Senatsgerichtsbarkeit

  • "Patres Conscripti,


    die Systematik unseres Rechtssystem zu renovieren ist das Ansinnen meines Consulats, wie Ihr wisst. Der Instanzenzug konnte bereits verändert werden, nun gilt es, ihn mit Leben zu füllen. Unter den Iudicia Extraordinaria hatte ich die Möglichkeit eingeräumt, den Senat als Gremium der Gerichtsbarkeit zu nutzen. Doch welche Fälle sollen sie verhandeln?


    Mein Gedanke knüpft wieder an die alten Traditionen unseres Staates an, an jene hervorragenden Gesetze, die einst der göttliche Augustus und sein Nachfolger, der göttliche Tiberius, erlassen haben: Unter ihrer Regierung wurde dem Senat das Recht erteilt, über sich selbst zu richten. Denn dafür gibt es den Senat schließlich: Er muss die Res Publica kontrollieren, seine Magistrate ebenso wie jeden einzelnen Senatoren.


    Dementsprechend möchte ich die Rechte des Senats wieder bestärken, indem ich einige Delikte ausdrücklich dem Senatsgericht zuweise. Namentlich wären dies alle Verbrechen gegen die Amtspflicht, namentlich die Rechtsbeugung durch einen Magistraten des Cursus Honorum, ebenso Missbrauch der Amtsgewalt oder Bestechlichkeit eines solchen.


    Ebenso sollte der Senat richten, wenn ein gefährlicher Versuch unternommen wird, die Res Publica als solche zu stürzen. Daher beantrage ich ebenso, dem Senat das Recht einzuräumen, per Dekret Verhandlungen über Hochverrat, Zutrittsverbot für ausländische gesalbte Herrscher innerhalb des Pomeriums, Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot, Staatsfeindliche Einwirkung auf Sicherheitsorgane, Staatsfeindliche Verunglimpfung von Reichsorganen und Landesverrat an sich zu ziehen.


    Zuletzt schließlich möchte ich auf § 51, die Äußerung in Reichsorganen eingehen. Sie wurde im letzten Jahr Gegenstand einer Verhandlung, an der ich selbst beteiligt war. Der Ausgang der Verhandlung entsprach meines Erachtens nach nicht der Gesetzeslage, doch bin ich zu der Einsicht gelangt, dass dieser Paragraph überflüssig ist und besser durch folgende Regelung ersetzt werden sollte, die es einem Senatoren ermöglicht, von seinen Standesgenossen gerichtet zu werden:


    § 51 Appellation an den Senat
    (1) Gegen das Urteil eines Gerichts kann durch jeden Senator beim Consul Berufung eingelegt werden, was zu einer Neuverhandlung vor dem Senat führt.
    (2) Sie kann innerhalb von drei Tagen nach Verkündung des Urteils beantragt werden.
    "


    Er blickte in die Runde, was die Senatoren zu seinem Vorschlag zu sagen hatten.

  • "Was spricht dagegen, dass diese Eregänzung dort eingeführt wird, wo auch die anderen Appelationsmöglichkeiten aufgeführt sind?", erkundigte sich Macer, der keinen Sinn darin sah, einen weiteren Paragraphen für Appelationsmöglichkeiten zu haben. Das war der Übersicht in seinen Augen alles andere als zuträglich.


    "Was die erweiterten Möglichkeiten des Senates angeht, Prozesse an sich zu ziehen, sehe ich keinen Handlungsbedarf. Nach jetziger Rechtslage wäre der Praetor zuständig, sofern der Kaiser den Prozess nicht an sich zieht. Gegen Beschlüsse des Praetors wiederum kann der Consul intervenieren, mithin auch dem vom Praetor eingesetzten Gericht widersprechen und stattdessen den Senat einsetzen", führte er dann zu den übrigen Dingen aus.

  • "Meinen beantragten § 51 könnte man tatsächlich an den Paragraphen zur Appellatio anfügen, allerdings ist es bisher meiner Auffassung nach nicht möglich, dass ein Consul den Senat als Gericht einsetzt - der Codex Iuridicialis regelt, dass diese Verbrechen vom Iudicium Publicum zu verhandeln sind. Der Codex Universalis gibt den Consuln zwar die Möglichkeit, niederrangigeren Magistraten Anweisungen zu erteilen, doch würde ich persönlich klarer herausstellen, dass der Senat für derartige Fälle herangezogen werden kann."

