Atrium | MTD et Tiberius Valens

  • Der Ianitor führte den Tiberier durch das Vestibulum ins Atrium, die zentrale Halle. In einer Nische befand sich das Lararium mit den Masken der Ahnen, doch man führte ihn in eine Ecke, in der einige Korbsessel und - viel wichtiger - ein Kohlebecken standen. Hier bat der Ianitor den Fremden zu warten.

  • Nachdem der Ianitor den Raum verlassen hatte atmete Valens erleichtert auf. Für einen kurzen Moment hatte er ernsthaft befürchtet, der Sklave würde ihn für einen Verrückten oder zumindest für einen besonders dreisten Hausierer halten. Mit einem leisen Seufzer ließ er sich nieder.


    Während er da so kerzengerade auf dem durchaus gemütlichen Korbsessel saß ( jede Art von Sich-hinein-Fläzen hatte er sich verkniffen, immerhin zählte der erste Eindruck) bereitete er sich auf das Eintreffen seines Gastgebers vor. Wenn er sich nicht täuschte dann war der Hausherr, den er gleich kennenlernen würde, ein weit entfernter Cousin seines Vaters namens Tiberius Durus. Er hieß doch Durus? Oder doch Dusus? Auf jeden Fall ein sehr mächtiger Mann, der hohe Ämter inne hatte und obendrein auch noch Senator war, ein Mann, dem man Respekt entgegenbringen musste. Valens ließ den Blick durch das prachtvoll eingerichtete Atrium schweifen und wurde zunehmend nervöser. Wahrlich, hier in der Hauptstadt wusste man zu leben! Auch wenn er Patrizier war, so hatte sein Vater doch nie zu den wirklich reichen Tiberiern gezählt, und bei der Vorstellung was das alles hier gekostet hatte drehte sich ihm der Magen um. Höchste Zeit, dass dieser Durus endlich eintraf.

  • Es dauerte geraume Zeit bis Tiberius Durus, angetan in seiner Senatorentunica, im Atrium erschien. Nichts deutete darauf hin, wo er zuvor gewesen war, doch er wirkte auf gewisse Weise sehr geschäftig. Als er Valens erblickte, verlangsamte sich sein Schritt erst ein wenig, dann schien er sich jedoch ein Herz zu nehmen und überwand die Distanz zu ihm rasch. Sein Blick war dennoch etwas kritisch:


    "Salve...Tiberius. Man sagte mir, du behauptest, der Sohn von Tiberius Valens zu sein - ist das korrekt?"


    Sich selbst vorzustellen hielt er für unnötig - immerhin war er der Consul von Rom!

  • Valens erhob sich geschwind aus dem Sessel, um den eintretenden Senator - in der Annahme, dass es sich bei ihm um besagten Tiberius Durus handeln musste - angemessen mit einem „Salve Consul!" zu begrüßen. Seine Mutter hatte ihm vor der Abreise eingeschärft, dass dieser Durus nicht nur Senator sondern auch amtierender Consul und mächtig obendrein war. Und mächtige Männer legten immer viel Wert auf Titel und Formalitäten, das wusste Valens nur zu gut.


    „Ich bin Sextus Tiberius Valens, Consul, der Sohn deines Cousins Caius Tiberius Valens. Es ist mir eine Freude, deine Bekanntschaft zu machen.“


    Er bemühte sich, trotz des skeptsichen Blicks seines Gesprächspartners freundlich und zugleich selbstsicher zu klingen, was ihm zu seiner eigenen Überraschung besser gelang als erwartet. Dennoch war er ziemlich aufgeregt, schließlich sprach er hier nicht mit einem kleinen Magistrat aus dem hintersten Germanien sondern mit einem echten, ihn fortwährend kritisch beäugenden Consul.


    „Mein Vater weilte einst als Gast in deinem Hause, doch offenbar ist er auf dem Rückweg spurlos verschwunden. Wir haben seit einer Ewigkeit keine Nachricht mehr von ihm erhalten und…“, er zögerte einen Moment „meine Mutter befürchtet mittlerweile das Schlimmste. Daher hat sie mich zu dir nach Rom gesandt.“

  • Tiberius Valens...Durus konnte sich dunkel an einen Mann dieses Namens erinnern...aber es musste sehr lange her sein, dass er diesen Mann kennen gelernt hatte, der angeblich der Vater dieses Mannes war. Zu dumm, dass er seinen Nomenclator nicht bei sich hatte! Doch es war vermutlich auch etwas peinlich, wenn er allzu harsch mit dem jungen Mann umging und es sich dann herausstellte, dass er es wirklich war!


