[Cella servi] Saturnalienflucht

  • Cimon nickte und stimmte somit zu. Es ging so einfach, so leicht.
    Irritiert und leicht verstört fiel dann Phaeneas‘ Blick auf seinen Arm. Normalerweise galt bei ihm die goldene ‚Kein Fremder berührt mich‘ – Regel. Und ein Fremder, das war grundsätzlich einmal jeder, der dem Bithynier nicht ‚nicht-fremd‘ war – und das war schon seit geraumer Zeit nur Lucianus. Doch in diesem Fall ging es zu schnell, um zu protestieren, und erst recht, um dem Einhalt zu gebieten. Und zu geringfügig war die Sache dafür.
    Also ließ er es.
    Eine unbefriedigende Antwort war es, die der aurelische Sklave ihm da gab, und genauso sah Phaeneas ihn auch an. Und dazu wusste er auch noch gar nichts zu sagen. Aber er beschloss, darüber nachzudenken.


    Ja, er hatte Cimon zu einer erfreulichen Erkenntnis verholfen, denn sein Strahlen sprach für sich. Dann lachte der Nubier, wenn es auch etwas schnell wieder verebbte. „Oh, Cimon ... Um ehrlich sein zu können, muss man zuerst einmal die Wahrheit kennen und wer kann sich schon rühmen, in ihrem Besitz zu sein?“ Und zur Verdeutlichung fügte er hinzu: „Ich könnte jeder sein, der nur ein bisschen nett zu dir ist.“
    Sein Kommentar zu dem Text schien den anderen zu beschäftigen, es arbeitete sichtlich in ihm. Etwas beunruhigt beobachtete der Bithynier, was er mit seinem Kiefer anstellte. Doch der Nubier sagte nichts. Er saß da nur. „Cimon – was denkst du?“, fragte Phaeneas also nur gerade heraus in den Raum. Während er ihm Plinius gab. Noch einmal bemühte er sich um einen festen Blick, ein zuversichtliches Lächeln. Im Folgenden blieben seine Augen weiterhin auf Cimon haften. „Bitte sehr ...“ Sein Räuspern ließ den Bithynier schmunzeln.
    Dass der aurelische Sklave deutlich besser las als er, hörte man deutlich. Einzig seine mangelnde Selbstsicherheit ließ seine abwechslungsreiche Art nicht voll zur Entfaltung kommen. Und Plinius selbst war natürlich wieder einmal göttlich, herrlich schlagfertig. An einer Stelle musste Phaeneas schallend lachen! „Stell dir das vor, Cimon, der linke Schuh wär‘ ihm verkehrt angezogen worden! Auf so etwas muss man echt erst mal kommen!“ Immer noch laut lachend lehnte sich der Bithynier etwas zurück.


    Bebten Cimons Hände vor Ehrfurcht vor dem meisterhaften Autor? Weiter schien er den Text erneut zu überfliegen. Hatte er sich so sehr aufs schöne Lesen konzentriert, dass er vom Inhalt gar nichts mitbekommen hatte? Oder wollte er sich so noch einmal genau damit beschäftigen? Dann sah er auf, wo die Augen des Bithyniers bereits den Blick aus seinen erwarteten.
    Was er hörte, ließ ihn seufzen. Weil Cimon ihm so schwierige Fragen stellte. Als wüsste er die Antwort.
    Die wartenden Augen des anderen auf sich wissend betrachtete Phaeneas dessen Mundwinkel und das Schimmern, das nachwievor da war.
    „Nein, ich denke, es ist wie mit dem Beten“, versuchte er dann ruhig auszuführen. „Da wir nicht wissen, ob etwas Göttliches, anbetenswertes, existiert, sollte man sich nicht unnötig einengen oder Unzumutbares von sich verlangen, um einer Gottheit willen. Und dementsprechend wissen wir ja auch nicht, ob wir für unseren Glauben belohnt werden oder nicht, vielleicht bringt es ja wirklich etwas. Vielleicht nimmt sich ja jemand eines Glaubenden an. Und wenn du sagst, dass du gar nicht darauf verzichten kannst, dann hat es ja schon einen Sinn bewiesen.“


    Sim-Off:

    =)

  • Der sonst immer so aufmerksame Cimon erkannte nicht, das die Berührung unpassend und vieleicht sogar unangenehm war. Dafür war er dann auch zu sehr abgelenkt von dem was Phaeneas anschließend sagte. Um ehrlich sein zu können, musste man die Wahrheit kennen? Die Augenbrauen des Nubier zuckten nur leicht. Er konnte jeder sein, der nett zu Cimon war? Ernst dachte der Sklave darüber nach und sah den Bithynier direkt in die Augen. Versuchte dabei zu erforschen, was hinter diesen Worten verborgen liegen mochte.


    "Zumindest glaubt man doch oft, die Wahrheit zu kennen. ... Phaeneas? Du bist nicht irgendwer, der nett zu mir bist. Und ich gehe gerne diese Risiko bei dir ein."


    Cimon hatte sich entschieden und würde nicht von seiner Meinung abrücken. Aber sein weiches Lächeln zeigte wohl, das er es Phaeneas niemals übel nehmen würde, mochte dieser es weiterhin anders sehen. Die Frage des Anderen überhörte Cimon zuerst, um dann so leise zu antworten, das er hoffte Phaeneas würde ihn nicht verstehen. Verstand er sich doch selber nicht.


    "Ich...ich will einfach nicht schuld sein an ...meinem Leben."


    Wie gut das es umgehend mit Lesen weiterging. Phaeneas' Lachen half ihm dabei die Gedanken zu erhellen. Die Vorstellung des falsch angezogenen Schuhs mischte sich mit dem ansteckenden Lachen des Bithyniers. Und Cimon konnte sich nicht mehr gegen das Lachen wehren, so lange er es auch versucht hatte, zurück zu halten. Am Ende gewann das Lachen sein Herz.
    So beruhigte sich Cimon auch zunehmend. Die Worte des Anderen halfen dabei. Der Nubier legte die Schrift kurz ab und reichte sie dann dem Mann, den er einen Freund nennen wollte zu.


    "Also bleibt es doch so ... bete ich nicht und es gibt Götter, habe ich vieleicht etwas verloren. Aber bete ich obvwohl es keine gibt, habe ich zumindest die Hoffnung. ...
    Phaeneas? Danke das du diese Schrift und deine Gedanken mit mir teilst."


    Er lächelte wieder auf diese ihm eigene Art, die zeigte, wie ehrlich er es meinte. Seine Augen leuchteten dabei leicht. Cimon fühlte sich auf seltsame Weise frei und gelöst. Dabei wusste er das sie beide niemals vergessen würden, wer sie waren. Etwas was sein Leben in ein angenemes Licht brachte, welches ihn verstehen ließ, was für ein Glück er in der näheren Vergangenheit sowie der gegenwärtigen Zeit hatte erfahren dürfen.
    Seine Hände hielten noch kurz die Schrift fest, bevor er sie weiter gab. Dabei sah er Phaeneas fast fragend an. Obwohl er nicht wusste, welche Frage in ihm empor zu steigen drohte. Dann neigte er seinen Kopf. Auf eine ergebene und doch einladende Art. Etwas was ihm so sehr zu eigen geworden war, das Cimon nicht in der Lage war, dies zu unterdrücken.

  • Bereitwillig setzte sich Phaeneas Cimons Musterung aus, wich ihm nicht aus und blickte geduldig in dessen graue Augen. „Glauben heißt nicht wissen“, gab er dann nüchtern zurück. Bei der Nennung seines Namens erschien ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht. Auch was der aurelische Sklave weiter sagte, sorgte dafür. Es war schön, dass Cimon ihn so durchschaute und sich nicht von dem irritieren ließ, was Phaeneas vorgab zu sein und zu tun. „Du müsstest auf nichts verzichten, wenn du zuerst Risiko in Sicherheit verwandeln würdest. Du musst mich ja nicht meiden, nur weil du es offen hältst, ob du mir eines Tages vertrauen wirst. Vertrauen sollte nicht Voraussetzung für ein gutes Verhältnis sein, sondern der Lohn dafür.“ Trotz Cimons Lächeln war ein Einlenken des Bithyniers nicht absehbar.
    Aber Phaeneas verstand ihn. Schließlich befand er sich gerade in einem von ihm bevorzugten Vier-Augen-Gespräch und er konzentrierte sich, zwar nicht komplett durchgängig, aber insgesamt doch schon seit einiger Zeit auf den Nubier. Und deshalb wartete er ab, um dann – sobald Cimon zu sprechen begann – besonders die Ohren zu spitzen. Weiter war offensichtlich, dass die Wirkung dieser Worte Phaeneas traf wie ein Schlag. Schockiert sah er Cimon an: Schuld - sein? ... Pro di immortales* ... was müsstest du alles anstellen, um all das zu verdienen? Das kann doch niemand. Und vor allem - jeder halbwegs vernünftige Mensch würde doch alles in seiner Macht stehende tun, um Schmerzen zu vermeiden – wenn er nur etwas Einfluss auf sein Leben hätte. Nein. Nein, Cimon, schuld daran sein kannst du niemals. Wer provoziert schließlich schon freiwillig so etwas?“ Häufig schüttelte der Bithynier dazu den Kopf, nein, diese Vorstellung war so ungeheuerlich, so grauslich, das konnte nicht sein.


