Gerade hatten sie das Tor der Castra passiert, wo Marcus den Wachen zum Abschied winkte, da fing er auch schon an zu gestikulieren. “Ich habe eine Idee,“ verkündete er und sah den Fremden an. “Du bringst mich zur Casa, wie abgemacht. Da werden wir ja sehen, ob sie wissen, dass ich weg war. Wenn ja, dann kommst du mit rein und sagst ihnen, dass… naja, irgendetwas, dass das Donnerwetter abschwächen könnte.“ Er runzelte die Stirn. “Was könnten wir ihnen denn sagen?“ Machte der Knabe da vielleicht wieder einmal etwas leicht? Jedenfalls schien ihn die Situation nicht wirklich zu bedrücken – nach wie vor glaubte er nicht, dass irgendwer in der Casa auch nur den Deut einer Ahnung hatte, dass er nicht mit Sabinas Holzsoldaten spielte. Offensichtlich war er von dem, was er heute gesehen hatte, noch ein klein wenig überrumpelt.
Ein Soldat und ein halber
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Der Junge konnte einem wirklich mächtige Löcher in den Bauch fragen. "Er heißt Tiberius Prudentius Balbus." Auch wenn es unwahrscheinlich war, daß der Junge sich das merken konnte oder Balbus gar kannte. "Das ist wirklich sehr nett von Dir, danke." Er mußte schon wieder schmunzeln. Der Junge meinte es ernst, das stand außer Frage. Trotzdem, oder gerade deswegen, war es einfach putzig.
Valerian zuckte bei den weiteren Fragen mit den Schultern. "Das kommt darauf an, was Dir erlaubt und was Dir verboten ist. Mein Vater hat mich bei solchen Gelegenheiten - und da hatte ich eindeutige Verbote übertreten - ordentlich verprügelt. Und ich glaube, es kommt darauf an, wieviel Angst sie um Dich hatten. Wie spät war es denn etwa, als Du aus dem Haus raus bist? Bist Du direkt zur Castra gelaufen?" Sehr viel Sorgen schien sich Pius ja nicht zu machen. Vielleicht war seine Erziehung nicht so streng.
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Prudentius Balbus. Den Namen würde er sich merken. Nur zu Sicherheit. Was war das andere gewesen, das er sich merken wollte? Es fing mit P an oder?
Marcus dachte einen Moment nach. “Es war kurz nach dem Frühstück. Ich bin ein bisschen herumgelaufen, in Richtung Mercati, und dann einem Trupp Soldaten hinterher. Natürlich so, dass es ihnen nicht auffiel.“ Er machte eine Geste, die sagen sollte ‚Ist doch selbstverständlich oder?‘., ging dann einen Moment schweigsam weiter. “Hätte dich auch jemand anderes verhauen? Ich meine… Stell dir vor, dein Vater ist nicht da. Weil er weg ist. Hätte dich denn jemand für ihn verhauen?“
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Frühstück. Das war schon eine gute Weile her. "Sehr gut, jemandem unauffällig zu folgen, ist nicht so leicht. Und als Praetorianer muß man es gut können." Natürlich war er sich ziemlich sicher, daß die Soldaten den Jungen durchaus bemerkt hatten. Doch er mußte Pius den Spaß auch nicht verderben. "Wenn mein Vater nicht da gewesen wäre, dann hätte er bestimmt jemanden damit beauftragt, auf mich zu achten. Und ja, ich denke, derjenige hätte mich dann verhauen. Ach, Pius, es muß Dir ja nicht unbedingt genauso ergehen. Hast Du Freunde in der Nähe Deines Hauses? Spielt ihr manchmal auf der Straße? Mit Nüssen vielleicht? Wir haben viel mit Nüssen gespielt."
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“Nein,“ antwortete er spontan. “Ich bin wirklich noch nicht lange in Rom, weißt du? Ein paar Tage gerade erst. Ich habe viel im Haus gespielt, aber alle fanden es wichtig, dass ich erst einmal viel lerne. Bis jetzt habe ich nur eine Freundin. Zwei sogar. Aber eine davon ist schon Erwachsen.“ Er überlegte. “Du meinst doch nicht ewa, dass ich lügen sollte und sagen, dass ich nur draußen gespielt habe?“ Empört sah er den Soldaten an.
