cubiculum TAU et Cimon | Die Ruhe nach der Schlacht

  • Den ganzen Heimweg war der Stolz des Nubiers ungebrochen. Seine Stärke trug er nun ungewohnt offen. Und doch zeigte er, wer der eindeutige Herr war. Kaum zurück, hatte er Ursus etwas zu trinken gebracht, um dann gewohnt warmes Wasser und neue Kleidung zu holen.
    Wie selbstverständlich kniete er sich vor Ursus und machte sich daran die Schnürung zu öffnen. Die Füße seines Herren zu waschen machte dem Nubier nichts aus. Es war teil seiner Aufgaben und eben dafür war er doch auch da. Er, Cimon durfte dafür sorgen das sein Herr sich wohl fühlte.


    Erst jetzt dachte er wieder über den Tag nach. Über die Schlacht bei Actium und seinen Herren. Vor allem aber über den Mann den er so unsanft behandelt hatte. Es war nicht richtig dies zu tun. Und es war falsch seinem Herren nicht alles zu sagen. Fragend sah er auf. Doch er wagte ersteinmal nicht sofort das Wort zu ergreifen. Was für ihn untypisch war, denn in der vergangenen Zeit hatte er gelernt, die Stille zu füllen. Dabei dachte er oftmals nur daran, das es Ursus unangenehm war, wenn es zu still war. Außerdem fing es ihm an wirklich Freude zu machen, sich mit seinem Dominus zu unterhalten. Doch nicht heute, nicht an diesem Tag. Nicht mit diesen Schuldgefühlen.

  • Manchmal fragte sich Ursus, ob er nicht doch auf dem besten Wege war, ein Dickbauch zu werden. Nicht, daß er Ansätze eines solchen entdeckt hätte, dafür trainierte er denn doch zu regelmäßig. Doch er wurde bequem. Er genoß es, sich einfach verwöhnen zu lassen. Jetzt saß er bequem in einem Sessel, einen Becher mit stark verdünntem Wein in der Hand und ließ sich die Füße waschen. Ja, das war heimkommen! Er musterte Cimon eigentlich nur so nebenbei, weil es gerade nichts Interessanteres zum Anschauen gab. Doch ihm fiel die Schweigsamkeit seines Sklaven dann doch auf. Eigentlich müßte er doch überschäumen von seinen neuen Eindrücken! Und nun auch noch dieser fragende Blick? Eben hatte der Sklave doch noch so stolz und glücklich gewirkt. Was war denn seit dem geschehen? Eigentlich nichts. Oder war in der Küche etwas vorgefallen? "Was ist los, Cimon? Du bist auf einmal so still? Gibt es etwas, was ich wissen sollte?" Er dachte natürlich an Streit unter den Sklaven, denn dies lag für ihn irgendwie nahe.

  • Die Worte seines Herren taten gut, denn sie wurden nicht von Schlägen begleitet. Ja, inzwischen wusste er, das sein Dominus ein guter Mann war. So atmete er einige male tief durch, während er die Waschung beendete und die Füße trocknete. Dann setzte er sich auf seine eigenen Füße, wobei er sich leicht nach hinten lehnte um seinen Herren ansehen zu können. Sie waren alleine, also sah er ihn direkt an.


    "Herr? Bitte verzeih, aber vorhin, auf dem Weg...ich war nicht ganz ehrlich zu dir. Ich habe vergessen...nein, ich habe es dir bewusst nicht gesagt...das der Mann, der so, sagen wir mal unglücklich fiel, nicht hätte fallen müssen. Es war Wut. Meine eigene Wut, die dies verursacht hatte, Dominus. Nun...nun fühlt es sich falsch an es getan zu und es dir nicht gesagt zu haben. Ich verspreche dir, Herr. ich werde mich in Ruhe üben und dies nie wieder aus Wut geschehen lassen, Dominus Ursus."


    Wie gewohnt nutzte Cimon den Namen von Ursus nicht ohne Zusatz. Denn dies wäre falsch gewesen. Nun sah er fragend auf. Was sein Herr wohl sagen würde? Gleich was folgen mochte, der Nubier gab sich in die Hände des Dominus, im Wissen, das dieser gerecht und gut war.

