Ein Park, zwei Kinder und wachsame Augen

  • "Da bist du ja schon ganz schön groß." sagte Vitale bewundernd. Anscheinend ging es ihm wieder gut, der Schreck saß ihm wahrscheinlich noch in den Knochen. "So große Jungs wissen ja auch schon, wann es zu doll wird mit dem Spielen und wann man lieber etwas langsamer macht." fügte er noch an in der Hoffnung, der Junge würde sich dadurch geschmeichelt fühlen und tatsächlich etwas ruhiger spielen.
    "Und hat dir der Löwe gefallen?" fragte er den Jungen. "In meiner Heimat gibt es Löwen. Ich habe über eine Löwenjagd für die Acta Diurna geschrieben. Ich war wirklich dabei! Der Artikel wird wahrscheinlich in der nächsten Ausgabe erscheinen." meinte er halb an Calvena gewandt. "Und das beste wirst du mir vielleicht gar nicht glauben: Ich habe einen meiner Diener aus meiner Heimat Mauretanien damit beauftragt, mit einem Löwen nachzukommen. Er ist noch auf dem Weg, sie haben gerade die Provinz Hinspania durchquert, es wird also noch eine Weile dauern, bis er ankommt."

  • Auch wenn dem Jungen der Kratzer nicht weh tat, so würde sie diesen doch einmal kurz auswaschen. Was auch nicht lange dauerte, nur war das Brunnenwasser doch recht kalt. Schließlich setzte sie sich zu Marcus auf den Brunnenrand und hörte dem Jungen zu, wie er von sich erzählte. „Einen Löwen hast du gesehen? Wow!“ zeigte sie sich beeindruckt. Vitale erzählte dann auch über seine Heimat. „Eine Löwenjagd? Ist das nicht gefährlich?“ fragte sie nach und wollte sich nicht wirklich mit diesen Raubkatzen anlegen. Die Begegnung mit einem Bären mitten auf dem Forum hatte ihr bereits gereicht. „Du lässt einen Löwen nach Rom kommen? Was willst du denn mit den Tier hier? Ich glaub kaum, dass man einen Löwen als Haustier halten kann, oder willst du ihn an den Circus verkaufen?“ fragte sie nach.

  • Er nickte, wohl etwas zerknirscht dreinschauend. Vielleicht musste er das nächste Mal besser aufpassen und nicht auf solch dumme Ideen kommen, wie auf die von vorhin im Baum.


    “Der Löwe war riesig! Er hatte Haare wie Leavina, wenn sie gerade geschlafen hat.“ Marcus kicherte und lauschte dann den Erzählungen Vitales mit Begeisterung und dann Calvenas Einwänden. Bei dem, wo sie fragte, ob er vor hatte den Löwen wie ein Haustier zu halten, musste der Knabe erneut kichern. Die Vorstellung war lustig. Anstatt einer Katze einen Löwen zu Hause zu haben.

  • Vitale konnte sich ein Lachen kaum verkneifen bei Marcus´Bemerkung von wegen der Löwenmähne. Ein Prusten lag ihm schon zwischen den Backen, das er sich dann jedoch wegen der Anwesenheit Calvenas verkniff. Schließlich war sie ihre Verwandte...


    Ja, über die Unterbringung des hatte er sich auch schon Gedanken gemacht. Er wollte ihn zwar natürlich nicht behalten, denn er war ja als Gastgeschenk gedacht, bis er aber einen passenden Adressaten gefunden hatte, müsste er ihn doch selber unterhalten. Und in der Casa Sergia, wo er wohnte, war das kaum möglich. Das beste also: So schnell wie möglich jemanden finden, der wilde Tiere mochte.


    "Über die Löwenjagd kannst du ja in der nächsten Acta Diurna nachlesen" machte Vitale schonmal auf die Zeitung aufmerksam. "Weißt du nicht, wer sich so regelmäßig Tierhetzen ansieht?" fragte er dann noch Calvena. Sie schien von wilden Tieren nicht so viel zu halten, denn sie reagierte etwas reserviert auf das Thema.


    "Was sind denn eure Lieblingstiere?" fragte er dann noch die beiden Kinder.

