officium Brix | Vilja, die Neue

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    Brix saß in seinem Arbeitsraum, der gleichzeitig auch sein Schlafraum war, als Caecus ihm meldete, dass die neue Sklavin angekommen war. Er erhob sich mit gemischten Gefühlen von seinem schlichten Stuhl hinter dem schmalen Tisch, auf dem sich Wachstafeln stapelten. Siv hatte es nicht gut aufgefasst, dass der Hausherr eine weitere Sklavin erworben hatte. Wenn er Brix die Möglichkeit einräumen würde, etwas dazu zu sagen, würde der Germane sich auch nicht zurückhalten, ihm seine Meinung dazu zu sagen. So aber war erst einmal Siv die Leidtragende, und Brix hatte immerhin versprochen, nichts über ihr Vorhaben zu erzählen, das Haus zu verlassen. Und er hatte an diesem Nachmittag mit einer Peregrinenfamilie Kontakt aufgenommen, die Klienten des Senators waren und ein Kindermädchen suchten. Vielleicht würden sie zusagen, Siv im Tausch bei sich wohnen zu lassen.


    Brix öffnete die Tür und sah die Sklavin vor sich stehen. Im ersten Moment fand er die Ähnlichkeit mit Siv erschreckend: Das helle Haar war verblüffend gleich. Im zweiten Augenblick schenkte er der Neuen ein freundliches Lächeln. "Salve! Du bist also die neue Sklavin?" sprach er sie auf Germanisch an, da man ihm erzählt hatte, sie sei Germanin. "Wie ist dein Name? Ich bin Brix. Komm bitte herein", fuhr er dann fort und deutete an sich vorbei in das bescheidene kleine Zimmerchen, das ihm zum Arbeiten und Schlafen zur Verfügung stand. Dass sie ihn kaum verstand, ahnte er nicht. Er gab Caecus das Geld für die sicher wartenden Sklavenhäscher, schloss dann die Tür hinter ihnen beiden und ging um seinen Schreibtisch herum, um sich zu setzen. "Hast du Hunger?"

  • Auf den Weg ins Officum blickte Vilja sich immer wieder um. Sie wollte so schnell wie möglich lernen, wo sich welcher Raum befand. Sonst befürchtete sie, dass sich selbst in diesem Gebäude noch verlaufen würde. Leichtes Unbehagen beschlich sie, es war alles so fremd… so neu. Die junge Frau gehörte zu den Menschen, die große Veränderung nicht gerne mochte. Obwohl die Veränderung vom Karren in dieses Haus zu kommen, außerordentlich gut war. Sie musste sich hier einfach schnell genug eingewöhnen, um hier zu Recht zu kommen und das alleine. Davon muss sie jetzt erstmal von ausgehen. Sie wusste nicht, ob sie hier Jemand trauen kann oder hier auf Hilfe hoffen konnte.


    Vilja war so sehr damit beschäftigt nachzudenken, wie ihre Zukunft hier aussehen würde, dass sie gar nicht merkt, wie an die Tür geklopft wurde. Erst als sie aufgemacht wurde, blickte sie überrascht auf und befand sich wieder im hier und jetzt. Das freundliche Lächeln, erwiderte sie zaghaft, auch wenn ihr das Lächeln nicht so ganz gelingen wollte.
    Ein leichtes Runzeln bildete sich auf ihrer Stirn. Sie erkannte das er germanisch mit ihr Sprach, doch Verstand sie kein Wort von dem was er ihr sagte. Nur vom Wortlaut erkannte sie, dass er ihr eine Frage stellte. Erst wollte sie einfach nur nicken. Doch entschied sich lieber zu sagen, dass sie ihn nicht verstand, bevor sie etwas Wichtiges verpassen würde. Sie öffnete gerade den Mund, als er weiter Sprach. Etwas hilflos sah sie ihn an und wartete bis er fertig gesprochen hatte und ihm dann auf Latein zu antworten. „Tut mir leid, aber… ich verstehe dich nicht.“ Gab sie schließlich zu und versuchte wieder leicht zu lächeln.

