area | Auf und davon

  • Es war früher Morgen gewesen, einige Tage nach der aurelisch-tiberischen Hochzeit. Charis hatte, meinen Anweisungen befolgend, all die Sklaven informiert, die mich auf meinen kleinen Ausflug begleiten sollten. Es war noch dunkel gewesen, als ich aufstand, eine Kleinigkeit aß und mich von meiner Leibsklavin ankleiden ließ. Bereits am Vorabend hatte sie alles nötige gepackt, was man für einen mehrtägigen Ausflug ans Meer so brauchte.
    Noch war es still in der Villa. Außer den Sklaven schlief wohl noch alles. Auf Fußzehenspitzen schlich ich durch die Gänge ins Atrium. "Deine Sklaven warten bereits draußen, domina!", erklärte mir ein alter Haussklave, der mir unterwegs begegnete. Diese Aussage hob meine Stimmung enorm, denn so wußte ich, daß wir bald aufbrechen konnten. Ein wenig schlechtes Gewissen plagte mich noch immer, denn ich hatte Marcus nicht in mein Vorhaben eingeweiht. Er würde von meiner Abreise erst von einem Sklaven erfahren, der ihn frühestens beim Frühstück mit dieser Mitteilung konfrontierte. Wie er darauf reagierte, darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Allerdings wollte ich auch nicht in der Haut des Sklaven stecken, der die Nachricht überbringen sollte.


    So trat ich denn hinaus in die Morgendämmerung zu meinen Sklaven, die dort nur noch auf mich warteten. Ich hatte nicht vor, eine lange Rede zu halten. Nur einige Erläuterungen wollte ich meinen Begleitern mitgeben.
    "Guten Morgen! Wie ich sehe, seid ihr bereits alle schon vollzählig. Ich möchte, daß ihr mich nach Ostia begleitet. Meine Familie besitzt dort eine Casa, in der wir uns einige Tage aufhalten werden. Außerhalb der Stadt wartet ein Wagen auf mich. Während mich eine Sänfte dorthin bringt, werdet ihr die Strecke bis Ostia mit meinen Pferden zurücklegen." Am Abend zuvor hatte ich einige meiner Pferde ausgewählt, die meine Sklaven benutzen konnten. Ach Sirius, der schwarze Hengst war dabei, den ich für Chimerion vorgesehen hatte. Ja, ich hatte alles bis ins Detail geplant und langsam wich die Hektik der Vorfreude auf ein paar schöne Tage am Meer, die ich mir und insgeheim auch dem, den ich liebte, gönnen wollte, fernab vom Trubel der Großstadt und von der Trübsal des Alltags.
    Der alte Sklave vom Atrium begegnete mir noch einmal und schließlich beschloß ich, daß er es sein sollte, der meinem Mann von meiner Absenz berichten sollte. "Du! Teile meinem Mann mit, ich bin für einige Tage nach Ostia verreist. Er braucht sich keine Gedanken zu machen. Ich habe zwei custodes und meine Leibsklavin dabei."
    Von mir aus konnte es nun los gehen. Ich freute mich schon, auf ein wenig Abwechslung.