    Eine Weile lachten sie gemeinsam und Phaeneas grinste Cimon an. Über spitzzüngige Autoren konnte man sich zu zweit einfach viel besser amüsieren als allein. Und jede Pointe zündete wesentlich besser.
    „Genau, so würde ich es auch sehen“, stimmte der Bithynier zu. Auch wenn diese Erkenntnis an seiner eigenen Haltung in dieser Sache nichts ändern würde. Wer schon Schwierigkeiten damit hatte, Menschen zu bitten, wie konnte sich so jemand an Unsterbliche wenden? Noch dazu an welche, die so fern von Phaeneas und all dem schienen, was sein Leben mit sich gebracht hatte. Die so gleichgültig ihm gegenüber zu sein schienen.
    Mit einem leichten Lächeln antwortete er also: „Gern geschehen, Cimon. Danke, dass du sie mit mir liest.“
    Es fiel dem bithynischen Sklaven sehr schwer, sich dem Zauber dieses Augenblicks zu entziehen. Denn der war gerade so berückend schön, dass es Phaeneas mehr zu berühren drohte, als es eigentlich sollte. Schließlich war er noch in der Zurückhaltungs-Phase, in der er sich die Gegenwart des anderen zwar gefallen ließ, aber trotzdem (noch) das vermeiden versuchte, was er am meisten fürchtete: eine emotionale Beziehung. Auch Zuneigung genannt.
    Jedenfalls leuchteten seine Augen genauso wie die des Nubiers und er begann erst langsam zu überlegen, welche Frage da in Cimons Blick lag. Als der jedoch den Kopf senkte, zeigte sich leichte Enttäuschung auf seinem Gesicht und er meinte mit fester Stimme: „Cimon, schau mich an. Wenn ich mit jemandem rede, will ich ihm in die Augen schaun können. Du bist nur ein Sklave, ich bin nur ein Sklave, da müssen wir – glaub‘ ich – keinen so großen Aufwand um einander betreiben.“ Die Schriftrolle nahm er aber trotzdem aus des Nubiers Händen und mit einem letzten Blick auf ihn suchte er wieder seinen „Einsatz“: „ ... Dabei ist jedoch ... der Glaube, dass die Götter sich ... um die menschlichen Angelegenheiten kümmern ... , nützlich für das Leben ... , sowie dass die Strafen ... für Missetaten zwar ... manchmal spät kommen ... , da die Gottheit von so ... gewaltiger Last ... in Anspruch genommen wird, niemals aber wirkungslos sind und dass der Mensch ihr nicht deshalb ... als nächstes Wesen geschaffen worden sein soll ... , um in seiner Armseligkeit neben den Tieren zu stehen. ... Für die unvollkommene Natur im Menschen aber ist es der größte Trost ... , dass auch für die Gottheit nicht alles möglich ist ... – denn sie kann sich nicht selbst töten, selbst wenn sie es auch möchte ... , was sie dem Menschen als bestes Geschenk“ - Phaeneas verzog das Gesicht – „in den so großen Mühen seines Lebens gegeben hat.“


    Sim-Off:

    * Bei den unsterblichen Göttern.

  • Glauben war nicht Wissen...Cimon nickte leicht, während er in seine tiefen, braunen Augen sah. Das Lächeln des Bithyniers spiegelte sich immer mehr im Gesicht des Nubiers. Vertrauen war der Lohn, auch das bestätigte der Nubier mit einem Nicken. Ja...der Lohn. Seine Augen mochten zeigen, das es bereits der Lohn war, doch er sagte es nicht. Phaeneas würde es schon bemerken... irgendwann. Und Cimon wollte nicht gegen seine Worte reden, dazu hatte der Andere doch viel zu sehr recht.


    Dann zuckte Cimon etwas, als Phaeneas so wehemend gegen seine Worte sprach. Aber der Andere hatte recht, das wusste der Nubier ganz genau..das spürte er im Herzen. Seine Hand ging über den Stoff der Tunika, die seine Narben verbarg. Anderen hatte er diese gezeigt. Aber der, dem er am meisten zu vertrauen schien, mit dem er so vieles gemeinsam hatte, ihm hatte er es nicht gezeigt...nicht so, wie er es wollte. Seine Augen setzten sich fest auf die seines Gegenübers.


    "Ja, du hast recht, Phaeneas. Vieleicht ...vieleicht habe ich zu oft die Schuld bei mir gesucht."


    Aber hatte sein Herr nicht das Recht und hatte er nicht all die Fehler gemacht, wegen denen er bestraft worden war? Diese Gedanken aber behielt Cimon vorerst für sich.
    Zum Glück hatten sie die Schrift als Thema und auch ihrer beider im Grunde recht gute Laune vertrieb jede Art von schlechten Gedanken. Genauso würde er es auch sehen? Cimon grinste erfreut und sah beinahe so aus, als hätte er ein Spiel, eine Wette gewonnen. Phaeneas bedankte sich sogar bei Cimon, das dieser die Schrift mit ihm teilte. Leicht verlegen winkte Cimon ab, wusste er doch nicht wirklich gute Worte zu erwiedern.


    Diese ehrlichen Worte und die Aufforderung veranlaßte Cimon dazu aufzusehen und Phaeneas tief in die Augen zu schauen. Er verstand und nickte. Sein Kopf legte sich leicht zur Seite, während der Nubier seine gelöste Stimmung wiederfand und sicher nicht mehr verlieren mochte. Dann nahm der Bithynier die Schrift entgegen und sah Cimon nocheinmal an. Dieser erwiederte den Blick aufmunternd.
    Bevor Phaeneas aber anfangen konnte sprach er ...etwas leiser diesmal.


    "Du hast recht, ...keinen großen Aufwand...versprochen."


    Dann aber begab er sich erneut in die entspannte, nach hinten gelehnte Haltung ein. Die Augen schloss Cimon wieder und hörte dieser recht angenehmen...außerordentlich angenehmen Stimme zu.
    Ab und zu zuckten seine Augenbrauen, dann bei der letzten Aussage schließlich, verzog sich auch sein Mundwinkel. Doch ansonsten veränderte er weder Haltung noch sah er auf. Selbst nicht als er lächelnd, ruhig zu sprechen begann.


    "Also bis auf den letzten Satz hört es sich sehr einleuchtend und...gut an. Aber DAS als Geschenk anzusehen...ich weiß nicht. Ich mag einen solchen Gedanken nicht."


    Erst nach einiger Zeit des Verharrens bemerkte Cimon, das Phaeneas doch fertig war, das eigendlich er jetzt würde weiterlesen müssen. Aber er bewegte sich in keinster Weise. Noch ein wenig spielte er mit Gedanken und hing dem Text nach. Nicht nur diesem Teil, sondern allem, was bisher gelesen wurde. Tief atmete er durch und streckte sich etwas in der sich immer weiter ausbreitenden Entspannung. Ganz langsam würde er nun die Augen öffnen. Aber nach dem Text fragte er noch nicht. Er mochte es zwischendurch einfach ein wenig mit Phaeneas zu sprechen.

  • Cimon sagte nichts, nickte nur. Na ja, wahrscheinlich war das die beste Art, um Phaeneas von diesem Thema abzubringen. Also begnügte der Bithynier sich damit zurückzulächeln und auf die Person ihm gegenüber zu vertrauen.
    Er verfolgte den Weg von des Nubiers Hand über die Tunica und wusste nicht recht, was diese Geste jenem bedeutete. Dann erwiderte er dessen Blick. „Das ist Unsinn, Cimon“, antwortete Phaeneas leiser. „Du bist nicht schuld daran. Es ist einfach so. So wie es ist. Aber siehst du, Schuld, da haben wir es schon wieder. Wir haben es uns nicht ausgesucht, unsere Herrn sind in vollem Recht und Fortuna ist die gerechte Richterin selbst. Scheinbar ein System ohne Verantwortliche ... Nur mit solchen, die es betrifft ...“


    Cimons unbeschwertes Grinsen war von der Art, wie man es möglichst aufs Gesicht aller wünschte und besonders denen, die einem nahestanden. Was in letzter Instanz dazu führte, dass Phaeneas es in diesem Moment besonders mochte. Die Verlegenheit zierte den aurelischen Sklaven nur noch mehr. „Nein, wirklich – ich habe nicht oft jemanden, der mit mir liest.“ Außer Lucianus, den der Bithynier noch nicht in diesem Zusammenhang erwähnen wollte. „Meistens bleibt mir, so etwas allein zu tun.“


    Endlich sah Cimon auf und zwar so intensiv, dass Phaeneas im ersten Moment höchst unfreiwillig schwindelte – alles, was auf ihn eine heftige Wirkung hatte, fürchtete er. Erst recht wenn er wusste, was der Grund dafür war. Und wenn sich das dann selbstständig machte ... Selbstbeherrschung, immer wieder Selbstbeherrschung. Egal, was man im Leben tat, es musste kontrolliert sein.
    Aber so oft bewies der Nubier doch, dass er das konnte, wie hatte ihn dann doch noch die Schüchternheit übermannen können? So gefiel es Phaeneas nun wesentlich besser, denn wie gesagt, wenn er schon mit jemandem seine Zeit verbrachte, wollte er auch etwas von Betreffendem haben, und wie sollte er das, wenn jemand seine Augen gesenkt hielt? Außerdem war jemand, der einen nicht ansah, wesentlich unberechenbarer.
    Auch als er sich mit diesem letzten Blick noch einmal versicherte, blickte Cimon ihn immer noch direkt an.
    „Versprechen angenommen“, lächelte der Bithynier. Aus dem Augenwinkel sah er noch, wie der Nubier sich zurücklehnte.