  • Unzufrieden mit dieser Antwort schüttelte Macer den Kopf. "Der Codex regelt doch gerade nach einer der letzten von dir vorgeschlagenen Änderungen eindeutig, dass der Senat als Gericht auftritt, wenn er angerufen wird. Deutlich kann man es doch gar nicht herausstellen, dass man den Senat als Gericht anrufen kann. Was übrigens bedeutet, dass der Consul dazu nicht einmal dem Praetor eine Anweisung erteilen muss", fiel Macer dann selber noch auf. Das machte alles nur noch einfacher und einen zusätzlichen Paragraphen in seinen Augen erst Recht überflüssig.

  • Durus war nun seinerseits ein wenig verwirrt und suchte noch einmal in seinen Akten, da er sich an kein derartiges Gesetz erinnern konnte. Als er schließlich den Wortlaut seines ersten Rundumschlags fand, hoffte er, dass Macer darauf anspielte.


    "Mein Gesetz gibt allerdings nicht an, wer den Senat als Gericht anrufen kann. Daher halte ich meine Klärung für durchaus notwendig."


    meinte er daher knapp und wartete, ob der Praetor auf etwas konkreteres hinauswollte.

  • Auch nach seiner nun halb absolvierten Amtszeit als Praetor fühlte sich Macer in juristischen Dingen keineswegs so sicher, dass er ausschließen konnte, selber einen Denkfehler zu mache. Trotzdem sah er immer noch nicht, welches Problem der Consul mit seinem Gesetzentwurf überhaupt zu lösen versuchte.


    "Das Gesetz gibt nicht an, wer den Senat anrufen kann, weil es keine Einschränkungen machen will, nahm ich zumindest bisher an", antwortete Macer und der fragende Unterton war durchaus Absicht, denn er war schließlich nicht der Urheber des Gesetze. "Es sagt nur, was passiert, wenn der Senat angerufen wird. Wer dies tut, ist dem Gesetz gleichgültig. Wenn du nun aufführst, dass ein Senator den Senat als Appelationsinstanz anrufen kann, ist das sicher ein nettes Beispiel, aber meines Erachtens auch kein Ausschluss. Sprich, dieser Paragraph würde weder etwas erlauben, was bisher verboten ist, noch würde er etwas verbieten, was bisher erlaubt ist, noch würde er zwingend vorschreiben, dass ein Senator sich an den Senat wenden muss. Ich sehe also schlicht nicht, welchen Nutzen dieses Gesetz hat", fasste Macer seine Sicht der Dinge zusammen. "Ein klärendes Beispiel hat auch in einem Gesetzeskommentar Platz und wenn es Usus werden sollte, dass der Senat tatsächlich nur als Appelationsinstanz für Senatoren dient und sonst nichts, dann soll es eben Usus werden, aber nicht schon vorab in ein Gesetz gegossen werden."

  • “Ich für meinen Teil finde, dass bereits der neu gefassten Absatz (2) des § 4 Codex Iuridicialis einige Fragen offen lässt.
    Meiner Meinung nach hätte schon dieser Paragraph ausgiebiger diskutiert werden müssen, bevor er dem Senat zur Abstimmung vorgelegt wurde. Deshalb und weil ich äußerst unzufrieden mit der Vorgehensweise des Consuls Tiberius Durus bin - obwohl, oder besser gesagt, gerade weil ich seine Ziele grundsätzlich unterstütze - habe ich seinerzeit gegen diesen neuen § 4 gestimmt.“


    Ein missbilligender Blick Quartos machte die Runde.


    “Aber nun wurde er so beschlossen. Und jetzt wird uns dieser § 51 vorgelegt, der die Senatsgerichtsbarkeit insofern einschränkt, als das es sich nur um eine Berufungsinstanz handeln soll.
    Oder nicht? Wird es dabei bleiben, oder werden uns noch weitere Gesetze vorgelegt, die den Senat als gerichtliche Instanz beschreiben?
    Außerdem sollen wohl nur Senatoren berechtigt sein, Berufung beim Senat einzulegen, und zwar über die Consuln. Das muss wohl der Zweck dieser Formulierung sein, auch wenn sie Senator Purgitius Macer lediglich 'ein nettes Beispiel' nennt.
    Zugleich wird uns ein Appelationsrecht zur Abstimmung vorgelegt, in dem der Senat mit keinem Wort erwähnt wird.


    Weshalb konnte das, was hier vorgeschlagen wird, nicht bereits in die Neufassung des § 4 mit einfließen?
    Weshalb wird der Senat in dem Vorschlag zur Neufassung des § 42 Appellatio nicht erwähnt?