  • Sabina lief neben Marcus und hörte zu, wie sie er von Löwen erzählte. „Ich hab auch schon einmal einen Löwen gesehen!“ berichtete sie dann. „Papa hat mich zu den Tiergehegen des Circus mitgenommen. Da hab ich mir Löwen ansehen können! Und Elefanten! Und Bären! Und sogar einen Tiger hatten sie da!“ plapperte sie munter. Dabei leuchteten ihre Augen. „Wenn wir das nächte Mal hingehen, darfst du sicher mit, Marcus!“ meinte sie munter und vergaß für den Moment, dass sie ja eigentlich wütend auf ihren Vater war und nicht über ihn nachdenken wollte. Aber sie wollte auch ein klein wenig angeben.
    Sabina machte große Augen, als Vitale erzählte, er würde einen Löwen nach Rom bringen lassen. „Ich will deinen Löwen sehen, wenn er da ist!“ sagte sie begeistert. Sie kicherte, als Marcus die Mähne des Löwen mit der Frisur von Laevina verglich. Tatsächlich hatten die beiden Bestien eine gewisse Ähnlichkeit. Sie überlegte ob ihr Vater damit einverstanden wäre, den Löwen von Vitale zu behalten. Aber dann musste sie sich an die Diskussion erinnern, als es darum ging, dass sie gern einen Hund hätte. Das war rigoros abgelehnt worden. Dafür bekam sie bald ein Pferd. Sie konnte es gar nicht erwarten nach Germanien zu reisen.
    „Ich glaub kaum das Papa einen Löwen im Haus haben will. Und Onkel Avarus sicherlich auch nicht. Weißt du was Marcus? Ich bekomm ein Pferd!“ erzählte sie strahlend. „Im Frühling wollen wir nach Germanien reisen. Da ist die Pferdezucht von Onkel Avarus und dann darf ich mir ein Fohlen aussuchen!“ Sabina war ganz aufgeregt deswegen.

  • Über den vergleich zwischen einem Löwen und Laevina musste sie lachen. Sie fand ja, dass die Alte viel Ähnlichkeit mit einem Drachen hatte. Aber das äußerte sie lieber nicht, das würde Marcus und Sabina nur auf dumme Gedanken bringen.
    Die nächste Ausgabe der Acta würde sie mit Sicherheit lesen. Schließlich erfuhr man darüber jede Menge über Rom. „Ich hab für meinen Teil genug von Tierhatzen“, erzählte sie. „Das Erlebnis bei den Ludi Romani hat mir gereicht. Da hat sich ein Bär losgerissen und der ist dann auf uns los gegangen…“, berichtete sie mit einem kleinen Schauer. Kein Wunder das sie etwas reserviert war, als Vitale von seinem Löwen erzählte.
    Kurz sah sie Sabina skeptisch an. „Ein Löwe hat ja nun wirklich nicht bei uns im Haus zu suchen. So ein Tier ist verdammt gefährlich!“ sagte sie ermahnend um auch Marcus zu verdeutlichen, dass so ein Löwe mit Sicherheit nicht in die Casa Germanica kommt. Zu Sabina sagte sie: „Avarus und Sedulus waren doch schon wenig begeistert, als du gesagt hast, du willst einen Hund!“

  • Der Junge zuckte mit den Schulern. Über ein Lieblingstier hatte er noch nie nachgedacht. “Spinnen vielleicht?“ antwortete er dann aber und sah zu Sabina, die von den Tieren des Circus berichtete. Seine Augen wurden groß. Elefanten und Tiger hatten sie da sogar? “Au ja! Ist das nächste Mal bald?“ Mit einem Nicken pflichtete er dann dem Mädchen bei. Den Löwen von Vitale würde er auch unbedingt sehen wollen. Dann sah er Calvena an. “Ich habe eine Idee! Kaufst du dir die Acta? Dann könnten Sabina und ich lesen üben. An Vitales Artikel!“
    “Warum darf sie denn keinen Hund haben?“ wollte er dann noch wissen. Schließlich sah er Sabina an. Neid kam in ihm auf. Er wusste gar nicht, was toller war. Ein eigenes Pferd oder nach Germanien reisen zu dürfen. “Tooooll! Du darfst dir wirklich irgendein Pferd aussuchen?!“

