atrium | MAC et Tiberius Ahala

  • Minus, der kleine Sklavenknabe, führte den Besucher ins atrium. Hier standen und saßen noch einige Menschen herum, die entweder zu Ursus oder zu Corvinus wollten. Der Junge bedeutete dem Tiberier, Platz zu nehmen und zu warten, bis er an der Reihe sein würde. Dann sagte er dem nomenclator bescheid und hüpfte fröhlich wieder zurück zum Eingang des Hauses.

  • Da es offenbar noch ein Weilchen dauern konnte, bis Corvinus für ihn Zeit hatte, fläzte sich Ahala ein wenig auf dem ihm angewiesenen Sitzplatz herum und betrachtete dabei nur mäßig interessiert die anwesenden Klienten. Einer langweiliger als der nächste, ob er wohl auch so eine einschläfernde Wirkung auf andere Leute hatte?
    Der junge Tiberier gähnte herzhaft. Schade, dass er in diesem Haus in der nächsten Zeit einen guten Eindruck hinterlassen musste, sonst wäre die Gelegenheit jetzt recht günstig für ein kleines Vormittagsschläfchen gewesen.

  • "Bist du Tiberius Ahala? Dann hat mein dominus jetzt Zeit für dich", sagte ein untersetzter Sklave zu Ahala, der es sich bequem gemacht hatte. Misstrauisch betrachtete er den Tiberius. War der tatsächlich eingenickt oder sah er nur müde aus? Er erlaubte sich kein Urteil darüber und wartete, bis der Gast sich erhoben hatte. Dann führte er ihn durch ein deutlich leereres atrium zu mir. Ich saß an der Stirnseite auf einem bequem gepolsterten Sessel und hatte nacheinander meine Klienten angehört. "Aulus Tiberius Ahala", verkündete der Sklave, der selbigen hergeführt hatte, und nahm seinen Platz schräg hinter dem Sessel ein. Ich hatte keine Ahnung, wie die Reihenfolge der Vorsprachen ausgehandelt wurde, aber bisher war die Sache stets reibungslos verlaufen, und so war es mir egal, wie das vonstatten ging. Dies hier war allerdings keiner meiner Klienten. Einen Tiberius hatte ich nicht in meiner Klientschaft, also musterte ich ihn interessiert. Ich glaubte, ihn wiederzuerkennen. Er war natürlich auf der Hochzeit seines Verwandten Durus gewesen und hatte hier zum Essen neben Ursus gesessen, wenn ich mich recht erinnerte. "Sei gegrüßt, Tiberius. Ich glaube, wir kennen uns noch nicht. Wie kann ich dir behilflich sein?" Ich - wo doch sein Verwandter der consul gewesen war.

  • Der Übergang von der kontemplativen Phase zur Tiefenmeditation war fast geschafft, als ein Sklave dazwischenfunkte und Ahala sich notgedrungen erheben und diesem zum Hausherrn folgen musste. Während der paar Schritte hin zu dessen Sessel bemühte sich der Tiberier, einen einigermaßen wachen und respektvollen Ausdruck auf sein Gesicht zu zaubern und erwiderte dort angekommen den Gruß des Aureliers oder des Gesichtsschönsten, wie Ahala diesen seit der Hochzeit seines Adoptiv-Vaters in Gedanken nannte. Komisch, dass ihn die entsprechende Bemerkung seiner Cousine Septima immer noch ein wenig wurmte, aber der Tiberier war leider immer schon ein wenig eitel gewesen.


    "Salve, Aurelius Corvinus und vielen Dank, dass du Zeit gefunden hast mich heute zu empfangen." begann er mit der notwendigen Ehrfurcht in der Stimme. "Und du hast recht, wir wurden einander bislang noch nicht offiziell vorgestellt. Ich lebe seit der Ankunft aus Sicilia im Haus meines Adoptiv-Vaters Tiberius Durus und dieser hat mir ans Herz gelegt, dich darum zu bitten, mein Tirocinium Fori bei dir absolvieren zu dürfen, da er große Stücke auf dich und deine politischen Leistungen hält." Das hatte sich jetzt doch gar nicht mal so schlecht angehört. Die Gabe, ohne viel nachzudenken einigermaßen klangvoll vor sich hinzuschwafeln war doch wirklich nicht zu unterschätzen...