  • Es gab eine Entität, über die Phraates dieser Tage mehr als üblich nachsann. Ahura Mazda, der Herr des Lichtes. Leuchtete er ihm noch immer den Weg? Beschützte er ihn noch immer? Reichte sein Arm bis nach Rom? Vielleicht wäre er zuhause in der Heimat Priester geworden. Wahrscheinlicher wäre jedoch eine Karriere im Heer gewesen. Eigentlich war ihm eine schillernde Karriere schon vorgezeichnet gewesen. Er war ein guter Kämpfer, immer noch.
    Wie dem auch sei, Charis hatte ihm offenbart, dass sie aus Rom rauskommen würden, aus Ostia. Wieder hatte Phraates an seinen Gott gedacht. Ob dies vorbestimmt war? War dies ein gutes, oder ein schlechtes Zeichen? War es eine Katastrophe, dass er nun mit der Flavierin, ohne das Gros der aurelischen Sklavenschaft zu seiner Unterstützung, nun Ostia herumgammeln würde? Oder war es gut, ein wenig Ruhe zukriegen? Oder sollte es gar nicht ruhig werden?
    Seine Sachen waren auf jeden Fall geschnürt, und er war früh aufgestanden, um rechtzeitig da zu sein. So stand er auch parat, als die Flavierin mit ihrer kleinen Rede daherkam.
    Phraates hörte zu und spitzte seine Ohren. Pferde? Er liebte, wie jeder ordentliche Parther, Pferde (sowohl zum Reiten wie auch im Wurstformat). Zu reiten erfüllte ihn mit Glück. Dass sie ihm das gewährte, war ein gutes Omen.
    Doch welches Pferd würde das Seine sein? Er blickte die dastehenden Rösser an, und sie starrten zurück. Kein intellektuell stimulierender Anblick. Seitlich blickte er zu dem anderen Sklaven, der mit ihnen gehen würde, den er aber nur am Rande kannte. Chimerion hieß er, und er war aus... Griechenland? Etwas in der Art. Und hoch stand er wohl nicht im Ansehen der römischen Herren. Schließlich war er gerade erst ausgebüxt. Was ihm durchaus Respekt abrang.
    Mit Mühe wendete er seinen scheuen Blick vom anderen Sklaven ab. Anstarren war unhöflich. Seinen Blick hielt er auf die Pferde fokussiert. Was für elende Viecher was waren, im Vergleich zu den edlen Tieren seiner Heimat.

  • Die Herrin hatte Charis am Abend zuvor, bevor sie zu Bett ging einige sehr merkwürdige Anweisungen gegeben, aus der sie nicht recht schlau geworden war. Celerina hatte sich mit ihren spärlichen Informationen sehr bedeckt gehalten. Offenbar hatte sie etwas geplant, ohne dies vorher Charis wissen zu lassen. Die Makedonierin war sich dadurch sehr unsicher geworden. Ob ihre Herrin bereits ahnte, daß Corvinus sie beauftragt hatte, ein Auge auf das Tun ihrer Herrin zu werfen. Sie konnte sich gewiss sein, wenn dies eines Tages der Fall war, dann gnadeten ihr die Götter!
    Am nächsten Morgen hatte sie ihre Herrin sehr früh geweckt, noch lange bevor die ersten Sonnenstrahlen die Erde berührten. Sie befolgte, ohne nachzufragen ihre Anweisungen und informierte dann die anderen Sklaven, die Celerina auf ihrem Ausflug begleiten sollten. Zuerst hatte sie bei Phraates vorbei geschaut, dann hatte sie die kleine Marei geweckt uns zum Schluß hatte sie auch noch Chimerion davon in Kenntnis gesetzt, daß Celerina auch ihn mitzunehmen wünschte. Ausgerechnet den Thraker! Ihr war dieser Sklave nicht ganz geheuer. Erst kürzlich war er geflohen und nun sollte er schon wieder für die Sicherheit der Herrin sorgen? Das war mehr als merkwürdig! Charis würde nicht nur ihr Augenmerk auf Celerina werfen, nein auch Chimerions Schritte würde sie sorgfältig im Auge behalten.
    Im Hof standen bereits drei von Celerinas Pferden bereit, die nur noch darauf warteten, bis es endlich los ging. Nun endlich lüftete die Herrin ihr Geheimnis und verriet zumindest einmal das Ziel ihrer Reise. Ostia! Charis konnte sich nicht viel unter Ostia vorstellen. Dort war sie niemals gewesen.
    Celerinas Ansprache ließ aber auch vermuten, daß sie ihren Gatten nicht von ihrem Ausflug in Kenntnis gesetzt hatte. Ein wenig verwirrt sah sie zu den anderen Sklaven. En wenig mulmig war ihr schon bei der Sache. Doch mit Phraates an ihrer Seite konnte nichts schiefgehen, hoffte sie. Hatte Celerina nicht soeben Phraates als ihren Leibwächter bezeichnet? In gewisser Weise war das eine Art Auszeichnung, hatte sie ihn doch bisher eher gering geschätzt.

