Schlechte Nachrichten

  • Schlechte Nachrichten trafen ihre Empfänger in der Regel unvermutet und so war auch Macer ziemlich ahnungslos, als einer seiner Klienten am Morgen ziemlich atemlos in die Casa Purgitia gestürzt kam und unbedingt sofort mit seinem Patron sprechen wollte. Er hatte soeben die neuste Ausgabe der Acta Diurna gelesen und dabei eine Meldung entdeckt, die er unbedingt weiter geben wollte. Nicht einmal die Meldung selber war von Belang, es waren nur einige wenige Zeilen daraus.


    "Na, was ist denn los?", fragte Macer sichtlich erstaunt, noch bevor sein Klient soweit zu Atem gekommen war, dass er in ganzen Sätzen sprechen konnte. "Das Schiff mit Caecilius Crassus an Bord ist auf dem Weg nach Aegypten verschollen", brachte jener schließlich hervor. Macer brauchte nicht lange, um zu realisieren, was das bedeutete. Dass damit der designierte Praefectus Aegypti verschollen war, war das eine. Dass eben jener mit Macers Cousine verlobt war, das andere. Und letzteres machte Macer gerade deutlich mehr Sorgen, denn sie war mit an Bord gewesen. "Scheiße!", war seine erste Reaktion, der eine ganze Weile Schweigen aller Anwesenden folgte. Eine hilflose Geste kam hinzu.


    "Danke für die Nachricht", wandte Macer sich dann knapp an den Überbringer der schlechten Neuigkeiten, bevor er sich auf den Weg zum Hausaltar machte. Er ging langsam, damit er bis zum Erreichen des Altars eine Idee hatte, wem er opfern sollte und weshalb.

  • Auch am Altar angekommen war sein Kopf noch reichlich leer. Ohne Schwung stocherte er in dem kleinen Tontöpfchen mit der glimmenden Kohle herum, bliess die Asche heraus und legte neue Kohlestückchen hinzu. Oben drauf kam dann etwas Weihrauch. Lange folgte er dem Blick der leichten Rauchfahne, die sich nur zögerlich entwickelte.


    "Neptun, Herr der Meere", begann er leise zu murmeln, nachdem er die Augen geschlossen und seinen Kopf bedeckt hatte. "Zu selten habe ich dir Opfer gebracht und zu selten deine Kraft gewürdigt, obwohl doch das Mare nostrum im Herzen unseres Reiches liegt und wir an seinen Küsten leben. Du bist in unserer Mitte, und doch übersehen wir dich allzu gerne. Nun hast du dich wieder in Erinnerung gebracht, mit aller Macht, über die du verfügst und gebietest. Ich bitte dich, lass die Reise von Caecilius Crassus und meiner lieben Cousine Philogena nicht ihre letzte Reise gewesen sein. Reisse sie nicht mit deinem nassen, starken, wilden Arm aus dem Leben. Lasse ihren Weg nicht beendet sein, bevor er sein Ziel erreicht hat. Noch an dem Tag, an dem ich nachricht von ihnen erhalte, werde ich nach Ostia eilen, um dir an der Küste des Mare Nostrum für deine Gnade zu danken."


    Macer machte eine Pause, denn er war sich nicht sicher, ob dieses Versprechen wirklich reichen würde, um etwas für Crassus und Philogena zu tun. Aber andere Opfergaben hatte er gerade nicht zu Hand.


    "Mars, Herr des Krieges", sprach er dann weiter. "Du hast schon viele Heere siegreich in die Schlacht geführt und auch mir schon viel Gutes getan. Dafür habe ich dir stets gedankt. Daher bitte ich dich, lasse nicht zu, dass ein guter Offizier wie Caecilius Crassus nie wieder das Schwert führen wird, weil das Meer ihn verschlingt. Lasse es nicht zu, dass viele Soldaten einen Kommandeur verlieren, den sie bewundern, dem sie vertrauen, dem sie folgen. Wenn es Caecilius Crassus vergönnt sein soll, noch einmal ein Schwert zu führen, ein Signum zu weihen, einen Eid abzunehmen, dann werde ich an deinem Tempel opfern, größere als ich es bisher je getan habe."


    Erneut schwieg Macer, öffnete wieder die Augen und folgte mit dem Blick wieder der leichten, aufsteigende Rauchfahne aus dem Räuchertöpfchen.


    Dann entfernte er sich mit schnellen Schritten in Richtung Tablinum. Der Hausaltar alleine würde sicher nicht helfen.

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