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Die Empörung des Jungen schien so ehrlich zu sein, daß Valerian fast zusammengezuckt wäre. Natürlich hatte er das gemeint, doch er erkannte jetzt, daß so etwas pädagogisch sicher nicht allzu geschickt wäre. Er konnte doch einem Kind nicht beibringen, zu lügen. "Was? Aber nicht doch. Ehrlich währt am längsten und ein Mann muß auch zu seinen Taten stehen. Auch wenn das bedeutet, daß er eine Strafe ertragen muß." Er schaute den Jungen an. "Ich dachte nur, daß es besser ist, wenn Du nicht allein herumstreunst. Wenn jemand weiß, daß Du zu einer Senatorenfamilie gehörst, könnte er auf dumme Ideen kommen und Deine Verwandten zu erpressen versuchen." Der Junge war also noch nicht lange in Rom. Das hatte er sich schon gedacht, sonst hätte Calvena garantiert von ihm erzählt. "Willst Du gleich erstmal heimlich nachgucken im Haus? Wenn keiner gemerkt hat, daß Du weg warst, dann schleich Dich rein. Und wenn helle Aufregung ist, dann gehen wir zusammen. Bestimmt sind sie nicht so böse, wenn Du in Begleitung heim kommst."
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“Ach so,“ kommentierte der. So hatte er es also gemeint. Aber trotzdem verstand er es nicht ganz. “Auf was für dumme Ideen denn?“ Das machte für Pius keinen Sinn. Dumme Ideen. Etwa so dumme Ideen, wie er manchmal hatte?
Er nickte und kickte einen kleinen Stein weg. “Oder wir gehen einfach so zusammen rein. Wenn sie mich nicht gesucht haben, wird es sie bestimmt auch nicht stören, wenn ich einen Besucher mitbringe. Magst du mal mein Cubiculum sehen? Ich habe zwar noch nicht viele Spielsachen, aber es ist trotzdem das beste Cubiculum in ganz Rom!“ Wieder nickte er und sah begeistert den großen Mann an. “Wenn ich sage, du wolltest mit mir spielen, meckern sie bestimmt nicht. Das heißt, wenn du ihnen nicht verrätst, wo ich war.“
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Simplex, ServusNa super, grollte Simplex in Gedanken, der Held aus der Arena, verkauft wegen einer Wette, Leibwächter einer Germanica und nun degradiert zum Kindermädchen. Er hatte ehrlich gesagt wenig Lust nach dem entrissenen kleinen Germanicus zu suchen. Aber Befehl war Befehl. Vielleicht sprang ja ein Abend in einer Taverne für ihn raus.
„Wo würde ich hingehen, wenn ich sechs Jahre alt bin?“ fragte er sich halblaut und sah sich auf der Straße um. In diesem Moment marschierte ein Trupp Soldaten einer Gasse entlang. Deren schwere Schritte hallten zwischen den Häusern wieder. Er musste Grinsen, sprach der Junge nicht immer zu davon, dass er Soldat werden wollte? Was lag da näher, als den Soldaten in die Castra zu folgen, er beschleunigte seinen Schritt und schlug den Weg zu der Castra ein. Auf halben Weg erblickte er dann zwei vertraute Gestalten: zum einen den Verlobten seiner Herrin und dann Marcus, den kleinen Ausreißer. Er setzte eine finstere Miene auf, verschränkte die arme vor der Brust und baute sich vor dem Jungen auf. Mit einem kurzen Nicken begrüßte er Valerian.
„Sag mal was im Namen aller Götter hat dich dazu getrieben einfach aus dem Haus zu verschwinden?“ donnerte er ungehalten. Wobei es ihm ehrlich gesagt ziemlich schwer fiel so finster drein zu schauen. Er fand es schon sehr beeindruckend, dass der Junge so spurlos verschwunden war und klammheimlich sich raus schleichen konnte. Und das bei so viele wachsamen Blicken, die es in der Casa Germanica gab.