  • Ziemlich müde, weil sie komischerweise nicht hatte schlafen können, trottete Marei mit gesenktem Kopf und ihrem Kleiderbündel aus der Tür. Erst bei dem Anblick der Pferde blickte sie auf und schluckte. Ohweia! Sie folgte Charis und stellte sich zu den Sklaven die ebenfalls mitkommen sollten. Phraates war auch dabei.. ihre gedrückte Stimmung hellte sich auf. Chimerion kannte sie noch nicht, aber das würde sich sicher geben, wenn sie zusammen auf diese Reise gingen..


    Celerina kam irgendwann heraus.. und verkündete das Ziel der Reise. Nach Ostia?! Wo lag denn das? Die Frage lag ihr auf der Zunge, doch sie hielt ihre Lippen verschlossen. Denn es bedeutete sich auf ein Pferd begeben und reiten zu müssen. Sie näherte sich Celerina und blickte sie traurig an. "domina? Ich kann nicht reiten! Deine Pferde sehen schrecklich groß aus!" Die Herrin sah das vielleicht anders, eben weil sie größer als das traurige Sklavenmädchen war. Auf die idee, die anderen Sklaven zu fragen, ob sie mit ihren reiten konnte, kam die Kleine nicht. Vielleicht schickte die Herrin sie gar zu Fuß zum Tor?

  • Chimerion hatte seinen Tag missmutig begonnen, wie so viele in letzter Zeit. Immer mehr bekam er das Gefühl, der Ehemann von Celerina könne ihn nicht leiden und suchte nach einer Gelegenheit, den treulosen Sklaven loszuwerden. Nur Celerinas vehementer Einsatz hatte ihn vor dem Tode bewahrt. Die anderen Sklaven behandelten ihn entweder wie Luft oder sie bezeugten ihm heimlich Respekt, dass er die Flucht gewagt hatte. So oder so, er fühlte sich wie seine Herrin einsam in diesem Haus, auch wenn es unzählige Skalven zu geben schien. An diesem Morgen hatte ihm Charis die Nachricht überbracht, dass die Herrin einen kurzen Urlaub in Ostia wünsche und das der Aufbruch ohne viel Aufsehen von statten gehen sollte. Also hatte er sich das Gesicht gewaschen und sich angekleidet, hatte noch eine Brotkante aus der Küche geholt und war dann zum Eingang der Villa gegangen.
    Die anderen Sklaven warteten bereits, unter ihnen auch Charis und der neue Leibsklave von Celerina, ein Mann namens Phraates. Ein Parther, genau wie Cassim, dachte er, als er die ostländischen Züge des Mannes sah. Ob sie ihn auch gefangen genommen hatten? Er beschloss, zunächts einmal etwas Abstand zu halten, hatte seine Herrin seit neuestem doch einen gewissen Hang, parthische Sklaven genau zu beobachten. Hatte nicht der letzte Parther ihren Chimerion verführt zu fliehen. Leise seufzend stellte sich Chimerion in die Reihe und wartete auf das Erscheinen seiner Herrin. Das kleine Mädchen, das noch bei ihnen stand hatte er noch nie gesehen, vermutlich wieder eine neue Sklavin dachte er und grinste ihr verschmitzt zu.


    Als Celerina dann endlich erschien, beugte er gehorsam den Kopf und hörte sich ihre kurze Instruktion an. Der Parther war also ebenfalls ein Wächter, folglich hatte er schon einmal gekämpft. Er versuchte den aufsteigenden Ärger zu unterdrücken. Statt dessen nahm er eines der Pferde am Zügel und wartete geduldig auf den Aufbruch. Was der Herr des Hauses wohl sagen würde, wüsste er von den Plänen seiner Frau? Kopfschüttelnd beschloss Chimerion, dass ihn derlei Dinge nicht zu interessieren hatten.