  • Sorgfältig wurden seine frisch gewaschenen Füße abgetrocknet. Das war wahrer Luxus. Unendlich wohltuend. Wie auch die Massagen, die Cimon ihm nach anstrengenden Tagen angedeihen ließ. Ja, das Leben konnte schon sehr angenehm sein, das mußte Ursus zugeben. Wobei er sich durchaus bewußt war, daß solch ein Leben nur wenigen vergönnt war. Ein weiterer Grund, es in vollen Zügen zu genießen.


    Die Worte seines Sklaven, die seiner Frage folgten, versetzten ihn allerdings in großes Erstaunen. "Was willst Du damit sagen, Cimon? Du hast ihn also härter angefaßt, als es nötig gewesen wäre? Und Du hast es getan, weil Du gerade wütend warst? Worüber warst Du wütend? Ich hatte eher den Eindruck gehabt, daß Du sehr guter Laune warst. Das Spektakel hat Dir doch gut gefallen? Was ist vorgefallen, das Deinen Zorn erregt hat?" Ihm war nichts aufgefallen. Aber er war ja auch einige Schritte voraus gegangen und hatte daher nicht sehen können, was weiter hinten vorgefallen war. Ursus nahm an, daß jemand sich irgendwie respektlos oder gar demütigend Cimon gegenüber verhalten hatte. Was sonst könnte den sonst so beherrschten Nubier so erzürnen?

  • Noch immer saß er auf seinen Füßen und sah ergeben zu Ursus auf. Die Worte seines Herren taten gut und doch verwirrten sie Cimon. Was nur konnte oder sollte er sagen? Lügen wollte er nicht. Aber alles einfach so auszusprechen erschien noch viel schlimmer als die Wut an sich.


    "Ja, Herr. Ich habe diesen Mann härter angefasst als nötig. Verzeih bitte Dominus Ursus. Ich...ja, Herr. Ich hatte viel Freude an dem Spektakel. Es war einfach überwältigend. Aber ich ... es hatte nichts mit alle dem zu tun. Es war nur..ich habe mich über etwas geärgert, was in der Vergangenheit liegt und damit keinen Sinn hatte. Es soll mir nie wieder passieren. Ich meine..."


    Er sagte es nicht...und wieder dieser Hass. Diese Wut. Und da war niemand der dafür hätte grade stehen können, außer sein Herr. Schnell sah er runter, in der Hoffnung, das Ursus es nicht gesehen hatte. Diese Wut in seinen Augen. Cimon atmete einige male tief durch. Dann merkte er das er mit seiner Haltung unbewusste das Zeichen präsentierte. Wieso trug er auch nicht sein Tuch? Wann hatte er es abgelegt? Und wieso? Der Nubier mochte es nicht, wenn er Dinge aus einem Reflex heraus unternahm, die ihm später nicht mehr gefallen würden.
    Die neu aufkeimenden Flammen bekämpfend versuchte er seinen Oberkörper mehr aufzurichten und leicht aufzusehen. Damit das Zeichen ....dieses Zeichen.... nicht mehr derart präsentiert wurde. Sein Körper spannte sich dabei derart an, das er kaum bemerkte, wie seine Hände Fäuste formten.

  • Ursus legte den Kopf schief. Etwas, was in der Vergangenheit lag hatte den Sklaven erzürnt? Einfach so? "Es ist schon gut, Cimon. Dem Mann ist ja nicht viel passiert und er wird es sich in Zukunft besser überlegen, so an hochstehenden Personen vorbeizurempeln." Ein großes Problem hatte Ursus damit nicht. Wenn Cimon sich in der Stadt Respekt verschaffte, dann konnte das nur gut gehen.


    Schon wollte Ursus zur Tagesordnung übergehen und Cimon auffordern, sich endlich zu erheben, da fiel ihm die angespannte Haltung auf. Und waren die Fäuste etwa geballt? "Ich nehme an, dieser Zorn kocht in diesem Moment gerade wieder hoch?" Das Zeichen bemerkte Ursus nicht einmal.


    "Hat es etwas mit mir zu tun? Bist Du zornig auf mich?" Er hoffte nicht, daß es so war, denn eigentlich hielt er sich für einen guten Herrn. Er war sich auch keiner Gelegenheit bewußt, zu der er solchen Zorn in seinem Sklaven hätte hervorrufen können. "Bitte, Cimon, steh auf. Du bist ein Mann und sollst auch wie ein Mann dastehen. Sag mir frei heraus, was Deinen Zorn verursacht. Oder wenn es eine Sache ist, über die Du nicht sprechen möchtest, dann sag mir, wie ich Dir helfen kann, diesen Zorn zu besiegen. Oder noch besser, seine Ursache zu beseitigen."

