Nachdem der Senator Germanicus Sedulus und ihre Cousine Serrana in der Bibliothek verschwunden waren, machte Axilla ihre Ausrede war und schnappte sich eine von Serrana geliehene Palla. Es dauerte keine 5 Minuten, da war sie auch schon aus der Casa Iunia hinaus und los in Richtung des nächsten Marktes. Angst, weil sie – mal wieder – in einer großen Stadt alleine unterwegs war, hatte sie keine. Im Gegenteil, sie genoss es, mal wieder etwas ohne Begleitung und ohne Aufpasser zu unternehmen und lief einfach, wohin sie ihre Füße trugen.
Nach ein paar Ecken war sie auf eine größere Straße getroffen, der sie einfach folgte. Einen Markt zu finden war nie weiter schwer, auch in einer so lauten und großen Stadt wie Rom nicht. Es gab so etwas wie ein ungeschriebenes Naturgesetz, dass diese immer am Ende von großen, breiten Straßen sich befanden, dort, wo viele Menschen waren und wo der Lärm am lautesten war. Axilla lief also immer weiter, merkte sich hier und da eine Ecke, um wieder zurückzufinden, und folgte einfach ihrer Nase, bis sie auf einem der zahllosen Märkte angekommen war.
Auf dem Viehmarkt, um genau zu sein. Lautstark pries eine Frau ihre Hühner an, weiße Tiere, perfekt für den Opferaltar oder den Suppentopf. Sie hielt sie der Iunia entgegen, die Hühner an den Füßen haltend, dass die armen Tiere wild flatterten und ein paar Federn dabei verloren. Axilla winkte nur lächelnd ab und ging weiter.
Die Blicke, die ihr teilweise folgten, bemerkte sie nicht. Sie hatte noch immer ihr für die Jahreszeit reichlich luftiges, grünes Kleid nach ägyptischem Schnitt an, dazu die Palla von Serrana, die sie warm hielt. Ihre Haut war wohl so gebräunt für die Römer, wie die Römer für Germanen dunkel waren.
Sie schaute hier und dort, über Ziegen und Rinder hinweg, bis sie schließlich eine größere Koppel bemerkte. Neugierig trat sie näher an die Holzumrandung und lehnte sich auf den oberen Balken, während sie die Pferde dahinter betrachtete. Es waren große, schwarze Tiere. Renner, würde sie sagen, keine Reitpferde. Dafür waren sie zu groß, das Fell und die Mähnen zu glatt, der Rücken zu schmal. Die hier waren nur schnell und kräftig. Dennoch lächelte Axilla, während sie so hinsah, wie die jungen Hengste sich gegenseitig in leichtem Konkurrenzgehabe zwickten und wilde Capriolen schlugen.
“He, Mädchen, weg da vom Zaun“, herrschte sie auf einmal ein Mann an, dem die Tiere wohl gehörten.
Verwirrt schaute Axilla zu ihm hinüber, sich keiner schuld bewusst. “Was ist denn los? Ich schau doch nur.“
“Dann schau wo anders! Die da sind für zahlende Kundschaft und nicht für Peregrini!“
Axilla blinzelte verwirrt und sah den Mann an, als wäre er ein mystisches Wesen. Peregrina? Sie war doch keine Peregrina! Wie kam der denn nur darauf? Auch wenn Axilla sonst nicht so mutig war, das musste sie doch eben mal klarstellen, wenn auch etwas lauter. “Was denkst du dir? Ich bin Iunia Axilla, aus dem Geschlecht der Iunier, auf deren Knochen diese Stadt hier steht, du... du... du!“ Ihr viel keine passende Bezeichnung für ihn ein. “Und wenn ich wollte, könnte ich dir deinen ganzen Stall hier abkaufen! Peregrina...“ grummelte sie noch nach und lehnte sich wieder demonstrativ über die Koppel, um die Pferde zu beobachten.
“Tut mir leid, Herrin, ich habe dich nicht erkannt. Schau nur, es sind gute Pferde. Ich wollte dich nicht verärgern.“ Auf einmal war der Verkäufer ganz kleinlaut und versuchte, zu beschwichtigen. Axilla beachtete ihn erstmal beleidigt nicht weiter, so dass er es auch sein ließ und sie einen Moment einfach schauen ließ. Es gab ja noch andere Kundschaft, der er etwas aufschwatzen konnte, ohne angeknurrt zu werden.