  • Vitale freute sich über das Gespräch mit den Kindern. Sabina war auch ganz aufgeregt bei der Sache.
    "Ihr ward aber nicht zu einer Vorstellung im Circus, oder?" fragte er Sabina. "Wann fährst du denn nach Germanien?" wollte er dann noch wissen.
    Marcus hatte ja bereits gesagt, dass er sieben Jahre alt war. Auch von Sabina würde er gerne wissen, wie alt sie war: "Wie alt bist du eigentlich, Sabina?"

  • Leicht zuckte sie mit den Schultern. Sie wusste nicht, wann sie die Tiergehege wieder besuchen würden. Da sie ja auf ihren Vater nicht gut zu sprechen war, würde dieser sie vermutlich nicht mitnehmen. Vielleicht konnte sie ja Bia überreden. „Ich weiß noch nicht… aber ich nehm dich auf jeden Fall mit“, versprach sie ihm. Auf Vitales Frage hin schüttelte sie eifrig den Kopf. „Ich darf nicht mit zu einer Vorstellung in den Circus. Das ist nichts für Kinder, sagen Bia und Papa!“ erklärte sie. „Aber die Tiergehege darf ich mir ansehen!“ fügte sie hinzu.
    „Ich darf keinen Hund haben, weil der alles schmutzig machen würde…“, antwortete sie, weil das de Grund war, der bei ihr hängen geblieben war. Schließlich hatten Avarus und Sedulus sie ja mit einem eigenen Pferd besänftigt.
    „Natürlich darf ich mir ein Pferd aussuchen. Das haben mir Papa und auch Onkel Avarus versprochen!“ erklärte sie. Was sie versprachen hielten sie auch. „Ich weiß nicht, wann wir nach Germanien reisen. Im Frühling…“, sie sah zu Calvena rüber. „Nach deiner Hochzeit, oder?“ fragte sie ihre Cousine. Eigentlich fand sie es schade, dass diese bald ausziehen würde. Dann sah sie wieder zu Marcus. „Du wirst sicherlich auch mitkommen… Ich glaub kaum, dass sie dich allein bei Laevina lassen!“ Marcus gehörte in ihren Augen nun dazu und musste mitkommen.

  • „Du bekommst auch deshalb keinen Hund, weil du zuerst dich darüber freuen würdest. Aber irgendwann wird es dir dann zu langweilig, dass du dich um das Tier kümmern musst!“ sagte sie zu Sabina und sah ihre Cousine mit ernstem Blick an, lächelte dann aber wieder. „Aber ein Pferd ist natürlich auch was schönes“, stimmte sie dann Sabina zu. Sie selbst ritt auch gern. Valerian hingegen sah es als Notwendigkeit an, sich hin und wieder zu Pferde zu bewegen.
    „Ich denk mal auch, dass ihr nach meiner Hochzeit nach Germanien reisen werdet. Aber konkrete Pläne gibt es aber noch nicht. Oder aber ich hab es nicht mit bekommen!“ gab sie offen zu. Sie wusste nicht immer was im Haus vor sich ging. In wie weit Marcus in diese Pläne einbezogen wurde, wusste sie auch nicht. Das würde sich wohl schon bald zeigen. Im Notfall würde sich sicherlich etwas ergeben. Dann konnte Marcus auch die Zeit bei ihr und Valerian wohnen. Aber das würde sie mit ihm vorher abzusprechen.

  • Gerade freute sich Marcus auf die Gelegenheit, die Gehege im Circus zu besuchen, da wurde Calvenas Hochzeit angesprochen. Ein Thema, das dem kleinen Marcus die Laune verderben konnte. Er war der Meinung, dass er ihr Freund und für ihren Verlobten kein Platz sein sollte. Er empfand ganz seltsam für sie. Sehr besitzergreifend, als wäre sie ein besonders wertvoller Schatz, den es zu behüten galt und der gleichsam vielleicht am meisten Einfluss auf ihn nehmen konnte.


