Es war spät geworden, sehr spät sogar. Verus konnte nicht schlafen. Der Gedanke an seine Calena riss ihm jegliche Müdigkeit aus der Seele. Unruhe war in ihn gefahren. Es gab kein Zuhause mehr für ihn. Sie hatte ihm nicht geantwortet. Die Briefe, die er sandte, waren unbeantwortet geblieben. Seine Liebe hatte ihn vergessen. Alles, was er noch hatte, schien verloren im Angesicht dieses Gedankens. Sein Landgut niedergebrannt durch Schergen Salinators, in Rom gab es keinen Platz für ihn, und nun hatte ihn seine Liebe vergessen. Verus war gescheitert - mit seinem Leben. Dennoch etwas trieb ihn weiter, hinaus auf den Campus, bewaffnet mit seinem Gladius. Dem geschmiedeten Stahl, den er von seinem letzten Geld anfertigen ließ. Das Wappen der Tiberii auf dem Griff war es Zeichen eines Kämpfers, der nicht aufgeben konnte, auch wenn er aufgeben wollte. Seine Hände umschloss das wertvolle Holz des Griffes, welches fast weich in seiner Hand lag. Bis jetzt war er traurig gewesen. Einsam in seinen Gedanken. Bis jetzt. Verus, gekleidet in die Tunika eines Soldaten, gegürtet mit dem soldatischen Ehrenzeichen, hob seine Waffe, um einen seltsamen Tanz aufzuführen, der unrömisch erschien. Er schwang seine Waffe im Mondlicht, fast verrückt, über seinen Kopf. Seine Schritte wirkten tänzelnd und so zog der Optio seine Kreise auf der Asche des Bodens. Das Licht des Abends war düster, brach sich aber auf der Oberfläche der Waffe. Ein Krieger übte. Nicht den Kampf in Reihe, sondern den Kampf mit sich selbst. Zwei Wachsoldaten beobachteten ihn von ihrem Patroullienweg aus, lachten sogar, blieben dann aber stehen, um den seltsamen Vogel ihrer Legion zu bewundern. Verus, in sich geschlossen, tanzte weiter mit seiner Waffe. Die Klinge - eigentlich Stichwaffe - sauste auf imaginäre Gegner herab, durchtrennte die Luft und durchbohrte geisterhafte Körper.
Verus wollte vergessen, sein Trauma und seine Liebe. Jetzt. Das Herz schlug im kalten Wind der Nacht. Der Dunst der Fackeln stieg in die Nase, während sich die Stiefel des Legionärs in den Boden gruben. Welche Musik mochte er hören? Niemand hörte sie. Der einsame Tanz eines verlorenen Mannes, der alles hinter sich gelassen hatte, um ein Diener Roms zu sein, obwohl ihm Rom nie das gebracht hatte, was er sich erhoffte.
Illusionen bekämpfte er. "Kein Weg zurück," brachte sein staubiger Mund murmelnd hervor. In der Tat - es gab keinen Weg zurück für Verus, der ganz untypisch war. Ein Patrizier, der sich entschieden hatte, zu dienen. Als einfacher Mann der Kohorten. Ein Patrizier, der nicht auf sein Standesrecht hoffte, sondern sich in seinen Sturz hinab verliebt hatte. Das Trauma war sein Ballast, welcher ihn herabriss und auch antrieb. Der Tanz ging weiter.