[Ein Nebenraum] Die Aufbahrung der Iunia Urgulania

  • Der kleine Trupp hatte die Priester der Tyche schnell davon überzeugen können, dass Urgulanias Leichnam in ihrem Heiligtum für diesen Moment sehr gut aufgehoben war. Thimótheos hatte einen Nebenraum in Beschlag nehmen lassen, in dem die Bahre abgestellt werden konnte. Noch war es draußen dunkel; es dämmerte noch wenig. Ein Kohlebecken wurde hinzugestellt und entzündet und einer der Priester kam zum Strategos und den Stadtwächtern hinzu, die immer noch betroffen den Leichnam anstarrten. "Betet für diese tapfere Rhomäerin, ihr Männer. Tyche wird eure Gebete erhören und diese Frau, die sich um die Polis so verdient gemacht hat, bei sich aufnehmen." Und die Stadtwächter und ihr Strategos beteten. Sie beteten für Urgulania und für sich, für die Sicherheit der Polis und dafür, dass dieser Vorfall keine neuerlichen Auseinandersetzungen provozieren würde. Irgendwann stand ein Hauptmann der Stadtwache in der Tür und wünschte den Strategos zu sprechen. Er erklärte, dass rhomäische Soldaten am Tatort eingetroffen seien, die den Strategos sprechen wollten. Bereitwillig stand Thimótheos auf und ging hinaus zu ihnen.

  • Gemeinsam mit dem Strategen betrat der Römer alexandrinischer Herkunft den Nebenraum, den die Männer der Stadtwache nun sinnvollerweise zum Totenlager umfunktioniert hatten. Palaemon hielt ein wenig Abstand zu dem leblosen Körper des Opfers, doch ein längerer prüfender Blick ließ die Brisanz des Falles noch deutlicher werden.
    "Von einem einfachen Raubmord dürfen wir wohl nicht ausgehen!" teilte er dem Strategos nun in der Sprache seiner Heimat und in dem Wissen mit, damit keine neue Entdeckung gemacht zu haben.
    "Gab es in jüngster Zeit besondere Problemstellungen, denen sie sich im Rahmen ihrer Amtsausübung verschrieben hatte? Oder offene Drohungen aus der Bürgerschaft oder einzelner Interessensgruppen gegen sie, von denen du etwas weißt?"
    Der Optio war sichtlich bemüht, eine mögliche Beteiligung aktiver römischer Legionäre vorerst nicht Thema werden zu lassen.

  • Sim-Off:

    Entschuldige bitte vielmals die lange Wartezeit.


    Der Strategos wartete schweigend, während der Optio die Tote in Augenschein nahm. Für seinen Kommentar in Koiné erntete der Soldat ein Stirnrunzeln und einen spöttischen Seitenblick. DAS hatte er nun wirklich auch schon selbst herausgefunden. Bis zu diesem Zeitpunkt nicht herausgefunden hatte der Bantotake allerdings, dass sein Gegenüber offenbar nicht ausschließlich des Lateinischen mächtig war, sondern sich auch in einer zivilisierten Sprache mit ihm unterhalten konnte. Dieser Umstand stimmte Thimótheos milde und zeigte ihm einmal mehr auf, dass nicht alle rhomäischen Legionäre ignorante Spinner waren. Vielleicht war dieser ursprünglich allerdings auch gar kein Rhomäer, wer wusste das schon? Weiterhin schweigend hörte Thimótheos sich die Fragen an, die der Optio daraufhin stellte. Er antwortete mit Bedacht und ebenfalls in der Sprache seiner Väter. "Problemstellungen? Nicht, dass ich wüsste. Urgulania war eine mächtige Frau. Sie hatte Beziehungen zu den einflussreichen Griechen sowie Rhomäern. Der Reichtum ihrer Familie und ihre Stellung als Frau in den Reihen der Prytanen brachte zwar unzählige Neider auf den Plan, aber ich kenne niemanden, der offenen Hass gegen sie gezeigt hätte." Sein Blick wanderte vom Leichnam zum Optio, als er vorsichtig fortfuhr. "Ohnehin gibt es in Alexandria derlei viele Interessensgruppen jedweder Art...doch keine hätte der Iunia wirklich gefährlich werden können. Die Banden der Rhakotis interessieren sich nicht für sie. Die Priesterkollegien hatten nie Reibungspunkte mit ihr. Die einflussreichen Prytanen und Gönner der Polis bewunderten sie. Ich kann mir niemanden in Alexandria vorstellen, der sich ihren Tod hätte wünschen können." Der Blick, mit dem er den Optio nun fixierte, sprach Bände. Es war deutlich herauszulesen, dass er da allerdings noch jemand ganz anderen im Verdacht hatte.