    Das Lächeln des anderen sah der bithynische Sklave wieder, als er die Augen von den Buchstaben löste.
    „Und siehst du, da steht es, der Glaube an die Götter ist nützlich“, versuchte Phaeneas sofort seine vorhin – Cimon zuliebe – getätigte, von ihm selbst nicht so überzeugt aufgenommene Aussage zu belegen. Auf dessen Einwand hin meinte er dann: „Vor allem ist es ein Geschenk, das nicht jeder einlösen kann. Tolles Geschenk, das nur bestimmten Kreisen zugänglich ist“, kommentierte er sarkastisch.
    „Wie stehst du dem Tod gegenüber, Cimon?“, wollte er nach einem kurzen Moment wissen.
    Weiter hielt er dem Mann neben sich einladend die Rolle entgegen. Dann bemerkte er, wie der sich streckte und entspannter zu atmen begann. Phaeneas stützte seinen Arm auf seinen Oberschenkel und damit sein Kinn ab und betrachtete Cimon schmunzelnd. „Bist du müde?“, fragte er und wusste, dass er diesen Augenblick und diese Worte mehr auskostete, als es eigentlich gut war.

  • Phaeneas hatte leise gesprochen, sodass Cimon ihm kurz etwas näher gekommen war. Die Worte die er hörte waren recht angenehm und salbten seine Seele. Das Lächln des Nubiers wirkte zunehmend erfreuter, auch wenn dies schon fast unmöglich erschien. Er sprach ebenso leise, als er antwortete.


    "Das sind schöne Worte, Phaeneas. Ich glaube dir gerne und mit ganzem Herzen, das es keine Verantwortlichen gibt... es ist ein wirklich angenehmer Gedanke."


    Phaeneas war meist alleine beim lesen? Cimon neigte nur leicht den Kopf zur Seite und gab ein halblautes erfreutes Lachen von sich, was zeigen sollte, wie fröhlich der Nubier grade war.


    "Das ist wirklich schade. Nun, wir können dies gerne öfters machen, Phaeneas. Denn ich lese auch...bis jetzt immer allein."


    Vieleicht würde er einmal Zeit finden, mit Marei zu lesen, aber sie musste es sicher ersteinmal lernen. Als der Bithynier das Verspechen annahm, lockte dies Cimons Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Irgendwie begegneten sich immer wieder auf recht angenehme Weise ihre Augen. Sodass Cimon inzwischen das Gefühl hatte bei einem guten Freund zu gast zu sein. So vertraut und sicher fühlte der aurelische Sklave sich in diesem Raum gemeinsam mit Phaeneas.


    Den Sarkasmus hörte Cimon schon nicht mehr. Aber er dachte noch ein wenig über die anderen Worte nach. Es war also nützlich. Leicht nickte er. Dann kam eine Frage, die Cimon etwas aus dem Gleichgewicht brachte. Würde ein 'ja' bedeuten er musste gehen, oder würde er bleiben dürfen? Unsicher sah er Phaeneas in die Augen.
    Dabei fiel ihm auf das er keine Frage beantwortet hatte. Nicht einmal die über den Tot. Er dachte immer er sei sich über seine eigenen Meinungen und Überzeugungen sehr sicher...aber das war nicht so. Dies erkannte er in dem Moment, wo er Phaeneas etwas überrascht ansah.
    Seine Stimme war sehr leise und wirkte etwas rauh.


    "Ja, der Glaube kann nützlich sein. Ich glaube... ich weiß nicht was ich über den Tot glaube. ... Wirklich nicht. ... Ich..ja, ich bin ein wenig müde. Aber ... meinst du es gibt einen Platz für mich hier? Irgendwo.... solange dieses Fest die Straßen und die Villa Aurelia beherrscht möchte ich ungern gehen.
    Ich könnte doch noch etwas lesen."


    Seine Worte waren ehrlich und er hoffte, das Phaeneas die Möglichkeit haben würde Cimon irgendwo unter zu bringen, oder ihn weiterlesen zu lassen. Dann glitt seine Hand wieder über die Narben unter dem Stoff. Warum nur waren sie immer da und hielten auch jetzt seine Gedanken im Schach? Hatte er Angst, in der Nacht, wie jede Nacht schreiend zu erwachen oder zumindest sehr früh am Morgen nicht mehr schlafen zu können, wegen der inneren Unruhe? Cimon wollte nicht das Phaeneas diese Schwäche an dem Nubier sehen würde, dabei sehnte er sich danach sie jemandem zu zeigen. Caelyn kannte einen Teil dieser Seite, kannte einen Moment in dem Cimon sich selbst hasste. Aber etwas fehlte. Er wollte sich ihr zeigen, ihr seine Seele zeigen. Doch er hatte sich nicht getraut. Bei niemandem hatte er diesen Mut. Und auch jetzt fehlte dieser in dem Herzen des Nubiers.

  • Dass Cimon leicht näher kam, nahm Phaeneas hin. Damit der Nubier ihn verstand, war diese Bewegung nötig – bei Nähe galt in Hinblick auf Fremde bei dem Bithynier nämlich das Gleiche wie bei Berührungen. Sollte der Abstand zwischen ihnen beiden aber noch weiter aufgelöst werden, würde er deutlich wegrücken und so die Distanz wieder vergrößern. Wenn er etwas zu fürchten gelernt hatte, dann zu viel Nähe und aufdringliche Fremde.
    Cimon schien zu mögen, was er gesagt hatte – ein Glück, dass er ihn von seinem vorherigen abstrusen Gedanken hatte abbringen können. Auch wenn der Bithynier selbst wieder kaum daran glauben konnte – Hauptsache dem, der da neben ihm saß, gefiel es. So lächelte Phaeneas nur.
    Erst lachte Cimon, um dann zu sagen, dass es wirklich schade war – das brachte wieder den vinicischen Sklaven zum Lachen. „Ja, das würde mich auch sehr freuen“, gab er zu. Gemeinsam machte Lesen wirklich viel mehr Spaß.
    Zu was der aurelische Unfreie nickte, da war Phaeneas sich nicht ganz sicher. Als er ihn dann unsicher ansah, versuchte er ein weiteres Mal die Ursache dafür zu ergründen. Ähm, die Frage, ob er müde war, hatte doch nichts Irritierendes an sich, oder? Vielleicht war es auch die Summe dessen, was er hatte wissen wollen und wozu sich Cimon bisher noch gar nicht geäußert hatte.
    Erst ein überraschter Blick, dann eine raue Stimme.
    Die Bemerkung zum Glauben nickte der Bithynier nur noch geduldig ab. „Du weißt es nicht? Hat man dir noch nie mit deinem Tod gedroht, Cimon?“, fragte er dann etwas für ihn vollkommen Alltägliches.
    Als Cimon bestätigte, müde zu sein, lächelte Phaeneas kurz verschmitzt, frei nach dem Motto: ‚Hab ich‘s mir doch gedacht.‘ Die weiteren Worte des Nubiers aber ließen den bithynischen Sklaven stocken. Etwas erstaunt sah er den anderen an.
    Na ja, die Gründe, die jenen zu dieser Bitte bewegten, konnte er einwandfrei nachvollziehen. Und das lenkte ihn gut genug ab, um die Geste unter den Stoff zu übersehen, denn sonst hätte er dem aurelischen Unfreien unlautere Absichten unterstellt und was er nachfolgend sagte, wäre anders ausgefallen:
    „Natürlich kannst du hier irgendwo schlafen“, antwortete er, ein klein bisschen mechanisch. „Während den Saturnalien ist das kein Problem.“ Dabei betrachtete er den in der Tat reichlich müde wirkenden Cimon noch einmal und dachte dann für einen Moment nach. Woraufhin er zu dem Schluss kam: „Du hättest sogar Auswahl: Ich schlafe dort, wo ich das üblicherweise immer tue, das ist ein größerer Raum, in dem mehrere Sklaven nächtigen. Auch wenn die meisten der Dienerschaft während den Saturnalien in der Stadt unterwegs sind, kommen doch fast alle nachts wieder zurück. Doch dort müsste sich sicherlich auch ein Platz für dich finden.
    Du könntest aber natürlich auch hier diesen großen Raum ganz für dich allein haben. Saturnalienluxus.“
    Hier lächelte der Bithynier, wenn er das letzte Wort auch etwas ironisch meinte.

  • Das sie sich nun sozusagen einig waren, sich zum Lesen öfters zu treffen, ließ Cimon von innen her ehrlich lächeln. Auch das eher negative Thema...Tot konnte den Nubier nicht betrüben. Er dachte einfach ruhig über die Frage von Phaeneas nach. Leicht nickte er dabei.


    "Doch, schon oft hat man mich damit bedroht. Aber ... ich habe kein Gefühl dazu. Angst ...ja, natürlich. Aber was ich ansonsten darüber denke...das kann ich nicht sagen. Verzeih meine ungenügende Antwort bitte, Phaeneas."