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    Brix sah im ersten Moment irritiert drein, dann schmunzelte er die blonde Frau an. "Verzeih mir, mir wurde gesagt, du wärst Germanin", entschuldigte er sich auf Latein. "Wie heißt du? Ich bin Brix." Brix nahm einen unscheinbaren Krug, in dem sich Wasser befand, schenkte selbiges in einen einfachen Becher und schob ihn der Sklavin entgegen. Dann sah er sie wieder an, musste erneut lachen und schüttelte den Kopf. "Ich hätte schwören können, dass du Germanin bist. Allein deiner Haarfarbe wegen", erklärte er ihr, warum er gelacht hatte. "Hast du Hunger?" fragte er sie dann weiter, um kurz darauf erneut mit dem Kopf zu schütteln.


    "Jetzt hast du mich aber ganz schön durcheinander gebracht. Am besten fange ich noch mal von vorne an. Also, ich bin Brix, der Hausverwalter. Du bist hier in der villa Aurelia. Dies hier ist ein Patrizierhaushalt, wir haben momentan zwei Senatoren hier, bald drei. Einer von ihnen, der Hausherr, hat dich gekauft. Du wirst vermutlich vordergründig ihm zugeteilt sein. Das schätze ich zumindest so ein, wobei ich derzeit noch nicht weiß, wo genau er dich einsetzen möchte. Der dominus legt großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres der Haussklaven. Deswegen wirst du dich erst waschen, ehe du zu ihm gehst. Er will dich heute Abend noch sehen. Sein Name ist Marcus Aurelius Corvinus." Brix hielt hier ersteinmal inne. Er wollte die neue Sklavin nicht überfordern mit Informationen. Sie musste sich bestimmt verloren vorkommen. Zumindest erging es den meisten neuen Sklaven so. "Soviel zum Organisatorischen. Ich bin dein Ansprechpartner für die meisten Fragen hier. Wenn du Ärger mit jemandem hast, oder wenn du Fragen hast, die du beantwortet wissen möchtest", fuhr er dann sehr freundlich fort und lehnte sich knarzend in seinem simplen Stuhl zurück. "Möchtest du denn gleich etwas wissen? Sonst würde ich nämlich deine Geschichte erfahren wollen."

  • Es tat ihr beinahe schon leid, dass er wegen ihr so verwirrt drein blickte. Doch hätte sie ihn auch nicht sofort ansprechen können und ihm alles erzählen, das wäre unhöflich gewesen und es entsprach auch nicht ihrem Stand, sich so zu verhalten. Langsam schüttelte Vilja den Kopf. „Du musst dich nicht entschuldigen.“ Schließlich waren seine Informationen in dem Sinne vollkommen richtig, nur das sie eben nur germanische Wurzeln hatte und nicht selbst dort aufgewachsen oder viel von dieser Kultur mitbekommen hatte. Die Zeit sich darüber weitere Gedanken zu machen, war jedoch noch nicht gekommen. „Mein Name ist Vilja.“ Unsicher nahm sie den Becher in ihre Hände und nippte vom Wasser. „Danke.“ Sie musste ihn wirklich mit zwei Händen festhalten, da sie befürchtete durch ihre Aufregung sonst noch etwas zu verschütten, ehe sie ihn wieder abstellte.
    Leichte Furchen bildeten sich auf ihre Stirn, als sie diese runzelte. „Meine Mutter war Germanin.“ Vielleicht würde ihm diese Information etwas weiterhelfen, was ihr Aussehen anbelangt. Jedenfalls hoffte sie, dass sie den Mann vor sich, nicht noch mehr verwirrte. Auf seine Frage mit dem Hunger, schüttelte Vilja langsam den Kopf. Sie konnte zwar nicht sagen, wann sie das letzte Mal etwas zu sich genommen hatte, aber spielte ihr ganzer Körper vor Aufregung gerade verrückt und würde wahrscheinlich eh nichts hinunter bekommen.


