In jedem Jahr fanden die Feriae Latinae zum von den Consuln bestimmten Zeitpunkt in dem Albaner Berg, wenige Meilen von Rom entfernt, statt. Dorthin pilgerten an diesem Tag Vertreter aller latinischen Städte, die einstmals dem Latinerbund angehört hatten - und noch einige mehr. Ursprünglich war dieses Fest das Fest ihres Bundes gewesen, an dem Verträge beschlossen, Streitigkeiten geschlichtet und den Göttern geopfert worden war.
Doch der Latinerbund war Geschichte: Rom, die aufstrebende Stadt am Tiber, hatte die Führung des Bundes übernommen, um wenig später allen Bundesgenossen die Gesetze zu diktieren und über sie zu verfügen als seien sie Untertanen. Auch das Latinerfest war davon berührt worden, denn nun opferten die Consuln von Rom den Stier für Iuppiter Latiaris, den Schutzgott des Bundes, als Hauptopfer allein. Die übrigen Duumviri hingegen dienten mehr als Statisten. Auch die ernsthaften Dispute und Versammlungen waren abgeschafft worden - die Angelegenheit war zu einer Volksbelustigung geworden, bei der gespielt, gegessen und getrunken wurde, während die Politik außenvor blieb.
Ehe dieses Opfer jedoch vollzogen wurde, gab es fünf feierliche Tage, an denen bereits die traditionelle Waffenruhe Geltung besaß und die Consuln und Duumviri bereits anreisten. Hatten diese Tage ursprünglich für Verhandlungen gedient, waren sie heute jedoch geprägt von Audienzen, die die Consuln den übrigen Städtevertretern gewährten. Jede der sechzig Gemeinden wurde angehört, an jedem Tag zehn. Jeder der Duumviri hatte zu berichten, wie es seiner Stadt ging, welche Probleme sie umtrieb und welche Hilfe sie von Rom erbat. Anschließend entschied der Consul. Hätten sich die stolzen Latiner vor vielen Jahrhunderten wohl noch geweigert, an diesem Ritual teilzunehmen, war es nun zur Selbstverständlichkeit geworden, ja vielmehr zum willkommenen Anlass, vor dem Senat Gehör zu finden und daher war es selbstverständlich, dass jeder erschien.