    Mit düsterer Miene sah der Junge weg und stand auf. Den nun doch ziemlich schmerzenden Fuß ignorierend, als er auftrat, trat er ein paar Schritte von der jungen, ahnungslosen Frau weg und widmete sich Sabina, während er sich den frisch gewaschenen Arm an seinem Mantel abtrocknete. “Ich würde gerne mal einen echten Germanen sehen“ sagte er tonlos und sah zuerst Vitale und kurz Calvena an. “Wollen wir weiter gehen?“

  • „Ich freu mich schon auf deine Hochzeit. Ich darf doch dabei sein? Ich will Blumenmädchen sein!“ bekundete Sabina lautstark und voller Begeisterung. „Ich darf dich doch sicher ganz oft besuchen bei Valerian, oder?“ fragte sie dann im selben Atemzug. Sie klatschte begeistert in die Hände und bekam gar nicht mit, dass sich die Stimmung von Marcus veränderte. „Ich finde Valerian nett!“ fügte sie dann hinzu und sah den Knaben an. „Du wirst ihn sicher auch bald kennen lernen. Mit ihm kann man toll spielen!“ erklärte sie ihrem Verwandten.


    „Einen echten Germanen willst du sehen? In der Casa leben einige Germanen: Da sind Saldir und Gundhraban. Sie sind zwar Sklaven aber sie kommen aus Germanien. Gundhi hast du sicher schon kennen gelernt, er macht immer die Tür auf!“ plapperte Sabina einfach munter weiter. „Ja, lasst uns weiter gehen!“ sagte sie und folgte Marcus dann. „Was wollen wir als nächstes machen?“ fragte sie Gut gelaunt in die Runde. Ihr kam plötzlich eine Idee. „Können wir nicht zu den Tiergehegen gehen? Bitte!“ Sie sah Calvena an, weil sie wusste, diese würde die Entscheidung fällen.

  • Sie musste lachen, als Sabina fragte ob sie dabei sein durfte. „Natürlich darfst du dabei sein. Als Blumenmädchen siehst du sicherlich ganz toll aus“, versicherte sie ihrer kleinen Base. Ihre Begeisterung steckte an und vertrieb ihre Nervosität. Sie sollte Sabina wirklich bei sich haben, dass Mädchen versprühte so viel gute Laune, dass sie sich gleich sicherer fühlte. „Du darfst mich so oft besuchen, wie du willst. Aber melde dich vorher lieber an. Ich hab schließlich auch noch ein paar Verpflichtung!“ meinte sie dann noch und lächelte dem Mädchen zu. Das Marcus sich innerlich von dem Gespräch distanzierte und dann auch körperlich etwas auf Abstand ging, bekam sie zunächst nicht mit. Sabina hatte im Augenblick ihre ganze Aufmerksamkeit. Erst als Marcus fragte, ob sie ihm folgten, bemerkte sie, dass er nicht mehr bei ihnen saß und einen zerknirschten Eindruck machte. Verwundert sah sie ihn an und ging dann direkt auf ihn zu. „Was ist los?“ fragte sie und ging auf seine Augenhöhe. Ernst und besorgt sah sie ihm an. Hatte er sich doch mehr getan bei dem Sturz, als er zugeben wollte. Anders konnte sie sich seine abweisende Haltung erst einmal nicht erklären. Sabina indes plapperte munter weiter, als hätte sich nichts geändert. Manchmal schien das Mädchen so gar kein Feingefühl zu besitzen.


    Kurz hob sie den Kopf und sah Sabina seufzend an. Ihr Vorschlag heute und jetzt zum Circus zu gehen und sich dort die Tiere anzusehen, stieß bei ihr nicht wirklich auf Begeisterung. Aber irgendwie wollte sie Sabina und Marcus diesen Gefallen nicht abschlagen. Zeit bis zum Abendessen war auch noch genügend. Noch einmal seufzte sie. Dann nickte sie langsam und zustimmend. „Wir werden da hin gehen, aber unter zwei Bedingungen“, sie sah Sabina und Marcus an. „Als erstes werdet ihr ohne zu murren tun, was ich sage“, wieder sah sie den Kindern in die Augen. „Und Zweitens werdet ihr Beide Avarus und Sedulus von diesem Ausflug erzählen. Seht es als einen Art Bericht an. Ihr werdet ihnen alles erzählen“, meinte sie ernst.