    So, wie das alles hier vorgelegt wird, kann ich dem nicht zustimmen!


    Das bedaure ich sehr. Denn das, was Consul Tiberius mit seinen Vorschlägen grundsätzlich umzusetzen versucht, genießt meine größte Sympathie.
    Ich weiß sehr wohl, wie kompliziert und schwierig diese Reform ist.
    Trotzdem sage ich: nicht so! Zu viel Unklarheit, zu viel Interpretationsspielräume und die relevanten Rechtsnormen unnötig über die Paragraphen verstreut, so das es nur noch einem erfahrenen Advocatus möglich sein wird, deren Gestalt wirklich zu erfassen.“



    /edit: noch einen Link eingefügt

  • Verständnislos und überrascht blickte Durus in die Runde. Er hatte nicht mit so viel Unzufriedenheit gerechnet, war sich vielmehr keiner Schuld bewusst! Er hatte doch immer jedem die Möglichkeit gegeben zu reden! Er konnte sich nicht einmal an einen einzigen kritischen Beitrag zum Senatsgericht erinnern, als er es damals eingesetzt hatte! Und jetzt kritisierten ihn zwei einflussreiche und ihm eigentlich wohlgestimmte Senatoren coram publico!


    "Ich habe in allen Debatten gewartet, bis es keine Wortmeldungen mehr gab."


    bemerkte er daher. Dann besann er sich - was nützte es jetzt, Missverständnisse zu debattieren?


    "Meines Erachtens nach ist die Appellatio an den Senat Teil der Senatsgerichtsbarkeit, was etwas grundsätzlich anderes ist als die Appellation an die Volkstribune oder den Kaiser. Sie sollte exklusives Mittel der Mitglieder des Senats sein - so war es von meiner Seite immer geplant. Wenn es dem Plenum besser zusagt, dies § 42 zuzuordnen, ist dies jedoch für mich auch akzeptabel.


    Ich für meinen Teil hatte es jedoch absichtlich getrennt von dem betrachtet, da ich die Aufgaben des Senats als Gericht separat in dieser Sitzung diskutieren wollte. Ich versuche, mein Reformwerk sinnvoll zu gliedern, um nicht zu viel in eine Sitzung zu packen."


    Was sollte er nun sagen? Möglicherweise war seine Gliederung nicht verständlich gewesen, doch jetzt war es schwerlich möglich, die Angelegenheit rückgängig zu machen. Wahrscheinlich war Durus zu sehr in seine juristischen Studien vertieft um zu erkennen, dass seine Gedankengänge für einen Laien nicht mehr nachvollziehbar waren...


    "Ich stimme Dir zu, Aelius - bisher bietet das Paragraphenwerk zu viele Interpretationsspielräume. Deshalb habe ich diese Debatte angestoßen, deshalb halte ich zusätzliche Gesetze für dringend notwendig. Ich freue mich, dass ihr euren Zweifel äußert und die Mängel aufzeigt, die ihr seht, denn zu leicht übersieht man als Mann, der sich intensiv mit diesen Dingen beschäftigt hat, diese Mängel.


    Ich denke, dass wir, wenn wir in einem Gesetz genauer definieren, für welche Fälle der Senat als Gericht zur Geltung kommen kann, wird es auch nicht mehr Unklarheiten geben, wer den Senat als Gericht anrufen kann."


    Er hoffte, mit diesen Worten den Konsens des Senates wieder etwas besser getroffen zu haben. Wenn nicht, hoffte er jedoch auf konstruktive Vorschläge - immerhin schienen sowohl Macer als auch Quarto grundsätzlich die Stoßrichtung der Reformen zu unterstützen...

  • "Und du hast selten genug die Ergebnisse der Debatte zum Anlass genommen, den ursprünglich eingebrachten Entwurf dann auch zu ändern", konterte Macer den Verweis auf die abgewarteten Wortmeldungen. Von Debatten, deren Ergebnisse am Ende nicht verwertet wurden, hielt er nämlich nichts.


    "Und davon, dass die Appelation an den Senat ein exklusives Recht der Senatoren sein soll, lese ich weder in den bisher beschlossenen Gesetzen etwas, noch in dem, das du uns nun vorgeschlagen hast. Wie ich eben schon sagte, sehe ich dort keinerlei Ausschluss", wiederholte er dann nochmal seine vorher vorgebrachte Kritik, da der Consul in seinem Entwurf offenbar etwas völlig anderes zu lesen vermochte als Macer.