  • Der alte Sklave, seinen Namen wußte ich nicht einmal, neigte gehorsam seinen Kopf. "Ja, domina." Dann trat er zurück und beobachtete noch aus dem Hintergrund heraus, was weiter geschah.
    Ich indes besah mir noch einmal meine Sklaven, angefangen mit Chimerion, der heute Morgen sehr grimmig dreinschaute, über Charis, hin zu Phraates. Auf dem Parther ruhte mein nachdenklicher Blick einen Augenblick. Dem Alten gegenüber hatte ich erwähnt, mit zwei custodes reisen zu wollen. Ich fragte mich, ob der Parther da in der Tat der richtige war. Von nun an hatte er Gelegenheit sich zu beweisen. "Du!" sprach ich Phraates an. "Bist du nicht Kriegsgefangener gewesen? Du wirst ab heute neben Chimerion mein Leibwächter sein! Traust du dir das zu?" Ich erwartete keine Antwort von dem Parther, nur Taten.
    Schließlich fiel mein Blick auf die kleine Marei, die noch sehr unausgeschlafen wirkte und wie alle keinen Kinder quengelte, wenn man sie allzu früh weckte.
    "Keine Sorge Marei, du darfst mit in meine Sänfte. Unterwegs wirst du mich ein wenig bei Laune halten." antwortete ich sanft lächelnd. "Dann geht es nun los! Kommt mit!" Ich bedeutete der kleinen Sklavin, mir zu folgen und bestieg die Sänfte. Von den anderen Sklaven erwartete ich, daß sie meiner Sänfte zu Pferd begleiteten.
    Der kleine Zug setzte sich in Gang und verließ den Hof des aurelischen Anwesens, hinaus auf die Straße, durch die Stadt, der Porta Raudusculana entgegen.
    Wie geplant wartete vor der Stadt ein Wagen auf mich, in dem ich und die kleine Sklavin schließlich stieg.

  • Phraates hatte seinen Kopf leicht nach hinten gebeugt, ein bisschen schief nach rechts gelegt, so gen Himmel schauend, ein wenig vor sich hinträumend. In diesem Moment wurde er angesprochen von Celerina, schreckte somit aus seinen Tagträumen hervor. „Herrin?“, fragte er. Das Wort ging noch immer nicht leicht von den Lippen, doch es war mittlerweile ein wenig leichter. Er hörte angespannt zu und gaffte. Er custos? Das war ja so wie eine... Beförderung! Bei Ahura Mazda! Als custos hätte er sicherlich viel mehr Freiheiten... und besseres Essen... was sollte er da lang überlegen?
    „Sicherlich! Gerne!“, rief er also aus. „Ich werde dein custos. Klar.“ Es war kein Zögern zu sehen bei ihm.
    Custos! Das war schon etwas einmal etwas anderes. Obwohl es irgendwie komisch klang, Phraates freute sich über diese Erhebung. Eine Anerkennung seiner Dienste. Und die Möglichkeit auf eine etwas höhere Stellung. Und die Ausrede für die eine oder andere Freiheit.
    So wurde seine Laune gleich schon am Morgen etwas gehoben. Obwohl, so dachte er sich, es war schon merkwürdig, über was man sich in der Sklavenschaft alles freute. Wenn man ihn, damals, als er noch im parthischen Heer war, gesagt hätte, er würde einst froh sein, wenn man ihn zum Leibwächter einer Römerin ernennen würde, hätte er der betreffenden person den Vogel gezeigt. Nun aber war es soweit.
    Er lächelte Charis schnell zu, bevor sein Blick wieder auf den Thraker, Chimerion, fiel. Schon seltsam, dass er mitkam. Da war es verständlich, dass Phraates als zusätzliches Sicherheitsnetz mitkam. Allerdings war eines klar – würde Chimerion aufmucken, würde Phraates in genau die selbe kerbe schlagen. Was wollte dann Celerina dagegen tun?
    Mit einem Lächeln schwang er sich aufs Pferd und folgte dem Zug aus der Stadt heraus.

  • Marei machte große Augen, entgegen aller Erwartungen durfte sie sogar mit in die Sänfte, in die die ihrer Herrin gehörte. Das kleine Mädchen bekam die allgemeine Aufbruchstimmung mit und löste sich aus der Starre der Überraschung. "Aaabber gerne..." stotterte Marei und warf den mitgebrachten Kleidungsbeutel zuerst in die Sänfte bevor sie sich selbst hineinhievte. "Oh mann.. du hast aber viele Kissen! Das rot-gelbe hier gefällt mir! Uiii.. das ist ja der gleiche Stoff wie von meiner Kleidung! Dich unterhalten? Hmm.. vielleicht erkenne ich einge Straßen wieder und erzähle dir von Begegnungen während der Botengänge." plapperte Marei und schon den Vorhang etwas zur Seite, um nach draußen gucken zu können.

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