    Seine Worte wurden von einem unschlüssigen Grinsen begleitet. Hoffte er doch, das diese Aussage ausreichen mochte. Er wollte wirklich gerne Phaeneas gut antworten können, um so mehr störte ihn nun die eigene Unzulänglichkeit.
    Dabei konnte Cimon froh sein, das der Bithynier seine Bewegungen nicht wahr nahm und somit auch nicht falsch verstehen konnte. Damit wäre der aurelische Sklave sicher ein wenig übervordert gewesen. Dann sah er sich unschlüssig um. Er würde sich entscheiden müssen,...können? Seine Kiefermuskeln arbeiteten erneut ein wenig, entspannten sich aber rasch wieder. Besser er würde niemanden wecken. Aber wo würde wohl Phaeneas ruhen? Hatte er nicht ...dort drüben hingewiesen? Aber wieso wäre Cimon dann alleine hier? Besser er würde nicht fragen. Denn es war auch nicht wichtig. Die Anwesenheit des anderen Sklaven würde Cimon nicht stören.


    "In diesem Raum, das wäre sehr...zuvorkommend...danke vielmals, Phaeneas. ... Saturnalienluxus? Ja, andere bezahlen für diesen Luxus."


    Fast lachte Cimon auf und zeigte deutlich das er glaubte den Scherz des anderen verstanden zu haben. Dies freute den Nubier offensichtlich, denn oftmals verstand er komisch gemeinte Aussagen nicht oder nur schwer.


    Gerne hätte er nun weiter gelesen, doch langsam brannten die Augen leicht und er schloss sie immer länger. Auch jetzt, mitten im Reden. Ab und zu nickte sein Kopf leicht. Aber er blieb wach. Dann...nur ein Wimpernschlag ... nur einmal die Augen geschlossen und ihn weckte umgehend das eigene Laute einathmen. Entschuldigend sah er Phaeneas an, glaubte Cimon doch länger die Augen geschlossen zu haben, als dies der Fall war.


    "Ich denke....für mich wird es Zeit. Aber wenn du noch wach bist ...ich will deinen Tag nicht bestimmen, Phaeneas."


    Fragend suchten seine müden Augen nun die des Bithyniers. Und hielten diesen stand, während er versuchte seine plötzlich ansteigende Müdigkeit zu bekämpfen. Es war als würde es jeden Augenblick schlimmer, vorallem seitdem er wusste, das er würde bleiben können.

  • Hiermit hatte Phaeneas also einen offiziellen Lesekumpan. Na, dann war er mal gespannt, was sie noch alles gemeinsam lesen würden.
    Dann erklärte Cimon, warum er nicht wusste, wie er dem Tod gegenüberstand. Angst ... als einziges Gefühl. Nachdenklich wiegte der Bithynier den Kopf. Das unschlüssige Grinsen des anderen irritierte dagegen seine ernsten Abwägungen, indem es ein Lachen auf sein Gesicht zeichnete, ein schönes, breites, das die Mundwinkel weit auseinanderzog.
    „Du antwortest nach dem, was du wissen kannst. Das ist absolut genügend“, bestätigte Phaeneas ein weiteres Mal.


    Leicht schien dem aurelischen Sklave die Wahl fürs Erste nicht zu fallen, wie er sich mit seinen grauen Augen umsah und überlegte. Schließlich schien er aber sehr bald zu einem Schluss gekommen zu sein, wie er sich entscheiden wollte. Nachwievor sehr wach beobachtete Phaeneas ihn.
    Auf die Mitteilung hin, wo er nächtigen wollte, lächelte der in der vinicischen Villa Beheimatete nur. „Gut, Cimon. Dieser Raum steht dir also hiermit zur Verfügung. Du kannst sogar zwischen drei Betten wählen.“ Mit einer Handbewegung deutete der Bithynier durch das Zimmer. „Brauchst du noch etwas? Zusätzliche Decken, Kissen, etwas zu trinken für die Nacht?“ Man merkte dieser Schlafkammer einfach an, dass sie nur mit dem Nötigsten ausgestattet war, weil hier sonst keiner schlief.
    Dezent belustigt verfolgte Phaeneas, wie Cimon immer mehr im Sitzen einzuschlafen drohte. „Das glaube ich auch“, nickte er. Wie verschlafen sah der aurelische Sklave aus, dieser große, muskulöse Mann, während sich dessen Augen mit letzter Kraft an die des Bithyniers klammerten. „Ach“, gähnte der, „ich gehe dann wohl auch mal zu Bett.“ Und er stand auf, um seine verstreuten Schreibsachen zusammenzusuchen und Plinius‘ Naturalis Historia vorsichtig zusammenzurollen. Spontan fiel ihm noch etwas ein: „Ach ja, auf dieser Wachstafel hier zeichne ich dir noch den Weg ein, wie man dorthin kommt, wo ich schlafe. Falls etwas passiert oder du morgens vor mir aufwachst.“ Und am Rande erwähnt nur für den Fall dieser zwei Möglichkeiten. Im Stehen und mit dem Stilus, den er gerade heute von Cimon geschenkt bekommen hatte, kam er diesem Vorhaben nach. Mündlich würde der Nubier, müde wie er war, wahrscheinlich nicht mehr mitkommen.

  • Was Cimon aus seinem Glauben heraus zu sagen hatte genügte also. Erleichtert nickte er dem Bithynier zu. Für den Nubier war dies das Zeichen, das er sich aus diesem Thema zurückziehen konnte, ohne das es negatiev auffallen würde.
    Aus müden Augen sah er sich dann um. Aus drei Betten? Ob er etwas brauchte? Leicht schüttelte er den Kopf. Er brauchte nicht viel. Nur die angenehme Ruhe dieses Raumes mochte reichen. Dann sah er überrascht auf und Phaeneas in die Augen. Die Enttäuschung konnte Cimon sicher nicht verbergen. Mit einem Blick, der einem Hund alle Ehre gemacht hätte, sah er zu, wie Phaeneas etwas mit dem neuen Stilus in die Tafel ritzte.


    "Du... Du schläfst... gut, ja. Ich habe es verstanden...Danke, Phaeneas."


    Nun sah er sich unsicher um. Alleine? Alleine in diesem Raum? Kurz sah er auch der Schrift nach, die Phaeneas zusammengerollt hatte. Mit vorsichtiger Hand griff Cimon nach der Tafel, die die Zeichnung festhielt, die der Bithynier ihm freundlicherweise angefertigt hatte.
    Allerdings verstand Cimon durchaus, das er den Weg gehen konnte, würde er früh aufstehen oder sollte etwas geschehen ... Kurz schmunzelte er traurig in sich hinein. Sicher würde er nicht gut schlafen... er schlief oft nicht gut oder gar lange. Ob er Phaeneas vorwarnen sollte? Ach was, sollte es zu früh sein, konnte Cimon die Zeit auch anders verbringen. Zumindest glaubte er dies zu diesem Zeitpunkt noch.


    "Wir.... wir sehen uns also morgen?"


    Irgendwie gefiel ihm ein Abschied nicht. Der Nubier wollte weiterlesen...gut, er wollte sich auch hinlegen. Bei diesem Gedanken lehnte er sich bereits müde nach hinten und schloß die Augen, um das leichte Brennen zu besänftigen. Hinlegen...ja... er hatte keine weiteren Sachen mit und... weiter gingen seine Gedanken nicht. Seine Lippen bewegten sich, doch er sagte kein weiteres Wort. Was gut war, denn ansonsten hätte er soetwas intilligentes wie ... wir haben keinen Wein mehr... gesagt.

  • Ein wenig fand Phaeneas es faszinierend und ... erstaunlich, dass dem Nubier der Tod sonst nichts zu bedeuten schien. Der Bithynier selbst hatte sich mit dem Thema ausführlich auseinandergesetzt, es war schließlich ein nicht unbedeutender und täglich präsenter Teil seines Lebens. Etwas, das jeden Tag spontan auf ihn zukommen konnte. Auf Cimons erleichtert wirkenden Gesichtsausdruck antwortete er noch einmal mit einem bestätigenden Lächeln, dass er sich mit dieser Frage nicht weiter zu beschäftigen brauchte.
    Nun gut, Cimon war also der Ansicht, alles da zu haben. So müde schien er insgesamt sowieso wunschlos glücklich, sprich komplett anspruchslos.
    Dann, während er schrieb und dabei nebenher kurz zu dem aurelischen Sklaven schielte, führte der Phaeneas an die Grenzen seiner selbst. Noch nie hatte ein Mann ihn so ... herzerweichend angeblickt. So goldig wie Cimon gerade.
    Vor allem sah er so über die Maßen harmlos aus - dass der Bithynier für wenige Momente versucht war seine Entscheidung, nicht hier zu bleiben, rückgängig zu machen. Nein, nein, nein! Niemals - mit einem fremden Mann - alleine - in einem Raum nächtigen! Erst recht nicht, wenn er so kräftig war wie Cimon. Sowas konnte böse enden, das wusste Phaeneas. Zwar nicht aus eigener Erfahrung, aber auf den Sklavenhaushalten, in denen er aufgewachsen war. Und solche Gefahren waren ein Punkt, in dem der Bithynier aus Sicherheitsgründen alle – ausnahmslos - unter Generalverdacht stellte. Davon abgesehen, dass die meisten Leute, mit denen er jemals zu tun gehabt hatte, auch wirklich alle selbstsüchtig und ohne Skrupel gewesen waren und alle anderen gnadenlos für ihren eigenen Genuss benutzt hatten.