    Sie biss sich schuldbewusst auf ihre Unterlippe, als er zugab wie sehr sie ihn verwirrt hatte. Na das war doch der perfekte Start in ein neues Leben, gleich den ersten Menschen zu verwirren, mit dem sie hier sprach. Die darauffolgenden Informationen sog Vilja auf wie ein Schwamm. Alle anderen Gedanken wurden beiseitegeschoben. Fast erleichtert blicke sie Brix an. Hinter dieser leichten Schmutzschicht fühlte sie sich selbst nicht besonders wohl. Sich waschen zu können, bevor sie weitere Personen begegnete war daher eines der Dinge auf die sie sich freute, auch wenn es bedeutete, dass vielleicht noch viel mehr Informationen auf sie warteten, die es zu beachten galt.
    Ob sie jetzt schon etwas wissen wollte? Vilja überlegte kurz, ehe sie wieder mit ihrem Kopf schüttelte. Sehr wahrscheinlich würden die Fragen erst später auftauchen, wenn sich ihre Anspannung und Nervosität gelegt hatte. Falls diese sich wenig später nicht von selbst beantworteten. Der nächste Teil ließ sie noch mehr überlegen. Ihre Geschichte. „Wirklich viel gibt es da nicht zu erzählen. Meine Mutter war eine germanische Sklavin und ich bin als Sklavin geboren worden. Mein Vater… nun, über den weiß ich nichts. Ich lebte in Griechenland. Doch meine frühere Hausherrin sprach meist nur Latein. Ich habe für sie gemalt und ihre Kleider bestickt. Ich glaube... das war schon alles, was mein Leben betrifft.“

  • Brix lächelte kurz, dann stützte er lässig einen Ellbogen auf den Schreibtisch und sein Kinn auf die abgewinkelte Hand. "Vilja", sagte er. Nicht unbedingt ein typisch germanischer Name. Sie wollte nichts essen, und Brix akzeptierte das. Er drang nicht weiter in sie, sondern nickte nur dazu. Durst hatte sie offensichtlich auch kaum, zumindest hielt sie den Becher so in den Händen, dass es auf ihn mehr wie eine Verlegenheitsgeste wirkte. Brix lächelte erneut und sah von Viljas Händen zurück in ihr Gesicht. Er sah sie aufmerksam an, während sie erzählte. Doch sie beendete ihre Geschichte schnell, schneller als er es erwartet hätte. "Das klingt jetzt so, als hättest du kaum etwas erlebt", bemerkte er und schmunzelte. "Wie alt bist du, Vilja?" fragte er freundlich. Brix wollte ihr den Anfang hier im Haus so leicht wie möglich machen.


    "Dann kannst du auch Griechisch?" fragte er weiter, und es hörte sich bereistert an, soweit es die Situation zuließ. "Ich wünschte, ich hätte die Zeit dazu, das auch zu lernen. Würde mir manchmal die Arbeit etwas erleichtern. So muss ich immer jemanden fragen, der den Übersetzer spielt." Brix grinste kurz, legte dann die beiden Hände auf die Tischplatte vor sich. "Und du warst seit deiner Geburt bei deiner Herrin in Griechenland? Wie war sie so? Bist du gut behandelt worden?" Nach ihrer Mutter fragte er besser nicht. Er wollte nicht gleich am ersten Abend tollpatschig in ein Wespennest stechen. Vielleicht lebte sie ja auch noch.