  • Es war für den Tiberier und sein Anliegen nur gut, dass ich keine Gedanken lesen konnte, sonst hätte ich ihn nicht mehr ernst nehmen können. Auch wenn diese Bezeichnung meinerselbst wohl nicht auf seinem Acker gewachsen war, sondern auf dem der Ehefrau meines Neffen. Als er sich als Adoptivsohn des Durus vorstellte, sah ich ihn erstaunt an. "Tiberius Durus hat dich an Sohnes statt angenommen?" wunderte ich mich. Natürlich dachte ich dabei eher an Laevina als an Durus selbst. Nur warum er diesen jungen Mann als seinen Sohn angenommen hatte, wo er doch nun die besten Möglichkeiten in seinem Bette hatte, einen leiblichen Spross zum Erben zu benennen - darauf konnte ich mir keinen Reim machen. Ich ahnte ja auch nicht, dass Ahala im Falle einer Knabengeburt dem Neugeborenen würde weichen müssen. "Das ist interessant. Und ein tirocinium fori auf Durus' Empfehlung hin?" Das war interessanter als interessant. "Abgeneigt bin ich nicht. Allerdings müsstest du dir darüber im klaren sein, dass mein Verwandter Publius Imbrex ebenfalls ein Lehrjahr bei mir absolviert. Ihr könntet allerdings gut zusammenarbeiten."

  • Ahala entging die überraschte Reaktion seines Gegenübers nicht, aber da er bis heute selbst nicht nachvollziehen konnte, warum sich Durus ausgerechnet ihn freiwillig ans Bein gebunden hatte, überraschte sie ihn auch nicht weiter.


    "Nun ja, ähm, das hat er." entgegnete er ein wenig verlegen. "Meine Mutter hat ihn auf ihrem Sterbebett um seine Hilfe gebeten, aber mit einer derartigen Großzügigkeit hatte wohl auch sie nicht gerechnet." Nein, das hatte Servilia Caesonina ganz sicher nicht getan, sonst hätte sie einen derartigen Brief vermutlich schon wesentlich früher aufgesetzt und alles dafür getan, dessen Früchte selbst noch erleben zu dürfen.


    Corvinus wirkte nicht allzu abgeneigt, und Ahala atmete erleichtert auf. Eine Absage hätte ihm vermutlich kaum das Herz gebrochen und die Möglichkeit eröffnet, in aller gebotenen Ruhe nach einem neuen Lehrmeister zu suchen. Aber allmählich hatte sogar der junge Tiberier das Gefühl, dass es an der Zeit war, bei seinem Adoptiv-Vater das eine oder andere Erfolgserlebnis vorzuweisen. Zumal ihm ein zweiter Lehrling durchaus zupass kam, denn der bedeutete im Idealfall sowohl weniger Aufmerksamkeit als natürlich auch weniger Arbeit für ihn selbst.


    "Oh, das ist kein Problem für mich." antwortete er und bemühte sich, sich seine Freude nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. "Ich werde gern mit deinem Verwandten zusammenarbeiten, und abgesehen davon würde es mich freuen, ein paar Männer meines Standes und Alters kennenzulernen." Nicht, dass ihn die Standeszugehörigkeit seiner Freunde und Bekanntschaften bislang in irgendeiner Weise interessiert hätten, aber ein paar Dünkel hier und da ins Gespräch eingestreut hörten sich sicher ganz überzeugend an.

  • Ich hörte aufmerksam zu und fuhr mir dann nachdenklich mit einer Hand übers Kinn. Die genauen Beweggründe für diese Adoption waren also selbst dem jetzigen Sohn nicht bekannt. Ob ich das seltsam finden sollte oder nicht, konnte ich nicht recht entscheiden. Ich versuchte allerdings, Durus' Entscheidung nachzuvollziehen, obwohl es mir nur unter einem Aspekt gelingen mochte: Er hatte sich für die Adoption entschieden, um seine Nachfolge sichern zu können, ohne auf Laevina zu vertrauen. Und das war eine Tatsache, die Missfallen bei mir auslöste. Es war ein cleverer Schachzug von Durus gewesen, damit bis nach der Hochzeit zu warten. Anderenfalls hätte ich meine Bedenken geäußert und auch einer Ehe nicht zugestimmt, in der er meinem Mündel derart vor den Kopf stieß. Ich sagte dem jungen Tiberius nichts weiter dazu, nahm mir allerdings vor, seinen Vater darauf anzusprechen, sobald er wieder genesen war.


    "Das klingt gut. Dann kannst du dich von nun an als mein Gehilfe betrachten, Tiberius. Nun warst du bei dem letzten Treffen nicht zugegen, deswegen möchte ich dir nahelegen, dich baldestmöglich bei Duccius Vala oder Publius Imbrex darüber zu informieren, was wir besprochen haben. Morgen Vormittag steht eine Inspektion der Märkte an. Ich möchte, dass du da mitkommst. Wir werden uns zur vierten Stunde bei dem Schneider an der Ecke via Rosa/via Septima treffen."


    Sim-Off:

    im CP bitte noch bestätigen

  • Ahala konnte sich angenehmere Beschäftigungen für den Vormiitag vorstellen als eine mittelspannende Markt-Inspektion, aber irgendwo und irgendwann musste er ja schließlich auch mal anfangen. Zur vierten Stunde also, hoffentlich kam er da nicht wieder zu spät.