  • Vitale hatte es eigentlich hier im Park gefallen. Von ihm aus hätten sie den Circus auch ein anderes Mal besuchen können. Aber er wollte kein Spielverderber sein.
    Auch er bemerkte, dass Marcus plötzlich ruhiger wurde, wusste aber nicht, ob es am Gesprächsthema lag oder, ob er sich doch mehr wehgetan hatte, als er zugeben wollte.
    Er wusste, dass die Kinder jede Bedingung eingehen würden, nur um in den Circus zu gehen. Ob sie aber später, wenn die Kinder müde wurden, auch noch eingehalten wurden, fand er eher fraglich. Gerade weil es Marcus nicht so gut zu gehen schien, fand er den Gang zum Circus eigentlich zu viel. Aber gut.
    "Hört zu!" sagte er also zu den Kinder bevor sie sich auf den Weg machten. "Der Weg zum Circus ist zwar nicht weit, trotzdem wollen wir ein paar Regeln aufstellen: Wir bleiben immer zusammen. Niemand rennt vor oder geht sich alleine etwas ansehen. Wer müde ist, sagt, dass er eine Pause braucht und fängt nicht an, zu quängeln oder zu streiten! Könnt ihr schon eure Namen sagen und wo ihr wohnt?" fragte er die Kinder.
    Zu Calvena gewand sagte er: "Wenn wir noch so viel vor uns haben, sollten wir den Kindern zwischendurch etwas Vernünftiges zu essen besorgen."
    "Außerdem werde ich euch einige Fragen stellen, auf die ihr bei der Besichtigung der wilden Tiere bitte achtet. Es wäre auch schön, wenn ihr über den heutigen Tag eine Seite oder einige Sätze in euer Tagebuch schreibt. Wisst ihr, was ein Tagebuch ist? Wenn nicht, werde ich es euch zu Hause bei Gelegenheit mal erklären. Dann können wir für jeden eines anlegen. Merkt euch also gut, was ihr seht."
    Er war sich im Klaren, dass das alles etwas viel auf einmal für die Kinder war, aber sie würden zustimmen.

  • Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten und laut vor sich hingeplappert, als Sabina ihre Vorfreude auf Calvenas Hochzeit kundtat. Sein Gesichtsausdruck wurde noch düsterer und er tat so, als hätte Sabina nichts über Valerian gesagt. Er sah mühevoll schweigend von Calvena zu Vitale. Erstere wunderte sich, kam auf seine Augenhöhe und wollte wissen, was ihn bekümmerte. “Nichts,“ sagte er reflexartig und ziemlich bedrückt, wobei er seinen Blick senkte, damit Calvena nicht sehen konnte, dass er log (Paullus sagte, das konnte man Marcus an seinem Blick ansehen). Dabei brannte ihm die Wahrheit sowas von auf der Zunge, dass er eigentlich gar nicht lügen wollte. “Ich möchte nur nicht immerzu darüber reden, dass du bald ausziehst.“ Ein Teil der Wahrheit, immerhin. Immer noch sah Marcus nicht auf, sondern schräg an Vena vorbei auf den Boden. Seine Wut hatte er einmal mehr den Göttern sei Dank unter Kontrolle, was vielleicht auch an dem schmerzenden Fuß lag, den er deutlich spürte.


    Sabinas Vorschlag, die Tiergehege des Circus zu besuchen, fand nicht nur bei Calvena und Vitale Gehör, sondern auch besonders bei dem Knaben, der zum einen für einen Themenwechsel dankbar war und natürlich mit Freuden den Circus besuchen sollte, nachdem er nun wusste, was dort für seltene Tiere untergestelt waren. Schon wieder munterer nickte er schnell, als diverse Forderungen an die beiden Kinder gestellt wurden. Mit dem Gedanken, dass der Ausflug in Arbeit ausufern würde, sah er Sabina mit einem Grinsen an. Schwupps waren Arbeit und der schmerzende Fuß vergessen. Er tat sogar einen freudigen Hoppser. “Au ja! Das machen wir, stimmt’s!? Wir werden ganz artig sein!“