  • Sim-Off:

    Kein Problem


    Nach den Worten des Strategen war die Iunierin in der Metropole schlechtestenfalls auf Nichtbeachtung oder schnöden Neid gestoßen, innerhalb der elitären Kreise gar Zuneigung und Bewunderung entgegengebracht worden. Palaemon bedauerte dies. Eindeutige Anschuldigungen, klare Grenzen zwischen verschiedenen Lagern und Positionen wären mehr nach seinem Geschmack gewesen. Am Besten noch Verdächtige aus den Fremdenvierteln, die man zur Verantwortung ziehen konnte, ohne sich dabei mit der griechischen Bürgerschaft und der allein schon der Zahl ihrer Mitglieder wegen einflussreichen iudäischen Gemeinde der Stadt anzulegen. Aber so einfach wurde es ihnen hierbei nicht gemacht. Zumindest war der Stratege nicht auf Krawall und Konfrontation aus.
    „Ich denke, wir können gut zusammenarbeiten, Strategos. Ich erwarte, dass du mich über alle wesentlichen Fortschritte, die deine Männer machen, auf dem Laufenden hältst. Im Gegenzug werden auch wir die Informationen, die wir zu dem Fall erlangen, deiner Seite zur Verfügung stellen. Alles, was mit Dingen innerhalb der römischen Truppen zu tun hat, wird von uns intern behandelt."
    Damit wollte er nur klar machen, dass sie auch bei einer Beteiligung aktiver Legionäre an dem Mord keine Einmischungen und öffentliche Anschuldigungen von Seiten der Stadtverwaltung akzeptieren würden. Der Optio hatte auch kurz überlegt, Stadtwache und Legionseinheiten noch enger zusammenarbeiten zu lassen, diesen Gedanken aber wieder verworfen. So manchem seiner Vorgesetzten ging wohl schon die vorgeschlagene Arbeitsteilung viel zu weit.
    "Auch ich bin ein Kind dieser Stadt, doch bin ich mit den Örtlichkeiten sicherlich nicht so gut vertraut wie du. Gibt es einen Raum in der Nähe der Agora, wo ich mit den Soldaten ein vorübergehendes Büro einrichten kann?"
    Das nahe liegende, sich an die Regia zu wenden, wollte der Septimier vermeiden. In unmittelbarer Nähe mit den Beamten würden sich seiner Meinung nach nur weitere Schwierigkeiten ergeben.

  • Es stellte sich als schwierig für Graeceius heraus ins Tychaion durchgelassen zu werden, waren doch die Instruktionen des Strategos an seine Stadtwachen klar: Keine Soldaten bei der Aufbahrung. Dennoch, Gaius hatte wichtige Informationen, die dem Optio als Ermittler im Fall Iunia Urgulania ohne Umwege überbracht werden mussten. So ebnete sich der Legionarius einen Weg durch die Wachen, nachdem er Unterstützung von seinen Kameraden erhielt, die ebenfalls vor dem Tychaion stationiert waren. Innen angekommen machte der Eprius Palaemon aus und eilte zu seinem Vorgesetzten. "Optio, Legionarius Graeceius meldet sich zurück. Ich konnte die gewünschte Liste zusammenstellen, Optio." Gaius holte das Schriftstück hervor und reichte es dem Septimier.


    Cnaeus Lurius
    Lucius Laetorius Paululus
    Servius Cascellius Turbo
    Appius Papius Thermus
    Lucius Salienus Tlepolemus
    Marcus Vinius Alexandrinus
    Publius Tedius Cato
    Marcus Antonius Thyrsus
    [...]



  • Er zuckte vor Überraschung ein wenig zusammen, als Legionär Eprius ihm das Ergebnis seines Besuchs in der Castra überbrachte.
    So schnell hatte ihn Palaemon gar nicht zurück erwartet. Der Optio überfolg das Dokument, nickte zufrieden und teilte dem Eprier dann Folgendes mit:
    "Gute Arbeit. Sammle unsere übrigen Männer zusammen und unterstütze die Stadtwachen, wenn nötig. Sobald ich hier fertig bin, besprechen wir alles weitere."
    Schließlich wandte er sich wieder dem Strategen zu. Er brauchte wirklich einen Ort innerhalb der Stadtmauern, wo er ungestört den weiteren ABlauf mit seinen Soldaten absprechen konnte.

  • Ohne Umschweife nahm Gaius die Befehle entgegen und verließ mit einem "Ja, Optio." das Tychaion. Draußen würde er sich also nun darum kümmern die Männer zu organisieren, bis die römischen Soldaten einen Sitz in der Stadt zugeteilt bekommen würden, von dem sie dann weiter ermitteln und agieren konnten. Graeceius selbst verharrte mit Teilen der Stadtwache und Teilen der Legio vor dem Tychaion, um in den nächsten Minuten, oder auch Stunden, weitere Befehle entgegenzunehmen.

  • Dass der Legionarios die Stadtwachen offenbar dazu hatte überreden können ihn durchzulassen, tolerierte Timótheos in diesem Moment. Er dachte vielmehr an den Erfolg der Ermittlungen und erklärte somit, als der Bote sich abgemeldet hatte: "Deinen Männern wird ein Arbeitsraum in der Agora zur Verfügung gestellt. So können Informationen schnell zwischen meiner Nachforschungsgruppe und deinen Leuten hin- und hergegeben werden." Er hielt kurz inne und betrachtete den Leichnam. "Ich danke dir schon einmal für deine Hilfe. Gibt es von deiner Seite noch Fragen? Wenn nicht schlage ich vor, jetzt den Arbeitsraum einzurichten und den Zustand des Leichnams dokumentieren zu lassen." Mehr hatte er zu diesem Zeitpunkt nicht zu sagen.

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