  • So schlimm, wie sie sich die Angelegenheit hier vorgestellt hatte, war das ganze doch nicht. Da konnte man mal wieder sehen, welche unnützen Sorgen sie sich um Nichts gemacht hatte. Energie die sie in andere Gedanken investieren konnte. Vilja neigte ihren Kopf leicht zur Seite und musste etwas schmunzeln. „Ich glaube, es klingt nicht nur so. Ich hab tatsächlich so gut wie nichts erlebt.“ Was hätte sie denn eigentlich alles erleben können? Das Leben was sie bis jetzt geführt hatte, war das was sie kannte, gab es da etwa noch mehr? „Ich bin 17.“ Und manchmal fühlte sie sich schon wie 100, aber wer hatte diese Phasen nicht, wo er sich total alt fühlte.


    Wieder antwortete Vilja mit einem Kopfschütteln. „Meine Herrin hat die meiste Zeit Latein gesprochen und viel Draußen war ich nicht.“ Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ich würde gerne auch noch so viel lernen.“ Kaum ausgesprochen bereute sie die Worte auch schon. Es ging schließlich nicht darum, was sie gerne möchte.
    „Wie sie so war?“ Sie dachte kurz nach, ehe sie antwortete. „Sie war eine Person, die sehr leicht die Beherrschung verlor, wenn etwas nicht nach ihrem Plan verlief. Meine Mutter hatte mich immer vor ihr in Schutz genommen… jedenfalls, solange sie da war. Mit dem Alter war meine frühere Herrin anders geworden. Ich weiß nicht wie ich es erklären soll, sie war einfach netter. Vielleicht weil sie wusste, dass sie Niemanden sonst mehr hatte. Es war einfach normal, dass ihr ab und an die Hand ausrutschte. Ich war mein ganzes Leben bei ihr, ich kenn nichts Anderes. Doch wenn man alles in einem Ganzen sieht, würde ich doch sagen, dass sie gut war.“

  • "Siebzehn und nichts erlebt im Leben!" Brix klang entsetzt, aber sein Lächeln strafte den Tonfall Lügen. "Na, mach dir mal keine Sorgen. Hier dürftest du genug erleben." Er schmunzelte und musterte Vilja nochmals. Sie wirkte nicht wie siebzehn, eher wie Mitte zwanzig. Und sie verneinte eben, griechisch sprechn zu können. Brix wirkte kurz enttäuscht, dann zuckte er mit den Schultern. "Na gut, wird Caecus eben weiter den Übersetzer spielen müssen", sagte er leichthin und griff dann Viljas Worte auf. "Was würdest du denn gern lernen?" fragte er sie, ohne zu ahnen, dass sie nicht daran glaubte, dass hier als Sklavin manches möglich war, was anderenorts unmöglich schien.


    Brix hörte sich Viljas Erzählung an und musterte sie noch, als sie bereits geendet hatte. Erst einen Augenblick später sagte er etwas dazu. "Sollte dich hier jemand schlagen, sagst du mir das bitte." Damit meinte Brix sämtliche Bewohner des Hauses, Herren wie Sklaven. "Und wenn du Streit mit jemandem hast, kannst du auch immer zu mir kommen." Brix lächelte. "Jedenfalls wirst du dich wohl umstellen müssen. Hier werden wir nicht geschlagen." Er dachte daran, dass er um ein Haar ausgepeitscht worden war. Und dass es Phraates dann getroffen hatte. Und schon taten ihm seine Worte gleich wieder leid und er nahm sie zum Teil wieder zurück: "Es sei denn, du begehst unverzeihliche Fehler", sagte er trocken, dann schüttelte er abschließend den Kopf. "Naja, gut. Schlafen wirst du bei den anderen Frauen. Ich zeige dir nachher die Räume und den Rest des Hauses. Also... Wenn du es gut anstellst, dann könntest du die neue Leibsklavin des Hausherren werden", offenbarte er ihr. Denn Brix ging davon aus, dass Corvinus sie gekauft hatte, damit sie Sivs Tätigkeiten übernehmen und sie damit ersetzen konnte.

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