  • Ursus' Worte ließen den Nubier sich wieder etwas entspannen. In Zukunft würde er darauf achten, ohne Wut und mit Ruhe das gleiche Ziel zu erreichen. Doch dann erkannte er es. Erschrocken sah Cimon auf und seinem Dominus in die Augen. Die positive Antwort kam Tonlos von seinen Lippen, begleitet von einem sehr leichten Nicken.


    Noch immer sah er in die Augen des Herren. Er war zwiegespalten. Diese Worte...er konnte doch unmöglich ehrlich sein. Aber Ursus war ein guter Mensch, nur wieso hatte er dies von ihm verlangt? Langsam, sehr langsam stand er auf. Seine Fäuste waren sehr kraftlos und er richtete sich letztendlich zur vollen Größe auf. Allerdings blieb seine Haltung respektvoll. Gleich wie groß der Nubier war, gleich wie stark er war... er war nicht der stärkere. Er würde immer der schwächere der beiden sein. Niemals würde er etwas anderes denken.
    Aber er sollte es sagen...oder es möglich machen, das sein Herr ihm helfen könnte, den Zorn zu besiegen. Cimon musste schwer durchatmen. Seine Stimme klang leise, aber sie zeigte eine gewisse Härte. Eine die er nicht von sich kannte.


    "Ja, Herr. Der Zorn entstand aus deinen Worten und dem was ich als dein Besitz erleiden musste. Und du machst es nicht besser, Dominus Ursus. Du sagst nur gute Dinge, willst mich beschützen und ich glaube dir. Aber doch musste ich dieses schreckliche Zeichen machen lassen. Das .... das, Herr... schmerzt mich jeden Tag, an dem ich daran erinnert werde. Aber ich kann meine Wut nicht gegen dich richten, denn du, mein Herr bist ein guter Mensch. ..."


    Er konnte nicht mehr. Kraftlos sank er zu Boden und hockte einfach nur da. Cimon wollte sich entschuldigen, nicht mehr zu stehen, doch er konnte nicht. Seine Augen aber waren noch immer aufrecht und stachen fast schon in jene seines Herren. Dabei zeigte er trotz allem in seiner Haltung die Ergebenheit, die er fühlte. der Nubier hatte es nicht sagen wollen.... doch nun war es raus. Was würde geschehen? Sicher keine Strafe. Doch er selbst fühlte sich so unsicher wie nie zuvor. Es war ihm als würden ihm die strengen Regeln seines früheren Lebens, ja sogar die Strafen fehlen.


    "... ich verstehe es nicht, Herr. Verzeih mir bitte meine Wut, Dominus Ursus. Verzeih...."


    Ja, verzeih. Alles... seine Augen, seine Haltung, seine Unzulänglichkeit... sein Unvermögen dieses Zeichen ungeschehen zu machen. Sich doch nicht gewehrt zu haben. Aus Angst bestraft zu werden, oder seinem Herren nicht zu gefallen. Hatte er doch zu den, ihm unbekannten Göttern gebetet, um sich für sein Glück zu bedanken und zu versprechen alles für seinen Herren zu tun.

  • Tatsächlich geschah vorerst - nichts. Ursus war einfach sprachlos, was wirklich selten bei ihm vorkam. So schlimm war es für Cimon? Warum? Ursus verstand es nicht. Der Sklave hatte ihm doch wortreich erklärt, daß es für ihn der entsetzlichste Gedanke wäre, frei sein zu müssen. Daß er ein Sklave bleiben wollte und sich in dieser Rolle sicher fühlte. Ursus hatte sich genau darauf verlassen und eben versucht, seinen Teil zu tun, indem er ihn gut versorgte und ihn auch weiterbildete. Diese Eröffnung jetzt kam völlig unerwartet.


    Die Stille, die sich ausbreitete war greifbar. Ursus hielt seinen Blick auf seinen Sklaven gerichtet und suchte nach den richtigen Worten. Für ihn war es so normal gewesen, so alltäglich und nicht der Rede wert. Doch Cimon schien dadurch zutiefst verletzt zu sein.