    Weiterhin war Cimons momentanes Verhalten für die Götter. Auch wenn er einem fast leid tun konnte. Zumindest mit der Skizze schien er zurechtzukommen. Plötzlich sah Cimon sogar traurig aus und der Bithynier wusste nicht recht warum. Hier zu bleiben war schließlich die eigene Entscheidung des Nubiers gewesen. Eigenverantwortung wog hier für Phaeneas mehr.
    „Natürlich sehen wir uns morgen“, bestätigte er mit fester Stimme. „Gute Nacht, Cimon!“ – und sandte noch, etwas persönlicher nun, ein „Schlaf gut!“ hinterher.
    Nachdenklich noch betrachtete er die erneut geschlossenen Augen, die dunkelgefärbte Haut der Lider inmitten des markanten Gesichtes, streifte den haarlosen Kopf und die große, vor Müdigkeit zusammengesunkene Gestalt. Gerade wollte er sich umdrehen, da kam ihm zuletzt noch ein Gedanke: „Ach ja – ich schlafe auch während der Saturnalien nicht lange, Cimon.“ Nachdem er diese Anmerkung hatte fallen lassen, verließ er endgültig die Sklavenkammer, zog die Tür leise auf und schloss sie genauso vorsichtig wieder, machte sich auf den Weg zu seinem Lager.
    Es war schön, dass Cimon wegen ihm da gewesen war. Wirklich nur wegen ihm.

  • Die Müdigkeit in seinem Körper breitete sich weiter aus. Nur wage sah er das Lächeln von Phaeneas und erwiederte es erneut, diesmal aber eher etwas nachlässiger. Allerdings zeigte es so die Ehrlichkeit, die dahinter stand. Wunschlos glücklich...ja, so konnte man es sicher bezeichnen. Dem Nubier reichte es, hier zu sein und einfach die Ruhe zu genießen.


    Hätte Cimon doch nur geahnt, welche Bedenken Phaeneas hatte. Der aurelische Sklave würde alles tun um diese zu zerstreuen. Denn er war ein von grund auf ehrlicher Mensch, der solche Gedanken nicht einmal ansatzweise verfolgen würde. So sah er Phaeneas nur offen an und wartete ab, wie dieser wohl entscheiden würde. Worum ging es noch?


    Erst als der Bithynier ihm eine gute Nacht wünschte sah Cimon plötzlich und sehr direkt auf. Dann lächelte er leicht und nickte dabei. Sie würden sich also am folgenden Tage sehen. Ja, sie hatten ja auch noch etwas zu lesen. Mit wieder geschlossenen Augen...wann hatte er sich wieder zurück gelehnt? ... versuchte er seine müden Gedanken zu sortieren. Dabei fiel ihm ein, das er seine Kleidung noch trug...besser er würde alles ausziehen, um es morgen wieder mit ruhigem Gewissen tragen zu können. Also zog er sich langsam und ungelenk aus, während er sprach.


    "Ja... bis morgen, Phaeneas. Schlaf du auch gut..und träum etwas angenehmes. ..."


    Das er beobachtt wurde, bemerkte Cimon nicht. Es würde ihn auch nicht stören. Er vertraute Phaeneas und würde seinerseits niemals etwas falschen von ihm denken. Dann kamen weitere Worte, die den Nubier lächeln ließen. Er schlief also auch nicht lange? Langsam nickte er und wollte etwas sagen, doch der Kampf mit seiner Tunika hielt ihn zu lange gefangen. So dass Phaeneas bereits draußen war, als er etwas erwiedern wollte. Ein wenig sah er dem Anderen noch nach. Dann entledigte er sich dem Rest und legte sich zur Nachtruhe. Dazu zog er sich etwas als Decke zu sich rann... hoffendlich war es auch eine Decke. Dann schlief er. Tief und fest und...


    ------------------


    Im Traume gefangen spürte er die Peitsche immer und immer wieder. Hörte er die Worte seines Herren, die ihn als Tier, als wertlosen Nubier bezeichneten. Die Strafen wandelten sich immer mehr auch zu solchen die er nur bei anderen gesehen hatte...selbst die Brandmarkung weckte ihn nicht...doch die Auspeitschung, die sein herr, Ursus ihm im Traum zu kommen ließ, sorgte dafür, das Cimon schreiend erwachte.


    -----------------


    In den sehr frühen Morgenstunden erwachte er schweißgebadet und atmete schwer durch. Cimon schlug um sich und brauchte einige Momente um sich darüber klar zu werden, wo er war. Dann aber beruhigte er sich um so mehr. Langsam zog er sich an, nahm den Plan und dachte nach. Die Zeichnung, die Phaeneas ihm am Vorabend gegeben hatte, hielt seine Augen einige Augenblicke gefangen.
    Dann ging er leise hinaus. Das Haus war noch nicht erwacht. Zuerst musste er sich auf die Suche nach der Latrine, nach einer Waschgelegenheit und etwas zu Frühstücken suchen. Noch wollte er Phaeneas nicht wecken. Seine Suche endete nach der morgendlichen Toilette und dem Waschen in der Küche. Hier hockte er sich in eine Ecke und nahm sich einen Becher mit Trinken und etwas Brot. Nur wenig, denn sein Hunger hielt sich in Grenzen. Es war niemand hier. So besah er sich nachdenklich die Zeichnung und überlegte, wo er langgegangen war, wo er jetzt war...so vervollständigte er mit größter Vorsicht die Zeichnung mit Hilfe eines Messers. Cimon war darin versunken und genoß langsam aber sicher den beginnenden Morgen... sollte er ihn aufsuchen? Zwar dachte der Nubier darüber nach, doch er stand noch nicht auf.

  • Es war wirklich erstaunlich, dass Cimon trotz seiner Müdigkeit noch so wach auf bestimmte ‚Stichworte‘ reagierte. Sehr intensiv war der Ausdruck seiner Augen, als er plötzlich aufblickte. Das Lächeln machte es wieder weicher. Aber prompt gingen die Lider ein weiteres Mal herunter. Nun doch etwas erleichtert stellte Phaeneas fest, dass der Nubier damit klarzukommen schien, dass er hier allein sein würde.
    Sobald Cimon sich seiner Kleidung zu entledigen begann, senkte der vinicische Sklave den Blick. Auch wenn er auch so noch mitbekam, dass der andere sich dabei ziemlich schlaftrunken-ungeschickt anstellte. Cimon war manchmal wirklich die Schau. Phaeneas kannte keinen Mann, der sich freiwillig so gab. Die meisten anderen wollten immer souverän und abgeklärt rüberkommen. Perfekt eben.
    „Bis morgen, Cimon.“ Als der Nubier ihm angenehme Träume wünschte, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. ‚Angenehm‘. Cimon hatte das Wort schlechthin herausgefunden, das für Phaeneas alles Wünschenswerte dieser Welt umfasste. Weil es zu diesem schönen Wunsch nicht gepasst hätte, verschwieg der Bithynier, dass er fast nie träumte und wenn, dann gewöhnlich nichts Schönes. „Danke, du auch.“
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    „Komm, Charmis“, hörte man plötzlich eine Jungenstimme vom Eingang zur Küche her. „Auch hier ist kein Mensch. Klar, ist ja auch keiner wach!“ „Nur wir!“, ergänzte eine zweite Jungenstimme. „Schon komisch, wenn so ein riesen Haus wie ausgestorben ist ...“, sinnierte der erste, Menyllus. Einige tapsige Schritte und die zwei Jungen spähten in die Küche. Der hintere blass und eher schmächtig, der vordere etwas fester als sein Freund und nur wenig heller als Cimon. Natürlich war Menyllus in allen Dingen der forschere von beiden und ging deshalb vor. Dabei entdeckte er den fremden Sklaven. „Oh, wer bist du denn?“, wunderte er sich sofort. „Charmis, da ist schon jemand“, meldete er über die Schulter zu seinem Freund. „Oh“, kommentierte der und schob sich auch in die Küche. „Dich kenn ich ja gar nicht, was machst du denn hier?“, setzte Menyllus derweil sein Verhör fort. Nach neugierigen Blicken auf den Gast stellte Charmis schließlich verzückt fest: „Oh, da sind ja die kandierten Datteln, Menyllus!“ und bediente sich prompt. Auch der Freund wurde bedacht. „Willst du auch welche?“, wandte er sich zuletzt an den großen Fremden, während er selbst schon freimütig kaute.
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    Zu seiner gewohnten Zeit, zu der er normalerweise alles für Lucianus vorbereitete, um ihn dann zu wecken (mit leichtem Unwillen dachte er daran, dass die Saturnalien ihm seinen so angenehm angewohnten Tagesplan durcheinanderbrachten), wurde Phaeneas in seinem Gemeinschaftsschlafraum wach. Nachdem er sich wie üblich ausführlichst gewaschen und auf pingeligste Art und Weise glattrasiert, natürlich auch eine saubere Tunica angezogen hatte, machte er sich auf zu dem Zimmer, das er Cimon überlassen hatte. Dort klopfte er an und trat ein, die Sklavenkammer lag aber da wie ausgestorben. Nun gut, also beschloss er, es in der Küche zu versuchen.
    Dass Menyllus und Charmis die schon unsicher machten, war unüberhörbar. Als er sah, dass die zwei sich schon über die Datteln hermachten, verkniff er sich einen stillen Seufzer. „Guten Morgen, ihr beiden. Konntet ihr damit nicht wenigstens warten, bis es euch jemand erlaubt?“ Es war weniger eine Frage als vielmehr eine von einem milden Lächeln begleitete Feststellung. Schließlich konnte er nachvollziehen, was in den beiden dabei vorgegangen war. „Auch an den Saturnalien könnt ihr nicht tun und lassen, was ihr wollt, sondern müsst zumindest einen Erwachsenen um Erlaubnis bitten.“ Verwöhnte Sklavenkinder. Es war die gleiche Situation wie bei Cimon damals, als sich das eine Mädchen auf der Hochzeit auf die Eier gestürzt hatte.
    Apropos, Cimon, der fiel ihm nämlich jetzt ins Auge. Bescheiden in einer Ecke sitzend, mit einem kargen Frühstück und einer Wachstafel in der Hand. Das „Oh“, das die beiden Jungen vorher noch so inflationär benutzt hatten, verfing sich irgendwo zwischen Phaeneas‘ Lippen. „Guten Morgen, Cimon“, meinte er, während er auf ihn zuging, und sah ihn an. In Hinblick auf Charmis‘ Angebot fügte er klärend hinzu: „Du kannst dir gerne welche nehmen, an den Saturnalien sind immer genug da.“

  • Cimon dachte noch an den Vorabend während er da saß und sich übrlegte, wieso er Phaeneas derart vertraute. Doch als er Stimmen hörte, kam er zu dem Schluss, das es einfach mal so war.