    "Im übrigen stimme ich Aelius Quarto zu, dass eine Abhandlung in §42 wesentlich angemessener ist."

  • Durus verstand immer weniger - offenbar hatte er vieles fehlinterpretiert! Doch er konnte sich an keinen Änderungsvorschlag erinnern, den er übergangen hätte! Hatte er nicht vielmehr immer geantwortet und danach war Schweigen gewesen? Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, die Sitzung komplett abzubrechen und mit Macer unter vier Augen zu sprechen. Dass man ihn hier vor versammeltem Plenum so angriff, hätte er nicht erwartet!


    "Bisher war ich stets in der Annahme, dass meine Erwiderungen das Plenum überzeugt hatten. Jedenfalls meldete sich am Ende keiner mehr zu Wort."


    Ein wenig hatte Durus das Gefühl, dass ihm die Situation etwas entglitt.


    "Im Übrigen habe ich in meinem Entwurf zu § 51 (1) das exklusive Recht der Senatoren definiert. Wenn die Gruppe der Privilegierten in einem Gesetz ausdrücklich genannt wird, so ist es doch klar, dass dieses Recht ein exklusives ist.


    Hier ist übrigens - wie gesagt - auch zu erkennen, warum ich es für etwas anderes halte als die gewöhnliche Berufung bei den übrigen Magistraten. Doch wenn es euer expliziter Wille ist, so werde ich eben § 51 streichen lassen und die Appellation an den Senat in § 42 aufnehmen."


    gab er schließlich resigniert zu. Im Grunde war es ja auch egal, wo es stand, solange der Inhalt stimmte.

  • Die Rechtsauffassung des Consuls schien sich tatsächlich erheblich von der von Macer zu unterscheiden, was letzterem ein wenig Sorge bereitete.


    "Tatsächlich? Die Nennung der Gruppe und des Rechtes reicht, um selbiges als exklusiv darzustellen? Es bedarf keiner Zusätze wie 'nur', 'ausschließlich' oder ähnlichem?", fragte er zweifelnd nach. "Ich meine, ich kann mich irren, aber warum schreibt der Codex dann vor, dass als Praetor NUR zugelassen ist, wer den Cursus Iuris abgelegt hat, anstatt lediglich zu erwähnen, dass Senatoren mit Cursus Iuris Praetor werden können? Oder wieso heißt es, dass der Aedilis Curulis Patrizier sein MUSS, anstatt nur zu sagen 'Ein Patrizier kann zum Aedilis Curulis gewählt werden'? Oder wenn im Gesetz steht, dass ein Dieb zu drei Monaten Haft verurteilt werden kann, dann ist das doch kein exklusives Recht der Diebe!"


    Er machte eine Pause, denn letztlich war es ja nicht der einzige Punkt, dass ihm das Wörtchen 'nur' in der Vorlage fehlte. "Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Appelatio an den Senat nur für Senatoren zu gestatten, ist sicher eine interessante Idee. Aber dann sollte man das dort klären, wo eben die Zuständigkeit der Gerichte geklärt wird und nicht an einer völlig anderen Stelle. Also entweder tatsächlich als reines Appelationsgericht in § 42 oder als allgemeine Zuständigkeit in § 19. Wobei ich dich eingangs so verstanden hatte, dass der Senat ja gar nicht ausschließlich Appelationsgericht sein soll, sondern weitere Zuständigkeiten erhalten soll."

  • Durus sah zum Senatsschreiber und erkundigte sich nach der Zeit, die noch blieb. Es war bereits etwas später am Nachmittag - und Winter! Wenn sich diese Debatte noch sehr lange zog, würde sie vertagt werden müssen. Doch Durus lief auch die Zeit als Consul davon, sodass er beschloss, sich wesentlich kompromissbereiter zu zeigen - abgesehen davon war es ihm ohnehin nicht so wichtig, dass der Wortlaut genau erhalten blieb, wenn ein anderer sich als besser herausstellte.


    "Wenn dies Unklarheiten hervorruft, bin ich gerne bereit, das Wort 'nur' in meinen Antrag einzubringen, ebenfalls, die Appellatio zu den übrigen Appellationes zu stellen. Würde dies dann ausreichend zweifelsfrei herausstellen, dass der Senat nicht von jeder Person als Gericht angerufen werden kann?"


    So lautete ja der Wortlaut zum Instanzenzug. Aber dies war ja damals überhaupt nicht kritisiert worden, somit war es auch etwas ungerecht, Durus diese Sache jetzt vorzuwerfen!


