3, Satz 1 und 2 für wesentlich eleganter als die Lösung des Consuls, weil sie in weniger ausschweifenden, aber dafür klareren Worten dasselbe aussagen. Wobei ich bei §3 hingehen würde, und beide Sätze zu seinem Eintrag zusammenfassen würde:


    'Dem Iudicium Publicum sitzen der zuständige Praetor und zwei von ihm eingesetzte Iudices vor, oder drei von ihm eingesetzte Iudices. Der Praetor bestimmt, wer von diesen dreien als Iudex Prior die Verhandlung leitet.'


    Dabei ist mir insbesonders wichtig, dass deutlich wird, dass der Iudex Prior einer der drei eingesetzten Iudices ist und nicht etwa ein zusätzlicher Iudex, was man in der ursprünglichen Forumlierung auch annehmen könnte."

  • “Ich bin ein entschiedener Befürworter einfach gehaltener und schlicht formulierter Gesetze...
    ...wo dies möglich ist.
    Ausschweifende Paragraphen und überfrachtete Formulierungen verbergen meist nur das darin lauernde Unrecht.
    Ich werde immer dafür sein, als unnütz erkannte Paragraphen zu streichen.


    Aber den § 1 der Strafprozessordnung halte ich für unverzichtbar.


    Absatz (1) regelt den Gerichtsstand. Momentan ist immer Rom vorgeschrieben.
    Ich bin dafür, diese Bestimmung zu öffnen.
    Aber ich bin nicht dafür, sei vollständig fallen zu lassen.
    Den praetoren sollten klare Vorgaben an die Hand gegeben werden. Ich will, dass Prozesse auch in den Provinzen stattfinden können, wenn die Tat in einer Provinz stattfand oder die Prozessbeteiligten in einer Provinz leben.
    Was ich aber nicht will, dass ist totale Freiheit bei der Wahl des Gerichtsortes.


    Man denke sich nur folgenden Fall: Ein Mann aus Rom soll angeklagt werden. Der praetor ist nicht befangen, aber er mag diesen Mann nicht, vielleicht aus politischen Gründen. Vielleicht will er ein besonders Exempel statuieren. Es ist einerlei warum, aber gehen wir davon aus, dass der praetor an einem harten Urteil interessiert ist. Was könnte er dann tun? Er könnte den Prozess in eine Ortschaft außerhalb Roms verlegen, vielleicht eine Stadt, die unter seinem Patronat steht. Dort könnte er den Fortgang des Verfahrens viel leichter beeinflussen. Hier in Rom, im Lichte der Öffentlichkeit, wäre das hingegen viel schwerer möglich.
    Darum finde ich, Rom sollte als Gerichtsstand vorgeschrieben sein. Aber es sollte klar benannte Gründe geben, weswegen ein anderer Ort gewählt werden kann.
    Auch das ist ein Schutz vor Willkür.


    Absatz (2) definiert den Geltungsbereich. Der Codex Iuridicialis gilt für alle Römer, egal wo auf der Welt sie sich befinden, und er gilt für Peregrini innerhalb unserer Grenzen.


    Du sagst nun, consul, dass der Codex selbstverständlich nur für die Menschen gilt, gegen die man ihn auch durchsetzen kann.
    Was aber ist mit dem Verräter, der sich unter den Schutz des Partherkönigs begeben hat?
    Was ist mit den beiden armenischen Bauern, die sich gegenseitig Diebstahl vorwerfen und über die Grenze kommen, in unser Land kommen, und verlangen, hier, nach römischem Gesetz müsse nun ihr Recht gesprochen werden?
    Was ist mit dem germanischen Stammesfürsten, der behauptet, ein anderer Stammesoberer hätte seinen Sohn getötet?
    Soll sich Rom immer zuständig fühlen, wenn solche Leute nach Gesetz und Ordnung rufen?


    Wir dürfen doch nicht vergessen, dass kein Land der Welt über so viel Gerechtigkeit verfügt. Nirgendwo gilt das niedergeschriebene Gesetz so viel. Rom ist auch in dieser Hinsicht einzigartig. Viele beneiden uns darum. Wir können ihnen aber nicht erlauben, dieses Recht für ihre Zwecke zu missbrauchen und Rom in Angelegenheiten hinein zu ziehen, die nicht Roms Sache sind.


    Darum muss, dass ist meine Auffassung, auch der Absatz (2) erhalten bleiben.“

  • "Wenn der Praetor befangen ist, können die Prozessparteien sich ohnehin an die vorhin genannten Instanzen wenden, die dann eingreifen können-"


    setzte Durus zu einer Erwiderung an, als ihm klar wurde, dass Aelius Quarto dieses Thema offenbar ausführlicher diskutieren wollte, sodass es wohl sinnvollerweise separat zu besprechen war. Wenn man ständig das Thema erweiterte, würde es wohl noch unendlich lange dauern, ehe man zu einer Abstimmung gab.


    "Ich beantrage, die Debatte abzubrechen und in einer separaten Diskussion zu behandeln. Hier sollte es ja um den Instanzenzug gehen, nicht um den Gerichtsort oder die Gültigkeit des Codex Iuridicialis."


    Er blickte zum Fenster: Wie ihm schien, war die Zeit schon recht fortgeschritten, doch musste dies nicht unbedingt am Sinken der Sonne liegen (deren Berührung des Horizonts unweigerlich das Ende der Debatte darstellte), sondern möglicherweise auch an der allgemeinen Dunkelheit des Winters.


    Sim-Off:

    = neuer Thread - will langsam mal zu einer Umsetzung, weil ich noch andere darauf aufbauende Vorschläge habe.

  • Macer verstand zwar nicht ganz, was die Erwiderung des Consuls bezüglich der Befangenheit mit den Erläuterungen von Aelius Quarto zu tun hatte, nickte aber zustimmend zum Rest des Antrags. "Ich unterstütze den Antrag des Consuls", ließ er sich von seinem Platz zwischen den Praetoren vernehmen. "Dann können wir uns alle besser auf das Thema vorbereiten, was sicherlich der Qualität der Debatte dienlich ist."

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