    Mit ruhiger Mine beobachtete der Nubier die beiden Jungs und neigte nur leicht den Kopf zur Begrüßung, bevor er sprach.


    "Salvete. Mein Name ist Cimon. Ich darf mich einen Gast von Phaeneas nennen. Und wer seit ihr?"


    Dankend winkte er ab wegen der Frage ob er welche von den Datteln haben wollte. Schon wollte er etwas sagen, das es ungehörig sei, sich einfach so etwas zu nehmen. Doch er war nur ein Gast und somit schwieg er lieber dazu.


    Cimons Blick erhellte sich, als Phaeneas den Raum betrat. Nun lächelte er auch und deutete auf den Platz neben sich. Als der Bithynier nun die beiden Jungen zurechtwies, erinnerte er sich seinerseits an Marei... ja, so war das Leben. Langsam nickte er den Jungs zu um diese zu ermutigen, sich richtig zu verhalten. Zumindest hoffte er das sein Verhalten diese Wirkung haben mochte.
    Die Begrüßung war shr freundschaftlich, wie der Nubier fand und sorgte umgehend für ein warmes Leuchten in seinen Augen. Welche die des Anderen suchten und festzuhalten versuchten.


    "Einen wunderbaren guten Morgen, Phaeneas. Danke, dann nehme ich gerne die eine oder andere."


    Mit bedachter Bewegung grif Cimon langsam nach einer Dattel. Er nahm sich dies nicht sehr oft heraus. Meist aß er nur einfache Dinge, da er sich als nicht würdig ansah. Nun aber genoß er den Geschmack dieser Frucht. Für einen Moment gab es nichts anderes.
    Dann aber zeigte sich ein offenes Lächeln auf seinen Lippen und er rückte noch etwas zur Seite, um Phaeneas etwas Platz zu machen, wollte er doch, das dieser sich neben ihn setzen würde. Seine Augen gingen immer wieder zu der Tafel, um sich seine Arbeit zu besehen. Vieleicht auch, damit er Phaeneas nicht zu sehr in die Augen sah. Er wollte nicht bedrohlich oder seltsam wirken.

  • Nachdem der Fremde in der Küche aufgeklärt hatte, wer er war, ging ein Blick zwischen den beiden Jungen hin und her, wie ein stummes ‚Aha.‘. Als wollten sie abklären, dass sie auch beide das gleiche gehört hatten.
    „Heus*, Cimon!“, kam es schließlich lässig von Menyllus zurück und auch Charmis begrüßte den Gast so leger: „Heus!“ Trotzdem mussten die beiden sich wundern. „Seit wann hat Phaeneas denn Gäste? Und das noch an den Saturnalien?“, fragte sich Menyllus, sein Erstaunen war ihm deutlich anzusehen. „Wo er sich doch an den Saturnalien immer abkapselt, allein in irgendeinem Zimmer, während alle anderen Spaß haben“, ergänzte Charmis. Wie offen sie mit ihrer Meinung über das Verhalten des obersten Sklaven dieses Hauses, dem Leibsklaven des Hausherrn, umgingen, verriet, dass sie keine Angst vor Bestrafung hatten. Nicht haben mussten.
    Letzten Endes verlangte natürlich die Höflichkeit, dass sie sich nun auch vorstellten. So deutete Menyllus auf Charmis und meinte: „Das hier ist Charmis!“, während der auf Menyllus deutete und meinte: „Und das hier Menyllus!“ Die zwei präsentierten sich, als wären sie gefeierte Gladiatoren oder Schauspieler oder sonst irgendwas Großartiges. „So, jetzt weißt du, wer wir sind“, schloss Menyllus. „Und aus welcher Familia stammst du?“ Mit fachkundigem Blick überlegte Charmis: „Hm, du könntest aus der Aelia stammen oder der Germanica. Oder vielleicht aus der Aurelia?“ Natürlich war das reine Mutmaßung, schließlich unterschied die Sklaven der genannten Gentes nicht wirklich viel.
    Als Cimon die Datteln ablehnte, wollte Charmis schon gerade mit den Schultern zucken und die angebotenen Früchte zurückziehen, da kam Phaeneas in die Küche.
    „Guten Morgen, Phaeneas“, grüßten die beiden fast einstimmig zurück. „Natürlich hätten wir es gekonnt. Aber jetzt erlaubst du es uns ja“, fasste Menyllus zwinkernd zusammen, was Lucianus‘ Leibsklave indirekt gesagt hatte. Dass Cimon ihm durch sein Nicken zustimmte, fanden die beiden Jungen zwar typisch – klar, die Erwachsenen hielten zusammen - , aber sie waren zu dem Schluss gekommen, dass Phaeneas‘ Gast nett war, also durfte er das. Ohne dass sie ihm das übel genommen hätten.
    Deshalb ließ Charmis ihn nun nach seiner Umentscheidung zugunsten der köstlichen Datteln bereitwillig zugreifen. Selbst schmatzte er schon laut auf einer herum. „Schmeckt super, nicht?“, fragte er Cimon mit vollem Mund, sobald er sah, mit wie viel Andacht der andere die Frucht verspeiste.
    ------------------
    Phaeneas ersparte sich jeglichen Kommentar bezüglich der beiden, schließlich hatten sie ja recht. An den Saturnalien hatten sie eben wirklich Narrenfreiheit. Auch wenn der Bithynier selbst diese Freiheit nie so recht akzeptieren wollte.
    Für das komplette weitere Verhalten der Jungen fühlte er sich ebenfalls nicht zuständig, das war Aufgabe der Eltern und sonstigen, die sich berufen fühlten, den Kindern (Ess)Manieren beizubringen. Zumindest schob Phaeneas so seit jeher jegliche Verantwortung sehr gut an andere ab. Kindererziehung war auch ein Punkt, der ihn überforderte. Er selbst sah sich nur für die größeren Dinge zuständig, die das Haus und die Sklavenschaft im Gesamten betrafen.
    Und bei Menyllus und Charmis - na ja, in erster Linie bei Menyllus - war sowieso Hopfen und Malz verloren. Sie waren lebhaft, ohne frech zu sein, und durch ihre Redseligkeit nett zu den Leuten, mit denen sie zu tun hatten. Und daran ließ sich, schätzte Phaeneas, auch nicht mehr viel ändern.
    Als er seine Aufmerksamkeit Cimon zuwandte, schob er solche Gedanken zur Seite. Wirklich schwer war das auch nicht, schließlich kam es selten (eigentlich nie) vor, dass er morgens (von Lucianus abgesehen) von jemand so sympathischem begrüßt wurde, der noch dazu komplett ausschließlich nur wegen ihm da war. Fast machte sich so etwas wie Ungläubigkeit in ihm breit, weil dieser Morgen gar so herrlich war. Sowas gab’s für alle anderen, aber doch normalerweise nicht für ihn, oder?
    Cimons Lächeln ließ ein gleiches auf Phaeneas‘ Gesicht erscheinen. Die etwas blumig anmutenden Worte verstärkten es noch. Ja, wunderbar war der Morgen wirklich. Wunderbarer als der Bithynier es zulassen wollte.
    Aufmerksam verfolgte er, wie der aurelische Sklave sich vorsichtig eine Frucht nahm und die sich regelrecht auf der Zunge zergehen ließ. Es sah so bewusst aus.
    Als Charmis ihm ebenfalls Datteln anbot, lehnte er mit einer einfachen Handbewegung ab. Er machte sich nicht viel aus solchem süßen Zeug, Einfacheres tat es bei ihm genauso. Essen war allgemein nur dazu da, um nicht mehr hungrig zu sein.
    Deshalb suchte er sich nun ebenfalls etwas Brot, Käse und einen Becher Wasser zusammen. Dass Cimon einladend zur Seite rückte, ließ den Bithynier noch einmal lächeln. So viel warme Zuwendung, das war fast mehr als Phaeneas morgens ertragen konnte. Gerne setzte er sich also neben den Nubier und besah sich nun, genau wie der, die Tabula. Es war die, die er ihm gestern gegeben hatte. „Oh, du hast die Zeichnung ja weitergeführt“, stellte er überrascht fest. Dann musste er schmunzeln. „Jetzt kannst du dich hier nicht mehr verlaufen.“
    Daraufhin zog er die Papyrusrolle vom Vorabend heraus. Wie ein Angebot hielt er sie Cimon hin. „Wir könnten an der Stelle von gestern weiterlesen. Wenn wir mit unseren Dattel- bzw. Käsefingern aufpassen. Ich glaube, es ist eh nicht mehr viel.“


    Sim-Off:

    * hier: Hallo!