    "Das ist äußerst tragisch. Auch ich habe leider nichts von ihm gehört!"


    erwiderte er daher mit besorgtem Gesicht, obwohl dies reine Spekulation war. Doch da Valens nicht hier und zu Hause war, lag es nahe, dass er verschollen war. Dennoch gab er einem Sklaven ein Zeichen, nach seinem Sekretär zu schicken.


    "Du möchtest also Nachforschungen über deinen Vater anstellen?"

  • Sextus hatte mit einer solchen Antwort gerechnet. Es wäre auch seltsam, wenn sein Vater sich über einen so langen Zeitraum nicht bei seiner Familie gemeldet hätte, dieser Durus aber um seinen Aufenthaltsort wüsste. Er legte die Stirn in Falten und nickte leicht.


    "So ist es, Consul. Und ich wäre dir außerordentlich für jede Art von Hilfe dankbar."

  • "Hast du eine Unterkunft hier in Rom? Du kannst gern im Haus der Familie wohnen!"


    meinte Durus, obwohl er noch immer nicht 100% sicher war, dass es sich hier um den Sohn eines Verwandten handelte. Doch Gastfreundschaft war andererseits eine Tugend und es war ja nicht so, dass die Gästezimmer dringend anderweitig benötigt wurden!


    In diesem Augenblick kam Lukios, der Sekretär des Tiberiers, herein und stellte sich stumm an die Seite seines Herrn.


    "Ah, da bist du ja. Das hier ist Sextus Tiberius Valens, er ist auf der Suche nach seinem Vater, Caius Tiberius Valens. Wissen wir etwas über seinen Verbleib?"


    Der Sekretär legte die Stirn in Falten. Erwartungsgemäß hatte er keine schnelle Antwort parat. Doch schließlich meinte er


    "Wenn ich mich recht erinnere, war er hier zu Gast...aber wohin er gegangen ist, kann ich aus dem Stegreif nicht sagen. Aber ich werde nachsehen."


    Durus blickte zu Valens zurück.


    "Du siehst, wir werden uns kümmern. Wenn ihr allerdings nichts von ihm gehört habe, kann ich dir keine großen Hoffnungen machen."

  • Sextus nickte seinem Gegenüber dankbar zu. Er war müde und ausgelaugt und mit den paar lumpigen Sesterzen, die er noch sein Eigen nannte hätte er von einer ähnlich komfortablen Unterkunft wohl nur träumen können.


    „Ich danke dir vielmals für deine Gastfreundschaft und deine Mühen, Consul“, antwortete er höflich. Eine derart luxuriöse Bleibe und die Hilfe des amtierenden Consuls von Rom war weitaus mehr, als der nach der schroffen Begegnung mit dem Ianitor erwartet hatte. Der Gedanke an eine frische, saubere Bettstatt und vielleicht noch einen guten Wein erregten trotz des ernsten Themas eine gewisse Vorfeude in ihm.


    Denn was seinen Vater betraf, so machte er sich keine allzu großen Illusionen. Er war nicht der Mann, der ohne seiner Familie eine Nachricht zu hinterlassen grundlos durch die Gegend zog. Da musste etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein. Nun ja, vielleicht würde Durus‘ Sekretär ja doch noch etwas Interessantes herausfinden. Wer wusste das schon?


    "Es ist mir wirklich von großer Hilfe."

  • "Das ist doch selbstverständlich für meine Familie."


    meinte Durus lächelnd. Wenn sich herausstellte, dass Valens nicht der war, der er vorgab zu sein, würde er allerdings alles auf Sesterz und As zurückzahlen lassen!


    "Wie war die Reise?"


    fragte er, nachdem es wohl noch etwas dauern würde, bis sein Sekretär, der wieder davongeeilt war, sich um ein Zimmer gekümmert hatte.

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