    "So schlimm ist es für Dich?", fragte Ursus schließlich und Unglaube lag in seiner Stimme. "Warum? Es gleicht in keiner Weise der Kennzeichnung, die ein entlaufener Sklave erhalten würde, niemand würde dieses Zeichen je damit verwechseln." Es war ohnehin auf Cimons dunkler Haut keineswegs auffällig. Wer nicht wußte, daß es da war, dem fiel es gar nicht auf. Aber natürlich fehlten ihm die Haare, von denen es bei den anderen aurelischen Sklaven bedeckt wurde. Machte es das so schwer für ihn?

  • Noch immer auf dem Boden hockend hörte Cimon der Stimme seines Herren zu. Dieser schien nicht zu verstehen. Er glaubte es lag nur an dem Vergleich mit einem entlaufenen Sklaven? Niemals würde ein Mann wie Ursus jemanden wie Cimon verstehen, niemals. Doch dann musste der Nubier sich eingestehen, das dies nicht so sein musste. Sie konnten es ändern. Es versuchen.


    Den Klos herunter schluckend sah Cimon seinen Herren an. Ganz leicht nur schüttelte er den Kopf und suchte nach Worten. Dabei musste er an Phraates denken, was ihm einen neuerlichen Stich versetzte.


    "Ja, Dominus, es ist grausam. Ich kann es nur schwer erklären. Und Phraates, er war entlaufen und trägt nun ein Zeichen in seinem Nacken. Also ist es nicht ganz so unterschiedlich, auch wenn seines gebrannt wurde.
    ...Als, als es gemacht wurde fühlte ich mich wie ein Tier, wie Vieh, das gezeichnet wurde, damit sein Herr es immer finden konnte. Ich habe um Fesseln gebeten, denn sonst hätte ich den Man geschlagen. Aber es war dein Wunsch, es gab keinen anderen Weg. ... Ich... ich will keine schlechten Gedanken über dich haben, Herr. Es ... es schmerzt nur, noch immer so sehr ... hier drinn...."


    Cimon zeigte mittig, leicht links auf seine Brust. Eben dort, wo Atonis ihm gezeigt hatte, wo sein Herz war, damit der Sklave genau wusste was ihm blühen würde, sollte er seinen Herren einmal erboßen. Sein Kopf neigte sich. Dabei ging eine Hand zu dem Zeichen und strich mit festen Fingern darüber. Könnte er, würde er es fortkratzen.


    "Dominus Ursus. Du hast so vieles gutes getan, mir so viele gute Dinge gesagt. Und dann kam dies. Und du hast nach meinen Bedenken gefragt. Ich habe es dir gesagt, Herr. Und doch hast du es verlangt. Dies schmerzt sicher am meisten. Und doch weiß ich, das du ein guter Herr bist, Dominus Ursus. Denn sonst würde ich es niemals wagen ehrlich und offen zu sprechen. ... Ich...ich weiß nicht, was du tun könntest, um mir zu helfen. Allein das du dich bemühst, Herr, zeigt mir deutlich mein Glück, hier in deinem Besitz zu sein. ..."


    Cimon wurde nun sprachlos, denn er wusste wirklich nicht, was seine Wut abschwächen würde. Aber er merkte auch, das die offenen Worte ihm bereits halfen, sich selber darüber bewusst zu werden, was er fühlte oder dachte. Sicher war das Zeichen nicht weg, und sie würden es wohl kaum fortreden können, allerdings hatte Cimon die Gelegenheit, seinem Herren das eigene Denken nahe zu bringen. Sich zu verstehen war wichtig für das Vertrauen, das sein Herr einmal erwähnt hatte. Und der Nubier wollte nicht, das Ursus ihn, seinen Sklaven, falsch verstand oder einschätzte. Nun wollte auch er seinen Herren verstehen und sah ihn offen an.