  • Sabina freute sich riesig darüber, dass sie Blumenmädchen sein durfte. „Darf ich die Blumen aussuchen?“ fragte sie dann noch und klatschte in die Hände. „Rosen und Tulpen und Veilchen“, zählte sie auf und hüpfte dabei um ihre Cousine herum. „Bekomm ich dann auch ein neues Kleid?“ fragte sie dann noch und konnte ihre Begeisterung kaum verbergen. „Ich werde immer vorher Fragen, ob ich dich besuchen darf. Marcus kommt dann sicher gern mit“, lächelte sie und sah zu ihrem Cousin hin. Das Lächeln erstarb als sie seine finstere Miene sah. Als er meinte er wolle nicht das Calvena auszog ging sie zu ihm herüber und nahm seine Hand. „Ich will auch nicht, dass sie auszieht. Aber irgendwann würde sie sowieso heiraten. Valerian ist wirklich nett. Du wirst ihn mögen“, versicherte sie ihm und konnte ja nicht wissen, das er Eifersüchtig war.


    Calvena stimmte dem Ausflug zu den Tiergehegen zu und nickte dann eifrig, als diese ihre Bedinungen mitteilte. „Wir werden artig sein und auf dich hören und anschließend Papa und Onkel Avarus erzählen, was wir alles gesehen haben“, sie drehte ihren Kopf dann zu Vitale. „Ich kann noch nicht schreiben. Ich lerne das gerade erst. Ich kann nur meinen Namen!“ erklärte sie ihm. „Bia bringt es mir bei. Aber bald werde ich in die Schule gehen. Und Marcus auch. Dann lernen wir alles, was wichtig ist. Lesen und schreiben und Philosophie und Politik und viele andere Dinge!“

  • „Wir suchen die Blumen gemeinsam aus“, versuchte sie Sabinas Tatendrang etwas zu bremsen und lachte über die Freude des Mädchens. „Natürlich bekommst du ein neues Kleid. Wir werden gemeinsam einkaufen gehen“, versprach sie ihrer Base.


    In kindlicher Einfühlsamkeit erklärte Sabina Marcus, dass sie so oder so irgendwann geheiratet hätte und ausgezogen wäre. Calvena war gerührt, dass der Junge sie bereits so sehr mochte, dass er traurig wurde bei dem Gedanken, dass sie schon bald nicht mehr mit ihm unter einem Dach leben würde. Sanft streichelte sie ihm über den Kopf. „Ich geh dir doch nicht verloren. Ich werde immer eine Germanica sein und die Casa Germanica wird auch immer ein zu Hause für mich sein. Du darfst mich so oft du willst besuchen“, sagte sie ruhig zu ihm. Leise seufzte sie. Ein ähnliches Gespräch hatte sie ja schon mit Sabina geführt. „Weißt du… Sabina hat Recht. Irgendwann müsste ich heiraten. Ich mag Valerian sehr. Und dich hab ich auch gern!“ fügte sie mit einem Lächeln hinzu. „Ich werde immer für dich da sein, wenn du Kummer hast“, versprach sie und sah dann zu Sabina. „Und für dich werde ich auch immer da sein!“ fügte sie hinzu.


    Marcus und Sabina versprachen ihr, auf sie zu hören. Zufrieden nickte sie. „Nun gut, dann werden wir mal los gehen!“ sie reichte den Kindern jeweils eine Hand. Ihr Weg führte sie durch den Park mitten hinein in die Straßen Roms. Während sie durch die Straßen liefen, erzählte sie ihnen, an welchen Gebäuden sie vorbei kamen.

  • Sie gelangten mitten in das Gewühl Roms. Vitale fand es anstrengend, mit zwei quirligen Kindern in der Stadt. Doch Calvena lenkte die Aufmerksamkeit der Kinder auf die Umgebung, so dass sie erst gar nicht auf dumme Gedanken kommen konnten. Auch für ihn waren die Ausführungen Calvenas interssant.