  • Cimon sah die Jungs ruhig an und wusste doch nichts gutes zu antworten. Als sie sich vorgestellt hatten, nickte er ihnen jeweils begrüßend zu. Dann überlegte er einige Momente, ohne Hast.


    "Nun, Menyllus. Charmis. Phaeneas ist ein guter Freund, wenn ich das so sagen darf. Und Freunde besuchen sich, gerade zu Festen. Alles weitere müsst ihr am besten ihn selber fragen.
    Aurelia. Ich gehöre in die Villa Aurelia, zu dem ehrenwerten Senator Aurelius Ursus."


    Bei seinen Worten lächelte er kurz, damit sie nicht zu hart klingen mochten. Doch er sprach ungern einfach so über andere. Lieber sorgte er dafür, das die beiden ihre Fragen auch an Phaeneas richten mochten. Wirklich herzlich schien das Verhältnis ja nicht zu sein. Aber auch nicht feindselig. So blieb Cimon in seiner ruhigen Rolle des Gastes und neigte nur ab und zu den Kopf ein wenig, um Worte zu unterstützen oder zu zeigen, das er verstand.
    Auf die Frage von Charmis verzog sich nur leicht Cimons Mundwinkel. Doch er selber wartete, bis er sprechen konnte.


    "Ja, sie sind sehr gut. Aber tu uns allen bitte den Gefallen vor dem Sprechen zu schlucken."


    Dabei grinste er nun den Jungen freundlich an und zwinkerte sogar kurz. Irgendwie schafften Kinder es immer wieder ihn aus der Reserve zu locken.
    Die zurückhaltende Art von Phaeneas konnte Cimon durchaus gut verstehen, doch er versuchte ihn mit einem Lächeln diesen Moment zu verbessern. Was ihm offenbar ganz gut gelang, wie er fand.
    Das die morgendliche Begrüßung von Cimon doch solch positieve Wirkung hatte, bestärkte den Nubier in seinem Verhalten. Er selber lehnte jede weitere Frucht ab und machte es Phaenea gleich. Bis auf das Wasser, da bevorzugte er doch lieber den verdünnten Saft.
    Wobei er auch das andere Essen ohne Hast zu sich nahm und es genoß... es war gutes Essen. Daran erinnerte er sich oft, um sein gutes Leben bei Ursus nicht als selbstverständlich anzusehen.
    Als sich Phaeneas neben Cimon setzte lächelte der Nubier noch etwas wärmer und nickte ihm zu. Die Andeutung an die Tabula ließ ihn kurz auflachen. Wieso nur ließ er hier so schnell seine ruhige Maske fallen? Und wieso machte es ihm so gar nichts aus?


    "Ja, in der Tat. Jetzt werde ich immer den Weg finden, Phaeneas...danke."


    Schließlich hatte dieser ja damit angefangen ihm einen sehr guten Wegweiser zu zeichnen. Verstohlen sah Cimon zur Seite, als er eine Bewegung wahr nahm. Sein Grinsen wurde breiter und er nickte begeistert. Die Jungen waren vergessen und aus der Wahrnehmung verschwunden. Sie würde sich sicher eh bald etwas spannenderes suchen. Der Nubier achtete auf seine Hände, wischte sie vorsichtshalber an einem bereitliegenden Tuch ab und nahm ergeben die Papyrusrolle entgegen.


    "Da ich bereits etwas gegessen habe. Iss du nur in ruhe, während ich versuche dich zu unterhalten."


    Vorsichtig rollte er sie aus und achtete peinlich genau darauf, sie in keinster Weise zu beschmutzen und suchte die Stelle...
    Kurz räusperte er sich, nahm noch einen Schlug und las dann mit nicht zu leiser aber recht sanften Stimme vor.


    "Sie kann Sterbliche nicht mit Unsterblichkeit beschenken und Tote nicht auferwecken, noch bewirken, dass jemand, der gelebt hat, nicht gelebt hat. Oder dass jemand, der hohe Ämter hatte, sie nicht hatte – und dass sie keine andere Macht über die Vergangenheit hatals sie zu vergessen. Und - um uns Gemeinschaft mit der Gottheit auch durch scherzhafte Gründe zu ermöglichen – dass sie nicht bewirken kann, dass zweimal zehn nicht zwanzig ist, und vieles in der Richtung, durch das zweifellos die Macht der Natur gezeigt wird und dass sie das ist, was wir Gott nennen. Diese Abschweifung dürfte hier nicht unpassend gewesen sein, wo doch bei der ständigen Frage nach dem Wesen Gottes oft davon die Rede ist. Kehren wir nun zu den übrigen Dingen der Natur zurück. Die Gestirne, die, wie wir gesagt haben, am Himmel befestigt sind, sind nicht, wie die große Menge meint, den einzelnen unter uns zugeteilt - die hellen den Reichen, die kleineren den Armen und die dunklen den Schwachen ..."


    Langsam ließ er mit seinen Augen die Schrift los und sah zur Seite. Seine Gedanken versuchten alles zu verstehen und doch konnte er keine Worte finden, die passend gewesen wären...


    "Phaeneas? Das...das ist so .... wahr."


    Mehr konnte er nicht sagen. Sachte und sehr beeindruckt von dem was er grade dachte rollte er ganz im Gedanken die Schrift zusammen.

  • Nun sahen die beiden Jungen den fremden Sklaven noch verdatterter an. „Freunde? Seit wann hat Phaeneas Freunde?“, brachte Charmis es auf den Punkt. Die weiter erhaltene Information schien in ihren Ohren ebenfalls vollkommen unbekannt zu klingen. Auf Cimons Vorschlag hin, persönlich mit Phaeneas zu reden, schüttelte Menyllus promt den Kopf: „Nein, das gehört sich nicht, hat Mama erklärt. Wenn jemand alleine bleiben will, hat sie gesagt, dann muss das derjenige selber wissen. Und es ist unhöflich, jemanden da drauf anzusprechen.“ Dass da seine Mutter eventuell noch von etwas anderem geredet haben könnte, kam dem Jungen nicht in den Sinn.
    „Ah, die Aurelia. Mit der sind wir ja gut befreundet, seit dieser eine Aurelier da – ach, ist das Aurelius Ursus? – seit dieser Aurelius Ursus Klient von unserem Herrn ist. Richt zuhause den anderen Sklaven schöne Grüße aus, Cimon – wohnt bei euch nicht auch Marei? Die hab ich schon mal gesehen, irgendwo ... Na ja, egal.“ Charmis hatte überlegt, in welchem Zusammenhang, aber es fiel ihm nicht ein.
    Einen schelen Blick kassierte Cimon schon erst, als er den jungen Sklaven ans Herunterkauen erinnerte. Aber dann schluckte der, um dem anderen Unfreien zuzulächeln (manche – vor allem weibliche Wesen – waren geneigt, das süß zu finden) und zu sagen: „Na gut, weil du es bist.“
    ------------------
    Mit nachwievor anhaltendem Lächeln sah Phaeneas seinem Saturnaliengast beim Zugreifen zu. Dabei erfreute er sich an der morgendlichen Gesellschaft. Sonst gab er sich am Beginn eines Tages nur so weit mit anderen ab, wie es für Lucianus‘ Morgen, dessen Frühstück - und das der Klienten - nötig war.
    Cimons Auflachen ließ ihn schmunzeln. „Gern geschehen. Aber ohne dein Geschenk wäre das nie möglich gewesen“, meinte er mit einem schelmischen Lächeln und zwinkerte dabei. „Danke nochmal dafür, Cimon.“
    Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, dass Menyllus und Charmis zu ihnen herüberschauten und ihr erstaunter Gesichtsausdruck verriet deutlich, was sie dachten. Klar, normalerweise schlich sich nicht so leicht und erst recht nicht so oft ein Lächeln auf Phaeneas‘ Gesicht und gewöhnlich war er schweigsam, besonders eben morgens. Und einen so aussagelosen Kommentar, nur um nett gewesen zu sein, hörte man sonst auch nie von ihm. Ja, er war nett zu Cimon gewesen und er hatte sich für ihn die Mühe gemacht zu scherzen. Aber von solchen Dingen verstanden so kleine Jungen nichts.
    „Komm, Charmis, gehen wir. Wir suchen uns woanders was“, zog Menyllus seinen Freund weiter.