„Bia ist schon völlig außer sich... na du kannst was erleben, wenn wir zu Haus sind!“ meinte er ziemlich düster. -
Anscheinend hatte sich niemand die Mühe gemacht, ihn auf die Gefahren seines Standes hinzuweisen. Valerian seufzte innerlich. "Du gehörst zu einem sehr reichen Haushalt. Vor allem Senator Germanicus Avarus hat den Ruf, schier unermeßlich reich zu sein. Habgierige und schlechte Menschen können auf die Idee kommen, Dich zu entführen und nur gegen die Zahlung von sehr viel Geld wieder laufen zu lassen." Der Junge war alt genug, dies zu verstehen.
"Gut, dann gehen wir einfach zusammen rein. Und solange ich nicht direkt gefragt werde, sage ich nicht, wo Du gewesen bist." Lügen wollte er schließlich nicht. Überhaupt wollte er die Erklärungen erst einmal dem Jungen überlassen.
Doch ihr ganzer schöner Plan wurde durch den tüchtigen Simplex durchkreuzt, der sie schon auf der Straße erwischte und eine Standpauke hielt, die sich gewaschen hatte. Er donnerte derart los, daß sich die Leute schon umdrehten zu ihnen. Valerian machte eine beschwichtigende Geste. "Salve, Simplex. Wie wäre es, wenn wir zunächst den Jungen heim bringen und Du dann erst losschimpfst? Muß doch nicht die ganze Stadt alles mitbekommen."
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Das konnte er in der Tat verstehen. Man nannte es auch Erpressung. Bislang hatte er sich wirklich nicht großartig Gedanken darum gemacht, dass all die schönen Sachen in der Casa auch von irgendwem gekauft worden waren. Ebenso wie die Kleidung, die er nun an seinem Leib trug. Die waren im Vergleich zu der, die er früher trug, nämlich richtig edel… und umständlich und sie zogen Ärger an. Wegen den Flecken und Rissen und Löchern.
“Wenn ich so einem gierigen und schlechten Menschen begegne, laufe ich einfach schnell weg.“ Dass das so einfach sicher nicht sein würde, bedachte der Naivling natürlich nicht.Er wollte gerade etwas auf des Soldaten Entgegenkommen erwidern, da erkannte er unter den Menschen, die unterwegs waren, einen Bekannten. Es war Calvenas Leibwächter, der immer so grimmig guckte. Oh wie. Ob der nach ihm suchte?
Die Frage war beantwortet, als Simplex Marcus erspähte und schnurstracks auf ihn zukam. Er baute sich vor ihm auf und brüllte ihn geradewegs an. Damit hatte der Knabe nun nicht wirklich gerechnet und rückte dem netten Soldaten verunsichert etwas näher. Dieser bremste Simplex aus, worüber Marcus sehr dankbar war, denn so konnte er sich in Gedanken einen Plan zurechtlegen.Dank Simplex‘ Androhung, dass ihn zu Hause etwas erwarten würde, entschied er sich für den Anfang weiterhin das eingeschüchterte Kind zu spielen. Aus diesem Grund blieb der Kindermund ausnahmsweise verschlossen.
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Simplex, ServusSimplex hatte gar nicht gewusst, dass er ein Kind so einschüchtern konnte. Ein gewisses Gefühl der Zufriedenheit verspürte dann schon, denn er hasste es als Kindermädchen abgestellt zu werden. Er ahnte aber bereits, dass in Zukunft das wohl öfter auf ihn zu kommen würde, wenn seine Herrin dann verheiratet war. Früher oder später war der Nachwuchs immer unterwegs. Marcus wirkte mit einem mal ziemlich klein und suchte anscheinend Schutz bei Valerian, denn er nun einmal erst richtig begrüßte.
„Salve Quintilius Valerian! Wo hast du denn den Burschen hier aufgegabelt?“ fragte er und wirkte nun nicht mehr so unfreundlich und bedrohlich. Sogar ein Grinsen zeigte sich auf seinen Zügen und er zwinkerte Marcus zu. Er war ja schließlich auch mal so ein kleiner Bursche gewesen und in dem Alter hatte man nun einmal nur dumme Ideen. So etwas wie Konsequenten, darüber dachte man nicht einmal nach. Als Knabe lebte man für den Augenblick und ließ sich schnell für Dinge begeistern.