  • Natürlich hatte Cimon damals Bedenken geäußert. Doch Ursus hatte nicht bemerkt, wie tief diese gegangen waren. Betroffen musterte er seinen Sklaven. "Bitte steh auf, Cimon. Es tut mir leid. Es ist an mir, um Verzeihung zu bitten, nicht an Dir." Er stand auf und trat auf seinen Sklaven zu, um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen. "Ich wußte nicht, wie tief es Dich verletzt hat. Es... es ist schon so lange üblich in diesem Haus, daß ich mir nie Gedanken darüber gemacht habe. Ich betrachte Dich nicht als Ding oder Tier, auch wenn Du mein Eigentum bist. Aber ich sehe nun ein, daß ich Dich in diesem Fall wie eines behandelt habe. Unbewußt zwar, aber deshalb trifft es nicht weniger zu." Aber was konnte er nun tun, um es wieder gut zu machen? Eine Tätowierung konnte zwar auch entfernt werden, soweit Ursus wußte. Doch es war sicher sehr schmerzhaft. Und Reste waren wohl auch immer zu sehen. Das würde dann am Ende doch wo wirken, als sei er als Entlaufener gezeichnet worden. Nein, das wäre noch schlimmer.

  • Der Anweisung seines Herren folgend stand Cimon langsam auf und sah ihn verwirrt an. Als dieser dann noch auf ihn zu kam und die Hand auf die Schulter legte, konnte der Nubier seine Überraschung nicht mehr verbergen. Zwar wusste oder ahnte er, wie gut sein Dominus zu ihm war, doch damit hatte er nicht gerechnet.
    Sicher machten die Worte es nicht ungeschehen, aber sie linderten den Schmerz. Dabei machte sich Cimon keinen Moment Gedanken darüber, wie sein Herr es wieder gut machen könnte, denn das erschien ihm doch sehr fremd. Eine Entschuldigung war schon etwas so neues für ihn, das er gar nicht wagte, an mehr zu denken.


    Langsam fing der Nubier an zu verstehen, das sein Herr es gar nich hätte verstehen können. Denn diese Worte, die sie gerade gewechselt hatten waren nötig dafür, zu dem Zeitpunkt in Mantua aber unpassend gewesen. Er war kein Ding, kein Tier, sehrwohl aber Eigentum. Das klang ganz gut in den Ohren von Cimon.
    Dennoch brauchte er einen Augenblick um sich über alles klar zu werden. Da er größer als Ursus war und dieser grade vor ihm stand, hatte er das Gefühl unangemessen grade zu stehen. Aber er erinnerte sich auch daran, das er seinen Rücken grade halten sollte. So bemühte er sich um den gewünschten Stolz, neigte dabei aber den Blick ergeben gen Boden.


    "Ich danke dir für deine Worte, Herr. Und... trotz allem bin ich froh, in deinem Besitz zu sein, Dominus Ursus. ... Ich will versuchen es zu vergessen, Herr."


    Schwer durchatmend sah Cimon erneut wieder auf und für einen sehr kurzen Moment fest in die Augen von Ursus. Dann sah er sich um. Kurz darauf wieder fragend zu seinem Herren. Er wollte nicht mehr darüber reden, er spürte den Schmerz. Der Nubier war wirklich sehr dankbar über die letzten Worte von Ursus, doch er war sich nun zunehmend unsicher, wie er weiter reagieren sollte. Am liebsten hätte er sich weiter an die Arbeit gemacht, doch er war so sehr aus dem Takt gerissen, das er nicht mehr wusste, wie es nun weiter gehen sollte.

  • Tatsächlich war Ursus nicht weniger unsicher, was er nun sagen sollte, wie es weitergehen sollte. Seine Gedanken rasten. Es gab eben Dinge, die nicht rückgängig gemacht werden konnten. Es gab Schmerz, der nicht gelindert werden konnte. "Mir wird klar, daß es nichts gibt, Cimon. Nichts, womit ich das wieder gut machen könnte. Vielleicht kannst Du mir eines Tages vergeben." Ganz sicher nicht hier und heute, das war Ursus längst klar geworden. "Auf jeden Fall schulde ich Dir etwas." Er hoffte, daß Cimon ihn richtig verstand. Cimon konnte um etwas bitten, um etwas wirklich Großes. Nicht jetzt, vielleicht in einer Woche, in einem Jahr, in zehn Jahren oder zwanzig. Wann auch immer. Um seine Freiheit, um die eines anderen, um Geld, um was auch immer. Ein freier Wunsch.


    Der suchende Blick des Sklaven erinnerte Ursus daran, wie sehr Cimon von ihm abhing. Er mußte ihm etwas geben, an das er sich festhalten konnte. Normalität, die ihm half, über diese merkwürdige und für ihn sicher unangenehme Situation hinwegzukommen. "Ich könnte jetzt einen kleinen Imbiß vertragen. Nichts großes, nur etwas Brot, Käse und Oliven."