  • Darüber nachdenkend, dass er so viele verschiedene Blumen gar nicht kannte, wie Sabina aufzählte, bemerkte der Junge, wie sich die Hand des Mädchens in seine schob. Er sah kurz zu ihr und wollte schon trotzig den Kopf schütteln, weil er Valerian niemals mögen würde, als Vena ihm über den Kopf strich und sein Blick somit unwillkürlich zu ihr zurückkehrte.


    Alles, was sie sagte, war ihm klar. Er nickte, um ihr zu zeigen, dass er wusste, dass sie ja nicht aus der Welt war und bestimmt niemanden in der Casa Germanica vergessen würde. Das war eben nicht das Problem. Das richtige Problem sprach sie zuletzt an. Es hieß Valerian.
    Sollte er jetzt damit herausrücken? Jetzt, wo Sabina ihn so lieb tröstete und Calvena sich darum bemühte, seiner Cousine und ihm einen schönen Nachmittag zu bereiten? Nein. Er wollte weder ihnen und natürlich auch Vitale und zuletzt sich selbst nicht den Tag verderben.


    Ein stummer Marcus. So einer war bemerkenswert.


    Marcus zwang sich ein Lächeln auf die Lippen und nickte zögerlich, ergriff dann Calvenas Hand und ließ sich von ihr und Vitale durch das volle Rom leiten. Dabei unterhielten sie sich die ganze Zeit über die Häuser und verknüpften das mit dem Spiel „Ich sehe etwas, das du nicht siehst“, wodurch es den Kindern nicht müßig wurde, gesittet an der Hand eines Erwachsenen zu gehen und Dinge über ihre Stadt zu lernen.


    Mindestens genauso bemerkenswert: Das Vierergespann erreichte den Circus ohne Vorfälle. Die Kinder waren noch vollzählig, die Erwachsenen hatten ihre Nerven beisammen und auch Kollateralschäden gingen gegen Null.

  • Woher hätte sie auch ahnen sollen, dass nicht ihr drohender Auszug das Problem war, oder ihre Hochzeit, sondern das Valerian es war. Auf diesen Gedanken wäre sie niemals gekommen. Auch nicht dass der Junge sie so sehr in sein herz geschlossen hatte, dass er jeden anderen Mann als Konkurrenten sah und als Feind. Hätte sie das gewusst, wäre sie wohl etwas anders mit den Jungen umgegangen.
    Sie sah den Knaben noch einen Augenblick an, er nickte schließlich, anscheinend hatte verstanden, was sie ihm erklärt hatte. Dennoch wirkte er bedrückt. Dieser Eindruck verschwand dann aber schnell, als sie sich auf den Weg machten. Unterwegs zeigte sie ihnen Rom. Mittlerweile kannte sie sich recht gut aus in der Stadt. Als sie in die Stadt gekommen war, hätte sie sich nicht vorstellen können, sich einmal so gut aus zu kennen. Auch Vitale hing an ihren Lippen und verfolgte ihre Ausführungen aufmerksam.


    Schließlich erreichten sie den Circus. Es war geschlossen, aber sie wollten ja auch nicht sich die Kämpfe der Gladiatoren ansehen oder irgendwelche Tierhatzen. Ihr Ziel war ein anderes. Die Tiergehege. Zielstrebig steuerte sie einen kleinen Nebeneingang an und redete mit einem Wärter und schließlich noch mit einem anderen Mann. Münzen wechselten den Besitzer und schon wurden sie hinein geführt. Ein wenig Unwohl fühlte sie sich schon, es war muffig, es herrschte Zwielicht und der Geruch von Exkrementen und auch Blut hing in der Luft. Einen Augenblick später standen sie dann vor den Käfigen und Gruben. Löwen, Elefanten, Tiger, Gazellen, Nashörner, Bären und sogar Krokodile konnten sie sehen.


    „Geht nicht zu nah an die Käfige heran“, ermahnte der Mann. „Diese Tiere sind wild und wütend und nehmen keine Rücksicht auf vornehme Damen oder kleine Rotznasen!“ Gehässigkeit schwang in seiner Stimme mit. Calvena warf ihm einen eisigen Blick zu. Sie würdigte ihn nicht einmal mit einer Antwort. Sie behielt Marcus und Sabina an der Hand.

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