    "Ja, das werde ich tun." bestätigte er Corvinus' Anordnung mit einem leichten Kopfnicken. "Und selbstverständlich werde ich auch an der Inspektion teilnehmen."

  • Die prompte Zustimmung fand mein Gefallen, dass ich mit einem erfreuten Nicken verdeutlichte. Damit war der offizielle Teil dann wohl erledigt, und ich konnte Ahala nun ausfragen. "Gut, dann sehe ich dich also morgen Vormittag wieder. Ich habe allerdings noch eine Frage, Tiberius. Dein...Vater ist als pontifex mein Kollege. Uns wurde mitgeteilt, dass er einen Unfall hatte auf seinem Landgut. Ob du mir darüber wohl mehr berichten kannst? Leider war man sich nicht ganz sicher, was genau denn vorgefallen ist, und wie schlimm es um Durus steht. Und nicht zuletzt würde ich gern erfahren, wie es Laevina geht und ob sie bei ihrem Mann ist oder sich in Rom aufhält", fragte ich Ahala also aus.

  • Achja, der gute Durus... Vermutlich hätte er dessen Unfall als vorbildlicher Sohn direkt erwähnen sollen, bevor er bei Corvinus mit seiner Bitte ins Haus fiel. Dummerweise gab es an Ahala nur wenige Dinge, die vorbildlich waren und die erschöpften sich eher im Bereich der Körperpflege und -ertüchtigung.


    "Oh, mein...öh...Vater ist nach seiner Ankunft in Baiae unglücklich gestürzt und hat sich ein Bein gebrochen. Die Heilung wird vermutlich eine ganze Weile in Anspruch nehmen, aber zumindest geht es ihm darüber hinaus gut, auch wenn er derzeit nicht reisefähig ist." Einen Moment lang war der Tiberier verwirrt, als der Senator den Namen seiner "Stiefmutter" so vertraut aussprach, aber dann fiel ihm wieder ein, dass diese eine Aurelia und damit vermutlich eng mit Corvinus verwandt war. Ob dieser jetzt erwartete, dass er sie als seine Mutter bezeichnete? Hoffentlich nicht, denn das brachte Ahala in Anbetracht der Tatsache, dass Laevina einige Jahre jünger war als er selbst, beim besten Willen nicht über die Lippen.


    "Sie hat ihren Gatten auf die Reise begleitet, was meinen Vater in Anbetracht der Umstände jetzt sicher noch mehr freuen wird. Über ihr aktuelles Befinden weiß ich nichts, aber ich vermute, dass es ihr, von der Sorge um ihren Mann einmal abgesehen, gut geht." Wenn er genau darüber nachdachte, dann hatte in Durus' Brief auch die eine oder andere Anweisung für ihn gestanden. Was war denn das noch gleich gewesen? Naja, egal, wenn er wieder daheim war, konnte er das Ganze ja noch mal in aller Ruhe nachlesen. Nach dem Bad natürlich, erstmal musst er sich von der ganzen Schönrederei wieder erholen.

  • "Ah, gut", erwiderte ich erleichtert. Ein Beinbruch war natürlich keine Kleinigkeit, immerhin war die Möglichkeit groß, dass die Knochen falsch zusammen wuchsen und man kaum oder gar nicht mehr laufen konnte, doch immerhin war Durus' Geist dann nicht in Mitleidenschaft gezogen, und das war das Wichtigere von beidem. "Dann bestelle ihm und Laevina doch bitte meine Grüße, wenn du ihm das nächste Mal schreibst", bat ich in jungen Tiberius. Denn dass er mit seinem Vater regelmäßig korrespondierte, sah ich als Selbstverständlichkeit an.


    "In Ordnung. Dann sehen wir uns morgen Vormittag zum Rundgang", schloss ich das Gespräch. Wenn der junge Tiberius keine weiteren Fragen oder Anmerkungen hatte wäre er damit entlassen und frei, zu gehen.

  • Schreiben? Noch so eine zeitraubende und ermüdende Tätigkeit, der Ahala wenig abgewinnen konnte und auf die er von allein wohl kaum gekommen wäre. Da es jedoch logisch war, dass der abwesende Durus davon ausging, in regelmäßigen Abständen von seinem Sohn über alle Neuigkeiten informiert zu werden, nahm dieser sich fest vor, das so schnell wie möglich in die Wege zu leiten. Am besten nach dem Bad, dann hatte er sicher den Kopf frei für einen schönen langen Brief!


    "Ja natürlich, das mache ich gern." nickte er artig und da das Gespräch von Corvinus' Seite offenbar beendet war, beschloss der Tiberier, sich wieder zu verabschieden.
    "Ich werde da sein. Vielen Dank noch mal dafür, dass du dich meiner annehmen willst, Aurelius Corvinus, ich werde dich jetzt nicht länger aufhalten. Vale."

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