  • Bei diesen offenen Worten sah Cimon mit festen Augen Ursus an. Er hörte ruhig zu und dachte einige Augenblicke nach. Ja, er glaubte zu verstehen. Diesen einen Gefallen würde er eines Tages einlösen. Eines Tages würde er sich an diesen Tag erinnern und seinem Herren zumindest die Möglichkeit geben, es wieder gut zu machen. Langsam stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen, was von einem ergebenen Nicken begleitet wurde.


    Kaum hatte sein Herr es ausgesprochen, da ging ein Ruck durch den Körper des Sklaven. Sofort bewegte er sich, zwar schnell aber ohne Hektik. Eben mit dieser ihm eigenen Ruhe. Dazu nickte er und senkte den Kopf etwas weiter, bis sein Herr seinen Nacken sehen mochte. Dann richtete er sich auf und wandt sich mit einigen Worten ab zum Gehen.


    "Ja, Herr. Brot, Käse und Oliven. Wie du wünschst Dominus Ursus."


    Doch an der Tür hielt er inne und erinnerte sich an seine Aufgabe. Kurz nachdem er die Tür geöffnet hatte, schloss er sie wieder und drehte sich um. Fragend sah er Ursus an. Die Stimme des Nubiers zeigte keine Spur mehr von dem, was eben noch geschehen war. Es war eingesperrt und abgeschlossen...vorerst.


    "Dominus Ursus, bitte verzeih. Aber so wie du dich um deinen Körper sorgst, solltest du auf etwas sehr leichtes und nur sehr wenig ausweichen, Herr. Es gab bereits reichlich während der Schlacht, wenn ich dir dies sagen darf, Dominus."


    Natürlich würde er holen, was Ursus haben wollte. Doch er sah seine Pflicht darin, das Ideal seines Herren zu unterstützen und ihm auch unangenehme Dinge mitzuteilen. Eben jenes hatte Ursus doch von ihm verlangt, oder irrte Cimon sich? Er würde es gleich erfahren, ob es ein guter oder ein überflüssiger Einwand war. Cimon hatte peinlich genau alles gezählt, was sein herr gegessen und getrunken hatte. Ja, mann könnte sagen, er sorgte sich um seinen Herren. Obwohl es ja keinen Grund dafür gab...noch nicht.

  • Ursus beobachtete seinen Sklaven aufmerksam. Würde er verstehen, was das für ein Angebot war? Ein Lächeln war zu sehen. Ein sehr kleines Lächeln, aber wahrnehmbar. Ja, Cimon hatte verstanden. Der Tag würde kommen, an dem Cimon dieses Versprechen einlösen würde. Und Ursus war sicher, daß er dieses Versprechen nicht leichtfertig einlösen würde. Aber genau so hatte er es ja auch gemeint.


    Cimon war sofort diensteifrig, als er seine Anweisung aussprach. Der Sklave wandte sich schon gehorsam zum Gehen, als er sich umwandte und seine Bedenken äußerte. Ursus' Augenbraue schnellte nach oben. Eigentlich war dies anmaßend. Andererseits tat Cimon genau das, wozu Ursus ihn immer aufgefordert hatte: Er sprach offen. Außerdem hatte er ja auch eigentlich gar keinen Hunger, sondern hatte Cimon nur eine Aufgabe geben wollen. Also nickte er. "Ja, Du hast Recht. Bring mir einfach eine Kleinigkeit, Du weißt ja, was ich bevorzuge. Stell ein bißchen was zusammen."

  • Sofort sah Cimon die nur leichte Regung seines Herren und befürchtete schon zu weit in seiner Offenheit gegangen zu sein. Sein Kopf neigte sich weiter und er machte deutlich das er es nicht so gemeint hatte, wie es geklungen haben mochte. Seine Ergebenheit stand außer frage.
    Was sein Herr dann sagte, beruhigte Cimon, sodass der Nubier ganz leicht durchatmete. Umgehend nickte er und verließ den Raum.


    "Ja, Herr. Ganz wie es dein Wunsch ist, Dominus Ursus."