    "Womit sich die Frage ergibt, ob ihr es dann für angemessen hieltet, die von mir genannten Delikte auf Wunsch der Consuln vor den Senat zu bringen. Denn es kann wohl kaum Sinn des Senatsgerichts sein, dass ein Consul sämtliche Gerichtsverhandlungen an sich ziehen kann."

  • “Nein, dass kann nicht der Sinn dieses Gesetzes sein. Der Senat als Appelationsgericht, dass mag angehen. Aber als allgemeine Erste Instanz? Nein!“, schaltete sich Quarto erneut ein, um dann fortzufahren:
    “Die Frage, dich mich in diesem Zusammenhang noch beschäftigt ist die: Wollen wir wirklich, dass ein Senator für Jedermann den Senat als Berufungsinstanz anrufen kann? Wollen wir uns in diesen heiligen Hallen wirklich mit gewöhnlichem Raub, mit Eierdieben und Weinpantschern befassen, nur weil einer von uns vielleicht eine etwas fragwürdige Klientel hat? Oder wäre es nicht viel besser, wenn die Senatoren nur über ihresgleichen zu Gericht sitzen?“

  • "Ich sehe es auch so, dass der Senat als Appelationsinstanz nur dann angerufen werden kann, wenn der Beschuldigte selber Senator ist", stimmte Macer zu, nahm aber an, dass der Consul es tatsächlich auch so gemeint hatte. Beim nochmaligen Nachdenken fiel ihm aber auf, dass der vorgelesene Vorschlag auch das in der Tat nicht präzise festhielt.


    In dem zweiten Punkt musste Macer seinem Vorredner allerdings widersprechen. "Für bestimmte Delikte halte ich es nicht für abwegig, den Senat auch als erste Instanz anzuerkennen. Von jenen, die der Consul vorschlug, halte ich insbesondere die Verunglimpfung von Reichsorganen, insbesondere hier natürlich die Verunglimpfung des Senats selber, oder auch den Hochverrat für relevant. Wobei ich hier dringend um eine enge Abstimmung mit dem Kaiserhof bitten würde." Hochverrat würde sich in diesen Zeiten wohl am ehesten gegen den Kaiser richten und womöglich würden die Hochverräter selber aus den Reihen der Senatoren stammen. Solche Angelegenheiten würde der Kaiser zweifellos immer an sich ziehen, nahm Macer an, und es würde wenig bringen, ein Recht zu notieren, das man nie in Anspruch nehmen konnte. "Andere der vorgeschlagenen Delikte halte ich für irrelevant. Einwirkung auf die Sicherheitsorgane zum Beispiel. Sämtliche Truppen unterstehen ohnehin dem Oberbefehl des Kaisers, also fallen sie auch unter seine Gerichtsbarkeit."

  • "Möglicherweise habe ich den Antrag unklar formuliert: Natürlich sollte es nur angeklagten Senatoren frei stehen, sich vor dem Senat zu rechtfertigen - nicht jedoch um ihren Klienten eine bessere Möglichkeit zu bieten."


    pflichtete Durus bei. Hier wurde wieder einmal ein Formulierungsfehler offenbar, wie er etwas peinlich berührt feststellte.


    "Den Senat als erste Instanz würde ich allerdings in keinem Fall generalisieren - vielmehr sollten die Consuln in den von mir genannten Fällen die Möglichkeit besitzen, einen Fall an sich - und den Senat - zu ziehen. Denn bei all diesen Delikten besteht eine große Bandbreite, manche Fälle mögen so unbedeutend sein, dass auch ein gewöhnliches Gericht sie aburteilen kann, etwa wenn ein geistig Verwirrter versucht, den Kaiser zu töten oder sich als Kaiser tituliert - obwohl auch dies Hochverrat wäre.


    Bei der Auswahl der Delikte, für die dies möglich sein sollte, habe ich im Übrigen absichtlich alle ausgewählt, die gegen den Staat gerichtet sind. Der Grund liegt darin, dass der Kaiser in jedem Fall die Möglichkeit hat, den Fall noch an sich zu ziehen. Regelmäßig würde ich daher den Senat als höchstes Gericht betrachten, das sich derartiger Fälle zumindest annehmen kann. Ist der Kaiser etwa auf einem Feldzug unterwegs, könnten die Consuln dennoch derartige Fälle verhandeln."


    erklärte er dann. Natürlich war der Kaiser Oberbefehlshaber - dennoch waren es die Truppen des Senates und des Volkes von Rom (zumindest in der Vorstellung des Tiberiers, für den der Kaiser nicht viel mehr war als ein besonderer Magistrat, der mit Billigung des Senates regierte).