„Irgendwann musst du mir mal erklären, wie du ungesehen aus dem Haus gekommen bist!“ meinte er und flankierte den Jungen um ihn direkt zur Casa zurück zu bringen. „Aber verrate das ja nicht Bia oder meiner Herrin, die finden das nicht wirklich witzig! Deine Onkel werden dir wohl auch den Kopf waschen wollen“, warnte er den Burschen vor. „Kannst froh sein, dass der alte Drachen nicht aufgeschreckt wurde, die kennt in solchen Dingen keine Spaß!“ Er meinte Laevina. Die alte germanica kannte im allgemeinen keinen Spaß und war wie ein drohender Schatten, der nur darauf lauerte das jemand einen Fehler machte. Sklaven beobachtete sie besonders liebend gern.
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Innerlich seufzte Valerian. Wie konnte man einem Kind klar machen, daß solche Menschen sich nicht so leicht zu erkennen gaben? Also nickte er erst einmal. "Ja, das solltest Du dann wirklich tun. Siehst Du, noch ein Grund für das Training. Du wirst mit der Zeit immer schneller und länger laufen können."
Auf die Frage von Simplex, wo er den Jungen aufgegabelt hatte, antwortete Valerian erstmal nicht. "Dann ist Dein Fehlen wohl doch aufgefallen, hm?", sagte er zu dem Jungen und strubbelte durch seine Haare. Dann wandte er sich wieder an den Sklaven. "Ist sehr viel Aufregung deswegen oder sind nur das Kindermädchen und Du auf der Suche nach Pius?" Er wollte sich doch gerne ein genaueres Bild vom Ausmaß der Suche nach dem Jungen machen.
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Hm. Dieser Name wollte ihm irgendetwas sagen. Valerian. Ja, er hatte ihn bestimmt schon einmal gehört. Hieß nicht einer von Sabinas Freunden so? Darüber nachdenkend, wo er den Namen einmal aufgeschnappt hatte, ließ Marcus sich von den nun zweien Erwachsenen nach Hause führen. Er würde es nie und nimmer zugeben, aber den Weg hätte er allein wohl doch nicht mehr gefunden.
Er grinste, als Simplex wieder freundlicher war und Neugier zeigte, wie es dem Kind geglückt war ungesehen aus der Casa zu verschwinden. Aber das Grinsen verging ihm schnell wieder, als der Praetorianer seinen Gedanken aussprach und ihm aufmunternd durchs Haar strubbelte. “Die Kinderfrau ist sehr aufmerksam,“ merkte er verärgert an und setzte schnell hinzu: “Und streng.“
Sein Soldatenfreund wollte sich dann ein Bild von Pius‘ Lage verschaffen. Sein Blick heftete an dem Sklaven, er wollte auch hören, wer alles aufgeschreckt war, um das Maß des Ärgers überschauen zu können. Immerhin hatte es die alte Frau noch nicht mitbekommen, wenngleich der Knabe mit ihr bislang wenig bis gar nichts zu tun gehabt hatte und sie daher auch nicht fürchtete. -
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Simplex, Servus„Bia ist einem Nervenzusammenbruch ziemlich nahe… so aufgelöst hab ich die Gute noch nicht erlebt“, gab er unverblümt zu. „Im Grunde sucht bereits der gesamte Haushalt nach diesem Burschen hier!“ Marcus hatte für ganz schönen Wirbel gesorgt und würde wohl auch jede Menge Ärger bekommen. Nicht nur von dem Kindermädchen, sondern wohl auch von den beiden Senatoren.
„Sie ist eben an Sabina gewöhnt, ein liebes Mädchen, nur zickig!“ Sie warn der Porta angekommen. Gundhraban ließ sie auch ohne weiteres herein und einen Augenblick später waren sie auch schon im Atrium. -
Das klang für den Jungen ja nicht so berauschend. Anscheinend war der ganze Haushalt schon in hellem Aufruhr. Kurz bevor sie das Haus betraten, raunte Valerian Pius zu. "Es wird schon nicht so schlimm werden. Kein Puls wird so heiß gegessen, wie er gekocht wird." Dann trat er zusammen mit den anderen ein.
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