    Damit war er verschwunden und ging rasch wenn auch ohne zu viel Eile an den Tag zu legen in die culina. Dort suchte er einige Kleinigkeiten zusammen. Alles legte er auf einen Teller, diesen ganierte er zusätzlich mit Weintrauben und Apfelstücken. Es gab mehr Obst und Früchte auf dem Teller, als die heiß geliebten Häpchen, des Herren. Doch wenigstens von jedem gab es ein Teil. So würde sein Herr sich hoffendlich nicht beschweren können. Dazu füllte er einen sehr wohlschmeckenden Saft ab. Dies war sein erster Versuch, seinem Herren einmal etwas neues zum Essen anzubieten. Sollte es nicht schmecken, wusste er, dass es noch Wein im Krug gab, der in Ursus' cubiculum stand.


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    Nach nicht ganz so kurzer Zeit, kam Cimon wieder und öffnete vorsichtig die Tür. Dann machte er sich daran alles vernünftig auf dem Tisch ab zu stellen. Dabei griff er mit einer fließenden Bewegung in eine Falte der Tunika und holte einige Blüten heraus, die nicht zu aufdringlich rochen, aber durchaus hübsch anzusehen waren. Diese legte er mit auf dem Tisch, das es nett aussehen mochte. Dann erst sah er fragend zu seinem Herren.


    "Ist es dir recht so, Dominus?"


    Ohne weitere Regung wartete Cimon ab, ob er alles richtig gemacht hatte.

  • Nachdem die Tür sich hinter dem Sklaven geschlossen hatte, blickte Ursus noch eine ganze Weile nachdenklich in die Leere. Cimon war ihm treu, trotz des Schmerzes, den er ihm zugefügt hatte. Warum hatte er damals nicht besser zugehört? Warum nicht erkannt, wie schlimm dies für den Sklaven war? Ursus fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. War er nicht im Grunde genau so schlimm wie dieser Grieche, der Cimon so mißhandelt hatte? Natürlich, Cimon war ein Sklave und er durfte mit ihm tun, was er wollte. Er war auch kein Verfechter der Abschaffung der Sklaverei, wie so mancher Verrückte auf der Rostra es forderte. Aber bisher hatte er geglaubt, ein guter Herr zu sein. Ein Irrglaube, wie es schien.


    Noch immer saß Ursus so da, als Cimon wieder eintrat. Die Speisen auf dem Teller waren appetitlich angerichtet, auch wenn die Zusammenstellung etwas anders war, als Ursus sie sonst bevorzugte. "Sehr recht, danke Cimon. Das sieht wirklich gut aus." Er griff nach einem Stück Apfel, um es zu verspeisen. "Heute stehen keine Besuche mehr an, wir können es uns also bequem machen." Ein deutliches Zeichen für Cimon, daß er vorerst nicht gebraucht wurde und seine Zeit frei verbringen konnte. Er griff nach dem Becher und schaute überrascht nach dem ersten Schluck. "Saft? Du bist wirklich besorgt um mich, kann das sein?" Er lachte und so löste sich auch seine eigene grüblerische Stimmung.

  • Nur kurz hatte Cimon das Gefühl, das etwas nicht stimmte, doch die Mine seines Herren schien sich zu bessern und so entspannte auch der Nubier sich wieder. Sein Herr war also zufrieden mit der Auswahl? Cimon grinste nur kurz, ahnte er doch, das es nicht die ganze Wahrheit war. Doch sein guter Dominus nahm die Entscheidung seines Sklaven mit Wohlwollen an. Dies machte Cimon auf gewisse Weise auch stolz.


    Die Worte, die aussagten, sie könnten es sich bequem machen, kannte der Sklave inzwischen recht gut. Also hatte er nun Zeit, zu lesen, zu üben oder sich um die Ausrüstung des Herren zu kümmern. Denn schließlich musste Rüstung und Schwert auch gepflegt werden. Er selbst sah nur sehr selten die Möglichkeit, etwas für sich zu tun. Er war es nicht gewohnt und sah es auch nicht als ihm zustehend an.
    So nickte er ergeben und wollte sich bereits leise aus dem Raume entfernen, als er hörte, wie sein Herr auf den Saft reagierte. Erneutes Grinsen ließ seine Lippen weicher wirken als sonst. Allerdings verschwand dieses auch recht schnell wieder und er sah Ursus offen an.