    Perfekt, heute würde Phaeneas die Fortsetzung dieser hochspannenden Stelle in Plinius‘ Naturkunde erfahren. Davor war es ja darum gegangen, dass es für den Menschen Trost bedeute, dass auch dem Göttlichen nicht alles möglich ist. Wie würde das wohl weiter begründet werden? Sichtlich gespannt und begierig auf das, was sich ihm da gleich eröffnen würde, beobachtete er den aurelischen Sklaven.
    „Oh, gut, danke“, nickte er lächelnd, als Cimon sich bereiterklärte, das Lesen zu übernehmen. Ihn ‚unterhalten‘ zu wollen. Tja, und so lauschte der Bithynier ...
    Also, absolut korrekt war es in jedem Fall, was Plinius da schrieb. Aber was Phaeneas für sich da herausziehen sollte, wusste er nicht so recht. Ja, und dieser Gestirne-Glaube, den der Autor weiter erwähnte und den Cimon noch kurz anklingen ließ, war auch lächerlicher Aberglaube, so wie vieles, was in diesem Werk zuvor erwähnt worden war.
    Als er spürte, dass der Blick des Nubiers ihn traf, drehte er ebenfalls den Kopf zu ihm. Und wusste noch genauso wenig etwas zu sagen.
    „Ja?“, reagierte er, um auf das Weitere zu nicken. „In der Tat. Ein genialer Schriftsteller.“
    Mehr Worte waren dazu eigentlich auch nicht nötig – und Cimon tat das einzige, was nun noch Sinn machte, nachdem sie fertig gelesen hatten.

  • Immer wieder lächelte Cimon den Jungen zu und nickte langsam. Er wollte ihr Verhalten nicht kretisieren, das stand ihm nicht zu. In deren Denksystem machten sie keinen Fehler und hörten nur auf ihre Mutter, das war an und für sich ein gutes Zeichen. Die Aurelier? Wieder nickte er und auch als es um Marei ging. Der Nubier versicherte die Grüße auszusprechen, wenn er zurück sein würde. Dann aber sah er den beiden nur leicht überfordert nach. Wie gut, das sie die Schrifft zum Ablenken hatten.
    Sie schienen recht positiev auf ihn zu reagieren. Das nahm der dunkle Sklave mit einem überraschend offenen Lächeln entgegen. In diesem zeigte er auch durchaus, wie wohl er sich in dieser Gesellschaft und dieser Villa fühlte.


    Dann aber fing Phaeneas' Lächeln ihn ein und er erwiederte auch dies, um so wärmer. Die grauen Augen erforschten die des Anderen und er fühlte sich zunehmend wohler.


    Der Bithynier dankte und Cimon winkte freundlich ab. Für ihn war alles, was bislang geschehen war selbstverständlich. Allerdings war es eine Ausnahme das der Nubier so anhaltend lächelte. Seine Augen zeigten dies zusätzlich und er neigte leicht dankend den Kopf.


    "Nichts zu danken, bester Phaeneas. Gerne werde ich ein solches Geschenk wiederholen."


    Ja, jede Art von Geschenk das er ihm geben mochte, würde dem Nubier leicht fallen. Allein die Freude, die er glaubte in dem Anderen zu erkennen, gab ihm recht bei alledem. Das die beiden Jungs ihre eigenen Schlüsse zogen, war Cimon gleich. Er selbst sah nichts seltsames an alledem. Sah er doch nur den freundlichen und sehr netten Phaeneas. Auch waren seine Augen mehr auf den Bithynier gerichtet als auf die anderen beiden.
    Als beide zu gehen begannen, lächelte Cimon ihnen kurz zu und nickte nocheinmal zum Abschied. Kurz wünschte er ihnen noch ein schönes Fest und wandte sich dann doch lieber wieder an Phaeneas und dessen tiefgründigen, dunklen Augen.


    Gerne hatte Cimon für seinen guten Freund gelesen und gab sich auch recht mühe in der Betonung. Auch er fand diese Schrift sehr spannend. Er dachte sehr darüber nach, was er gerade gelesen hatte, noch während er die Rolle vorsichtig beiseite gelegt hatte. Es war angenehm, das Phaeneas so gduldig lauschte. Es gab ein wohliges Gefühl der Freundschaft.


    Für den Nubier lagen viele Weisheiten und auch Wahrheiten in diesen Worten. Aber dank Phaeneas hinterfragte er diese auch für sich und seine Gedankenwelt. Ein genialer Schriftsteller? Ja, so war es. Erneut nickte der Nubier, diesmal aber etwas ergebener. Er sah in dem Anderen jemand wesendlich gelehrteren und somit über ihm stehenden. Und dieser Gedanke, gemischt mit der Überzeugung, einen guten Freund gefunden zu haben, gab Cimon eine angenehme Sicherheit.


    Mit einem sehr forschenden Blick gab er nun die Schrift zurück und lächelte dankend. Es war eine wundervolle Erfahrung solche Worte nicht nur zu lesen sondern gemeinsam zu erfahren und zu erforschen.


    "Sag, bester Phaeneas. ... Ob wir wohl öfter solche Schriften lesen könnten? Es ist wesendlich ... intensiever und interessanter sie gemeinsam zu lesen und zu hören."

  • Einige Datteln wurden noch eilig in zwei Kindermünder gestopft (als Vorrat für einen hoffentlich langen Saturnalienmorgen). Nach der anfänglichen Überraschung kümmerten sich Menyllus und Charmis auch nicht mehr allzu sehr um den mysteriösen Umstand, dass Cimon als Phaeneas‘ Besuch hier war - für den Leibsklaven würde das schon irgendeine Logik haben, die sie jetzt nicht am Spielen hindern sollte.
    Jedenfalls verabschiedeten sich die beiden gut gelaunt von den Erwachsenen; und auf Cimons Schönes-Fest-Wünschen hin antwortete Menyllus: „Danke, io Saturnalia!“, und Charmis ergänzte: „Ja, bona Saturnalia, Cimon!“ Und man konnte gar nicht so schnell schauen, da waren die Jungen auch schon aus der Küche verschwunden – und mit ihnen jede Menge Datteln.
    ------------------
    Ja, schön und abwechslungsreich hatte Cimon gelesen. Er hatte Phaeneas in der Tat unterhalten – schließlich konnte der beste Text ruiniert werden, wenn man ihn nur falsch vortrug; wie der Bithynier in Mongotiacum schon und nun in Rom erst recht an laienhaften Vorlesern erlebte - also vor allem an Dichtern, die ihre eigenen Werke bekannt zu machen versuchten, indem sie sie auf belebten Plätzen und Märkten öffentlich „auf die Bühne“ brachten. Doch Cimon, sein Saturnaliengast, hatte Plinius lebendig wiedergegeben, sozusagen die Worte zum Leben erweckt.
    Ein-, zweimal während des Lesens hatte Phaeneas ein Lächeln zu ihm hinübergesandt, ansonsten hatte der vinicische Sklave die Küche betrachtet.
    Der forschende Blick schließlich gepaart mit dem Lächeln erweckte ein seltsames Gefühl in dem Bithynier, das er nicht genau bestimmen konnte. Es war ungewohnt, so intensiv angesehen zu werden, fast ... interessiert. So, als würde Cimon nicht nur versuchen, dahinterzukommen, wie Phaeneas im nächsten Moment reagieren würde (so wie er das von früheren Herrschaften und Sklavenaufsehern kannte), sondern als versuchte er wirklich, ... in ihn hineinzusehen. Wenn er es könnte, was würde er wohl sehen? Phaeneas wusste es nicht recht.
    Auf den Vorschlag des aurelischen Unfreien hin nickte der vinicische lächelnd. „Das können wir gerne tun. Ich hab auch schon was Neues im Auge.“ Aber er verriet nicht, was es war.
    Dann sah er Cimon von der Seite her an: „Danke, dass du mich an den Saturnalien besucht hast, Cimon. Auch für deine Gesellschaft heute Morgen noch. Ich glaube ... das war fast das noch schönere Saturnaliengeschenk.“

  • Den beiden Jungs sah Cimon nur noch halbherzig nach, lächelte aber dabei. Er erwiederte ihren Abschied, kümmerte sich dann aber mit aller Aufmerksamkeit um Phaeneas und das angenehme Gespräch mit diesem. Der Nubier sah die eigenen Leistungen immer als schlechter an, doch der Bithynier gab ihm das Gefühl wirklich gut in einer Sache zu sein.
    Hinzu kam, das es wirklich und wahrhaftig Spaß machte. Etwas was er erst noch kennenlernen musste. Das gelegendliche Lächeln des Anderen glaubte Cimon förmlich zu spüren und war dadurch nur weiterhin positiev bestärkt.


    Immer mehr versuchte Cimon in Phaeneas zu lesen und zu erkennen was er dachte. Aus reiner Neugier und Interesse, welches er selber nicht hinterfragte. Etwas neues? CCimon zeigte offene Neugier und Begeisterung in seinen Augen. Kurz war der Nubier etwas unsicher lächelte aber dennoch als erste Antwort... das schönste Saturnaliengeschenk? Er nickte leicht.


    "Ich freue mich bereits auf die, von dir erwählte Schrift. Nur zu gerne lasse ich mich überraschen. Ich...ich habe dich sehr gerne besucht und würde es mit Freuden wieder einmal tun...es muss ja nicht unbedingt bis zu den nächsten Saturnalien dauern. ... Dann haben wir uns gegenseitig das schönste Saturnaliengeschenk gegeben. Denn ich war gerne dein Gast, Phaeneas."


    Cimons Augen zeigten, das er es ernst und ehrlich meinte. Er würde noch bis zum Ende des Frühstückes bleiben, bevor er sich zur Verabschiedung würde durchringen können. Er wurde dabei immer ernster, wenn auch kein bischen distanziert. Denn seine Augen zeigten dem Bithynier, wie ein offenes Buch, welch positieve Gedanken in Cimon herrschten.

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