  • "Wenn der Kaiser ein Interesse an der Verfolgung dieser Fälle hat, wird er sie immer an sich ziehen, egal wo er sich aufhält", warf Macer ein. "Dafür hat er schließlich einen Praefectus Urbi und auch einen Praefectus Praetorio. Ich bezweifle, dass es Sinn macht, den Senat hier als regelmäßiges Gericht zu betrachten." Natürlich auch deshalb nicht, weil man solche Fälle ja am liebsten überhaupt nicht regelmäßig bekam.

  • Beinahe hätte Durus ungläubig den Kopf geschüttelt. Der Senat hatte offenbar sogar Interesse daran, delikate Fälle an den Kaiser abzuschieben, anstatt die Macht, die Durus ihnen bot, zumindest formell noch anzunehmen.


    "Doch stellt der Senat noch immer die gesammelte Autorität des Staates dar. Bereits der göttliche Augustus gab Repetunden- und Hochverratsprozesse an dieses Gremium - warum sollte es nicht auch heute noch dieses Recht beanspruchen?


    Möglicherweise hat der Kaiser auch kein Interesse, gewisse Fälle zu verhandeln, weil sie ihm unbedeutend erscheinen - sollte der Senat nicht zumindest die Möglichkeit haben, diese an sich zu ziehen?"

  • "Wie ich eben bereits sagte, habe ich bei Hochverratsprozessen auch keinerlei Bedenken, dem Senat hier auch ein Prozessrecht einzuräumen", wiederholte Macer seine vorher getätigte Aussage. "Die ohnehin serh differenzierte Vielzahl an ähnlichen Delikten laut Codex sollte meines Erachtens dann aber eben auch eine Unterscheidung bewirken. Und da wir als Senat eben keine Verfügungsgewalt über Truppen haben, sehe ich auch keinen Grund, warum wir Straftaten gegen sie verhandeln können müssten."

  • "Natürlich ist der Kaiser der Oberbefehlshaber der Truppen - dennoch sind es doch die Truppen unseres Staates - und wer, wenn nicht wir, sind dessen Hüter? Schwächt nicht jemand, der Soldaten zur Meuterei anstiftet, den ganzen Staat und nicht nur die Autorität seines Oberbefehlshabers? Der den Bestand oder die Sicherheit des Imperium Romanum wird sogar explizit im Gesetz erwähnt! Sind wir dafür nicht genauso verantwortlich wie der Kaiser?"


    fragte Durus weiter. Noch wollte er nicht vor der indirekten Macht des Kaisers kapitulieren, der hier offenbar sogar von Misenum aus in den Köpfen des Senats wirkte.


    "Oder welche Delikte würdest du sonst ausnehmen?"


    fragte er sicherheitshalber noch nach.

  • Da Macer sich nicht mehr zu Wort meldete, beschloss Durus, dass dieser wohl sonst keine Ausnahmen mehr vorschlug. Also fuhr er fort, wobei er sicherheitshalber den diskutierten Punkt ausließ, auf den es ihm im Grunde ohnehin nicht ankam:


    Dementsprechend möchte ich die Rechte des Senats wieder bestärken, indem ich einige Delikte ausdrücklich dem Senatsgericht zuweise. Namentlich wären dies alle Verbrechen gegen die Amtspflicht, namentlich die Rechtsbeugung durch einen Magistraten des Cursus Honorum, ebenso Missbrauch der Amtsgewalt oder Bestechlichkeit eines solchen.


    "Ich halte es für sinnvoll, diese Zuständigkeitsregelung den übrigen von § 19 zur 'Sachlichen Zuständigkeit' anzuschließen. Meine Ergänzung würde wie folgt lauten:


    (4) Wird ein Delikt gegen die Amtspflicht von einem Amtsträger des Cursus Honorum begangen, ist der Senat als Gericht sachlich zuständig. Ebenfalls können die Consuln Prozesse wegen Hochverrat, dem Zutrittsverbot für ausländische gesalbte Herrscher innerhalb des Pomeriums, Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot, Staatsfeindliche Verunglimpfung von Reichsorganen und Landesverrat vor dem Senat verhandeln lassen.


    Sollte dieser Zusatz Zustimmung finden, könnte zusätzlich § 112 (2) über die Rechtsbeugung durch Amtsträger des Cursus Honorum ersatzlos gestrichen werden."

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