    "Ja, Herr. Ich sorge mich natürlich um dich. Ist es nicht meine Aufgabe dein Leben zu schützen?"


    Und Cimon sah da nicht nur die Gefahren von außen sondern auch die Gefahren, die sein Herr ganz alleine verursachen konnte. Atonis hatte Cimon gegenüber mal erwähnt das Wein gesund sei, er aber auch töten konnte. Der Nubier hatte nachgefragt, doch außer Peitschenhieben keine weitere Antwort bekommen. Doch er entschied, das es besser war, den Wein mitzuzählen, den sein Dominus zu sich nahm.
    Das Lachen des Herren entspannte den Sklaven ein wenig mehr und er nickte Ursus zu. Dabei lächelte er ein wenig. Mit zu lachen sah er momentan noch als unangemessen an.


    Die Situation ließ es nicht zu das er umgehend den Raum verließ. So sah er Ursus fragend an und ließ den Kopf ein wenig sinken.


    "Dominus Ursus? Sicher das du mich nicht mehr brauchst? Ich würde ansonsten später wieder kommen, um alles für die Nacht vorzubereiten."


    Damit meinte er natürlich das zurechtmachen und aufwärmen des Bettes. Sowie die Kleidung zur Nacht und neues Wasser, falls der Herr sich noch einma würde waschen wollen. Während er sprach fing er an die Sachen vom vorherigen Waschen aufzuräumen um diese dann schließlich mit hinaus zu nehmen, wenn sein Dominus ihn entlassen mochte. Natürlich hatte Cimon bereits einen Plan im Kopf, wie er die folgende Zeit verbringen würde. Dabei dachte er nicht einen Moment darüber nach irgendeine Aufgabe einem anderen Sklaven oder Sklavin zu übergeben. Denn er dachte nicht daran, das der Herr es vieleicht lieber haben würde, wenn eine junge Dame sein Bett aufwärmen mochte.

  • Ursus lächelte und nickte. "Ja, das ist Deine Aufgabe. Es ist gut so, Cimon, ich möchte vorerst kein Dickbauch werden." Wenn man den erstmal hatte, wurde man ihn so schnell nicht wieder los. Allerdings mußte er jetzt auch aufpassen, daß Cimon nicht anfing, ihn zu bevormunden. Die Gefahr war zwar nicht allzu groß, aber aufpassen sollte er dennoch.


    "Naja, Du könntest mir noch frisches Wasser holen. Ansonsten bin ich mir sicher, daß ich Dich heute nicht mehr brauche. Mach Dir einen schönen Abend, Cimon." Zwar wußte er nicht so genau, ob Cimon inzwischen gelernt hatte, auch Zeit für sich allein zu nutzen, aber wenigstens wollte er ihm die Gelegenheit dazu geben.

  • Es war also gut. So senkte Cimon ergeben den Blick, wobei er ganz kurz das Lächeln erwiederte. Natürlich würde er es niemals wagen seinen Herren zu bevormunden. Allein solch ein Gedanke konnte ihm nicht kommen. Dann hörte er genau zu und machte sich daran den Wunsch des Herren zu erfüllen.


    Es dauerte nicht lange da hatte Ursus frisches Wasser. Der Nubier wusste nicht so recht was sein Herr damit meinte, er solle sich einen schönen Abend machen. Doch er nickte er geben und zog sich zurück. Erst spät würde er wieder kommen, um zu sehen ob sein Herr nicht doch noch etwas brauchte. Schließlich würde er ihm eine angenehme Nacht wünschen und sich dann an die abschließenden Tätigkeiten des Tages machen.


    Seine Art eines schönen Abends ging er später im Kopf erneut durch. Es bedeutete also zu lesen und sich um die militärische Ausrüstung des Dominus zu kümmern. Aber es machte Cimon spaß, dies zu tun. Dabei konnte er sich entspannen und seinen Gedanken freien lauf lassen. er sah es nicht als unliebsame Arbeit an. Es war ein Geschenk das er dies tun durfte. Hinzu kam, das er es sich aussuchen konnte, wann er es tat. Diesen Tag beendete er mit guten Gedanken, auch wenn er von eher grausamen begleitet gewesen war.

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    CUSTOS CORPORIS - TITUS AURELIUS URSUS

    Einmal editiert, zuletzt von Cimon ()

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